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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.03.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 82/03
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB


Vorschriften:

BetrAVG § 16
BetrAVG §§ 30 f.
BGB § 613 a
Ein Arbeitgeberwechsel kann nicht nur gesetzlich als Rechtsfolge eines Betriebsübergangs stattfinden, sondern auch vertraglich durch dreiseitiges Rechtsgeschäft herbeigeführt werden.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 6 Sa 82/03

Verkündet am: 20.03.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20.03.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kalb als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Schauerte und Schnelle

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 31.10.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen - 5 Ca 6337/01 d - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert beträgt unverändert 19.544,98 €.

Entscheidungsgründe:

I. Die Parteien streiten über die Übertragung dreier Lebensversicherungen, die von dem Beklagten in den Jahren 1992, 1993 und 1994 als Maßnahmen der betrieblichen Altersversorgung zu Gunsten der Klägerin abgeschlossen wurden. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.10.2002 stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin bei ihrem Ausscheiden am 31.12.1999 eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft gemäß den §§ 1 b Abs. 1, 30 f 2. Alternative BetrAVG besessen habe. Zusätzlich zu der bei dem Beklagten verbrachten Dienstzeit von neun Jahren seit 1991 seien nämlich wegen eines Betriebsteilübergangs nach § 613 a BGB mindestens drei Jahre der früheren Tätigkeit in der Anwaltskanzlei "M " zu berücksichtigen, so dass die Betriebszugehörigkeit mehr als 12 Jahre betragen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Bl. 89 ff. d. A. Bezug genommen.

1. Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Die Übertragungsansprüche der Klägerin folgen aus den vertraglichen Leistungszusagen der jeweiligen Direktversicherung zu ihren Gunsten in Verbindung mit den §§ 1 b Abs. 1 u. 2, 30 f. BetrAVG. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Die Berufung vermag daran nichts zu ändern. Im einzelnen gilt folgendes:

Die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen für die Erhaltung der bis zum 31.12.1999 erworbenen Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung lagen nach Maßgabe des § 30 f BetrAVG vor: Das Arbeitsverhältnis hat nach Vollendung des 35. Lebensjahres der Klägerin geendet und die Versorgungszusagen bestanden zu diesem Zeitpunkt bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre.

Soweit der Beklagte sich gegen die Anerkennung einer zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit und die zugrunde liegende Annahme eines Betriebsteilübergangs nach § 613 a BGB durch das Arbeitsgericht wendet, kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Betriebsteilübergang stattgefunden hat. Immerhin erscheint zweifelhaft, ob die Klägerin einem etwaigen Betriebsteil "Dezernat K " zuzuordnen war und damit das Arbeitsverhältnis ohne weiteres auf den Beklagten als Betriebsteilerwerber übergegangen ist.

Ein Arbeitgeberwechsel kann nicht nur gesetzlich als Rechtsfolge eines Betriebsübergangs stattfinden, sondern auch vertraglich durch dreiseitiges Rechtsgeschäft erfolgen. Das war hier der Fall:

Das zuvor mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) "M bestehende Arbeitsverhältnis ist zum 01.01.1991 im allseitigen Einverständnis auf den Beklagten übertragen worden, der damit fortan die alleinige Arbeitgeberstellung innehatte. Der von den Parteien dargestellte bzw. zugestandene Geschehensablauf kann nicht anders bewertet werden. Auch wenn besondere schriftliche Vereinbarungen nicht getroffen wurden, so waren sich die Beteiligten doch über die Vertragsübernahme durch den Beklagten einig und haben dies zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht. Ergebnis war, dass die Klägerin im Einvernehmen mit der GbR einerseits und dem Beklagten andererseits faktisch schlicht den Arbeitsplatz wechselte, insbesondere nicht um Resturlaub nachsuchte, tatsächlich bis zum 31.12.1990 an ihrem bisherigen Arbeitsplatz ihre Tätigkeit verrichtete, diesen am 02.01.1991 wechselte und ihre Tätigkeit bei dem Beklagten aufnahm. Dabei stellte sie ihre und des Beklagten bisherige Akten in neue Schränke, gab in den Rechner die von ihr bei der GbR mitentwickelten und bislang benutzten Textbausteine zur Zwangsvollstreckung zur Fortsetzung ihrer bisherigen Sachbearbeitung sowie die bisherigen Textbausteine der GbR bezüglich Kontenplan, Aktenanlage, Gerichtsterminliste usw. zur Aufnahme ihrer weitergehenden Tätigkeit als Bürovorsteherin ein. Die Klägerin setzte damit das bereits bestehende - identische - , allenfalls inhaltlich modifizierte Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten fort. Damit blieb auch ihre Betriebszugehörigkeit unverändert erhalten.

Zwar hat der Beklagte mit der Berufung erneut vorgetragen, die Klägerin habe das mit den Zeugen M und H bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.1990 aufgelöst und sich bewusst für einen Neuanfang bei ihm entschieden, mit dem sie ein neues Arbeitsverhältnis begründet habe. Dieses pauschale Vorbringen ist aber nicht geeignet, die von der Klägerin substantiiert verneinte Vertragsauflösung mit der GbR zum 31.12.1990 zu widerlegen. Insbesondere hat der Beklagte auch keinen neuen Arbeitsvertrag mit der Klägerin ab dem 01.01.1991 vorgelegt, der seinen Vortrag indiziell stützen könnte.

Hinzu kommt, dass der Beklagte bis zuletzt nicht den Auseinandersetzungsvertrag mit der GbR präsentiert hat, dessen Vorlage ihm das Arbeitsgericht gemäß § 142 ZPO durch Beschluss vom 15.08.2002 aufgegeben hatte. Die Nichtvorlage kann nach § 286 Abs. 1 ZPO nur dahin gewürdigt werden, dass der von der Klägerin vorgetragene Vertragsinhalt zutrifft, nämlich u.a. auch die Übernahme der Arbeitsverhältnisse einer Kollegin und ihres eigenen durch den Beklagten vereinbart war. Nichts anderes gilt, wenn es einen schriftlichen Auseinandersetzungsvertrag mit den Rechtsanwälten M und H überhaupt nicht gegeben haben sollte, wie der Beklagte erstmals in der Berufungsverhandlung hat vortragen lassen. Dann verbleibt es bei den konkludenten Erklärungen der Beteiligten, die nur den Schluss auf eine einvernehmliche Übertragung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin auf den Beklagten zulassen.

II. Da der Beklagte das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss er nach den §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen.

III. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.

Ende der Entscheidung

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