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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 222/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 138
Klagt der Arbeitnehmer eine sog. Fahrerzulage ein, kann der Arbeitgeber mit dem Einwand, eine solche sei nicht vereinbart, nicht gehört werden, wenn er selbst in einer dem Arbeitnehmer während des laufenden Rechtsstreits erteilten Abmahnung das Gegenteil behauptet.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2006 in Sachen 3 Ca 175/06 abgeändert:

Das Versäumnisurteil vom 13.03.2006 bleibt aufrechterhalten.

Darüber hinaus wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 376,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 183,90 € seit dem 01.04.2006 und aus weiteren 192,97 € seit dem 29.07.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Differenzlohnansprüche des Klägers für den Zeitraum Juli 2005 bis Juni 2006.

Die Beklagte führt internationale Möbeltransporte durch. Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrages vom 31.08.1999 (Bl. 4 bis 6 d. A.) seit dem 16.08.1999 als gewerblicher Mitarbeiter beschäftigt. Der Kläger wird als Möbelträger und -packer beschäftigt, führt aber auch regelmäßig das bei den Möbeltransporten eingesetzte Fahrzeug. Hierbei handelt es sich um einen Lkw mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t.

In Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 31.08.1999 ist bestimmt:

"Soweit dieser Arbeitsvertrag nichts anderes bestimmt, finden folgende Tarifverträge nach ihrem Geltungsbereich in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung:

Mantel-, Lohn- und sonstige Tarifverträge für das Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalen."

In Ziffer 7 des Arbeitsvertrages ist das Arbeitsentgelt geregelt. Es heißt dort:

"a) Der Monatslohn beträgt bei monatlich 190 Stunden 3.028,60 DM brutto.

b) Der tarifliche Stundenlohn beträgt 15,94 DM brutto.

c) Sonstiges 160,00 DM brutto

Insgesamt 3.188,60 DM brutto

Lohngruppe: 2

Durch Zahlung eines übertariflichen Lohnes sind zugleich Zuschläge für Mehrarbeit sowie für die sonntags, feiertags und nachts geleisteten Stunden abgegolten."

Auf den vollständigen Text des Inhalts des Arbeitsvertrages der Parteien vom 31.08.1999 wird Bezug genommen.

Die Lohngruppe 2 ist nach dem von der Beklagten hierzu vorgelegten Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen u. a. für Möbelträger und für "Kraftfahrer ohne ausreichende Lkw-Fahrpraxis" vorgesehen. Ansonsten sind Kraftfahrer in die Lohngruppe 3 und, wenn es sich um Berufskraftfahrer mit abgeschlossener 2-jähriger Berufskraftfahrerausbildung und anschließender 2-jähriger einschlägiger Fahrpraxis handelt, sogar in Lohngruppe 4 eingruppiert.

Der Kläger hat behauptet, ihm sei bereits in seinem Eintrittsjahr aufgrund des Umstands, dass er regelmäßig den Transport-Lkw steuere, eine Kraftfahrerzulage in Höhe von 0,50 € pro Arbeitsstunde zugesagt und ursprünglich auch gezahlt worden. Aufgrund einer zum 01.04.2005 eingetretenen Tariflohnerhöhung auf 9,46 €/Stunde habe ihm somit nunmehr ein Stundenlohn von insgesamt 9,96 €/Stunde zugestanden. Die Beklagte habe im Jahre 2005 jedoch weiter nur einen Stundenlohn in Höhe von insgesamt 9,52 € abgerechnet. Ihm stehe daher eine Differenz in Höhe von 0,44 € je abgerechneter Arbeitsstunde zu. Für die Monate Juli bis Dezember 2005 errechne sich somit ein Differenzanspruch von 518,98 € brutto (Berechnung S. 3 der Klageschrift vom 05.01.2006).

Nachdem die Beklagte in dem vom Arbeitsgericht angesetzten Gütetermin vom 13.03.2006 säumig geblieben war, hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Köln am 13.03.2006 ein entsprechendes klagestattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Nachdem die Beklagte gegen das Versäumnisurteil vom 13.03.2006 fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, hat der Kläger die Klage um die Differenzansprüche für den Zeitraum Januar bis Juni 2006 erweitert, die er mit insgesamt 376,87 € brutto beziffert hat (Berechnung Schriftsätze vom 10.04.2006, Bl. 21 ff. d. A. und 25.07.2006, Bl. 41 ff. d. A.). Der Kläger hat bei seiner Berechnung der Klageerweiterung berücksichtigt, dass die Beklagte ab Januar 2006 einen Stundenlohn von 9,66 € brutto abgerechnet hat. Er ist somit für die Zeit ab 01.01.2006 von einer ihm zustehenden Stundenlohndifferenz in Höhe von nur noch 0,30 € ausgegangen.

