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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 02.07.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 26/03
Rechtsgebiete: BGB, TVG, LohnTV Einzelhandel NRW


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
TVG § 4
LohnTV Einzelhandel NRW § 2
1. Enthält ein Arbeitsvertrag folgende Vergütungsvereinbarung: "Es wird ein monatlicher Bruttolohn von DM... vereinbart. Die Eingruppierung erfolgt nach der Tarifgruppe XY, DM... des jeweils gültigen Lohntarifvertrags," so steht dem Arbeitnehmer Vergütung in derjenigen Höhe zu, die der tariflich richtigen Eingruppierung des fraglichen Tarifwerks entspricht, auch wenn der Arbeitgeber nicht originär tarifgebunden ist.

2. Zur Eingruppierung einer im Wareneingangsbereich eines großen Warenverteilzentrums beschäftigten Arbeitnehmerin gemäß Lohngruppe II des § 2 LohnTV Einzelhandel NRW.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 26.11.2002 in Sachen 6 Ca 2958/02 wird in ihrem Hauptantrag zurückgewiesen.

Auf den Hilfsantrag der Klägerin hin wird das oben genannte Urteil des Arbeitsgerichts Bonn wie folgt abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.08.2002 in die Lohngruppe II Lohnstaffel b) des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW eingruppiert und die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin nach Maßgabe der Lohngruppe II Lohnstaffel b) zu vergüten.

Der weitergehende Hilfsantrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz trägt die Klägerin. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen beide Parteien je zur Hälfte.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der der Klägerin monatlich zustehenden arbeitsvertraglichen Vergütung.

Die Beklagte betreibt in M bei B ein Warenlager mit der Funktion eines sog. Verteilzentrums, in dem ca. 300 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Klägerin ist seit dem 17.09.1997 in dem Verteilzentrum M als gewerbliche Arbeitnehmerin im Bereich des Wareneingangs beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehört das Entladen von LKW`s und die Wareneingangskontrolle. Das Entladen der LKW`s geschieht mit Hilfe einer sog. Elektroameise, einem Gabelhubwagen vom Typ ERE 20, der über eine Hubfähigkeit von 12,5 cm und einer Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h verfügt. Die Klägerin fährt mit der Elektroameise über eine Rampe auf die Ladefläche der ankommenden LKW, nimmt dort die geladenen Warenpaletten auf und transportiert diese zu auf dem Boden markierten Palettenstellplätzen im Wareneingangsbereich. Die auf den Paletten befindlichen Warenkartons sind gestretcht, d. h. im Ganzen mit Folie eingeschweißt. Pro LKW werden ca. 34 Paletten angeliefert. Die Paletten sind ca. 1,5 m hoch beladen. Die auf den abgestellten Paletten befindliche Ware kontrolliert die Klägerin mittels eines Handcomputers, der an das in dem Verteilzentrum installierte elektronische Lagerverwaltungssystem angeschlossen ist, auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Klägerin verrichtet ihre Tätigkeiten im Team. Nach Abschluss der Wareneingangskontrolle werden die im Wareneingangsbereich, auch Bevorratungsbereich genannt, abgestellten Warenpaletten von Gabelstaplerfahrern in das eigentliche Hochregallager verbracht. Wegen weiterer Einzelheiten der Arbeitsaufgaben der Klägerin wird auf den arbeitsgerichtlichen Tatbestand Bezug genommen.

Die ursprünglich nur befristet und als Teilzeitbeschäftigte eingestellte Klägerin ist auf Grund einer Vertragsänderung vom 24.02.1998 unbefristet und auf Grund einer weiteren Vertragsänderung vom 13.03.2001 nunmehr auch im Umfang einer Vollzeittätigkeit beschäftigt. Ansonsten gelten weiterhin die Bedingungen des Arbeitsvertrages der Parteien vom 09.09.1997 (Bl. 5 - 7 d. A.).

Ziffer 2 dieses Arbeitsvertrages lautet wie folgt:

"2. Einkommen

Es wird ein monatlicher Bruttolohn von 1.404,00 DM/TZ vereinbart.

Die Eingruppierung erfolgt nach der Tarifgruppe L II a 2.586,00 DM des jeweils gültigen Lohntarifvertrages.

Soweit dm über die Bestimmungen des Tarifvertrags hinausgehende Leistungen erbringt, ist dm berechtigt, diese gewährten Leistungen auf etwaige tarifliche Erhöhungen voll anzurechnen."

