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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 7 (3) Sa 516/05
Rechtsgebiete: ETV-DP AG


Vorschriften:

ETV-DP AG § 30
ETV-DP AG Anhang 2 Teil A Abs. 1
ETV-DP AG Anhang 2 Teil A Abs. 5
Die Besitzstandszulage gem. § 30 Abs. 2 i. V. m. Anhang 2 Teil A Abs. 1 ETV-DP AG ist auch dann zu zahlen, wenn erstmals zu einem Zeitpunkt nach dem Umstellungsstichtag aus Anlass einer fiktiven Höhergruppierung i. S. v. Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-DP AG die Bezugsvergütung (alt) das Bezugsentgelt (neu) übersteigt.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.03.2005 in Sachen 1 Ca 9875/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf eine tarifliche Besitzstandszulage.

Der Kläger und Berufungsbeklagte absolvierte in der Zeit vom 01.08.1999 bis 30.06.2002 eine Berufungsausbildung bei der Beklagten und wurde sodann mit Wirkung ab 01.07.2002 als Angestellter in der Dateneingabe bei der Niederlassung Rentenservice übernommen. Kraft beiderseitiger Tarifbindung gelten die Tarifverträge der D AG.

Zum 01.09.2003 traten der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der D AG (MTV-D AG) und der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der D AG (ETV-D AG) in Kraft. Hierdurch wurde ein neues Vergütungssystem eingeführt.

§ 30 Abs. 2 ETV-D AG bestimmt, dass für Arbeitnehmer, die am 31.08.2003 bereits und am 01.09.2003 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Angestellter zur Beklagten standen und stehen, die in Teil A des Anhangs 2 enthaltenen Regelungen über eine Besitz- und Rechtsstandsvergütung anwendbar sind. Diese Regelungen lauten auszugsweise wie folgt:

(Abs. 1) "Der Arbeitnehmer gem. § 30 Abs. 2 (im Folgenden Angestellter genannt) erhält für Zeiten mit Anspruch auf Monatsgrundentgelt gem. § 2 Abs. 1 und Abs. 7 eine Besitzstandszulage "Vergütung" in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Bezugsvergütung gem. Abs. 2 und dem Bezugsentgelt gem. § 3. Die Besitzstandszulage wird bis zur Aufzehrung gezahlt.

...

(Abs. 5) ... Für den Fall, das der Angestellte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses ETV und aufgrund der vor diesem Zeitpunkt für ihn anzuwendenden Regelungen der Anlage 2 zum TV Ang/TV Ang-O bezogen auf die im Feststellungsvermerk dokumentierte Bewertung bzw. Tätigkeit noch eine Grundvergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe (Erfüllung einer Bewährungszeit und/oder von einem Zeitablauf) erhalten könnte, ist für den Angestellten zum Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung der Besitzstand gem. Abs. 1 neu festzusetzen. Die Feststellung der Vergütungsgruppe und des fiktiven Eingruppierungsverlaufs erfolgt in einem Feststellungsvermerk nach den Regelungen der Anlage 6 zu diesem Anhang. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn der beamtenbewertete Arbeitsposten des Angestellten nach dem 01.09.2003 fiktiv höher bewertet wird."

Der Kläger war nach dem bis zum 31.08.2003 geltenden Vergütungssystem in die Vergütungsgruppe VI b eingruppiert. Daraus resultierte am Stichtag 31.08.2003 eine Bezugsvergütung (alt) in Höhe von 1.940,82 €. Nach dem neuen Vergütungssystem wurde der Kläger zum 01.09.2003 der neuen Entgeltgruppe 4 Gruppenstufe 3 zugeordnet. Sein Bezugsentgelt (neu) am Stichtag 01.09.2003 betrug danach 2.000,07 € brutto monatlich.