Der Kläger hat beantragt,

1. das Versäumnisurteil vom 13.03.2006 aufrecht zu erhalten;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den bereits ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 376,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 von 183,90 € und von weiteren 192,97 € seit dem 29.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage insgesamt auch hinsichtlich der Klageerweiterung abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass dem Kläger ein Kraftfahrerzuschlag in Höhe von 0,50 € brutto/Stunde zugesagt worden sei. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger tarif- und arbeitsvertraglich korrekt bezahlt worden sei. Die Beklagte hat ihre Lohnabrechnungen dahingehend erläutert, dass sich der darin ausgewiesene sog. Festlohn auf die arbeitsvertraglich vereinbarten 190 Monatsstunden beziehe. Mit Hilfe der bereits im Arbeitsvertrag unter "Sonstiges" erwähnten allgemeinen Zulage in Höhe von zunächst 160,00 DM, später 81,81 €, werde u. a. der Anspruch des Klägers auf einen Überstundenzuschlag von 25 % ausgeglichen, der ihm nach dem Tarifvertrag zustehe, sobald die tarifliche Regelarbeitszeit von 168,87 Monatsstunden überschritten werde. In Wirklichkeit werde der Kläger somit sogar übertariflich bezahlt.

Mit Urteil vom 20.09.2006 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Köln das Versäumnisurteil vom 13.03.2006 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 07.02.2007 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 26.02.2007 Berufung einlegen und diese am 13.03.2007 begründen lassen.

Der Kläger bleibt dabei, dass ihm als Fahrer des Möbeltransport-Lkws von der Beklagten eine Zulage zum tariflichen Stundenlohn eines Möbelträgers in Höhe von ursprünglich 1,00 DM (jetzt auf 0,50 € umgerechnet) zugesagt und ursprünglich auch bezahlt worden sei. Zum Beleg seiner Behauptung legt der Kläger nunmehr eine ihm seitens der Beklagten unter dem 11.01.2007 erteilte Abmahnung vor, in welchem es wie folgt heißt:

"Sehr geehrter Herr Becker,

Sie haben am 28.12.2006 ihrem Fachvorgesetzten - Herrn Fuhrmann - mitgeteilt, dass Sie ab sofort nicht mehr als Fahrer arbeiten werden.

Hierzu sind Sie jedoch verpflichtet.

Ab dem 01.12.1999 erhalten Sie eine Fahrerzulage in Höhe von 1,00 DM, die auch heute noch an Sie gezahlt wird.

Dafür werden Sie mit diesem Schreiben abgemahnt.

Wir fordern Sie deshalb auf, ab sofort wieder ihre Tätigkeit als Fahrer aufzunehmen. Sollten Sie dies nicht tun, hat das eine sofortige Kündigung zur Folge." (Bl. 72 d. A.)

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, Az. 3 Ca 175/06 vom 20.09.2006, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 13.03.2006 an den Kläger weitere 376,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 aus 183,90 € sowie von weiteren 192,97 € seit dem 29.07.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt in ihrer Berufungserwiderung das arbeitsgerichtliche Urteil und meint, der Kläger werde weiterhin übertariflich bezahlt.

Mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 25.07.2007 wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass ihr Sachvortrag - insbesondere im Hinblick auf den Inhalt der Abmahnung vom 11.01.2007 - in mehrfacher Hinsicht widersprüchlich erscheint. Auf die gerichtlichen Hinweise vom 25.07.2007 (Bl. 117 f. d. A.) wird Bezug genommen. Die Beklagte hat zu den Hinweisen des Berufungsgerichts vom 25.07.2007 weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007 Stellung genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben aus § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers musste auch Erfolg haben.

