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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 1020/06
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 626
BAT § 54
BAT § 55
BAT § 59
1. Beispielsfall einer wirksamen außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung bei Dauererkrankung.

2. Zur Bedeutung der befristeten Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente für die Zukunftsprognose bei der krankheitsbedingten Kündigung.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.07.2006 in Sachen 3 Ca 474/06 wird einschließlich des in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin und Berufungsklägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 20.07.2006 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Klägerin am 08.08.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 07.09.2006 Einspruch einlegen und diesen am 06.10.2006 begründen lassen.

Die Klägerin hält zunächst fest, dass sich aus ihrer Sicht an ihrem Gesundheitszustand derzeit nichts geändert habe. Aus den zwischenzeitlich ergangenen Rentenbescheiden, die ihr eine Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung jeweils nur befristet zugebilligt hätten, ergäbe sich jedoch, dass es "aufgrund der medizinischen Untersuchungsbefunde wahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben werden kann". Bei diesem Sachverhalt sei es der Beklagten zumutbar abzuwarten, ob hinsichtlich der Bewilligung der Zeitrente ein Dauerzustand eintrete und damit eine unbefristete Rentenbewilligung erfolgen werde, oder ob die Zeitrente mit Ablauf des bisherigen Bewilligungszeitraumes ende. Im letzteren Fall stehe fest, dass die Klägerin nicht mehr erwerbsunfähig sei und damit wieder ihren Arbeitsplatz voll einnehmen könne.

Im Rahmen einer Interessenabwägung überwögen somit eindeutig ihre Interessen diejenigen der Beklagten. Dies gelte um so mehr, als sich die Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes einer besonderen sozialen Verantwortung zu stellen habe. Zu beachten sei auch, dass eine finanzielle Belastung durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes nicht gegeben sei.

Außerdem folge nach Auffassung der Klägerin bereits aus § 59 BAT, dass auf solche Krankheiten, die zu einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit führten, eine krankheitsbedingte Kündigung nicht gestützt werden könne.

Hilfsweise macht die Klägerin einen Wiedereinstellungsanspruch geltend. Es habe sich insoweit im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens eine Änderung der Sachlage ergeben, als nunmehr der befristete Erwerbsunfähigkeitsrentenbescheid erlassen worden sei. Wenn die Rente nicht mehr verlängert werde, stehe zugleich fest, dass sie, die Klägerin, wieder arbeitsfähig sei. Sie habe dann einen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn, Az. 3 Ca 474/06, vom 20.07.2006 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.06.2003 nicht beendet wird.

Hilfsweise beantragt die Klägerin und Berufungsklägerin,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.03.1979 als Bürokraft anzunehmen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und tritt der Berufungsbegründung insbesondere mit Rechtsgründen entgegen.

Während des laufenden Berufungsverfahrens ist der Klägerin erneut eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden, und zwar befristet für die Zeit vom 01.02.2007 bis zum 31.01.2009 (vgl. Bl. 118/118 RdA.).

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.07.2006 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin konnte jedoch keinen Erfolg haben. Die außerordentliche krankheitsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung vom 25.06.2003, die die Beklagte mit einer sozialen Auslauffrist bis zum 31.12.2003 entsprechend §§ 54, 55 BAT versehen hat, erweist sich als rechtsbeständig. Das Arbeitsgericht hat die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. An die zutreffenden Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils kann das Berufungsgericht anknüpfen. Zusammenfassend und ergänzend gilt aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz das Folgende:

1. In formaler Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der streitigen Kündigung. Solche sind auch von der Klägerin - jedenfalls in der Berufungsinstanz - nicht geltend gemacht worden.