Ziffer 5 des Arbeitsvertrages bestimmt:

"5. Tarifliche Bestimmungen

Soweit in diesem Vertrag keine anderen Regelungen vereinbart sind, gelten die jeweiligen aktuellen Mantel- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels."

Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di, die Beklagte ist nicht tarifgebunden.

Die Beklagte, die insgesamt über 11.000 Mitarbeiter beschäftigt, verfügt über kein eigenes Vergütungsgruppenschema. Mit Schreiben vom 11.06.2002 machte die Klägerin geltend, dass sie richtigerweise in die Lohngruppe II Lohnstaffel c) des Lohntarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren sei. Diesen Anspruch und die Nachzahlung der Differenzbeträge zwischen den Lohngruppen II Lohnstaffel a) und II Lohnstaffel c) für die Zeit vom 01.01. bis 31.07.2002 hat die Klägerin sodann mit der vorliegenden Klage rechtshängig gemacht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf die "richtige" Eingruppierung im Sinne des Lohntarifvertrages zustehe. Die Klägerin hat im Einzelnen begründet, warum sie meint, dass die von ihr arbeitsvertraglich zu verrichtende Tätigkeit die Oberbegriffe der Lohnstaffel c), nämlich das Erfordernis von "besonderer Geschicklichkeit, Übung oder Erfahrung" erfülle. Auf die Darstellung im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils wird verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.262,31 EUR nebst 7,47 % Zinsen ab dem 11.09.2002 zu zahlen;

1. festzustellen, dass die Klägerin seit dem 01.08.2002 in die Lohngruppe II c) des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW einzugruppieren ist und dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin nach der Lohngruppe II c) zu vergüten und den sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbetrag mit 7,47 % ab dem 11.09.2002 zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat in erster Linie die Auffassung vertreten, es komme auf die Eingruppierungssystematik des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW nicht an; denn die Regelung in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Parteien sei als eine konstitutive Eingruppierungsvereinbarung zu verstehen, die nicht einer gerichtlichen Richtigkeitskontrolle unterliege. Lediglich die Entgelthöhe habe sich arbeitsvertraglich nach dem jeweils gültigen Lohntarifvertrag richten sollen.

Selbst bei Anwendung des Lohntarifvertrages bestehe der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch jedoch nicht. Die Beklagte hat näher ausgeführt, warum sie der Meinung ist, dass die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Lohnstaffel c) der Lohngruppe II nicht gegeben seien.

Das Arbeitsgericht Bonn hat mit Urteil vom 26.11.2002 die Klage abgewiesen. Es hat dabei angenommen, dass durch die Regelung in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Parteien die Eingruppierungsregeln des Lohntarifvertrags Einzelhandel NRW in Bezug genommen worden seien, so dass die im Arbeitsvertrag genannte Eingruppierung der gerichtlichen Richtigkeitskontrolle unterliege. Es ist jedoch im Folgenden zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Lohnstaffel c) der Lohngruppe II nicht habe darlegen können. Wegen der Einzelheiten wird auf die vollständigen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Klägerin am 09.12.2002 zugestellt. Sie hat hiergegen am 07.01.2003 Berufung eingelegt und diese am 20.02.2003 begründen lassen.

Die Klägerin meint, ihre Tätigkeit erfülle die Voraussetzung der Lohngruppe II Lohnstaffel c). Ihre Tätigkeit zeichne sich durch besondere Geschicklichkeit aus. Ihre Tätigkeit sei komplexer als diejenige, die von den Arbeitnehmern der Lohnstaffel a) verlangt werde. Schon beim Fahren mit dem ERE 20 Elektro-Schnellläufer sei besondere Geschicklichkeit erforderlich. Sie müsse mit diesem Gerät an die auf dem LKW geladenen Paletten heranfahren, so dass sie mit den Gabeln die Paletten optimal greifen könne. Beim Herausfahren aus dem LKW müsse häufig ein Niveauunterschied zwischen Laderampe und Wareneingangshalle überwunden werden. Sie müsse umsichtig fahren, damit die Ladung nicht verrutsche und andere Kollegen weder gestört noch gefährdet würden. Dann müsse ein geeigneter Platz für die Palette gesucht werden, der raumsparend sei, aber Platz genug lasse, um die Palette von allen Seiten bedienen zu können. Insgesamt seien in der Halle ca. 30 Gabelhubwagen unterwegs, die mit bis zu 10 km/h durch die Halle führen. Auch die schwierige Körperhaltung - die Elektroameise müsse im Stehen und rückwärts gefahren werden - steigere die Anforderungen an die Gewandtheit.

