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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 381/07
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 305 c
BGB § 611
BAT
Zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und zur Anwendung von § 305 c BGB auf eine solche.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 02.11.2006 in Sachen 1 Ca 1244/06 wird mit der Maßgabe kostenpflichtig zurückgewiesen, dass der Beklagte an Stelle des Urteilsausspruchs in Ziffer 2) und 3) des Urteils vom 02.11.2006 verurteilt wird, an die Klägerin 946,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2006 zu zahlen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der der Klägerin zustehenden arbeitsvertraglichen Vergütung.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, der Klage teilweise, nämlich in demjenigen Umfang, in dem die geltend gemachten Ansprüche nicht nach § 70 BAT verfallen sind, stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 02.11.2006 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 28.12.2006 zugestellt. Er hat hiergegen am 22.01.2007 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 22.03.2007 am 20.03.2007 begründen lassen.

Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. § 5 des Arbeitsvertrages der Parteien enthalte keine dynamische Verweisung auf eine entsprechende tarifliche Vergütung in jeweils geltender Höhe. Auch habe die Klägerin nicht dargelegt, warum sie in die Vergütungsgruppe BAT KR 06, Stufe 9 einzugruppieren sei. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich diese Eingruppierung nicht. Schließlich habe das Arbeitsgericht nicht die gebotenen Konsequenzen daraus gezogen, dass der BAT und der zugehörige Vergütungstarifvertrag Nr. 35 im Laufe des Jahres 2005 außer Kraft getreten seien.

Ferner meint der Beklagte, es stünde den Ansprüchen der Klägerin entgegen, dass das Vergütungssystem des BAT - wegen der darin enthaltenen vom Lebensalter abhängigen Stufensteigerungen - wegen Altersdiskriminierung europarechtswidrig und damit nichtig sei. Er, der Beklagte, habe der BAT-Systematik, nach Lebensalter zu vergüten, von an Beginn an keinen Anreiz entnehmen können. Deshalb enthalte der Tarifvertrag zwischen der D in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Ö vom 13.05.1990 in dieser Beziehung auch ein eigenständiges Vergütungssystem; denn nach § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrages sollte § 27 BAT mit der Maßgabe gelten, dass die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nicht nach Lebensalter, sondern nach Berufsjahren gestaffelt zu bemessen seien. Im Schriftsatz vom 11.07.2007 führt der Beklagte aus, dass der Beklagte der Klägerin in den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts jeweils eine höhere Vergütung wegen gestiegener Berufserfahrung gezahlt habe, wobei er sich bei der Mehrzahl der Zahlungen an den Lebensaltersstufen des BAT orientiert habe.

Nach Ansicht des Beklagten habe er auch den in der Abrechnung November 2003 als Sonderzahlungsvorschuss ausgewiesenen Betrag später ratenweise wieder einbehalten dürfen und habe der Klägerin für das Jahr 2005 auch kein Urlaubsgeldanspruch zugestanden. Die Berufung sei auch, was die Verurteilung zur Zahlung dieses Urlaubsgeldes angehe, entgegen dem Arbeitsgericht zulässig.

Wegen der Einzelheiten der Argumentation des Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 20.03.2007 sowie den weiteren Schriftsatz vom 11.07.2007 Bezug genommen.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 02.11.2006 (1 Ca 767/04), zugestellt am 22.12.2006, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfsweise hierzu beantragt der Beklagte,

das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Bonn aufzuheben, den Rechtsstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen nach Art. 234 EG-V und den Rechtsstreit entsprechend § 148 ZPO auszusetzen.

Äußerst hilfsweise beantragt der Beklagte,

das Verfahren nach § 148 ZPO auszusetzen bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlage des BAG an den EuGH vom 23.06.2006 (2 AZR 352/02, NZA 2006, 1276 ff.).

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte weist das gegnerische Berufungsvorbringen als unerheblich zurück. Sie hebt hervor, dass sie zu keinem Zeitpunkt höhere Ansprüche wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters oder einer bestimmten Betriebszugehörigkeitsdauer geltend gemacht habe oder geltend mache. Auch mache sie keine bestimmte BAT-Eingruppierung geltend. Ihren Ansprüchen lege sie vielmehr lediglich zugrunde, was zwischen den Parteien bis zuletzt unstreitig gewesen sei, nämlich dass sich die vom Beklagten an sie gezahlte Vergütung an den Beträgen der Vergütungsgruppe BAT KR 06 Stufe 9 orientiert habe, wie ausdrücklich in den Gehaltsabrechnungen dokumentiert worden sei.

