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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 1153/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 626 |
2. Zu den Anforderungen an eine Verdachtskündigung.
3. Der bloße Verdacht, einen Bagatelldiebstahl begangen zu haben, erscheint im Regelfall nicht geeignet, das für die Fortsetzung eines langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unwiederbringlich zu zerstören.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2006 in Sachen 9 Ca 1449/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Verdachtskündigung.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 9. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 16.08.2006 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 19.09.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 16.10.2006 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 19.12.2006 - am 19.12.2006 begründen lassen.
Die Beklagte macht geltend, sie halte dem Kläger im Wesentlichen vor, dass er am 16.12.2005 zumindest einen Luftpolsterumschlag, der nicht für ihn bestimmt gewesen sei, in seine von ihm zur Arbeit mitgebrachte Sporttasche gesteckt habe. Damit stehe der Vorwurf eines Diebstahls im Raume. Die Beklagte beanstandet an den arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründen, dass diese das Augenmerk (nur) auf das Institut der Verdachtskündigung richteten, ohne geprüft zu haben, ob nicht auch eine Tatkündigung in Betracht kommen könne. Der Arbeitgeber sei bei Ausspruch einer Kündigung nicht verpflichtet, sich auf eine Tatkündigung oder eine Verdachtskündigung festzulegen. In jeder Tatkündigung stecke als Minus auch eine Verdachtskündigung. Die vorliegende Kündigung sei bereits als Tatkündigung gerechtfertigt. Indem der Kläger einen nicht für ihn bestimmten Luftpolsterumschlag in seine Sporttasche gesteckt habe, habe er bereits eine Gewahrsamsenklave begründet und damit einen Diebstahl begangen.
Die Beklagte ist der Auffassung, auch dem Betriebsrat gegenüber sich bei der Anhörung zur Kündigung nicht auf eine Tat- oder Verdachtskündigung festlegen zu müssen. Zudem habe der Kläger die nicht ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung erstinstanzlich nicht gerügt.
Die angegriffene Kündigung halte aber auch als Verdachtskündigung einer Überprüfung stand. Die Anhörung des Klägers hierzu entspreche den Vorgaben der BAG-Rechtsprechung. Es sei ausreichend und unzweideutig, wenn ihm in den Gesprächen vom 19.12. und 30.12.2005 vorgehalten worden sei, er sei dabei beobachtet worden, wie er am 16.12.2005 einen Luftpolsterumschlag in seine Tasche gesteckt habe. Weitere den Verdacht begründende Umstände hätten nicht mitgeteilt werden müssen.
Das Verhalten des Klägers habe die Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses vollständig und unwiederbringlich gestört, insbesondere, weil der Kläger auch in den Anhörungsgesprächen und später im Prozess nicht zur Redlichkeit zurückgekehrt sei. Auch die abschließende Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers gehen. Trotz seiner langen Betriebszugehörigkeit sei es ihr, der Beklagten, nicht zuzumuten, mit einem Arbeitnehmer weiter zusammenzuarbeiten, der während der Arbeitszeit eine Straftat begangen oder zumindest unter einem entsprechenden schweren Verdacht stehe und diesen Vorgang trotz möglichen Gegenbeweises bestreite.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2006, 9 Ca 1449/06, die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe die Kündigung vom 26.01.2006 ausdrücklich als Verdachtskündigung ausgesprochen. Das Arbeitsgericht habe sie dementsprechend zutreffend gewertet. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung hätten aber nicht vorgelegen. Bei den Anhörungen seien die vermeintlichen Verdachtsmomente nicht konkretisiert worden. Dies habe das Arbeitsgericht in seinem Urteil zutreffend erkannt. Unverständlich sei, warum die den Kläger angeblich belastenden Zeuginnen in Anbetracht ihrer angeblichen Beobachtungen nicht sofort eingeschritten seien. Hätten sie ihren Verdacht sofort geäußert, hätte man anhand des Inhalts seiner Tasche feststellen können, dass er, der Kläger, nichts gestohlen habe. Ergänzend verweist der Kläger auf sein außergerichtliches Schreiben vom 09.03.2007 (Bl. 116 ff. d. A.).
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2006 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat zutreffend festgestellt, dass die ordentliche streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 26.01.2006 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat. Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 26.01.2006 ist rechtsunwirksam, und zwar sowohl als Verdachtskündigung wie auch als Tatkündigung.