2. Die Kündigung der Beklagten vom 25.06.2003 ist aber auch als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist aufgrund eines dafür vorliegenden wichtigen Grundes im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 BAT inhaltlich gerechtfertigt.

a. Zutreffend geht das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung davon aus, dass, insbesondere gegenüber tariflich ordentlich unkündbaren Angestellten wie der Klägerin, auch eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung in Betracht kommt, die allerdings regelmäßig mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist zu versehen ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass eine solche außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung allerdings nur unter sehr strengen Voraussetzungen in Betracht kommt und letztlich denjenigen Ausnahmefällen vorbehalten bleiben muss, in denen das Arbeitsverhältnis aufgrund Umfang und Intensität des krankheitsbedingten Ausfalls des Arbeitnehmers nur noch als "sinnentleert" bezeichnet werden kann (BAG vom 12.01.2006, 2 AZR 242/05, AP Nr.13 zu § 626 BGB Krankheit; BAG vom 09.09.1992, 2 AZR 190/92, NZA 1993, 598 ff.).

b. Ein solcher Ausnahmefall eines "sinnentleerten" Arbeitsverhältnisses ist vorliegend gegeben.

aa. Bereits im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung am 25.06.2003 bestand aus objektiver Sicht die negative Zukunftsprognose, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr bestehenden Erkrankungen - Alkoholkrankheit, psychogene Gangstörungen, Agoraphobie - dauerhaft nicht mehr in der Lage sein würde, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Verwaltungsangestellte auszuüben. Diese Prognose nährte sich aus dem exorbitanten Umfang der krankheitsbedingten Fehlzeiten zumindest seit dem Jahr 2001, aus dem negativen Ergebnis einer vertrauensärztlichen Untersuchung im B der V am 17.02.2003 und aus einem arbeitsmedizinischen TÜV-Gutachten aus dem Frühjahr 2003, welches auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle der Stadt B eingeholt worden war. Dabei war bereits im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht ersichtlich, welche Erfolg versprechenden therapeutischen Maßnahmen noch nicht ausgeschöpft gewesen sein sollten.

bb. Zwar kommt es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung maßgeblich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt von deren Ausspruch an. Gerade bei der krankheitsbedingten Kündigung ist jedoch anerkannt, dass der weitere Geschehensablauf nach Ausspruch der Kündigung zur Bestätigung der Prognose mit herangezogen werden kann. Die Entwicklung des Gesundheitszustands der Klägerin seit Ausspruch der streitigen Kündigung im Mai 2003 bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Januar 2007 bestätigt uneingeschränkt die negative Zukunftsprognose, wonach die Klägerin auf unabsehbare Dauer aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage sein wird, gegenüber der Beklagten die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.

aaa. Zunächst bestätigt die Klägerin selbst in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 16.11.2006, dass sich (auch) aus ihrer Sicht an ihrem Gesundheitszustand bis dato nichts geändert hat. Die Klägerin war somit im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht seit Ausspruch der streitigen Kündigung mehr als weitere 3 1/2 Jahre durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, ohne dass sich Anzeichen für eine alsbaldige Besserung ihres Zustandes in irgendeiner Weise eingestellt hätten.

bbb. Im Gegenteil belegt die erneute Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, dass jedenfalls auch für die Zeit bis zum 31.01.2009 nicht damit zu rechnen ist, dass die Klägerin irgendeiner Erwerbstätigkeit wird nachgehen können. Der Umstand, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente nunmehr gleich für weitere zwei Jahre bewilligt worden ist, während zuvor zweimal die bewilligte Rentenperiode jeweils nur ein Jahr betrug, deutet sogar eher auf eine Verschlechterung, jedenfalls aber auf eine markante Perpetuierung des seit Jahren bestehenden ungünstigen Gesundheitszustandes hin.

ccc. Nach wie vor konnte die Klägerin keinerlei Anzeichen dafür mitteilen, dass selbst nach Ablauf der nunmehr erneut bewilligten Erwerbsunfähigkeitsrente im Februar 2009 die begründete Aussicht besteht, dass nicht nur eine Erwerbsunfähigkeit allgemeiner Art, sondern darüber hinaus auch die spezielle Arbeitsfähigkeit für die der Beklagten geschuldete Tätigkeit wieder hergestellt werden könnte.