Entgegen der Auffassung des Beklagten spiele es auch keine Rolle, dass der BAT zum 30.09.2005 außer Kraft getreten sei. Sie, die Klägerin, gehe selbst nicht davon aus, dass ihr Arbeitsvertrag auch insoweit eine dynamische Verweisung enthalte, als nun seit dem 01.10.2005 die Regelungen des TVöD Anwendung finden müßten. Dies ändere aber nichts daran, dass sie bis auf weiteres Vergütungszahlungen in derjenigen Höhe beanspruchen könne, die dem letzten Stand des BAT nebst zugehörigem Vergütungstarifvertrag in seiner zuletzt geltenden Fassung entsprächen.

Auf die angebliche Europarechtswidrigkeit des BAT, so die Klägerin, könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil er selbst als Verwender des Formulararbeitsvertrages der Parteien diejenige Arbeitsvertragspartei gewesen sei, die die Bezugnahme auf die Regeln des BAT zu verantworten habe.

Ergänzend wird auf das vollständige Vorbringen der Klägerin in ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch im Sinne des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

Statthaft und damit zulässig ist die Berufung auch, soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung des Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 wendet. Bei der Ermittlung des Beschwerdewertes im Sinne von § 64 Abs.2 b) ArbGG sind gemäß § 5 ZPO mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen. Auf die Zulassung der Berufung kommt es insoweit nicht an. Ziffer 8 des Urteilstenors vom 2.11.2007 hätte somit nur Bedeutung erlangt, wenn der Beklagte nur wegen des Urlaubsgeldes 2005 hätte Rechtsmittel einlegen wollen.

II. In der Sache konnte die Berufung des Beklagten jedoch ersichtlich keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem ausgeurteilten Umfang zu Recht stattgegeben.

Der Beklagte schuldet der Klägerin für den Zeitraum ab Juni 2005 Vergütungsdifferenzen hinsichtlich Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage. Für den Zeitraum Juni 2005 bis März 2006 handelt es sich um einen Gesamtbetrag von 1.128,30 €. Die Berechnung lässt sich der Klageschrift in Verbindung mit dem ihr beigefügten außergerichtlichen Schriftsatz der Klägerin vom 30.03.2006 entnehmen, wobei die Ansprüche, die die Vergütungsdifferenzen für Mai 2005 betreffen, der auch insoweit zutreffenden arbeitsgerichtlichen Entscheidung zu Folge verfallen sind. Der Differenzanspruch resultiert, orientiert an der Vergütungsgruppe BAT KR 06 Stufe 9, daraus, dass für die entsprechenden Zeiträume allgemeine Tariferhöhungen stattgefunden haben, die der Beklagte nicht an die Klägerin weitergeleitet hat.

Auch erfolgte der sukzessive Einbehalt des sogenannten Sonderzahlungsvorschusses aus November 2003 unberechtigt und stand der Klägerin für 2005 ein Urlaubsgeld in eingeklagter Höhe zu.

1. Der Beklagte wäre zur Weitergabe der allgemeinen Tarifgehaltserhöhungen im Bereich des BAT, bezogen auf die Bestandteile Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeine Zulage, verpflichtet gewesen; dies folgt aus § 5 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 04.02./13.02.1991 in Verbindung mit den für den Anspruchszeitraum jeweils einschlägigen Vergütungstarifverträgen des öffentlichen Dienstes.

§ 5 des Arbeitsvertrages der Parteien enthält insoweit eine sogenannte zeitdynamische Verweisung auf die jeweilige tarifliche Vergütungshöhe. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Arbeitsvertrages (LAG Köln vom 28.01.2005, 4 (7) Sa 1201/04), jedenfalls aber zwingend aus der Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB auf den Formulararbeitsvertrag der Parteien (zur Anwendung dieser sogenannten Unklarheitenregelung auf die in maßgeblicher Hinsicht gleichlautenden Formulararbeitsverträge des Beklagten siehe bereits BAG vom 09.11.2005, 5 AZR 142/05). Auf diese dem Beklagten bekannte, da in eigener Sache ergangene Entscheidung des BAG wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Qualifizierte Angriffe hiergegen, die neue Gesichtspunkte beinhalten und deshalb einer nochmaligen rechtlichen Erörterung bedürften, hat der Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht vorgebracht.