Auch beim Überprüfen der Paletten sei Geschicklichkeit erforderlich. Hier gehe es darum, zügig zu erkennen, ob es sich um Mischpaletten oder sortenreine Paletten handele, wieviele Kartons auf der Palette gelagert seien und in welchen Verpackungseinheiten die Produkte geliefert würden. Mit der Kenntnis von durchschnittlich 4.500 bis 5.000 Artikeln könne die Klägerin die Lage rasch überschauen und die entsprechenden Daten in den ihr zur Verfügung gestellten Handcomputer eingeben. Auch die Bedienung des Handcomputers sei nur durch besondere Geschicklichkeit möglich. Über ca. 35 Eingabetasten müsste die Klägerin den jeweils angezeigten Sollstand bestätigen oder eine Korrektur anmelden.

Die besondere Geschicklichkeit zeige sich also in der Breite der Anforderungen ebenso wie im reibungslosen Ineinandergreifen der einzelnen Arbeitsschritte.

Zudem sei für die Tätigkeit auch Übung und Erfahrung erforderlich. Um das komplette System des Wareneingangs kennen zu lernen, sei eine Einarbeitungszeit von einem Monat zu veranschlagen. Gerade weil durch die hochtechnisierte Lagerverwaltung Fehler relativ selten vorkämen, sei die Anforderung an eine Kontrolltätigkeit besonders hoch. Die Fehlerquelle liege nicht darin, dass die Klägerin dem Computer eine falsche Packungsgröße oder Artikelart eingebe. Dann nämlich "meckere" das System. Die Fehlerquelle liege vielmehr in der Versuchung, dass die Klägerin das bestätige, was der Computer vorgibt. Es erfordere somit hohe Konzentration und Kenntnisse über die umgesetzten Warenwerte und damit Verantwortungsbewusstsein, damit trotz der Vorgaben korrekt gezählt werde.

Weiterhin führt die Klägerin aus, sie erfülle sogar das Richtbeispiel des Hubstaplerfahrers der Lohnstaffel c). Das ERE-Schnellgerät habe einen Hub von 12,5 cm und könne Paletten nicht nur transportieren, sondern auch stapeln.

Nunmehr macht die Klägerin weiter geltend, dass sie hilfsweise zumindest in die Lohngruppe II Lohnstaffel b) einzugruppieren sei. So handele es sich bei dem ERE-Schnellgerät um ein durch Akkumulatoren betriebenes wendiges Fahrzeug, also einen Elektrokarren.

Ferner sei die Klägerin Lagerarbeiterin und Packerin im Sinne der Lohnstaffel b). Mit der Tätigkeit einer Lagerarbeiterin seien sämtliche Tätigkeiten erfasst, die in einem Warenlager verrichtet werden. Die Fahrten mit dem Elektrokarren und die Lagerarbeiten machten zusammen 100 % der Tätigkeit der Klägerin aus. Seien Richtbeispiele erfüllt, so seien gleichzeitig die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale im Oberbegriff der Lohngruppe als erfüllt anzusehen. Auch der Oberbegriff der Lohngruppe II Lohnstaffel b) "körperlich schweres Arbeiten" sei als erfüllt anzusehen. Unter "körperlich schwerem Arbeiten" sei hier nicht nur eine Tätigkeit gemeint, die erhebliche Muskelkraft erfordere. Das Eingruppierungsmerkmal könne vielmehr auf Grund belastender Umstände der Arbeit auch bei typischen Frauenarbeiten vorliegen. Belastend seien insbesondere die klimatischen Verhältnisse im Wareneingangsbereich, ferner die in dem Lager herrschende Lärmbelästigung mit einem Lärmpegel von gemessenen ca. 80 bis 85 Dezibel. Außerdem sei das Fahren mit dem ERE-Schnellgerät rückenschädigend, da die Gräte über keine Stoßdämpfer verfügten. In der erforderlichen Aufmerksamkeit, Umsicht und Reaktionsschnelle lägen besondere Stressfaktoren. Auch müsse sie sich bei ihrer Kontrolltätigkeit bücken und strecken, Kartons bis 50 kg heben, ziehen und mit eventuell kalten Fingern oder behandschuhten Händen öffnen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn - 6 Ca 2958/02 -, aufzuheben, und nach den diesseits gestellten Anträgen aus der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 26.11.2002 zu erkennen;

