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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 1574/07
Rechtsgebiete: Lohn- und Gehaltsabkommen der metallverarbeitenden Industrie NRW 2006 und 2007


Vorschriften:

Lohn- und Gehaltsabkommen der metallverarbeitenden Industrie NRW 2006 und 2007 § 2
Lohn- und Gehaltsabkommen der metallverarbeitenden Industrie NRW 2006 und 2007 § 5
Lohn- und Gehaltsabkommen der metallverarbeitenden Industrie NRW 2006 und 2007 § 6
Bestimmt ein Haustarifvertrag unter Bezugnahme auf die Flächentarifverträge der entsprechenden Branche, dass die Beschäftigten "die Tariferhöhungen ab 2006 bis einschließlich 2010" erhalten sollen, so fallen darunter auch von den Parteien des Flächentarifvertrags vereinbarte tarifliche Einmalzahlungen, soweit diese dazu dienen, den dem Arbeitnehmer als Arbeitsvergütung für eine bestimmte Zeitspanne tariflich geschuldeten Entgeltbetrag in pauschalierter Form zu erhöhen.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.11.2007 in Sachen 1 Ca 3953/07 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 310,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch in den Jahren 2008 bis 2010 an die Klägerin Einmalzahlungen, die Teil der Gehalts-/Lohnerhöhungen der Metall- und Elektroindustrie in NRW sind, in ungekürzter Höhe auszuzahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in dem Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2010 Anspruch auf bestimmte tarifliche Einmalzahlungen hat.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1976 als Sachbearbeiterin beschäftigt und verdient ca. 3.000,00 € brutto monatlich.

Die Klägerin ist Mitglied der IG Metall, die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie.

In Anbetracht einer angespannten wirtschaftlichen Lage bei der Beklagten schlossen diese und die IG Metall im Dezember 2005 einen Haustarifvertrag. Hierin heißt es auszugsweise:

"§ 2 Gültigkeit von Tarifverträgen

Es gelten alle in der Anlage aufgeführten Tarifverträge in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens, Stand 15.12.2003, mit der Maßgabe nach §§ 3 und 4 dieses firmenbezogenen Verbandstarifvertrages.

...

§ 4 Tariferhöhung

Basis für die ab 2006 bis 2010 vereinbarten Tariferhöhungen im Tarifbereich der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen sind die am 31.12.2003 geltenden Entgelt-Tabellen des Lohnabkommens bzw. Gehaltsabkommens der metallverarbeitenden Industrie NRW.

Die Beschäftigten erhalten auf dieser Basis die Tariferhöhungen ab 2006 bis einschließlich 2010.

Hierbei werden 50 % der in den Jahren 2006 bis einschließlich 2010 erzielten prozentualen Tariferhöhungen auf die am 31.12.2003 gültigen Entgelt-Tabellen tabellenwirksam hinzugerechnet.

Die verbleibenden 50 % der jeweiligen Tariferhöhungen in den Jahren 2006 bis einschließlich 2010 wird als "A -Zulage", die im Regelungsbereich der Betriebsparteien gem. § 87 Abs. 1, Nr. 10 und 11 BetrVG steht, gezahlt. Das Splitting der Tariferhöhung in eine tabellenwirksame Komponente und eine Zulagenkomponente führt nicht zu einer materiellen Schlechterstellung der Beschäftigten bei der Tariferhöhung.

ERA wird nicht eingeführt und es erfolgt keine Auszahlung der bis zum 31.12.2003 eingebrachten ERA-Struktur-Komponente."

Auf den vollständigen Inhalt des Haustarifvertrages vom Dezember 2005, für den eine Laufzeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 vereinbart wurde, wird Bezug genommen (Bl. 6 - 8 d. A.).

Im Zuge der Tarifrunde 2006 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie am 22. April 2006 ein Gehaltsabkommen und ein Abkommen über die Tariflöhne für gewerbliche Arbeitnehmer. In dem Gehaltsabkommen vom 22.04.2006 ist auszugsweise Folgendes bestimmt:

"§ 2 Tarifgehälter

1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Gehaltstabellen, gültig ab 1. März 2005, weiter.

2. Die Angestellten erhalten nach Maßgabe des § 5 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310 Euro beträgt.

3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2006 werden die Tarifentgelte der Angestellten um 3 % erhöht...

...

§ 5 Einmalbetrag

1. Die Betriebsparteien können den Einmalbetrag gem. § 2 Nr. 2 bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder bis auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlicher, guter Ertragslage bis auf das Doppelte durch freiwillige Betriebsvereinbarung erhöhen.

Vereinbaren die Betriebsparteien keine Abweichung, ist der Einmalbetrag in der tariflich vorgeschriebenen Höhe nach § 2 Nr. 2 auszuzahlen....

2. Den Einmalbetrag erhalten Angestellte in voller Höhe, wenn sie im März, April und Mai 2006 Vollzeitbeschäftige waren und einen vollen Anspruch auf Arbeitsentgelt, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld hatten.

