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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 54/04
Rechtsgebiete: BGB, BetrAVG


Vorschriften:

BGB § 613 a
BetrAVG § 1 b
BetrAVG § 7
BetrAVG §§ 30 f
1. Der Arbeitgeber, bei dem eine Versorgungsordnung mit Wartezeitregelung besteht, ist im Falle eines Betriebsübergangs als Betriebserwerber in der Gestaltung frei, ob er für die Berechnung der Wartezeit Zeiten vor dem Betriebsübergang ausschließt oder nicht, wenn bei dem Betriebsveräußerer, also dem Vorarbeitgeber der betroffenen Arbeitnehmer, eine Versorgungszusage nicht bestand.

2. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit der Stammbelegschaft besteht kein Anspruch der gemäß § 613 a BGB übernommenen Arbeitnehmer, in das Versorgungswerk des Betriebserwerbers aufgenommen zu werden.

3. Schließen Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb der in § 7 Abs. 5 S. 3 BetrAVG angesprochenen Zwei-Jahres-Frist vor Eintritt der Insolvenz des Arbeitgebers einen Vergleich, in dem der Arbeitgeber trotz nicht erfüllter Wartezeit das Bestehen einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft anerkennt, so kann dadurch eine Einstandspflicht des PSV nicht mehr begründet werden.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 54/04

Verkündet am 05. Mai 2004

In Sachen

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 05.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Ueberholz und Rehfisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.11.2003 in Sachen 19 Ca 6173/03 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Einstandspflicht des Beklagten für eine Betriebsrentenzusage der in Insolvenz befindlichen P .

Der am 26.10.1938 geborene Kläger war seit dem 01.01.1954 bei dem V und ab 01.01.1992 bei dessen Rechtsnachfolger, der S beschäftigt. Zum 01.01.1996 wurden die Arbeitnehmer der S , so auch der Kläger, von der P Hauptniederlassung Sachsen, Zweigniederlassung Leipzig im Sinne des § 613 a BGB übernommen.

Während der Kläger bei seinen Vorarbeitgebern keine Zusage einer betrieblichen Altersversorgung erhalten hatte, bestand bei der P eine Unterstützungskasse, welche nach Maßgabe einer Versorgungsordnung (Bl. 33 ff. d. A.) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbrachte. Als Voraussetzung für ein laufendes betriebliches Altersruhegeld sah Ziffer 2.1 der Versorgungsordnung unter anderem die Erfüllung einer Wartezeit vor. Gemäß Ziffer 2.3.3 der Versorgungsordnung betrug die Wartezeit für das Altersruhegeld 15 Jahre mit der Maßgabe, dass die Wartezeit "nur bis zum Eintritt des Versorgungsfalles (Ziffern 2.1.1 - 2.1.3), längstens bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres erbracht werden" konnte.

Anlässlich der Übernahme des Betriebes der S zum 01.01.1996 schrieb die P an die übernommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so auch den Kläger, unter anderem Folgendes:

"Für die betriebliche Altersversorgung gilt der 01.01.1996 als Stichtag für die Berechnung der Firmenzugehörigkeit.

...

Durch die Betriebsübernahme ergeben sich für keinen Mitarbeiter der S Nachteile. Für die jüngeren Mitarbeiter besteht der Vorteil im Wesentlichen darin, dass sie nach einer Wartezeit von 10 bzw. 15 Jahren in den Genuss der Altersversorgung der P kommen" (Bl. 32 d. A.).

In einem weiteren Informationsschreiben der P an den Kläger vom 14.03.1996 heißt es:

"Ihre Zugehörigkeit zu S und eine etwaige Zugehörigkeit zum V sowie eine etwaige vorhergehende Zugehörigkeit zu dessen Vorgängerbetrieben wird bei uns gemäß § 622 BGB hinsichtlich der gesetzlichen Kündigungsfristen anerkannt.

...

Als Betriebszugehörigkeit für ihre Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung gegenüber der Unterstützungskasse P sowie die Gewinnbeteiligung zählt nur die Zeit seit Ihrem Eintritt in die Zweigniederlassung Leipzig der P " (Bl. 41 d. A.).