hilfsweise

festzustellen, dass die Klägerin seit dem 01.08.2002 in die Lohngruppe II b) des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW eingruppiert und die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin nach der Lohngruppe II b) zu vergüten und den sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbetrag mit 7,47 % ab dem 11.09.2002 zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin einschließlich des in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrages zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass der Arbeitsvertrag der Parteien eine individuelle Vergütungsvereinbarung enthalte, nicht auf die Eingruppierungssystematik des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW verweise und somit auch keiner arbeitsgerichtlichen Richtigkeitskontrolle unterliege.

Gleichwohl seien auch die einzelnen Eingruppierungsmerkmale der von der Klägerin begehrten höheren Vergütungsgruppen nicht erfüllt. Die von der Klägerin zu bedienende Elektroameise könne auf Grund ihres geringen Hubs nicht stapeln und sei somit kein "Hubstapler" im Sinne der Lohnstaffel c). Es bedürfe für die Bedienung der Elektroameise auch keiner besonderen Geschicklichkeit. Die Ware auf den Paletten sei mittels einer Folie so fest fixiert, dass die Kartons beim Transport nicht verrutschen könnten. Die Paletten seien lediglich an markierten Stellen abzustellen. Das Verbringen ins Hochregallager sei nicht Aufgabe der Klägerin. Die Paletten würden lediglich auf einer Höhe von knapp über dem Bodenniveau bewegt. Im Bereich des Wareneingangs seien in der Regel lediglich sechs ERE 20 unterwegs. Die Höchstgeschwindigkeit müsse von dem Fahrer nicht ausgenutzt werden. Das Fahren geschehe weder in ergonomisch schwieriger Körperhaltung noch sei es kompliziert oder bedürfe gesteigerter Gewandtheit. Auch das Überprüfen der Paletten bedürfe keiner besonderen Geschicklichkeit, da die Lagerverwaltung EDV-gesteuert sei und die Klägerin lediglich den vom System vorgegebenen Befehlen folgen müsse. Die Klägerin müsse lediglich die Handhabung des Handcomputers einstudieren, die auf wenige Funktionen beschränkt sei. Nähere Artikelkenntnis sei nicht erforderlich. Die Tätigkeit sei Routine und innerhalb eines Tages erlernbar.

Auch die Lohnstaffel b) der Lohngruppe II komme nicht in Betracht. Die Elektroameise sei kein "Elektrokarren" im Sinne dieser Lohngruppe. Auch verrichte die Klägerin zu 3/4 ihrer Arbeitszeit Kontrolltätigkeiten. Ferner sei die Klägerin auch nicht Lagerarbeiterin im Sinne der Lohnstaffel b). Für die Eingruppierung in Lohngruppe II b) genüge das Arbeiten in einem Lager als solches nicht, weil regelmäßige Lagertätigkeiten auch in anderen Richtbeispielen der Lohngruppe II und auch bei der Lohnstaffel a) erwähnt seien. Deshalb definiere sich der "Lagerarbeiter und Packer" der Lohnstaffel b) nur über das Abgrenzungsmerkmal der körperlich schweren Arbeit, die im Falle der Klägerin nicht gegeben sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 20.02.2203 und die Berufungserwiderung der Beklagten vom 27.03.2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 Satz 1 vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. In ihren Hauptanträgen konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die Feststellung, dass die Klägerin in die Lohngruppe II Lohnstaffel c) des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW einzugruppieren sei, zu Recht abgelehnt.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht allerdings im ersten Schritt angenommen, dass sich die arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung danach richtet, welche Eingruppierungsmerkmale des § 2 des Lohntarifvertrages für die Arbeitnehmer des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit der Klägerin erfüllt.

Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 09.09.1997 keine individuell-konstitutive, von den maßgeblichen Eingruppierungsmerkmalen des Lohntarifvertrages losgelöste Vergütungsvereinbarung enthält. Hätten die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag eine individuelle Vergütungsvereinbarung treffen wollen, wäre Satz 2 von Ziffer 2 des Arbeitsvertrages ("die Eingruppierung erfolgt ...") gänzlich überflüssig gewesen. Auch um eine individuelle Vergütungsvereinbarung für die Zukunft mit einer Anpassungsdynamik zu versehen, hätte es der in Satz 2 von Ziffer 2 des Arbeitsvertrages gewählten Formulierung nicht bedurft. Vielmehr wäre dann sinngemäß eine Formulierung zu erwarten gewesen wie z. B. "die Vergütung erhöht sich im gleichen Umfang wie die Tariflöhne im Einzelhandel NRW" oder auch "wie der Tariflohn eines Mitarbeiters der Lohngruppe II Lohnstaffel a) Lohntarifvertrag Einzelhandel NRW".