cc. Die negative Zukunftsprognose bei einer krankheitsbedingten Kündigung muss sich auf eine geraume Zeit beziehen. Sie setzt nicht voraus, dass die negative Prognose zwingend bis zum Eintritt in das reguläre Rentenalter fortbesteht. Steht nunmehr, folgt man dem jüngsten Bescheid über die Erwerbsunfähigkeitsrente, bereits fest, dass die Klägerin nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht vor Februar 2009 ihre Erwerbsfähigkeit wiedererlangen wird, so steht zugleich fest, dass die im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung getroffene Prognose sich bereits für einen Zeitraum von mehr als 5 1/2 Jahren als richtig erwiesen hat. Es kann nach Überzeugung des Berufungsgerichts keinem Zweifel unterliegen, dass damit die Voraussetzungen einer Zukunftsprognose "für geraume Zeit" ohne weiteres erfüllt sind.

dd. Die Klägerin kann aus dem Umstand, dass ihr seit Februar 2005 mittlerweile dreimal jeweils nur befristete Erwerbsunfähigkeitsrenten bewilligt worden sind, nichts für sich herleiten. Die formularmäßige Aussage des Rentenversicherungsträgers, wonach es "aufgrund der medizinischen Untersuchungsbefunde wahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann", ist für den Kündigungsschutzprozess nicht bindend. Aussagekräftig könnten allenfalls die darin gegebenenfalls in Bezug genommenen "medizinischen Untersuchungsbefunde" selbst sein, dies aber auch allenfalls im Zusammenhang mit einer nachträglichen Bestätigung oder Widerlegung der im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zu treffenden Zukunftsprognose. Die Klägerin, der die fraglichen "medizinischen Untersuchungsbefunde" bekannt sein müssen, hat solche für sie prognostisch positive medizinische Untersuchungsbefunde jedoch nicht namhaft gemacht, sondern im Gegenteil bestätigt, dass sich an ihrem negativen Gesundheitszustand nichts geändert hat. Im übrigen zeigt bereits der Umstand, dass sich in der Vergangenheit sowohl die ursprünglich zum 01.02.2006 wie auch die sodann zum 01.02.2007 vorgenommene Befristung der Rentenbewilligung als unzutreffend erwiesen hat, dass allein der Tatbestand der Befristung der Erwerbsunfähigkeitsrente ungeeignet ist, auf eine zukünftige positive Entwicklung des Gesundheitszustandes der Klägerin objektiv schließen lassen zu können.

ee. Abgesehen davon weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Begriff der Erwerbsunfähigkeit, welcher der Rentenbewilligung zugrunde liegt, nicht deckungsgleich ist mit dem Begriff der Arbeitsfähigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne (BAG vom 03.12.1998, 2 AZR 773/97, NZA 1999, 440 ff.). Auch wenn die Klägerin eines Tages nicht mehr einer vollen Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinne unterliegen sollte, ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob die Klägerin auch ihre Arbeitsfähigkeit gerade für die gegenüber der Beklagten arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit wiedererlangt oder nicht.

c. Schließlich kann die Klägerin auch aus § 59 Abs. 1 BAT nichts für sich herleiten.

aa. § 59 BAT befasst sich nicht mit der Zulässigkeit krankheitsbedingter Kündigungen, sondern mit der Frage, wann das Arbeitsverhältnis des öffentlichen Dienstes bereits aufgrund der Zubilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente selbst ihr Ende findet. Die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Kündigung steht neben der Möglichkeit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 59 Abs.1 BAT aufgrund der Zubilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente.

bb. Unabhängig davon kann es auf § 59 BAT vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil die erste befristete Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin erst 1 1/2 Jahre nach Ausspruch der hier streitigen Kündigung zugebilligt wurde, ohne dass die Klägerin im übrigen in der Zwischenzeit jemals ihre Arbeitsfähigkeit wiedererlangt gehabt hätte.

d. Ist somit die Prognose berechtigt, dass auf unabsehbare Dauer nicht mit einer Wiederherstellung der Arbeitskraft der Klägerin gerechnet werden kann, so steht zugleich auch fest, dass die Beklagte als Arbeitgeberin durch die Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes dauerhaft und empfindlich in ihren betrieblichen Interessen beeinträchtigt wird. Wäre es zutreffend, dass die dauerhafte Abwesenheit der Klägerin von ihrem Arbeitsplatz auf Seiten der Arbeitgeberin zu keinerlei betrieblichen Beeinträchtigungen führte, so könnte daraus nur der Schluss gezogen werden, dass der Arbeitsplatz der Klägerin "überflüssig" ist (vgl. BAG vom 12.01.2006, 2 AZR 242/05 unter II 4).