3. Teilzeitbeschäftigte erhalten den Einmalbetrag nach Maßgabe ihrer für die Monate März, April und Mai 2006 einzelvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Diese Regelung gilt entsprechend für Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung auf eine Dauer zwischen 30 und unter 35 Stunden festgelegt ist.

4. Soweit für teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Angestellte kein voller Anspruch auf Zahlung des Tarifentgelts, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld für die Monate März, April und/oder Mai 2006 bestand, ist der Einmalbetrag zeitanteilig zu kürzen.

5. Angestellte, die während der Monate März, April oder Mai 2006 eingetreten bzw. ausgeschieden sind, erhalten den Betrag anteilig entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in diesen Monaten.

6. Mit dem Einmalbetrag sind alle Ansprüche abgegolten, die sich aus der Erhöhung der Tarifentgelte gemäß § 2 für die Monate März bis Mai 2006 ergeben.

7. Sofern die Monate März bis Mai 2006 ab Juni 2006 Referenzzeitraum für Durchschnittsberechnungen aller Art sind, ist statt des Einmalbetrags eine prozentuale Erhöhung von 3,0 % zugrunde zu legen."

Das Abkommen über die Tariflöhne der gewerblichen Arbeitnehmer vom 22. April 2006 enthält in § 2 und in § 6 entsprechende Vorschriften.

Auf den vollständigen Wortlaut des Gehaltsabkommens und des Abkommens über die Tariflöhne für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 22. April 2006 wird Bezug genommen.

Aus der Tarifrunde 2007 ging wiederum das Gehaltsabkommen über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens sowie das Abkommen über die Tariflöhne für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 08. Mai 2007 hervor. In § 2 des Gehaltsabkommens vom 08.05.2007 heißt es:

"§ 2 Tarifentgelte

Die Tarifentgelte werden mit Wirkung ab 1. April 2007 wie folgt erhöht:

1. Für die Monate April und Mai 2007 gilt die bisherige Gehaltstabelle, gültig ab 1. Juni 2006, weiter.

Die Angestellten erhalten nach Maßgabe des § 5 für diese beiden Monate mit der Abrechnung für Mai 2007 statt einer Tabellenerhöhung einen Pauschalbetrag in Höhe von insgesamt 400 Euro brutto.

2. Mit Wirkung ab 1. Juni 2007 werden die Tarifentgelte der Angestellten um 4,1 % erhöht..."

Entsprechend heißt es in § 2 des Lohnabkommens vom 08. Mai 2007 wie folgt:

"§ 2 Monatsgrundlohn - Summarische Arbeitsbewertung

Die Tariflöhne werden mit Wirkung ab 1. April 2007 wie folgt erhöht:

1. Für die Monate April und Mai 2007 gilt die bisherige Lohntabelle, gültig ab 1. Juni 2006, weiter.

Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten nach Maßgabe des § 6 für diese beiden Monate mit der Abrechnung für Mai 2007 statt einer Tabellenerhöhung einen Pauschalbetrag in Höhe von insgesamt 400 Euro brutto.

2. Mit Wirkung ab 1. Juni 2007 wird der gemeinsame Ecklohn der Monatsgrundlohntabelle von 1.916,49 Euro um 4,1 % auf 1.995,07 Euro erhöht..."

§ 5 des Gehaltsabkommens und § 6 des Lohnabkommens vom 08. Mai 2007 enthalten spezielle Regelungen über den Pauschalbetrag gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2, die inhaltlich im Wesentlichen den Regelungen in § 6 des Gehaltsabkommens bzw. § 5 des Lohnabkommens vom 22. April 2006 entsprechen.

Auf den vollständigen Wortlaut des Gehaltsabkommens und des Lohnabkommens vom 08.05.2007 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat den tariflichen Einmalbetrag gemäß § 2 Nr. 2 des Gehaltsabkommens vom 22.04.2006 bzw. gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 des Gehaltsabkommens vom 08.05.2007 nicht an die Klägerin ausgezahlt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch unter der Geltung des Haustarifvertrages vom Dezember 2005 verpflichtet, ihr den Einmalbetrag gemäß § 2 Nr. 2 Gehaltsabkommen 2006 bzw. gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 Gehaltsabkommen 2007 zu zahlen. Dies folge aus § 4 Abs. 2 des Haustarifvertrages. Auch die streitgegenständlichen Einmalzahlungen fielen unter den Begriff der Tariferhöhungen im Sinne von § 4 Abs. 2 HausTV. Dies ergebe die Auslegung des HausTV in Verbindung mit den Gehaltsabkommen der Jahre 2006 und 2007 für Nordrhein-Westfalen. Dies folge aus Wortlaut und Systematik der genannten tarifvertraglichen Regelungen, ohne dass sich aus Sinn und Zweck oder Entstehungsgeschichte des Haustarifvertrages etwas anderes entnehmen ließe.