Die von den Parteien stattdessen in Ziffer 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages gewählte Formulierung "die Eingruppierung erfolgt nach der Tarifgruppe L II a) 2.586,00 DM des jeweils gültigen Lohntarifvertrages" kann dagegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht anders verstanden werden, als dass die Parteien damit zum Ausdruck bringen wollten, dass die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zutreffend in die Lohngruppe II Lohnstaffel a) Lohntarif Einzelhandel NRW eingeordnet ist.

Eingruppierung bedeutet nämlich gerade nicht die zahlenmäßige Festlegung einer bestimmten Vergütungshöhe, sondern die Einordnung in ein abstrakt definiertes Lohnschema. Anders als eine individuelle Vergütungsvereinbarung hat ein abstrakt definiertes Lohnschema aber gerade den Sinn, insbesondere dann, wenn in einem Betrieb oder Unternehmen die Vergütung einer Vielzahl von Arbeitnehmern festzulegen ist, die Vergütungshöhe untereinander vergleichbar, transparent und objektiv verifizierbar zu machen.

Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingeräumt hat, verfügt sie in ihrem Unternehmen selbst nicht über ein eigenständig entwickeltes Vergütungsschema. Bei einem Unternehmen mit über 11.000 Beschäftigten liegt es daher schon aus Gründen der Vereinfachung der Personalverwaltung geradezu nahe, sich an ein in der Branche vorhandenes und eingespieltes abstraktes Vergütungsschema wie dasjenige des einschlägigen Tarifvertrages anlehnen zu wollen. Von einem solchen Vorverständnis kann und muss im Zweifel auch der objektive Leser des hier einschlägigen Arbeitsvertragstextes ausgehen, wenn er dort liest: "Die Eingruppierung erfolgt nach der Tarifgruppe L II a DM 2.586,00 des jeweils gültigen Tarifvertrages".

Wird ein Arbeitnehmer laut Arbeitsvertrag "eingruppiert", so löst dies des Weiteren das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG aus. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Eingruppierungen besteht nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber gerade (nur) in einer Richtigkeitskontrolle, die der gleichmäßigen Anwendung der in Bezug genommenen abstrakten Lohn- und Gehaltsgruppenordnung zwecks innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit und Transparenz dienen soll (BAG AP Nr. 103 und 105 zu § 99 BetrVG 1972; BAG AP Nr. 7, 14, 17, 18 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 21. Auflage, § 99 Rdnr. 73). Wenn somit von "Eingruppierung" die Rede ist, ist damit vom objektiven Erklärungswert her im Zweifel eine Unterwerfung unter die abstrakte Vergütungsgruppenordnung verbunden, in die eingruppiert werden soll. Wird ein abstraktes Vergütungsgruppenschema in Bezug genommen, soll aber gleichwohl eine individuell-konstitutive Vergütungsvereinbarung begründet werden, so muss dies unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden. Hierfür stehen eine Fülle geeigneter Formulierungen zur Verfügung. Keine davon hat die Beklagte ergriffen. Die in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages getroffene Vergütungsvereinbarung ist daher mit der Klägerin und dem Arbeitsgericht so zu verstehen, dass der Klägerin Vergütung nach derjenigen "Tarifgruppe" zustehen sollte, deren Definitionsmerkmalen die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit "in Wirklichkeit" entspricht.

Die Beklagte legt Wert auf die Feststellung, dass es "deutlicher Anhaltspunkte" bedürfe, um annehmen zu können, dass sich ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber "der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen" wolle, weil eine solche Unterwerfung mit der "Preisgabe von Privatautonomie" verbunden sei. Jede individualvertragliche Vereinbarung gleich welchen Inhalts bedeutet jedoch ebenfalls eine partielle Aufgabe von Privatautonomie insofern, als sie eine Bindung an den Regelungsinhalt für die Zukunft begründet. Die individualvertragliche Inbezugnahme eines "fremdgeregelten" Vergütungsgruppenschemas kann jederzeit unter denselben Voraussetzungen wieder rückgängig gemacht werden wie jede andere individualvertragliche Vereinbarung. Die damit einhergehende partielle Aufgabe von Privatautonomie ist somit mit derjenigen eines unmittelbar tarifgebundenen Verbandsmitglieds nicht zu vergleichen.