2. Die weiteren Angriffe, die der Beklagte im Laufe des vorliegenden Verfahrens gegen die seitens der Klägerin geltend gemachten Ansprüche und gegen das diesen Ansprüchen, soweit sie nicht verfallen sind, stattgebende arbeitsgerichtliche Urteil vorgebracht hat, sind, soweit sie rechtlich überhaupt nachvollzogen werden können, für die Entscheidung des Falles ersichtlich unerheblich:

a. So geht der Einwand des Beklagten ins Leere, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die frühere Vergütungsgruppe BAT KR 06 Stufe 9 erfülle bzw. erfüllt habe.

aa. Die Klägerin macht nämlich keine bestimmte tarifvertragliche Eingruppierung geltend. Die Eingruppierungsautomatik des § 22 BAT soll nach den Regeln des Arbeitsvertrages der Parteien vom 04.02./13.02.1991 offenbar auch gar nicht gelten (ebenso BAG vom 09.11.2005, - 5 AZR 142/05 -).

bb. Ob sich die Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages überhaupt Gedanken darüber gemacht haben, ob die Klägerin damals die Voraussetzungen der im Vertrag explizit angesprochenen BAT-Vergütungsgruppe KR 04 erfüllte, ist ebenfalls ohne Belang.

cc. Beide Parteien sind bekanntlich nicht tarifgebunden. Ihre Arbeitsrechtsbeziehungen zueinander sind ausschließlich individual- arbeitsvertraglicher Natur. Nehmen nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien in ihrem Individualarbeitsvertrag für bestimmte zu regelnde Punkte auf einen nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag Bezug, so steht es ihnen auch frei, sich an einer bestimmten tariflichen Regelung zu orientieren, ohne dass zugleich zwingend alle vom Tarifvertrag hierfür vorgesehenen Anwendungsvoraussetzungen vorliegen müssten.

dd. Die bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien im Jahre 1991 vereinbarte Orientierung an einer Vergütung nach BAT KR 04 hat sich im Laufe des Arbeitsverhältnisses dahingehend weiterentwickelt, dass sich ab einem späteren Zeitpunkt die Vergütung der Klägerin an der Vergütungsgruppe BAT KR 06 orientierte.

ee. Ebenso hat der Beklagte eine an den Altersstufensteigerungen des BAT-Vergütungssystems orientierte Weiterentwicklung der Vergütung der Klägerin vorgenommen. Dabei hat der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 11.07.2007 allerdings selbst klargestellt, dass für ihn dabei nicht das Lebensalter oder die Betriebszugehörigkeit der Klägerin ausschlaggebend gewesen sei, sondern die sich steigernde Berufserfahrung (vgl. Schriftsatz vom 11.07.2007, Seite 2).

ff. Diese sich im Laufe der Jahre weiterentwickelnde arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung der Parteien hatte im Jahre 2003 den damals noch unstreitigen und einvernehmlichen Stand erreicht, dass sich die an die Klägerin gezahlte Vergütung an der Vergütungsgruppe BAT KR 06 Stufe 9 orientierte (vgl. die Vergütungsabrechnungen des Beklagten).

gg. Dabei ist klarzustellen, dass die zitierten Vergütungsabrechnungen für den maßgeblichen Stand der Vergütungsvereinbarung nicht als konstitutiv zu betrachten sind. Sie dokumentieren lediglich, was zum damaligen Zeitpunkt unstreitig und einvernehmlich Stand der arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarung war.

hh. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Arbeitsvertragsparteien die Änderung ihres ursprünglichen Arbeitsvertrages dahingehend, dass sich die Höhe der Vergütung an BAT KR 06 Stufe 9 orientieren sollte, wie in § 14 Satz 2 des Arbeitsvertrages vorgesehen, ausdrücklich in einer Arbeitsvertragsänderungsurkunde schriftlich niedergelegt haben, oder ob dies nicht der Fall war. In der Rechtssprechung des BAG ist nämlich seit jeher anerkannt, dass eine Schriftformklausel, wie in § 14 Satz 2 des Arbeitsvertrages vom 04.02./13.02.1991 enthalten, für einen bestimmten Regelungspunkt auch als stillschweigend abbedungen gelten kann, wenn die Parteien eine Vertragsänderung mündlich oder konkludent vereinbaren und das Vereinbarte sodann in beiderseitigem Einvernehmen realisieren und praktizieren. So liegt der Fall ersichtlich auch hier.