Insbesondere, so behauptet die Klägerin, habe der Verhandlungsführer der IG Metall in den Verhandlungen über den Haustarifvertrag keineswegs klargestellt, dass nach dem Firmentarifvertrag nur prozentuale Entgelterhöhungen zu berücksichtigen seien.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 310,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.09.2006 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie Einmalzahlungen, die Teil der Lohnerhöhungen der Metall- und Elektroindustrie in NRW sind, vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2010 in ungekürzter Höhe auszuzahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 400,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Antragstellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei den in den Flächentarifverträgen vom 22.04.2006 und 08.05.2007 enthaltenen Einmal- bzw. Pauschalbeträgen handele es sich nicht um Tariferhöhungen im Sinne des § 4 Abs. 2 des Haustarifvertrages. Auch die Beklagte hält ihre Auffassung für das richtige Ergebnis einer Auslegung des Haustarifvertrages. Sie meint, wenn auch die Einmalzahlungen während der Geltungsdauer des Haustarifvertrages hätten berücksichtigt werden sollen, hätte dies im Haustarifvertrag klargestellt werden müssen. Sie behauptet, bei den Verhandlungen über den Haustarifvertrag habe ihr Geschäftsführer den Verhandlungsführer der IG Metall gefragt, welche Auswirkungen Tarifabschlüsse im Bereich des Flächentarifvertrages auf den Firmentarifvertrag haben, wenn dort andere Inhalte geregelt werden sollten, als eine prozentuale Erhöhung der Entgelte. Er habe sich hierbei auf evtl. Änderungen im Bereich der Arbeitszeit oder Modifizierungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld bezogen. Der Verhandlungsführer der IG Metall habe daraufhin klargestellt, dass nach dem Firmentarifvertrag nur eine prozentuale Erhöhung zu berücksichtigen sei.

Mit Urteil vom 08.11.2007 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 17.12.2007 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen am 24.12.2007 Berufung einlegen und diese am 14.02.2008 begründen lassen.

Die Klägerin und Berufungsklägerin ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen fehlerhaft ausgelegt habe. Zutreffend sei, dass die Tarifvertragsparteien des Haustarifvertrages vom Dezember 2005 keine eigene Definition des Begriffs "Tariferhöhung" getroffen hätten. Maßgeblich sei somit das Verständnis, dass die Tarifvertragsparteien den Gehaltsabkommen der Jahre 2006 und 2007 zugrunde gelegt hätten. Hiernach ergebe sich eindeutig, dass die streitigen Einmalzahlungen Bestandteil der jeweiligen Tarifentgelterhöhungen gewesen seien. Auch das Bundesarbeitsgericht habe bereits mehrfach entschieden, dass Einmalbeträge Tariferhöhungen darstellen können, die auf übertarifliche Zulagen anzurechnen sind. Die im vorliegenden Fall gegebenen hierfür sprechenden Kriterien seien noch wesentlich eindeutiger als in den vom BAG entschiedenen Fällen. Es sei auch keineswegs so, dass durch die Berücksichtigung der Einmalzahlungen der Sinn und Zweck des Haustarifvertrages gefährdet werde. So bleibe es z.B. dabei, dass die nach § 4 Abs. 2 Haustarifvertrag weiterzugebenden Tariferhöhungen ab dem Jahre 2006 an die Höhe der tariflichen Ansprüche im Dezember 2003 anknüpften oder die individuelle wöchentliche Arbeitszeit gegenüber der im Flächentarifvertrag vorgesehenen Arbeitszeitregelung nach dem Haustarifvertrag um fünf Stunden angehoben worden sei, davon drei Stunden ohne Entgeltausgleich.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.11.2007 - 1 Ca 3953/07 - zugestellt am 17.12.2007, abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 310,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Einmalzahlungen, die Teil der Lohnerhöhung der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen sind, vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2010 in ungekürzter Höhe auszuzahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung. Sie führt an, welches Verständnis die Flächentarifvertragsparteien von dem Begriff der Einmalzahlung hätten, ergäbe sich auch aus § 5 Ziffer 8 ERA-Entgeltabkommen vom 08.05.2007. Auch wenn es unstreitig richtig sei, dass dieses ERA-Entgeltabkommen bei ihr, der Beklagten, keine Anwendung finde. Im Übrigen verstoße die klägerische Auffassung gegen den Sinn und Zweck des Haustarifvertrages, sie, die Beklagte, gegenüber den anderen tarifgebundenen Arbeitgebern im Lande Nordrhein-Westfalen besser zu stellen. Hinsichtlich der Einmalzahlungen würde sie sogar schlechter gestellt, weil sie die Höhe der in den Gehaltsabkommen 2006 und 2007 festgelegten Einmalzahlungen prozentual stärker belaste, da für sie ja als Ausgangspunkt von den niedrigeren Tarifentgelten auszugehen sei, die Ende 2003 gegolten hätten. Die Beklagte bleibt auch dabei, dass auch die Entstehungsgeschichte des Haustarifvertrages für ihre Auffassung spreche.

Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründung, der Berufungserwiderungsschrift sowie der weiteren Stellungnahmen der Berufungsklägerin gemäß Schriftsatz vom 08.05.2008 und 23.06.2008 sowie der Berufungsbeklagten vom 18.06.2008 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 08.11.2007 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin ist nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes auch begründet.

1. Der Anspruch der Klägerin für das Jahr 2006 folgt aus § 4 Abs. 2 des Haustarifvertrages vom Dezember 2005 i. V. m. §§ 2 Nr. 2, 5 Gehaltsabkommen vom 22.04.2006, der Anspruch für das Jahr 2007 dementsprechend aus § 4 Abs. 2 Haustarifvertrag i. V. m. § 2 Ziffer 1 Abs. 2 Gehaltsabkommen vom 08.05.2007.

a. In dem Haustarifvertrag vom Dezember 2005 haben die Tarifvertragsparteien zunächst in § 2 festgelegt, dass während der Geltungsdauer des Haustarifvertrages für die Beschäftigten der Beklagten die Flächentarifverträge des Landes Nordrhein-Westfalen in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie als auf dem Stand vom 15.12.2003 eingefroren gelten sollten.

§ 4 Abs. 1 HausTV bestimmt sodann, dass die am 31.12.2003 geltenden Entgelt-Tabellen des Lohn- bzw. Gehaltsabkommens der metallverarbeitenden Industrie NRW die Basis für die ab 2006 bis 2010 vereinbarten Tariferhöhungen im Tarifbereich der Metall- und Elektroindustrie NRW bilden sollten. § 4 Abs. 2 HausTV bestimmt sodann, "die Beschäftigten erhalten auf dieser Basis die Tariferhöhungen ab 2006 bis einschließlich 2010".

b. Daraus folgt zunächst, dass die Beschäftigten im Anwendungsbereich des HausTV von der tariflichen Entwicklung im Bereich der Metall- und Elektroindustrie NRW in den Jahren 2004 und 2005 ausgeschlossen bleiben. Ab 2006 bis einschließlich 2010, also während der Dauer des Geltungsbereichs des HausTV, sollen sie jedoch dann wieder "die Tariferhöhungen" erhalten.

c. Was unter dem Begriff der "Tariferhöhungen" i. S. v. § 4 Abs. 2 HausTV zu verstehen ist, ist eine Frage der Auslegung.

aa. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend referiert hat, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben dann noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG vom 04.07.2007, 4 AZR 549/06, NZA-RR 2008, 149 ff.; BAG vom 07.07.2004, 4 AZR 433/03; BAG vom 16.04.2002, 1 AZR 363/01, NZA 2003, 224 ff.).

bb. Der HausTV vom Dezember 2005 und insbesondere dessen § 4 enthalten keine eigenständige Definition des Begriffs der Tariferhöhung. Davon ist auch bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

cc. Insbesondere kann eine solche Definition auch nicht konkludent aus § 4 Abs. 3 und 4 HausTV hergeleitet werden. § 4 Abs. 3 und Abs. 4 HausTV bestimmen, dass die in den Jahren 2006 bis 2010 erzielten prozentualen Tariferhöhungen je zur Hälfte aufgesplittet werden in einen Teil, der tabellenwirksam den am 31.12.2003 gültigen Entgelt-Tabellen hinzugerechnet wird, und eine sogenannte "A -Zulage", die nicht tabellenwirksam, dafür aber betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet ist. Daraus, dass sich die in § 4 Abs. 3 und 4 HausTV enthaltenen Spezialregelungen ausdrücklich nur auf "prozentuale Tariferhöhungen" beziehen, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass auch in § 4 Abs. 2 HausTV von vorneherein bewusst nur prozentuale Tariferhöhungen gemeint sind. Ebenso gut ist möglich, dass die Parteien des HausTV seinerzeit zwar an die Möglichkeit gedacht haben, dass es neben prozentualen Tariferhöhungen auch pauschale Tariferhöhungen in Form von Einmalzahlungen geben kann, dass sich die in § 4 Abs. 3 und 4 HausTV vereinbarten Sonderkonditionen jedoch nur auf die Spielart der prozentualen Tariferhöhungen beschränken sollten, zumal sich bei pauschalen Einmalzahlungen die Frage einer Tabellenwirksamkeit nicht stellt und überdies die im Rahmen von Tariferhöhungsrunden vereinbarten pauschalen Einmalzahlungen typischerweise ohnehin nur untergeordneten und ergänzenden Charakter haben.