2. Hingegen dokumentieren die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien auch an anderer Stelle, dass die Beklagte sehr wohl bereit war, die Arbeitsbedingungen der Klägerin in weiten und wichtigen Bereichen den tariflichen Vorgaben zu unterwerfen. Dies gilt z.B. für die Regelung über die geldliche Lohnhöhe und deren laufende Anpassung in Ziff.2 Abs.2 und Abs.3 des Arbeitsvertrags, über die Anpassung der Arbeitszeit in Ziff.3 Abs.2 S.1 und insbesondere für die in Ziff.5 enthaltene Generalklausel, wonach "die jeweiligen aktuellen Mantel- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels gelten", "soweit in diesem Vertrag keine anderen Regelungen vereinbart sind".

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus ihren Darlegungen jedoch nicht, dass die von ihr zu verrichtende, arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit unter die Eingruppierungsmerkmale der Lohnstaffel c) der Lohngruppe II des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW zu subsumieren ist. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls richtig herausgearbeitet.

Von den in Lohnstaffel c) explizit genannten drei Richtbeispielen kommt vorliegend allenfalls dasjenige der "Hubstaplerfahrerin" in Betracht. Die Klägerin ist jedoch bei der Beklagten nicht als "Hubstaplerfahrerin" beschäftigt. Dies ergibt sich bereits aus ihrem eigenen Sachvortrag. Der von der Klägerin zu bedienende Gabelhubwagen ERE 20 verfügt lediglich über eine Hubhöhe von 12,5 cm. Mit einem solchen Gerät können somit nicht einmal, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, leere Paletten aufeinandergestapelt werden. Entfällt aber das Merkmal des Stapelns, so ist auch das Richtbeispiel nicht erfüllt.

Ist ein spezielles Richtbeispiel nicht erfüllt, so kann auf die allgemeinen Eingruppierungsmerkmale der Lohnstaffel zurückgegriffen werden. Das Berufungsgericht konnte sich aber an Hand der Darlegungen der Klägerin ebenso wenig wie das Arbeitsgericht davon überzeugen, dass die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten in dem Sinne, wie die tarifvertragliche Formulierung dies vorsieht, "eine besondere Geschicklichkeit, Übung oder Erfahrung erfordern".

Die Ausführungen der Klägerin dazu, dass das Bedienen des Gabelhubwagens ERE 20 "besondere Geschicklichkeit" im Tarifsinne erfordere, überzeugt nicht. Die Argumentation der Klägerin erscheint an dieser Stelle widersprüchlich. So vertritt die Klägerin bei der Begründung ihres Hilfsantrags die Auffassung, der Gabelhubwagen ERE 20 stelle einen "Elektrokarren" im Sinne der Richtbeispiele der Lohnstaffel b) dar. Wäre für die Bedienung eines solchen Fahrzeugs typischerweise eine "besondere Geschicklichkeit" erforderlich, wie sie in Lohnstaffel c) verlangt wird, so hätten die Tarifvertragsparteien das Richtbeispiel "Fahrer für Elektrokarren" nicht der Lohnstaffel b), sondern der Lohnstaffel c) zugeordnet. Dies haben sie aber gerade nicht getan. Die Klägerin hat andererseits auch keine ungewöhnlichen Einsatzbedingungen für das Fahren der Elektroameise ERE 20 im Lagerbetrieb der Beklagten dargelegt. Die Tätigkeiten, die die Klägerin ihrer eigenen Schilderung nach mit dem ERE 20 verrichtet, gehen nicht über das hinaus, was typischerweise bei der Bedienung eines solchen Geräts zu erwarten ist.

Erst recht kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, dass das Merkmal der "besonderen Geschicklichkeit" durch die Teiltätigkeit des Überprüfens der Paletten oder der Bedienung des Handcomputers erfüllt sein könnte. Dies gilt um so mehr, als die Lohnstaffel c) nicht nur einfache "Geschicklichkeit", sondern eine "besondere", also eine herausgehobene Geschicklichkeit voraussetzt.