ii. Wenn die Klägerin somit vorliegend ihre Ansprüche abstrakt an der Richtgröße einer Vergütung nach BAT KR 06 Stufe 9 orientiert, knüpft sie lediglich an die letzte zwischen den Parteien einvernehmlich getroffene und ausweislich der früheren Gehaltsabrechnungen unstreitig praktizierte Regelungshandhabung an.

b. Unerheblich ist ebenso der Einwand des Beklagten, soweit das Arbeitsgericht der Klägerin Ansprüche für die Zeit ab dem 01.10.2005 zugesprochen hat, habe es nicht beachtet, dass der BAT zum 30.09.2005 außer Kraft getreten sei.

aa. Wiederum verkennt der Beklagte grundlegend, dass die Regeln des BAT, soweit diese das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien beeinflussen, nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung - und ebenso wenig kraft Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages - gelten, sondern ausschließlich kraft individualvertraglicher Inbezugnahme. Es hätte den nicht tarifgebundenen Individualarbeitsvertragsparteien sogar offen gestanden, kraft arbeitsvertraglicher Abrede für ihr Arbeitsverhältnis Regeln eines Tarifvertrages Geltung zu verschaffen, der bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages außer Kraft gesetzt gewesen wäre.

bb. Nehmen solche nicht tarifgebundenen Individualarbeitsvertragsparteien in ihrem Arbeitsvertrag Regeln eines Tarifvertrages in Bezug, welcher im Laufe des Arbeitsverhältnisses außer Kraft tritt, so bleibt der in Bezug genommene Regelungsbestand des Tarifvertrages in seiner zuletzt geltenden Fassung im allgemeinen weiter individueller Vertragsinhalt der Arbeitsvertragsparteien, sofern und solange diese nichts anderes vereinbaren.

cc. Entsprechendes gilt für die den BAT ergänzenden Vergütungstarifverträge.

dd. Allerdings ist klarzustellen, dass mit dem Außerkrafttreten der für die Vergütungshöhe als Orientierungsrichtwert in Bezug genommenen tariflichen Regelungen eine weitere Dynamisierung der Vergütungshöhe für die Zukunft aus der Inbezugnahme nicht mehr hergeleitet werden kann. Dies kommt einem "Einfrieren" der Vergütungshöhe auf dem im Zeitpunkt des Außerkrafttretens der entsprechenden Tarifverträge erreichten Stand gleich.

ee. In Übereinstimmung mit diesen rechtlichen Umständen hat die Klägerin ihrerseits in der Berufungserwiderung ausdrücklich klargestellt, dass sie sich für die Höhe ihrer Ansprüche auf den letzten Stand des BAT in seiner bis zum 30.09.2005 geltenden Fassung bzw. den letzten zugehörigen Vergütungstarifvertrag bezieht und die Reichweite der dynamischen Verweisung nicht etwa auch die nunmehrige Anwendbarkeit der Regelungen des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge umfasst.

ff. Mit dieser klarstellenden Maßgabe hat das Arbeitsgericht auch dem Feststellungsantrag gemäß Ziffer 4 des Urteilstenors zu Recht stattgegeben.

c. Keinen Bezug zur Entscheidung des vorliegenden Falles hat schließlich die vom Beklagten angesprochene Frage, ob die Vergütungssystematik des früheren BAT in Teilen als europarechtswidrig gekennzeichnet werden müsste und ob die Altersstufensteigerungen des BAT nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar waren und gegen die Regelungen des Antidiskriminierungsgesetzes verstießen.

aa. Die Klägerin hat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu keinem Zeitpunkt Gehaltssteigerungen verlangt, weil sie ein höheres Lebensalter erreicht hätte. Ebenso wenig hat die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass sie nach einer höheren Lebensaltersstufe im Sinne des Stufensteigerungssystems des BAT vergütet werden müsste.

bb. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war vielmehr stets nur, dass die Klägerin beanspruchte, ihr individuell unter Anlehnung an die BAT-Regeln vereinbartes Gehalt entsprechend der allgemeinen Tariflohnsteigerungen im öffentlichen Dienst zu dynamisieren.