Wäre es bei dem alten Vergütungssystem verblieben, so wäre der Kläger zum 01.02.2004 in die Vergütungsgruppe V c höhergruppiert worden. Dies hat die Beklagte dem Kläger in ihrem "Vermerk zur Feststellung des Besitzstandes Vergütung" vom 06.08./07.08.2003 (Bl. 6 f. d. A.) bestätigt. Aufgrund dieser Höhergruppierung hätte dem Kläger sodann eine Vergütung zugestanden, die das ab dem 01.09.2003 gezahlte Bezugsentgelt (neu) überstiegen hätte. Der Kläger hat die Höhe des Unterschiedsbetrages in der Klageschrift mit 25,44 € brutto monatlich beziffert. Diesen Betrag brachte die Beklagte jeweils auch bei den Abrechnungen für Februar und März 2004 als Besitzstandszulage zur Auszahlung, behielt die gezahlten Beträge im Monat April aber wiederum ein (vgl. Abrechnungen Bl. 8 ff. d. A.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm habe ab dem 01.02.2004 die Besitzstandszulage zugestanden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Februar 2004 eine Besitz- bzw. Rechtsstandszulage nach Maßgabe des Anhangs 2 Teil A des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer der D AG vom 01.09.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Standpunkt eingenommen, dass ein möglicher Besitzstand des Klägers bereits zum 01.09.2003 aufgezehrt gewesen sei, da das ab diesem Zeitpunkt gezahlte Bezugsentgelt (neu) unstreitig zunächst höher gewesen sei als die bis zum 31.08.2003 gezahlte Bezugsvergütung (alt). Nach den tarifvertraglichen Regelungen könne ein einmal aufgezehrter Besitzstand nicht mehr aufleben.

Mit Urteil vom 03.03.2005 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 01.04.2005 zugestellt. Sie hat hiergegen am 15.04.2005 Berufung einlegen und diese innerhalb der bis zum 01.07.2005 verlängerten Frist am 28.06.2005 begründen lassen.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass der Kläger ab Februar 2004 keine Besitzstandszulage habe beanspruchen können. Die Regelung des Abs. 5 des Anhangs 2 Teil A ETV-D AG sei auf den Kläger nicht anwendbar; denn da sich am Stichtag 01.09.2003 nach der neu eingeführten Vergütungsstruktur für den Kläger ein höheres Bezugsentgelt (neu) ergeben habe als am 31.08.2003 nach der alten Vergütungsstruktur, sei eine Besitzstandszulage des Klägers bereits zu diesem Zeitpunkt aufgezehrt gewesen. Eine einmal aufgezehrte Besitzstandszulage könne aber nicht wieder aufleben. Dies ergebe sich, wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung und dem Schriftsatz vom 16.11.2005 näher ausführt, sowohl aus dem Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung als auch aus dem Willen der Tarifvertragsparteien.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.03.2005, Az.: 1 Ca 9875/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte schließt sich in seiner Berufungserwiderung voll inhaltlich den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils an.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde i. S. v. § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger ab Februar 2004 eine Besitzstandszulage nach Anhang 2 Teil A Abs. 1 und 5 des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer der D AG zugestanden hat. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung auch überzeugend begründet. Die gegen die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils gerichteten Angriffe der Beklagten in der Berufungsinstanz gehen fehl. Die Rechtsauffassung der Beklagten ist weder mit dem Wortlaut der Besitzstandsregelung des Anhangs 2 Teil A Abs. 1 und 5 ETV-D AG vereinbar, noch entspricht sie seinem Sinn und Zweck. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien in ihrer tariflichen Besitzstandsregelung für Fallkonstellationen wie die vorliegende ein anderes Ergebnis intendiert hätten als es dem arbeitsgerichtlichen Urteil entspricht.

1. Der Kläger hat für die Zeit ab 01.02.2004 einen Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Bezugsvergütung (alt) nach Maßgabe der früheren Vergütungsgruppe V c und dem für ihn ab 01.09.2003 maßgeblichen Bezugsentgelt (neu) der Entgeltgruppe 4, Gruppenstufe 3. Der Anspruch folgt unmittelbar aus § 30 Abs. 2 ETV-D AG i. V. m. Anhang 2 Teil A Abs. 1 und 5 dieses Tarifvertrages.

a. Zwar ergab sich zum Zeitpunkt der Umstellung der Vergütungssysteme am 01.09.2003 zunächst kein Anspruch des Klägers auf eine Besitzstandszulage, da zu diesem Zeitpunkt das Bezugsentgelt (neu) unstreitig höher war als die bis zum 31.08.2003 maßgebliche Bezugsvergütung (alt).