Ebensowenig kann aus der Breite der verschiedenen Tätigkeiten auf die Notwendigkeit einer besonderen Geschicklichkeit geschlossen werden. Insofern vermengt die Klägerin nicht zueinander passende Anforderungsprofile miteinander.

Das Berufungsgericht konnte sich darüber hinaus auch nicht davon überzeugen, dass die Lohnstaffel c) der Lohngruppe II des Lohntarifvertrages Einzelhandel NRW deshalb auf die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit der Klägerin anzuwenden sei, weil die Merkmale der "Übung" und/oder "Erfahrung" gegeben wären. So spricht das Argument der Klägerin, eine besondere Schwierigkeit bestehe gerade in der Versuchung, so zu zählen, wie es den Vorgaben des Computers entspricht, nicht die Thematik von Übung und/oder Erfahrung an, sondern das Verantwortungsbewusstsein, wie es aber für jede Art korrekter Arbeitsausführung erwartet werden kann. Soweit die Klägerin auf die detaillierte Kenntnis eines 4.500 bis 5.000 Artikel umfassenden Warensortiments abstellt, hat sie nicht zu verdeutlichen vermocht, wofür sie im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsaufgaben eine Sortimentskenntnis dieses Umfangs und dieser Detailliertheit benötigt.

Auf den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag hin war jedoch festzustellen, dass die Klägerin richtigerweise in die Lohnstaffel b) der Lohngruppe II Lohn-TV Einzelhandel NRW eingruppiert und die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin entsprechend zu vergüten. Ein bezifferter Zahlungsantrag für die Vergangenheit wurde im Rahmen des Hilfsantrags dabei nicht gestellt.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Klägerin auf Grund ihrer arbeitsvertraglichen Aufgabe, den Gabelhubwagen ERE 20 zu bedienen, als "Fahrerin für Elektrokarren" angesehen werden könnte. Jedenfalls erfüllt die Klägerin nämlich das Richtbeispiel der Lohnstaffel b) "Lagerarbeiterin".

Enthält ein abstraktes Vergütungsgruppenschema allgemeine Tätigkeitsmerkmale, die durch angegebene Beispiele erläutert werden, dann haben die Erfordernisse der Vergütungsmerkmale regelmäßig dann als erfüllt zu gelten, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat (BAG AP Nr. 134 zu § 1 TVG; BAG vom 03.12.1985 - 4 AZR 314/84 -). Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muss nur zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für eine bestimmte Beschäftigungsgruppe ausscheidet, oder wenn es um eine Tätigkeit geht, die in tariflichen Tätigkeitsbeispielen nicht aufgeführt ist (BAG a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BAG gelten die vorgenannten Grundsätze insbesondere dann, wenn, wie in § 2 Abs. 1 Satz 2 Lohn-TV Einzelhandel NRW formuliert ist, die in den Lohngruppen aufgeführten Beispiele als "Richtbeispiele" fungieren. Mit dem Begriff der "Richtbeispiele" bringen die Tarifvertragsparteien, dem BAG zufolge, nämlich deutlich zum Ausdruck, dass diese Beispiele typisch für die betreffende Lohngruppe sind und damit eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit die Vergütungsmerkmale der betreffenden Lohngruppe ohne weiteres erfüllt (BAG vom 03.12.1985 - 4 AZR 314/84 -).

In der vorgenannten Entscheidung hat sich das BAG explizit gerade mit dem Tätigkeitsbeispiel "Lagerarbeiter" der Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV Einzelhandel NRW befasst und hierzu Folgendes ausgeführt:

"Der Begriff des Lagerarbeiters ist aus sich heraus auslegbar, enthält keinen unbestimmten Rechtsbegriff und kehrt auch in keiner anderen Lohnstaffel als Tätigkeitsbeispiel wieder. Damit ist grundsätzlich derjenige, der als Lagerarbeiter anzusehen ist, in Lohngruppe II Lohnstaffel b) LTV eingruppiert.

Unter einem Lagerarbeiter ist ein gewerblicher Arbeitnehmer (Arbeiter) zu verstehen, der in einem Warenlager arbeitet. Dies entspricht der Bedeutung des Wortes in der Kaufmannssprache, d. h. in der spezifischen Sparte des Handels - sei es Einzelhandels oder Großhandels -, in der die Klägerin tätig ist (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band IV 1982, Seite 380, 381). Diese Voraussetzungen werden von der Klägerin erfüllt. Die Klägerin übt eine vorwiegend körperlich mechanische Tätigkeit aus und ist damit nach der Verkehrsanschauung gewerbliche Arbeitnehmerin und Arbeiterin, wovon auch die Parteien übereinstimmend ausgehen. Sie ist ferner in einem Warenlager beschäftigt und folglich auch Lagerarbeiterin."