e. Letztendlich führt auch die bei jeder Kündigung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen zu keinem für die Klägerin positiven Ergebnis. Das privatrechtliche Arbeitsverhältnis ist auf einen Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichtet. Dies gilt auch für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst, auch wenn man geneigt sein mag, an den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes den Anspruch zu stellen, dass dieser seiner sozialen Verantwortung besonders vorbildlich gerecht wird. Steht jedoch nach menschlichem Ermessen fest, dass das Arbeitsverhältnis im Sinne eines Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung dauerhaft nicht mehr mit Leben erfüllt werden kann, weil einer der Vertragspartner, nämlich der Arbeitnehmer, dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die ihm obliegenden Leistungen zu erbringen, so kann dem Arbeitgeber als Vertragspartner ein Festhalten an diesem sinnentleerten Vertragsverhältnis nicht mehr zugemutet werden (BAG a.aO.).

3. Schließlich konnte auch der von der Klägerin hilfsweise angebrachte Wiedereinstellungsanspruch keinen Erfolg haben.

a. Ein sog. Wiedereinstellungsanspruch kommt theoretisch dann in Betracht, wenn Gründe, die im Zeitpunkt des Ausspruchs einer Kündigung diese zu rechtfertigen vermögen, nachträglich unvorhersehbar in Wegfall geraten. Allerdings ist anerkannt, dass Änderungen der Sachlage nach Ausspruch einer Kündigung nicht für unbegrenzte Zeit einen Wiedereinstellungsanspruch begründen könne. Die zeitliche Relevanzgrenze wird im allgemeinen auf den Zeitpunkt des Ablaufs der ordentlichen Kündigungsfrist begrenzt. Welche rechtsrelevante Änderung der Sachlage sich vorliegend jedoch in der Zeit bis zum 31.12.2003 ergeben haben soll, ist nicht ersichtlich.

b. Scheinbar scheint die Klägerin für ihren Wiedereinstellungsantrag darauf abstellen zu wollen, dass ihr im Jahre 2005 (nur) eine zeitlich begrenzte Erwerbsunfähigkeitsrente zugebilligt worden ist. Inwieweit dadurch jedoch der im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung im Juni 2003 bestehende Kündigungsgrund nachträglich in Wegfall geraten sein soll, erschließt sich nicht. Abgesehen davon, dass, wie bereits ausgeführt, Erwerbsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit keine kompatiblen Begriffe darstellen, besagt die befristete Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente allenfalls, dass jedenfalls für die Zeit bis zum Befristungsablauf mit dem Fortbestand der Erwerbsunfähigkeit zu rechnen ist, aber keineswegs, dass für die Zeit nach Ablauf des Befristungszeitraums jedenfalls eine Erwerbsunfähigkeit nicht mehr bestehen wird. Gerade der vorliegende Fall belegt dies besonders deutlich, wurde die ursprünglich auf den 01.02.2006 befristete Rente doch mittlerweile zweimal und zwischenzeitlich bis zum 01.02.2009 verlängert.

c. Nach der Formulierung des Hilfsantrages auf Wiedereinstellung käme es im übrigen für die Frage, ob ein Wiedereinstellungsanspruch besteht, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts an. Zu diesem Zeitpunkt bestand aber unstreitig nicht nur Arbeitsunfähigkeit, sondern sogar Erwerbsunfähigkeit der Klägerin fort.

d. Hat die Klägerin indessen in Wirklichkeit einen anderen Wiedereinstellungszeitpunkt im Auge, so erschließt sich nicht, welcher dies sein soll. Der Antrag wäre in diesem Falle schon zu unbestimmt und damit unzulässig.

4. Bei alledem muss es bei der die Klage abweisenden arbeitsgerichtlichen Entscheidung verbleiben.

III. Die Kostenfolge ergibt sich § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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