b. Bereits im Zeitpunkt der Umstellung der Vergütungssysteme zum 01.09.2003 stand jedoch fest, dass der Kläger zum 01.02.2004 eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V c zu erwarten gehabt hätte, wenn es bei der alten Vergütungssystematik geblieben wäre. Die Beklagte hat dem Kläger dies in ihrem "Vermerk zur Feststellung des Besitzstandes Vergütung" vom 06.08./07.08.2003 ausdrücklich bestätigt. Genau für diesen Fall schreibt jedoch Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG ausdrücklich vor, dass in Bezug auf die Besitzstandszulage für den Angestellten zum Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung der Besitzstand gem. Anhang 2 Teil A Abs. 1 neu festzusetzen ist. Eine Neufestsetzung zum 01.02.2004 unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt fiktiv erfolgten Höhergruppierung der Bezugsvergütung (alt) ergibt jedoch nunmehr eine Negativdifferenz zu Lasten des Klägers, die durch die Besitzstandszulage auszugleichen ist.

c. Die Voraussetzung, dass die Feststellung der Vergütungsgruppe und des fiktiven Eingruppierungsverlaufs in einem Feststellungsvermerk erfolgt ist, ist im vorliegenden Fall erfüllt.

d. Der Wortlaut der tariflichen Regelung über den Anspruch auf Neufestsetzung des Besitzstandes zum Zeitpunkt einer fiktiven Höhergruppierung, wie er aus Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG folgt, ist eindeutig und nach Überzeugung des Berufungsgerichts nicht im Sinne der Rechtsauffassung der Beklagten auslegungsfähig. Insbesondere unterscheidet der Tarifvertrag für den Anspruch auf Neufestsetzung des Besitzstandes nicht danach, ob der Angestellte in dem Zeitraum zwischen dem 01.09.2003 und dem Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung ebenfalls bereits die Zahlung einer Besitzstandszulage beanspruchen konnte oder ob dies - wie im Falle des Klägers - zunächst noch nicht der Fall war. Schon das Arbeitsgericht weist darauf hin, dass eine solche Unterscheidung auch zu sinnwidrigen Ergebnissen führen würde: Es ist schlechthin nicht nachvollziehbar, warum derjenige Angestellte, der zunächst keine Besitzstandszulage erhält, nur wegen dieses Umstands auch später keine Zulage erhalten soll, während der Arbeitnehmer, der von Anfang an die Zulage erhält - und sei es auch nur in einer ganz geringfügigen Höhe -, diese nunmehr anlässlich der fiktiven Höhergruppierung in einem dann weitergehenden Umfang bezieht.

e. Der erkennbare Sinn und Zweck der Regelung in Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG besteht darin, nicht nur solche durch die Änderung des Vergütungssystems entstehenden Nachteile in der Entgelthöhe durch eine Besitzstandszulage auszugleichen, die im Zeitpunkt der Umstellung der Systeme am 01.09.2003 sofort vorhanden sind, sondern auch solche, die erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, wenn sie dem Grunde, dem Zeitpunkt und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt der Umstellung des Vergütungssystems feststanden.

f. Genau dies ist vorliegend der Fall: Wie aus dem Feststellungsvermerk der Beklagten vom 06.08./07.08.2003 hervorgeht, stand am 31.08./01.09.2003 bereits fest, dass der Kläger bei Beibehaltung des alten Vergütungssystems zum 01.02.2004 in den Genuss einer höheren Vergütung gekommen wäre, die die dann aktuell gültige Entgelthöhe (neu) überstiegen hätte.

2. Diesem Ergebnis kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass der Kläger im Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung am 01.02.2004 seine Besitzstandszulage bereits "aufgezehrt" gehabt hätte und eine aufgezehrte Besitzstandszulage nicht neu entstehen könne.

a. Bereits die Grundthese, dass eine einmal "aufgezehrte" Besitzstandszulage unter keinen Umständen "wiederaufleben" könnte, begegnet durchgreifenden Bedenken. Wenn Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG vorschreibt, dass unter bestimmten - auch im vorliegenden Fall erfüllten - Bedingungen der Besitzstand zu einem bestimmten nach dem 01.09.2003 gelegenen Zeitpunkt "neu festzusetzen" ist, so spricht bereits dies dafür, dass auch ein sich auf der Grundlage dieser Neufestsetzung ergebender Besitzstand durch eine Besitzstandszulage ausgeglichen werden soll, unabhängig davon, ob vorher bereits einmal eine Besitzstandszulage gezahlt und aufgezehrt wurde oder nicht. Andernfalls erschiene die vorgeschriebene Neufestsetzung des Besitzstandes sinn- und gegenstandlos.