Am 31.03.2001 schied der Kläger, der zuletzt als Werkpolier tätig gewesen war, aus den Diensten der P aus. Vor dem Arbeitsgericht Leipzig (17 Ca 8362/01) nahm der Kläger sodann die P auf Feststellung einer unverfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung in Anspruch. Das Verfahren wurde auf Grund eines außergerichtlichen Vergleichs beigelegt. In dieser Vereinbarung vom 29.11./07.12.2001 bestätigt die P , "dass Herr K S eine unverfallbare Anwartschaft auf die durch die Unterstützungskasse P durchgeführte betriebliche Altersversorgung der P erworben hat" (Bl. 47 d. A.).

Seit dem 01.05.2002 bezieht der Kläger eine LVA-Altersrente für langjährig Versicherte. Am 01.06.2002 wurde über das Vermögen der P das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte lehnte in der Folgezeit eine Einstandspflicht für etwaige Ansprüche des Klägers auf eine betriebliche Altersversorgung durch die Unterstützungskasse P ab.

Mit der vorliegenden, zunächst beim Arbeitsgericht Leipzig erhobenen und sodann an das Arbeitsgericht Köln verwiesenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für eine Betriebsrente der betrieblichen Altersversorgung der P ab dem 01.05.2002. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass er die gesetzlichen Voraussetzungen einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft erfüllt habe. Dies bestätige auch der Vergleich vom 29.11./07.12.2001. Auf Grund von § 613 a BGB seien auch die Betriebszugehörigkeitszeiten vor dem 01.01.1996 für die Voraussetzungen einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft mit zu berücksichtigen. Gleiches müsse dann für die Wartezeit der Versorgungsordnung gelten. Eine abweichende Regelung habe die P auch im Hinblick auf Ziffer 9 der Versorgungsordnung nicht wirksam getroffen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.05.2002 Betriebsrente entsprechend der betrieblichen Altersversorgung der P zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Kläger die in Ziffer 2.3.3 der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse der P vorgesehene 15-jährige Wartezeit für den Anspruch auf eine Altersrente nicht erfüllt habe. Insoweit habe es der P freigestanden, nur die bei ihr selbst ab dem 01.01.1996 zurückgelegte Betriebszugehörigkeit anzurechnen. Eine Abweichung von der Versorgungsordnung liege insoweit nicht vor. Der außergerichtliche Vergleich vom 29.11./07.12.2001 beziehe sich nur auf die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen, nicht aber auf die Wartezeit. Abgesehen davon könne der Vergleich ihn, den Beklagten schon deshalb nicht binden, weil insoweit der Missbrauchstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG gegeben wäre.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 20.11.2003 der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 15.12.2003 zugestellt. Der Beklagte hat hiergegen am 15.01.2004 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 16.02.2004 begründet.

Der Beklagte wiederholt und vertieft seine Rechtsauffassung, wonach der Kläger die Wartezeit für eine betriebliche Altersrente nach der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse der P nicht erbracht habe. Die Rechtsprechung des BAG bestätige, dass im Falle eines Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a BGB der Betriebserwerber gerade nicht verpflichtet sei, bei der Gewährung und Berechnung von Versorgungsleistungen auf Grund einer eigenen Versorgungszusage solche Beschäftigungszeiten anzurechnen, die von ihm übernommene Arbeitnehmer bei einem früheren Betriebsinhaber zurückgelegt hätten. Hiervon zu unterscheiden sei die Frage, ob Vordienstzeiten bei einem Betriebsveräußerer zwingend zur Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen anzurechnen seien oder nicht. Der Kläger sei somit streng genommen gar nicht in den Genuss einer Altersversorgungszusage gelangt, da von vornherein festgestanden habe, dass er die Wartezeit der Versorgungsordnung nicht werde erfüllen können. Im Hinblick auf den Kläger sei auch keine Sonderregelung im Sinne von Ziffer 9 der Versorgungsordnung getroffen worden.