1. Die Rechtsauffassung der Beklagten, dass in jeder Tatkündigung als Minus auch eine Verdachtskündigung stecke, ist unzutreffend.
a. Nach der Konzeption des Bundesarbeitsgerichts stellt die sog. Verdachtskündigung einen Kündigungstypus eigener Art dar, der von einer Tatkündigung streng zu unterscheiden ist und z. T. auch eigenständigen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegt.
b. Bei der Beurteilung der Frage, inwieweit der eine Kündigung in Erwägung ziehende Arbeitgeber davon überzeugt ist, dass bestimmte Tatsachen vorliegen, die einen Kündigungsgrund enthalten, gibt es natürliche Abstufungen: Hält der Arbeitgeber die Tatsachen ohne jeden vernünftigen Zweifel für gegeben, wird er eine sog. Tatkündigung aussprechen. Nur wenn am Vorliegen der entsprechenden Tatsachen noch letzte Zweifel möglich sind, dringende Anhaltspunkte aber eine große Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Tatsachen vorliegen, kommt eine sog. Verdachtskündigung in Betracht.
c. Nach dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, die nicht nur im Strafrecht, sondern in der gesamten Rechtsordnung Geltung beansprucht, darf aus einem Sachverhalt, an dessen Vorliegen noch ernsthafte Zweifel möglich sind, an sich keine negative Rechtsfolge für den betroffenen Arbeitnehmer hergeleitet werden.
d. Die Möglichkeit des Ausspruchs einer auf einen bloßen Verdacht gestützten Kündigung ist somit im Ansatzpunkt eigentlich systemwidrig. Sie kann daher nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des BAG nur ausnahmsweise und unter zusätzlichen Voraussetzungen zugelassen werden. Zum einen müssen die vorhandenen Verdachtsmomente derart dringlich sein, dass sie im Ergebnis nur wenig hinter der zweifelsfreien Überzeugung vom Vorliegen eines bestimmten Tatbestandes zurückbleiben. Zum anderen muss gerade schon der bloße Verdacht, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegen könnte, zu einer für den Arbeitgeber schlechthin nicht mehr tragbaren Störung der Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses führen. Drittens muss schließlich die Verdachtskündigung in formeller Hinsicht dadurch abgesichert werden, dass der Arbeitgeber alles in seiner Macht Stehende getan hat, um den Sachverhalt zweifelsfrei aufzuklären, wozu zwingend auch die vor Ausspruch der Kündigung vorzunehmende Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers zu den konkretisierten Verdachtsmomenten gehört. Nur bei strenger Einhaltung dieser Voraussetzungen ist es rechtlich vertretbar, eine Verdachtskündigung zuzulassen, die per se das gesteigerte Risiko in sich birgt, dass ein Unschuldiger objektiv zu Unrecht mit höchst einschneidenden rechtlichen Sanktionen wie dem Verlust des Arbeitsplatzes belegt wird.
2. Ob der Arbeitgeber sich bei Ausspruch einer Kündigung nach außen festlegen muss, ob er eine Verdachts- oder eine Tatkündigung aussprechen will, ist differenziert zu beantworten.
a. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, eine Verdachtskündigung auszusprechen, muss er nicht nur sämtliche oben angesprochenen inhaltlichen und formellen Voraussetzungen einer solchen Kündigung erfüllen, sondern auch seinem Betriebsrat gegenüber klarstellen, dass er von dieser besonderen Art der Kündigung Gebrauch machen will.
b. Hat der Arbeitgeber dagegen ursprünglich eine Verdachtskündigung ausgesprochen und seinen Betriebsrat entsprechend beteiligt, so bleibt es ihm im Regelfall in einem etwaigen späteren Kündigungsschutzprozess unbenommen, von der Verdachtskündigung zur Tatkündigung überzugehen, wenn er glaubt, dass die ursprünglich bestehenden Zweifel am Tatgeschehen zwischenzeitlich beseitigt sind.