dd. Zur Überzeugung des Berufungsgerichtes spricht sogar umgekehrt mehr dafür, dass die Parteien des HausTV, die in § 4 Abs. 3 verwendete Formulierung "prozentuale Tariferhöhungen" auch bereits in § 4 Abs. 2 verwendet hätten, wenn ihnen seinerzeit die Möglichkeit bewusst vor Augen gestanden hätte, dass es neben prozentualen Tariferhöhungen auch noch die Tariferhöhung in der Spielart einer pauschalen Einmalzahlung (vgl. BAG vom 01.03.2006, 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688 ff. unter II 2 a)) geben kann, eine solche aber bewusst von § 4 Abs. 2 HausTV nicht erfasst werden sollte.

ee. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Behauptungen der Beklagten zur Entstehungsgeschichte des HausTV. Es kann deshalb dahingestellt bleiben und bedurfte keiner näheren Aufklärung, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass der Verhandlungsführer der IG Metall auf die Frage ihres Geschäftsführers, welche Auswirkungen Tarifabschlüsse im Bereich des Flächentarifvertrages auf den Firmentarifvertrag haben, wenn dort andere Inhalte geregelt werden sollten als eine prozentuale Erhöhung der Entgelte, geantwortet haben soll, dass nach dem Firmentarifvertrag nur eine prozentuale Erhöhung zu berücksichtigen sei. Entscheidend dabei ist, dass schon nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten der Geschäftsführer sich bei seiner Nachfrage nicht etwa auf die hier streitigen Einmalzahlungen bezog, sondern auf "evtl. Änderungen im Bereich der Arbeitszeit oder Modifizierungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld" (Schriftsatz der Beklagten vom 23.08.2007, Seite 3). Die behauptete Antwort des Verhandlungsführers der IG Metall kann nicht ohne diesen ausdrücklich dargestellten Fragebezug interpretiert werden. So wie die Beklagte selbst den Bezug der Frage ihres Geschäftsführers schildert, bedeutet die behauptete Antwort des Verhandlungsführers der IG Metall, dass evtl. Änderungen im Bereich der Arbeitszeit oder Modifizierungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht unter den in § 4 verwendeten Begriff der Tariferhöhung zu subsumieren sein sollten. Hierüber besteht aber auch gar kein Streit. Dagegen kann dem Verhandlungsführer der IG Metall nach der Zielrichtung der ihm gestellten Frage nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass er mit der ihm in den Mund gelegten Antwort auch die Berücksichtigungsfähigkeit pauschaler Einmalzahlungen, wie sie hier in Streit stehen, verneinen wollte, obwohl er hiernach gar nicht gefragt wurde. Dabei hat man sich auch vor Augen zu halten, dass es sich bei den hier in Streit stehenden, im Zusammenhang mit prozentualen Entgelterhöhungen ausgehandelten Einmalzahlungen je nach Zweckbestimmung dieser Zahlungen auch um nichts anderes handeln kann, als um eine reine Pauschalisierung einer prozentualen Entgeltanpassung für kurze Übergangszeiträume.

ff. Wenn die Beklagte allerdings behauptet, ihr Geschäftsführer habe in den Verhandlungen um den Haustarifvertrag eine Frage gestellt, die sich auf die Berücksichtigungsfähigkeit evtl. Änderungen im Bereich der Arbeitszeit oder Modifizierungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld bezogen hätte, aber gerade nicht behauptet, er habe ausdrücklich das Problem der Berücksichtigung von Einmalzahlungen der hier in Streit stehenden Art angesprochen, so spricht dies eher dafür, dass den Parteien des Haustarifvertrags seinerzeit die jetzt streitige Problematik als solche nicht bewusst vor Augen stand. Insofern mag es zutreffen, dass "die Tarifvertragsparteien eine Weitergabe von auf flächentarifvertraglicher Ebene vereinbarten Einmalzahlungen nicht im Sinn hatten", wie die Beklagte auf Seite 2 ihrer Klageerwiderung vom 23.08.2007 ausgeführt hat. Ebenso wenig gibt es jedoch ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien seinerzeit bewusst eine Nichtweitergabe von Einmalzahlungen im Sinn hatten.

gg. Nach dem systematischen Gesamtzusammenhang, in welchem der HausTV vom Dezember 2005 stand, wollten die Parteien des HausTV für die Entgelte der Beschäftigten der Beklagten per 01.01.2006 an den am 31.12.2003 im Lande Nordrhein-Westfalen erreichten Tarifzustand anknüpfen. Die in den Jahren 2004 und 2005 erfolgte Tarifentwicklung sollte den Arbeitnehmern der Beklagten nicht zugute kommen. Ab 2006 sollten sie dann jedoch auf dieser Basis - und mit den in § 4 Abs. 3 und 4 HausTV geregelten Sonderbedingungen für prozentuale Tariferhöhungen - wieder an der Tarifentwicklung teilnehmen. Den in § 4 Abs. 2 HausTV enthaltenen Begriff "die Tariferhöhungen" haben die Parteien des Haustarifvertrages dabei nicht eigenständig reflektiert und definiert. Welche Leistungen unter den Begriff "Tariferhöhungen" i. S. v. § 4 Abs. 2 HausTV und somit auch von den Beschäftigten der Beklagten in den Jahren 2006 bis 2010 beansprucht werden können, richtet sich somit nach der einschlägigen Begrifflichkeit, die den entsprechenden Flächentarifverträgen im Landes Nordrhein-Westfalen zugrunde liegen.