Aus dem Vergleich vom 29.11./07.12.2001 könne der Kläger gegenüber ihm, dem Beklagten schon wegen § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG keine Rechte herleiten. Wenn schon eine Verbesserung einer bestehenden Versorgungszusage innerhalb von zwei Jahren vor Insolvenzeröffnung unwirksam sei, müsse dies erst recht für eine erstmalige Herbeiführung der Voraussetzungen einer Versorgungszusage gelten.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.11.2003 im Verfahren 19 Ca 6173/03 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Er meint, wenn das Bundesarbeitsgericht davon ausgehe, dass die Betriebstreue des Arbeitnehmers, die durch eine Versorgungszusage entgolten werden soll, auch durch die Betriebszugehörigkeit bei einem Betriebsveräußerer erbracht werden könne, dann müsse dies auch für die Wartezeit der Versorgungsordnung gelten. Auch enthalte die Versorgungsordnung keine Regelung, aus der hervorgehe, dass Vorbeschäftigungszeiten von gemäß § 613 a BGB übernommenen Arbeitnehmern nicht anzurechnen seien. schließlich habe der Beklagte auch die Voraussetzungen des Missbrauchstatbestands im Sinne von § 7 Abs. 5 BetrAVG nicht dargelegt und unter Beweis gestellt.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts ist der Beklagte als gesetzlicher Träger der Insolvenzsicherung von betrieblichen Altersversorgungszusagen nicht gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG gegenüber dem Kläger verpflichtet, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß Versorgungsordnung der Unterstützungskasse der P zu erbringen.

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, einen Anspruch gegen den Beklagten als Träger der Insolvenzversicherung in Höhe derjenigen Leistung, die der Arbeitgeber auf Grund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 BetrAVG gilt Entsprechendes, wenn eine Unterstützungskasse die nach ihrer Versorgungsregelung vorgesehene Versorgung nicht erbringt, weil über das Vermögen des Arbeitgebers, der der Unterstützungskasse Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

2. Die P hat dem Kläger keine Zusage auf Gewährung einer betrieblichen Altersrente nach Maßgabe der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse P erteilt und erteilen wollen.

a. Die P hat dem Kläger - wie auch allen übrigen von der S übernommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - gegenüber mehrfach die Erklärung abgegeben, dass für die betriebliche Altersversorgung der 01.01.1996 als Stichtag für die Berechnung der Firmenzugehörigkeit gelten solle. Dies geschah in Kenntnis der Regeln der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse über die Wartezeit bei der Altersrente. Der Kläger war am 01.01.1996, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die P erstmals sein Arbeitgeber wurde, bereits 57 Jahre alt. Damit stand fest, dass der Kläger die in Ziffer 2.3.3 der Versorgungsordnung vorgeschriebene 15-jährige Wartezeit nicht mehr würde erreichen können; denn Ziffer 2.3.3 der Versorgungsordnung schreibt ausdrücklich vor, dass die Wartezeit "längstens bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres erbracht werden" kann.

b. Dass diese Rechtsfolge auch gewollt war, ergibt sich unmissverständlich aus den Formulierungen des Informationsschreibens der Beklagten an den Kläger wie an alle anderen übernommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S , in welchem darauf hingewiesen wird, dass für die jüngeren Mitarbeiter (Hervorhebung nur hier) die Betriebsübernahme den Vorteil bringe, dass sie nach einer Wartezeit von 10 bzw. 15 Jahren in den Genuss der Altersversorgung der P kommen. Damit war für den Kläger klar ersichtlich, dass für ihn als "älteren Mitarbeiter" durch die Betriebsübernahme zur P die Option einer betrieblichen Altersrente nicht eröffnet wurde. Ansprüche aus der Versorgungsordnung kamen für den Kläger somit von vornherein allenfalls noch bei Eintritt der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit infolge eines Betriebsunfalls während der aktiven Dienstzeit bei der P in Betracht, da gemäß Ziffer 2.3.1 bei Betriebsunfällen die Wartezeit fiktiv als erfüllt angesehen wird.