Die vorgenannten Ausführungen können ohne jeden Abstrich auch auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens übertragen werden. Dies gilt auch für die weiteren Ausführungen des BAG in der vorgenannten Entscheidung, die zugleich eine Antwort auf die Einwände der Beklagten des vorliegenden Verfahrens auf das Vorbringen der Klägerin zum Hilfsantrag darstellen:

"Der Beklagten ist einzuräumen, dass in den Lohnstaffeln a) und c) der Lohngruppe II ... Tätigkeiten aufgeführt sind, die ebenfalls üblicherweise oder gelegentlich von gewerblichen Arbeitnehmern in einem Warenlager ausgeübt werden, so dass auch diese Arbeitnehmer insoweit als "Lagerarbeiter" zu qualifizieren sind, z. B. Abfüller, Abpacker, Abwieger und Etikettierer (Lohnstaffel a der Lohngruppe II LTV), Handelsfachpacker, Hubstaplerfahrer und Möbelfachpacker (Lohnstaffel c der Lohngruppe II LTV) ...Daraus folgt jedoch nicht, dass die gleiche Tätigkeit eines Lagerarbeiters in mehreren Lohnstaffeln aufgeführt ist und deshalb für die Eingruppierung auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale zurückgegriffen werden müsste. Vielmehr handelt es sich bei den angeführten Tätigkeiten um spezielle Tätigkeiten, die auch in einem Lager ausgeübt werden können. Nach dem Grundsatz der Spezialität, der auch bei Tarifauslegung gilt ..., gehen die speziellen Tätigkeitsbeispiele dem allgemeineren Tätigkeitsbeispiel "Lagerarbeiter" vor. Arbeitnehmer, die ein spezielles Tätigkeitsbeispiel einer Lohnstaffel erfüllen, sind nach dieser Lohnstaffel eingruppiert und können daher nicht ihre Eingruppierung als "Lagerarbeiter" verlangen ... Der Begriff "Lagerarbeiter" in der Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV bedeutet damit praktisch 'Lagerarbeiter, soweit nicht anders eingruppiert'.

Ist danach die Klägerin - weil sie kein spezielles Tätigkeitsbeispiel der anderen Lohnstaffeln erfüllt - als Lagerarbeiterin im Sinne der Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV anzusehen, kommt es nicht mehr darauf an, ob ihre Tätigkeit in der Regel körperlich schweres Arbeiten im Sinne des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals der Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV erfordert ..."

Auch diese Ausführungen des BAG passen punktgenau auf den vorliegenden Fall. Die Tätigkeit der Klägerin im Wareneingangsbereich ist in keiner anderen Lohnstaffel als der Lohnstaffel b) durch ein spezielleres Beispiel als demjenigen des "Lagerarbeiters" erwähnt. Als "Lagerarbeiterin" ist die Klägerin daher zutreffend in die Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV Einzelhandel NRW eingruppiert und von der Beklagten entsprechend zu vergüten.

Nur ergänzend sei in diesem Zusammenhang anzumerken, dass auch das in dem Oberbegriff der Lohnstaffel b) der Lohngruppe II LTV Einzelhandel NRW enthaltene Tatbestandsmerkmal "in der Regel körperlich schweres Arbeiten" nicht allein auf die muskulöse Belastung des Arbeitnehmers, sondern auf alle Faktoren abstellt, die auf den Arbeitnehmer belastend einwirken und zu körperlichen Reaktionen führen können, und dass "in der Regel" lediglich "ständig wiederkehrend in rechtlich erheblichem Ausmaß" bedeutet, nicht aber erfordert, dass der Anteil der körperlich schweren Arbeit im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit überwiegt (BAG EzA § 4 TVG Einzelhandel Nr. 19).

Dem Hilfsantrag der Klägerin konnte lediglich insoweit nicht stattgegeben werden, als er darüber hinaus auf die Verzinsung des "sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbetrages" abzielt. Insoweit ist der Hilfsantrag der Klägerin zu unbestimmt und damit unzulässig.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG war für beide Parteien die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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