hh. Von diesem zutreffenden Ausgangspunkt ist auch das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen. Es hat dann jedoch die Auffassung vertreten, dass die in § 2 Nr. 2 i. V. m. § 5 Gehaltsabkommen vom 22.04.2006 ebenso wie die in § 2 Nr. 1 Abs. 2 i. V. m. § 5 des Gehaltsabkommens vom 08.05.2007 geregelten Einmalzahlungen nach der Auslegung dieser Flächentarifverträge nicht als "Tariferhöhung" angesehen werden könne. Dieser Auffassung vermag das Berufungsgericht nicht zu folgen.

aaa. Im Zusammenhang mit der Problematik der Anrechnung von Tariferhöhungen auf übertarifliche Leistungen hat sich das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, ob eine sogenannte tarifliche Einmalzahlungen als pauschale Entgelterhöhung und damit auch als "Tariferhöhung" anzusehen ist. So führt das BAG in der Entscheidung vom 01.03.2006, 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688 ff. z. B. Folgendes aus:

"Unter einer Tariflohnerhöhung ist die Erhöhung des regelmäßigen Entgeltbetrages zu verstehen. Bei einem Stundenlohn liegt sie in der Erhöhung des je Arbeitsstunde zu zahlenden Entgeltbetrages... Eine Tariflohnerhöhung setzt aber nicht die "tabellenwirksame" Erhöhung des Tariflohnes voraus. Auch in einer Einmalzahlung kann eine Tariferhöhung liegen. Der Begriff "Einmalzahlung" ist nicht eindeutig, sondern sowohl als Ausdruck für eine pauschalierte Lohnerhöhung als auch zur Kennzeichnung einer davon zu unterscheidenden Sonderzahlung gebräuchlich. Ob eine tarifliche Einmalzahlung als pauschale Lohnerhöhung oder als eine von der konkreten Gegenleistung unabhängige Sonderzahlung anzusehen ist, muss durch Auslegung des Tarifvertrages ermittelt werden." (So auch BAG vom 16.04.2002, 1 AZR 363/01, NZA 2003, 224 ff.; BAG vom 19.05.2004, 5 AZR 354/03, EzA § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 43; BAG vom 09.11.2005, 5 AZR 595/04).

bbb. Maßgeblich dafür, ob eine "Tariferhöhung" vorliegt, ist somit im Grundsatz, ob die Erhöhung des dem Arbeitnehmer als Arbeitsvergütung für eine bestimmte Zeitspanne tariflich geschuldeten Entgeltbetrages bezweckt wird (BAG vom 16.04.2002, 1 AZR 363/01, NZA 2003, 224 ff.; BAG vom 15.03.2000, 5 AZR 557/98), oder ob die Einmalzahlung aus einem besonderen Anlass oder Zweck zu leisten ist, der nicht unmittelbar in der Vergütung für die in einer bestimmten Zeitspanne geleisteten Arbeit zu sehen ist (BAG vom 01.03.2006, 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688 ff.).

ii. Wendet man die in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwendeten Kriterien für die Abgrenzung auf den vorliegenden Fall an, so bestehen zur Überzeugung des Berufungsgerichts keine Zweifel daran, dass die in § 2 Nr. 2 Gehaltsabkommen 2006 bzw. § 2 Nr. 1 Abs. 2 Gehaltsabkommen 2007 geregelten Einmal- bzw. Pauschalbeträge als "Tariferhöhungen" angesehen werden müssen.

aaa. Bereits die Überschriften zu § 2 Gehaltsabkommen 2006 ("Tarifgehälter") bzw. § 2 Gehaltsabkommen 2007 ("Tarifentgelt") deuten auf den reinen Entgeltcharakter der in diesen Paragraphen geregelten Leistungen hin (vgl. BAG vom 16.04.2002, 1 AZR 363/01, NZA 2003, 224 ff.).

bbb. Ein wesentlicher Gesichtspunkt besteht ferner in der ausdrücklichen tarifvertraglichen Zuordnung der Pauschalzahlungen zu bestimmten Zeiträumen (BAG vom 04.07.2007, 4 AZR 549/06, NZA-RR 2008, 149 ff.; BAG vom 01.03.2006, 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688 ff.). Aus dem Wortlaut von § 2 Nr. 2 Gehaltsabkommen 2006 und dem Zusammenhang von § 2 Nr. 2 mit § 2 Nr. 3 wird unmittelbar deutlich, dass die Einmalzahlung in Höhe von 310,00 € sich auf die Monate März bis Mai 2006 bezieht und für diesen Zeitraum an die Stelle der linearen Erhöhung um 3 % tritt. Gleiches gilt für § 2 Nr. 1 Abs. 2 i. V. m. § 2 Nr. 2 Abs. 1 Gehaltsabkommen 2007. Hier tritt nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des Flächentarifvertrages der Pauschalbetrag in Höhe von 400,00 € für die Monate April und Mai 2007 an die Stelle der grundsätzlich vereinbarten 4,1-prozentigen Tariferhöhung. Bestätigt wird dies durch die jeweiligen Regelungen in § 5 Nr. 6 der beiden Gehaltsabkommen. Dort heißt es, dass mit dem Einmalbetrag alle Ansprüche abgegolten sind, die sich aus der Erhöhung der Tarifentgelte für die Monate März bis Mai 2006 bzw. April und Mai 2007 ergeben.