1. Aufgrund des in der Berufungsinstanz erreichten Sach- und Streitstandes steht fest, dass dem Kläger aufgrund einer bereits im Jahr 1999 getroffenen arbeitsvertraglichen Zusage eine Fahrerzulage in Höhe von 1,00 DM/Stunde (vom Kläger abgerundet mit 0,50 €/Stunde geltend gemacht) zusteht. Dies ergibt sich ausdrücklich und unmissverständlich aus dem Inhalt der Abmahnung vom 11.01.2007, wobei die Beklagte aus der Vereinbarung dieser Zulage gerade auch den Anspruch ableitet, dass der Kläger weiterhin verpflichtet sei, als Fahrer tätig zu werden. Da nach dem Text der Abmahnung die Fahrerzulage ab dem 01.12.1999 gezahlt wird, erklärt sich auch, dass sie in dem Arbeitsvertrag der Parteien noch nicht erwähnt ist. Der Arbeitsvertrag stammt nämlich bekanntlich vom 31.08.1999. Wie die Abmahnung vom 11.01.2007 zeigt, ist die Fahrerzulage auch nach der eigenen Rechtsüberzeugung der Beklagten Arbeitsvertragsinhalt der Parteien geworden und bis heute geblieben.

Die Beklagte hat trotz entsprechender Hinweise des Berufungsgerichts bis zuletzt nicht mehr zu den durch den Inhalt der Abmahnung vom 11.01.2007 aufgeworfenen Fragen Stellung genommen. Die Vereinbarung der Fahrerzulage hat daher nunmehr als unstreitig zu gelten.

2. Jedenfalls für den hier streitigen Anspruchszeitraum von Juli 2005 bis einschließlich Juni 2006 kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte dem Kläger die diesem zustehende Fahrerzulage auch tatsächlich vollständig gezahlt hat.

a. Seit dem 01.04.2005 hat nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien der tarifliche Stundenlohn der von beiden Parteien zugrunde gelegten Lohngruppe 2 € 9,46 betragen. Die Beklagte hat ihren Abrechnungen in der Zeit bis einschließlich Dezember 2005 zwar einen leicht übertariflichen Stundensatz in Höhe von 9,52 € zugrunde gelegt. Dem Kläger standen jedoch 9,96 € (9,46 € + 0,50 €) zu. Den Differenzbetrag von 0,44 € pro abgerechneter Arbeitsstunde hat der Kläger somit zu Recht geltend gemacht.

b. Da die Beklagte ab dem 01.01.2006 einen auf 9,66 € erhöhten Stundenlohn gezahlt hat, betrug der dem Kläger unter Berücksichtung der Fahrerzulage zustehende Differenzbetrag nunmehr nur noch 0,30 € pro Stunde. Auch dies hat der Kläger bei seinen sich auf den Zeitraum Januar bis Juni 2006 beziehenden Klageerweiterung ordnungsgemäß berücksichtigt.

c. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Kraftfahrerzulage von 0,50 € je Arbeitsstunde steht somit für den Anspruchszeitraum Juli 2005 bis Juni 2006 in dem vom Kläger korrekt berechneten Teilumfang noch zur Nachzahlung offen. Das arbeitsgerichtliche Urteil war insofern abzuändern und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

d. Nur der Klarstellung halber sei noch erwähnt, dass die in den Lohnabrechnungen der Beklagten als "Zulage, gewerblich" mit 81,81 € ausgewiesene Leistung nichts mit der hier streitigen Kraftfahrerzulage zu tun hat. Auch dies hat zwischen den Parteien ausdrücklich als unstreitig zu gelten, wie insbesondere der Sachvortrag der Beklagten in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12.04.2006 zeigt, in dem explizit auf die gänzlich andere Zweckbestimmung dieser Zulage eingegangen wird. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass die "Zulage, gewerblich" in Höhe von 81,81 € offensichtlich mit der im Arbeitsvertrag vom 31.08.1999 unter Ziffer 7 c) mit der Bezeichnung "Sonstiges" von Beginn des Arbeitsverhältnisses an vorgesehenen Leistung identisch ist, während die Kraftfahrerzulage ausweislich der eigenen Abmahnung der Beklagten vom 11.01.2007 erst ab dem 01.12.1999 gezahlt wurde. Auch betragsmäßig weist die Höhe der "Zulage, gewerblich" keinen erkennbaren Bezug zu einer Kraftfahrerzulage in Höhe von 1,00 DM/Stunde oder 0,50 €/Stunde auf.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel somit nicht statthaft.

Ende der Entscheidung

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