cc. Darüber hinaus verhält sich der Beklagte schon aus seinem eigenen Argumentationsansatz heraus grob widersprüchlich, wenn er glaubt, eine vermeintliche Rechtswidrigkeit von Regeln der BAT-Vergütungssystematik den vorliegend von der Klägerin geltend gemachten individualarbeitsvertraglichen Vergütungsansprüchen entgegen halten zu können.

aaa. Dies folgt schon daraus, dass die Bezugnahme auf Regeln der BAT-Vergütungssystematik vorliegend im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen erfolgte, als deren Verwender allein der Beklagte anzusehen ist, nicht aber die Klägerin. Im Ergebnis will der Beklagte somit gegenüber der Klägerin für sich Vorteile daraus ziehen, dass er selbst als Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen dafür verantwortlich ist, dass ein vermeintlich rechtswidriges Tarifregelungswerk Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden ist. Dass dies mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar ist, liegt auf der Hand.

bbb. Unabhängig davon begründet der Beklagte aber auch mit keinem Wort, warum aus der angenommenen Rechtswidrigkeit des Vergütungssystems des BAT die Folge resultieren sollte, dass der Klägerin nunmehr weniger Gehalt zusteht.

ccc. Allerdings betont der Beklagte im vorliegenden Verfahren besonders, dass er selbst in seiner Arbeitsrechtspraxis der BAT-Systematik, nach Lebensalter zu vergüten, von Beginn an keinen Anreiz habe entnehmen können.

So weist der Beklagte darauf hin, dass nach § 3 des Tarifvertrages der D in Rheinland-Pfalz von 1990 ein vom § 27 BAT abweichendes eigenständiges Vergütungssystem geregelt sei, in dem bei den Stufensteigerungen des BAT das Lebensalter durch das Kriterium der Berufsjahre ersetzt worden sei.

Im Schriftsatz vom 11.07.2007 stellt der Beklagte dar, dass er sich auch im Arbeitsverhältnis mit der Klägerin entsprechend verhalten und die Stufensteigerungen zwar in Orientierung an das BAT-System, aber nicht nach Maßgabe von Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit, sondern nach Maßgabe der Berufserfahrung weitergegeben habe.

Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass in der gelebten Arbeitsvertragspraxis der Parteien die in dem BAT-Vergütungssystem enthaltene Stufensteigerung gerade nicht aufgrund des Lebensalters, sondern nach anderen Kriterien vorgenommen wurde. Wie dann aber trotzdem eine mögliche Rechtswidrigkeit des auf das Lebensalter des Arbeitnehmers abstellenden Stufensteigerungssystems des BAT Auswirkungen auf die Berechtigung der Ansprüche der Klägerin haben sollte, erschließt sich um so weniger.

dd. Da die Frage, ob das am Lebensalter ausgerichtete Stufensteigerungssystem des BAT möglicherweise europarechtswidrig war oder nicht, aus den dargestellten Gründen somit für die Entscheidung des vorliegenden Falles ersichtlich ohne Belang ist, kommt weder die Vorlage des vorliegenden Rechtsstreits an den EuGH noch eine Aussetzung im Hinblick auf beim EuGH bereits anhängige Verfahren in Betracht.

3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ferner erkannt, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den in der Abrechnung November 2003 als Sonderzahlungsvorschuss bezeichneten Teil der Jahressondervergütung für dieses Jahr später wieder ratenweise einzubehalten. Der Beklagte hat den entsprechenden Betrag in Höhe von 946,92 € daher erneut an die Klägerin auszukehren. Der Beklagte war unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung verpflichtet, der Klägerin (auch) für das Jahr 2003 eine Jahressonderzahlung zu leisten. Das Arbeitsgericht hat hierzu bereits das Notwendige ausgeführt (vgl. ferner bereits LAG Köln vom 13.5.2005, 4 (6) Sa 1574/04 und LAG Köln vom 21.3.2007, 7 Sa 1057/06).

4. Entsprechendes gilt schließlich für den Anspruch der Klägerin auf ein Urlaubsgeld 2005. Auch dieser Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht, insbesondere in Anbetracht der Entscheidung des BAG vom 09.11.2005.

Ende der Entscheidung

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