ccc. Die Festsetzung eines einheitlichen Betrages für alle Arbeitnehmer ungeachtet der Lohn- oder Gehaltsgruppe steht dem unmittelbaren Vergütungscharakter nicht entgegen (BAG vom 01.03.2006, 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688 ff.; BAG vom 04.07.2007, 4 AZR 549/06, NZA-RR 2008, 149 ff.; BAG vom 25.06.2002, 3 AZR 167/01, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 38).

ddd. Weiter spricht für den Charakter als pauschale Tariferhöhung, dass die Höhe der Zahlung vom Arbeitszeitvolumen abhängt (BAG vom 19.05.2004, 5 AZR 354/03, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 43). Wie aus § 5 Nr. 3 der jeweiligen Gehaltsabkommen hervorgeht, erhalten nämlich Teilzeitkräfte die Einmalzahlung nur zeitanteilig. Wie aus § 5 Nr. 4 hervorgeht, wird die Einmalzahlung gekürzt, soweit in den Monaten, für die die Einmalzahlung als Kompensation der prozentualen Tariflohnerhöhung gedacht ist, kein voller Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts bestand.

eee. Schließlich spricht, wie schon das BAG ausgeurteilt hat, auch die in den jeweiligen §§ 5 Nr. 7 der Gehaltsabkommen enthaltene Regelung, dass anstelle des Einmalbetrages die jeweilige prozentuale Erhöhung tritt, wenn die Monate, für die die Einmalzahlung geleistet wird, in einen Referenzzeitraum für Durchschnittsberechnungen fällt, nicht gegen, sondern für den Charakter der Einmalzahlung als Tariferhöhung (BAG vom 16.04.2002, 1 AZR 363/01, NZA 2003, 224 ff. unter II 3 ee)).

kk. Demgegenüber kann sich die Beklagte für ein gegenteiliges Auslegungsergebnis gerade nicht auf § 5 Nr. 8 des sogenannten ERA-Entgeltabkommens vom 08. Mai 2007 berufen. Da die Beklagte ERA gerade nicht eingeführt hat (§ 4 Abs. 5 HausTV), haben die speziellen ERA-Flächentarifverträge für sie keine Bedeutung. Überdies sind das auf die Beklagte anwendbare Gehaltsabkommen 2007 und das von ihr zitierte ERA-Entgeltabkommen am selben Tage, nämlich am 08. Mai 2007 von den Tarifvertragsparteien Nordrhein-Westfalens abgeschlossen worden. Der Umstand, dass an ein und demselben Tag in dem Gehaltsabkommen eine § 5 Nr. 8 des ERA-Entgeltabkommens entsprechende Regelung gerade fehlt, zeigt, dass die Tarifvertragsparteien in § 5 Nr. 8 des ERA-Entgeltabkommens 2007 eine speziell auf den ERA-Regelungsbereich zugeschnittene Sondernorm abgeschlossen haben, die nicht verallgemeinerungsfähig und nicht auf die Auslegung des Gehaltsabkommens übertragbar ist.

2. Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass das hier durch Auslegung der Gehaltsabkommen 2006 und 2007 gewonnene Ergebnis mit Sinn und Zweck des HausTV nicht vereinbar sei.

a. Anlass für den Abschluss des HausTV war unstreitig die angespannte Wirtschaftslage der Beklagten. Im Vergleich zur uneingeschränkten weiteren Anwendung der Flächentarifverträge in Nordrhein-Westfalen auf die Beschäftigungsverhältnisse der Beklagten sollte der HausTV für die Beklagte eine Entlastung mit sich bringen.

b. Dieser Sinn und Zweck des HausTV wird dadurch, dass unter die "Tariferhöhungen" i. S. v. § 4 Abs. 2 HausTV auch sogenannte Einmalzahlungen subsumiert werden, in keiner Weise infrage gestellt.

aa. Die Vorteile, die die Beklagte dadurch für sich verbuchen konnte, dass in dem HausTV die Tarifentwicklung der Jahre 2004 und 2005 zugunsten der Beklagten "übersprungen" wurde, bleiben der Beklagten ungeschmälert erhalten.

bb. Dasselbe gilt für die Vorteile, die aus der Verlängerung der tariflichen Arbeitszeit folgen, welche überwiegend ohne Entgeltausgleich vereinbart wurde.