3. Die streitige Kündigung vom 26.01.2006 hat die Beklagte ursprünglich als Verdachtskündigung ausgesprochen.
a. Dafür spricht bereits die Formulierung des Kündigungsschreibens vom 26.01.2006 selbst, insbesondere aber die ergänzende Betriebsratsanhörung vom 16.01.2006.
b. Bereits das Arbeitsgericht hat jedoch zutreffend erkannt, dass die streitige Kündigung als Verdachtskündigung die dafür erforderlichen strengen Voraussetzungen nicht erfüllt.
aa. Zum einen teilt das Berufungsgericht die Bedenken des Arbeitsgerichts dagegen, dass die Beklagte den Kläger vor dem Ausspruch der Verdachtskündigung ordnungsgemäß angehört hat. Das Arbeitsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen im Einzelnen ausgeführt, dass die Beklagte dem Kläger im Vorfeld der Kündigung gerade nicht die für sie wesentlichen Verdachtsmomente mitgeteilt hat.
bb. Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass es ausreichen müsse, wenn der Kläger mit dem Vorwurf konfrontiert worden sei, er sei dabei beobachtet worden, wie er einen nicht für ihn bestimmten Luftpolsterumschlag eingesteckt habe. Gerade wenn der Kläger den nur pauschal umschriebenen Vorwurf ebenso pauschal in Abrede stellt, wäre es erforderlich gewesen mitzuteilen, aufgrund welcher Umstände die Beklagte glaubt, den Angaben der ihn beschuldigenden Kolleginnen größeres Gewicht beimessen zu müssen als der Einlassung des Klägers.
cc. Des Weiteren teilt auch das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die vorliegende Kündigung vom 26.01.2006 als sog. Verdachtskündigung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.
aaa. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, es bestehe der dringende Verdacht, dass er am 16.12.2005 einen sog. Luftpolsterumschlag entwendet habe. Der ursprünglich erhobene weitere Vorwurf, der Kläger habe am selben Tage kurz zuvor auch noch zwei kleinere Postpakete eingesteckt, hat die Beklagte mit Protokollerklärung vor dem Arbeitsgericht vom 16.08.2006 ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten.
bbb. Ihrem Gesamtvortrag ist zu entnehmen, dass die Beklagte wohl sagen will, bei dem gestohlenen Luftpolsterumschlag habe es sich um eine eingegangene Postsendung gehandelt. Danach wird der Luftpolsterumschlag im Zweifel wohl auch einen Inhalt gehabt haben. Welcher Art dieser jedoch war oder gewesen sein könnte, darüber schweigt sich die Beklagte aus. Dies erscheint deshalb verwunderlich, weil die Beklagte andererseits vorträgt, dass sich seinerzeit noch ein genau formgleicher weiterer Luftpolsterumschlag in der Bearbeitung des Klägers befunden habe und von diesem ordnungsgemäß in den weiteren Postlauf einsortiert und auf diese Weise an den Empfänger im Bereich BSM weitergeleitet worden sei.
ccc. Ein Luftpolsterumschlag als solcher ist ein Gegenstand von geringfügigem Wert. Zwar hält das BAG in ständiger Rechtsprechung auch sog. Bagatelldiebstähle oder Diebstähle von Gegenständen mit geringem Wert für geeignete Gründe, um ggf. auch langfristig bestehende Arbeitsverhältnisse durch Kündigung aufzulösen. In Anbetracht des Umstands, dass es sich bei dem Rechtsinstitut der Verdachtskündigung ohnehin bereits um ein im Ansatz systemwidriges Rechtsinstrument handelt, erscheint es dem Berufungsgericht jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedenfalls im Normalfall nicht mehr vertretbar, auch eine Kündigung zuzulassen, die sich lediglich auf den Verdacht des Diebstahls einer geringwertigen Sache stützt. Mit anderen Worten: Der bloße Verdacht, einen Bagatelldiebstahl begannen zu haben, erscheint im Regelfall nicht geeignet, das für die Fortsetzung eines langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unwiederbringlich zu zerstören.
dd. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts ist die Kündigung vom 26.01.2006 als Verdachtskündigung aber auch noch aus einem dritten Grund rechtsunwirksam: Nach der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vermag das Berufungsgericht nicht festzustellen, dass die von der Beklagten angeführten objektiven Verdachtsmomente die für den Ausspruch einer Verdachtskündigung nötige Dringlichkeit aufweisen. Mit anderen Worten: Die Zweifel, die in Anbetracht der von der Beklagten vorgebrachten Verdachtsmomente an der Tatbegehung durch den Kläger verbleiben, sind nicht lediglich - wie dies für eine Verdachtskündigung unerlässlich ist - geringfügiger Natur, sondern von ganz erheblichem Gewicht.