3. Versorgungsordnungen sehen häufig vor, dass eine Versorgungsleistung nur dann gefordert werden können soll, wenn der Versorgungsfall nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eintritt (vgl. Höfer, BetrAVG, ART, Rz. 832).

a. Eine solche Wartezeit stellt einen Bestandteil der Voraussetzungen dar, unter denen eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wird, und ist insoweit grundlegend von den gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Unverfallbarkeit einer bestehenden Versorgungszusage zu unterscheiden. Die in §§ 1 b, 30 f BetrAVG normierten gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft wollen lediglich sicherstellen, dass eine zugesagte Versorgungsanwartschaft auch dann nicht ersatzlos verfällt, wenn der Arbeitnehmer, nachdem die Versorgungszusage eine gewisse Zeit bestanden hat und eine gewisse Betriebszugehörigkeit zurückgelegt wurde, vorzeitig, d. h. vor Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten des die Versorgung zusagenden Arbeitgebers ausscheidet. Die gesetzlichen Regeln über den Eintritt der Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft setzen somit das Bestehen einer Versorgungsanwartschaft voraus. Die Wartezeit hingegen ist vertraglicher Bestandteil der Versorgungszusage selbst.

b. Dass Versorgungsordnungen eine betriebliche Altersrente nur dann gewähren, wenn der Zusageempfänger bestimmte Wartezeiten absolviert, wird allgemein als zulässig angesehen. Dabei werden in der Rechtsprechung des BAG auch solche Wartezeiten nicht als unbillig angesehen, die eine lange ununterbrochene Betriebszugehörigkeit voraussetzen und dabei nicht einmal alle Vordienstzeiten im gleichen Unternehmen gutbringen (BAG AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG Wartezeit (betr. 20 Jahre Wartezeit)).

c. Auch sog. leistungsverdrängende und anwartschaftsausschließende Wartezeiten sind in der Rechtsprechung des BAG als zulässig anerkannt (BAG AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG Wartezeit; BAG DB 2002, 226). Eine solche anwartschaftsausschließende Wartezeit ist auch im Falle des Klägers gegeben. Sie liegt vor, wenn die Wartezeit vom Diensteintritt bei dem die Altersversorgung zusagenden Arbeitgeber bis zum Erreichen der festen Altersgrenze nicht mehr abgeleistet werden kann und danach liegende Dienstzeiten nicht mehr angerechnet werden (BAG AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Wartezeit; Höfer, a.a.O. Rz. 837). Für den davon betroffenen Arbeitnehmer, wie hier den Kläger, hat eine solche Wartezeit die gleiche Wirkung wie die Festlegung eines Höchsteintrittsalters, das er bei seinem Eintritt in das Unternehmen bereits überschritten hatte. Der Arbeitnehmer wird in einem solchen Fall in das Versorgungswerk nicht aufgenommen (Anwartschaftsausschluss) und erhält somit auch keine durch das Betriebsrentengesetz geschützte Versorgungszusage (Höfer a.a.O.).

4. Entgegen der Ansicht des Klägers führt auch § 613 a BGB nicht dazu, dass die P nicht berechtigt gewesen wäre, mit Eintritt in das Arbeitsverhältnis des Klägers den 01.01.1996 als Stichtag für die Altersversorgungszusage festzulegen.

a. § 613 a BGB ist in Bezug auf die in der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse der P festgelegte Wartezeit schon nach seinem Sinn und Zweck nicht einschlägig. § 613 a BGB will sicherstellen, dass der Arbeitnehmer im Falle eines Betriebsüberganges seine zuvor bei dem oder den vorangegangenen Arbeitgebern erworbenen Rechte behält. Hier liegt der Fall jedoch genau andersherum. Seine Vorarbeitgeber hatten dem Kläger keine Zusage einer betrieblichen Altersversorgung erteilt. Erst durch den zum 01.01.1996 erfolgten Betriebsübergang auf die P kam der Kläger erstmals in Berührung mit einem Arbeitgeber, der ein Versorgungswerk der betrieblichen Altersversorgung vorhielt. Der Betriebserwerber, also die P , hielt insofern weitergehende Leistungen zu Gunsten der Arbeitnehmer vor, als dies bei den früheren Arbeitgebern des Klägers der Fall war. Für eine solche Konstellation ist § 613 a BGB nicht einschlägig. Aus der Norm kann somit keine gesetzliche Regel für die Berechnung von Wartezeiten abgeleitet werden, die der Betriebserwerber im Zusammenhang mit der erstmals und allein von ihm zur Option angebotenen betrieblichen Altersversorgung aufgestellt hat (so auch BAG DB 2001, 3407; BAG DB 1984, 301).