b. Diese Frage kann aber vorliegend sogar dahingestellt bleiben; denn im vorliegenden Fall trifft es nicht zu, dass sich bereits vor dem Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung des Klägers zum 01.02.2004 ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Besitzstandszulage "aufgezehrt" hätte.

aa. Der vorliegend gegebene Fall, dass vor dem Zeitpunkt der fiktiven Höhergruppierung am 01.02.2004 ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Besitzstandszulage noch nicht gegeben war, weil bis dahin die dafür notwendigen Voraussetzungen noch nicht vorgelegen hatten, kann schon dem Wortlaut nach nicht unter den Begriff der "Aufzehrung" der Besitzstandszulage subsumiert werden. Die Beklagte selbst zieht philologische Quellen dazu heran, um zu verdeutlichen, dass der Begriff "aufzehren" gleichbedeutend sei mit "verbrauchen". Es kann aber nur etwas verbraucht werden, was vorher tatsächlich vorhanden war. Ein vor dem 01.02.2004 überhaupt nicht fälliger Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Besitzstandszulage kann sich auch nicht verbraucht oder "aufgezehrt" haben.

bb. Die Besitzstandszulage korrespondiert bekanntlich mit der Differenz zwischen der Bezugsvergütung (alt) und dem Bezugsentgelt (neu). Die Höhe der Bezugsvergütung (alt) ist grundsätzlich statisch und entwickelt sich abgesehen von dem auch hier gegebenen Sonderfall der anrechenbaren nachträglichen fiktiven Höhergruppierung nicht mehr weiter. In dem Sonderfall der anrechenbaren nachträglichen fiktiven Höhergruppierung schreibt Anlage 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG eine einmalige Neufestsetzung der Differenz vor, wobei von dem Zeitpunkt der Neufestsetzung an die Bezugsvergütung (alt) wiederum statisch ist und gleich bleibt. Demgegenüber entwickelt sich das Bezugsentgelt (neu) stetig weiter. Der arbeitsrechtlich nicht unübliche Terminus der Aufzehrung bezeichnet den Prozess, der darin besteht, dass sich gerade durch die aktuelle Weiterentwicklung des Bezugsentgelts (neu) die Differenz zwischen der Bezugsvergütung (alt) und dem Bezugsentgelt (neu) stetig verkleinert, bis sie den Punkt Null erreicht. Eine solche Konstellation war vorliegend vor dem 01.02.2004 nicht gegeben. Vielmehr hat für die Zeit vor dem 01.02.2004 ein Anspruch auf eine Besitzstandszulage nicht bestanden. Folglich konnte eine solche auch nicht aufgezehrt sein.

3. Schon das Arbeitsgericht ist zu Recht der Befürchtung der Beklagten entgegengetreten, dass durch die hier vorgenommene Auslegung des Tarifvertrages ein immer wieder neues "Hineinwachsen" in den Anspruch auf die Besitzstandszulage erfolgen kann. Nach der tariflichen Regelung in Anhang 2 Teil A Abs. 5 ETV-D AG kommt der Sonderfall einer nachträglichen Neufestsetzung des Besitzstandes und damit auch des Anspruchs auf die Besitzstandszulage nämlich nur dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ETV bereits feststand, dass und wann eine fiktive Höhergruppierung eintreten würde und dieser Tatbestand in dem von der Beklagten anlässlich der Neustrukturierung des Vergütungssystems erstellten sog. Feststellungsvermerk bestätigt wurde. Auch im Sonderfall der Neufestsetzung des Besitzstandes unter der Voraussetzung einer fiktiven Höhergruppierung greift im Anschluss an die Neufestsetzung sodann (ggf. wieder) der in Anhang 2 Teil A Abs. 1 ETV-D AG vorgesehene Aufzehrungsprozess ein.

4. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass auch die von der Beklagten herangezogenen schriftlichen Äußerungen der Tarifvertragsparteien für die Rechtsauffassung der Beklagten nichts hergeben. Sie geben im Wesentlichen nur den Text der tarifvertraglichen Regelungen wieder und enthalten keinerlei Inhalt, der mit der vom Arbeitsgericht zutreffend vorgenommen Auslegung der Tarifvorschriften nicht in Einklang steht.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Im Hinblick darauf, dass nach Angaben der Beklagten von der vorliegenden Auslegungsproblematik bundesweit eine Vielzahl vergleichbarer Fälle betroffen sind, war gem. § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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