cc. Auch die in den Regelungen des § 4 Abs. 3 und 4 HausTV enthaltenen Entlastungsmöglichkeiten bleiben der Beklagten uneingeschränkt erhalten.

dd. Das Argument, dass die Beklagte durch die Einmalzahlungen im Vergleich zu den uneingeschränkt an die Flächentarifverträge gebundenen Arbeitgebern der Branche überproportional belastet werde, überzeugt nicht. Die Beklagte will offenbar darauf hinaus, dass sich die prozentualen Tariferhöhungen ab 2006 für sie nach den Regelungen des Haustarifvertrages nur auf den Tarifzustand per 31.12.2003 beziehen, während die Höhe der vereinbarten Einmalzahlungen von den Tarifvertragsparteien des Flächentarifvertrages ohne Berücksichtigung eines solchen vorübergehenden Moratoriums bei den Tarifentgelterhöhungen berechnet worden sei.

aaa. Zum einen hat die Beklagte schon für die Berechnung der Höhe der vereinbarten Einmalzahlungen durch die Flächentarifvertragsparteien nichts Substantiiertes vorgetragen.

bbb. Zum anderen wäre ein solcher von der Beklagten für sich reklamierter Berechnungsnachteil in seinen Auswirkungen so gering, dass er den Sinn und Zweck des HausTV nicht ernsthaft infrage zu stellen geeignet ist.

ccc. Außerdem werden der Beklagten entgegen ihrer Behauptung keine höheren Einmalzahlungen abverlangt als den übrigen tarifgebundenen Arbeitgebern in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens. Vielmehr meint die Beklagte wohl, im Hinblick auf das zwischen ihr und der Gewerkschaft vereinbarte Moratorium bei den Tarifentgelterhöhungen für die Jahre 2004 und 2005 hätten die Einmalzahlungen speziell für sie etwas niedriger berechnet werden müssen, nämlich ebenfalls unter Zugrundelegung der Tarifentgelte per 31.12.2003.

ddd. Dem eher als marginal zu bezeichnenden rechnerischen Vorteil, der der Beklagten auf diese Weise entgeht, stünde jedoch auf der anderen Seite, wenn man der Rechtsauffassung der Beklagten folgte, der ebenfalls als im Verhältnis zu den Grundgedanken des HausTV als systemwidrig zu bezeichnende Nachteil der Klägerin und der anderen tarifgebundenen Beschäftigten gegenüber, dass sie - bei Nichtzahlung der sogenannten Einmalzahlungen - bereits in den Jahren 2006 und 2007 für insgesamt fünf Monate auf jegliche Tarifentgelterhöhungen verzichten müssten, obwohl der HausTV von seinem Grundgedanken her vorsieht, dass der Verzicht auf Tariferhöhungen sich auf die Jahre 2004 und 2005 beschränkt.

ee. Das Ergebnis der von der Beklagten befürworteten Auslegung würde Sinn und Zweck des HausTV somit stärker infrage stellen als umgekehrt.

3. Aus den genannten Gründen ist die Beklagte verpflichtet, gemäß § 4 Abs. 2 HausTV i. V. m. § 2 Nr. 2 Gehaltsabkommen für das Jahr 2006 310,00 € brutto nebst eingeklagter Verzugszinsen zu zahlen, für das Jahr 2007 gemäß § 4 Abs. 2 HausTV i. V. m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 Gehaltsabkommen 2007 400,00 €.

4. Auch dem Feststellungsantrag der Klägerin war nach Überzeugung des Berufungsgerichts stattzugeben.

a. Entgegen den Bedenken der Beklagten erscheint der Feststellungsantrag zulässig. Es ist zwar richtig, dass zur Zeit noch nicht feststeht, ob auch in den zukünftigen Jahren bis Ende 2010 in der Metall- und Elektroindustrie in NRW Tariferhöhungen vereinbart werden, die Einmalzahlungen zum Gegenstand haben. Nach den Erfahrungen der vorangegangenen Jahre in dieser und anderen Branchen kann jedoch mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden. Die vorliegend streitige Frage, ob nach § 4 des HausTV vom Dezember 2005 die Weitergabe solcher Einmalzahlungen, die Teil tariflicher Entgelterhöhungen der Metall- und Elektroindustrie in NRW sind, von der Beklagten geschuldet wird, wird sich somit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Ablauf der Geltungsdauer des HausTV erneut stellen. Ein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin an der Entscheidung des Feststellungsantrags kann somit nicht verneint werden.

b. Wie sich aus den Ausführungen zu den Zahlungsansprüchen der Klägerin ergibt, ist der Feststellungsantrag auch begründet.

5. Bei alledem musste die Berufung der Klägerin somit zur Überzeugung des Berufungsgerichts in vollem Umfang Erfolg haben.

III. Die Kosten waren gemäß § 91 Abs. 1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war nach Auffassung des Berufungsgerichts die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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