aaa. Die Beklagte behauptet, zwei Zeuginnen hätten beobachtet, wie der Kläger einen nicht für ihn bestimmten Luftpolsterumschlag in seine private Tasche gesteckt hätte. Der Kläger hat dies seinerseits geleugnet. Ergänzend hat der Kläger in seiner Einlassung vor dem Berufungsgericht und in dem außergerichtlichen Schriftsatz vom 09.03.2007 darauf hingewiesen, dass es in Anbetracht des Umstandes, dass er nebenberuflich als Versicherungsvermittler für die Beklagte tätig sei, sehr wohl auch vorkomme, dass ihm große weiße DIN C4 Umschläge mit Agenturabrechnungen und sonstigem Schriftverkehr an seiner Dienstadresse zugehen.
Die Beklagte hat jeglichen substantiierten Vortrag dazu vermissen lassen, woraus objektiv der Schluss zu ziehen ist, dass der angeblich vom Kläger in seine Privattasche gesteckte Luftpolsterumschlag tatsächlich "nicht für ihn bestimmt war". Die Beklagte hat sich weder zu dem Adressaten, noch zu dem Absender, zu der Größe oder zu dem mutmaßlichen Inhalt des fraglichen Umschlages geäußert. Ebenso wenig hat sie sich näher zu dem gleichzeitig eingegangenen, angeblich formgleichen und vom Kläger an den Bereich BSM weitergeleiteten zweiten Umschlag geäußert. Es erscheint auch wenig nachvollziehbar, warum sich die angeblichen Zeuginnen so sicher sein können, dass der fragliche Umschlag nicht dem Kläger zugestanden habe, wenn sie ihrerseits solche näheren Feststellungen nicht getroffen haben.
bbb. Schließlich ist dem Kläger auch zuzugestehen, dass das Verhalten der von der Beklagten herangezogenen Zeuginnen bei dem fraglichen Vorfall ebenfalls erklärungsbedürftig erscheint. Zwar handelten die Zeuginnen zur fraglichen Zeit nicht als Vertreterinnen des Arbeitgebers, so dass der Vorwurf, die Zeuginnen hätten eine zweifelsfreie Aufklärung des Sachverhalts verhindert, nicht der Beklagten als Arbeitgeberin zugerechnet werden kann. Wenn die Beklagte sich aber die beschuldigenden Angaben der Zeuginnen zu eigen machen und daraus die einschneidende arbeitsrechtliche Sanktion einer Kündigung gegenüber dem Kläger herleiten will, so muss sie sich auch die Zweifel vorhalten lassen, die daraus entstehen, dass die Zeuginnen dem Kläger augenscheinlich "seelenruhig" dabei zugesehen haben, wie dieser einen Diebstahl beging und anschließend mit einer "prall gefüllten" Privattasche die Arbeitsstätte verließ, um dann erst, als eine zweifelsfreie Kontrolle des Klägers nicht mehr möglich war, den Vorfall zu melden.
ccc. Wird eine bei der Beklagten eingehende Postsendung gestohlen, so wäre im Normalverlauf der Dinge im Übrigen auch zu erwarten gewesen, dass entweder Empfänger oder Absender der betreffenden Sendung in Ermangelung der bei einem Posteingang üblicherweise zu erwartenden Reaktion des jeweils anderen sich nach dem Verbleib der fehlenden Sendung erkundigt hätte. Auch hierzu hat die Beklagte nichts vorgetragen.
c. Würdigt man den Gesamtsachverhalt, so fehlt es somit nicht nur an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Klägers, sondern auch bereits an einem hinreichend dringlichen Grad des Tatverdachts zu seinen Lasten. Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Aus all diesen Gründen konnte die Kündigung vom 26.01.2006 nicht als rechtswirksame Verdachtskündigung anerkannt werden. Eine Beweisaufnahme kam dabei von vorneherein nicht in Betracht, da die Vernehmung der den Kläger beschuldigenden Zeuginnen in Anbetracht der aufgezeigten Mängel in der Indizienkette auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen wäre.
4. Ohne Erfolg versucht die Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz, die streitige Kündigung als Tatkündigung aufrecht zu erhalten. Fehlt es wie aufgezeigt schon für eine Verdachtskündigung an der erforderlichen Dringlichkeit der Verdachtsmomente, so scheidet erst recht eine Kündigung aus, die darauf gestützt werden soll, dass der Kläger als Täter der ihm zur Last gelegten Tat zweifelsfrei feststehe.
III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.
Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist bei der Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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