b. Der Arbeitgeber, bei dem eine Versorgungsordnung mit Wartezeitregelung besteht, ist im Falle eines Betriebsübergangs als Betriebserwerber vielmehr in der Gestaltung frei, ob er für die Berechnung der Wartezeit Zeiten vor dem Betriebsübergang ausschließt oder nicht, wenn bei dem Betriebsveräußerer, also dem Vorarbeitgeber der betroffenen Arbeitnehmer, eine Versorgungszusage nicht bestand. Dies folgt schon daraus, dass der Arbeitgeber auch nicht gezwungen werden kann, alle Dienstzeiten in seinem eigenen Betrieb anzurechnen (BAG AP Nr. 16 zu § 613 a BGB; Höfer, a.a.O. Rz. 1241).

c. Auch steht es dem Betriebserwerber grundsätzlich frei, die gemäß § 613 a BGB übernommenen Arbeitnehmer in sein Versorgungswerk aufzunehmen oder nicht. Etwas anderes gebietet auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht. Die Zugehörigkeit der übernommenen Arbeitnehmer zu dem erworbenen Betrieb stellt nämlich einen sachlichen Grund dar, der eine Ungleichbehandlung mit der Stammbelegschaft rechtfertigt. Anerkanntermaßen darf der Arbeitgeber bei der Erteilung von Versorgungszusagen auch zwischen verschiedenen Betrieben seines eigenen Stammunternehmens differenzieren (BAG AP Nr. 41 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Höfer a.a.O. Rz. 1237/1238).

d. Wegen des bereits oben angesprochenen grundlegenden Unterschieds im Rechtscharakter einer Wartezeit einerseits, den gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen andererseits widersprechen diese Grundsätze auch nicht der vom BAG vertretenen Ansicht, dass für die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft im Falle eines Betriebsinhaberwechsels die Beschäftigungszeiten beim Veräußerer und beim Erwerber zusammenzurechnen sind (so ausdrücklich das BAG selbst: DB 1984, 301; DB 2001, 3407). Dies gilt um so mehr, als die Zielrichtung dafür, dass eine Versorgungsordnung eine Wartezeit vorsieht, sich keineswegs in dem Gedanken der Belohnung von Betriebstreue erschöpft. Die Gründe für die Bestimmung einer Wartezeit können vielfältig sein. In der Regel wird jedoch neben der Überlegung, dass der durch die Versorgungszusage begünstigte Arbeitnehmer eine gewisse Mindestleistung für das zusagende Unternehmen erbracht haben soll, die Überlegung im Vordergrund stehen, die Kosten des Versorgungswerkes durch den Ausschluss frühzeitig eintretender Leistungsfälle zu begrenzen (Höfer, a.a.O., Rz. 832).

5. Die P hat bei Übernahme des Arbeitsverhältnisses des Klägers und der übrigen Mitarbeiter der S somit wirksam den 01.01.1996 als Stichtag für die Berechnung u. a. der Wartezeit als Voraussetzung der Versorgungszusage festgesetzt. Dem steht entgegen der Meinung des Klägers auch Ziffer 9 der Versorgungsordnung nicht entgegen.

Die Festsetzung des Stichtages für alle übernommenen Arbeitnehmer auf den 01.01.1996 stellt keine Abweichung von den sonstigen Regeln der Versorgungsordnung dar, sondern lediglich eine konkretisierende Anwendung auf den Einzelfall, bzw. eine bestimmte Kategorie von Einzelfällen. Die Versorgungsordnung enthält an keiner Stelle eine Regelung dahingehend, dass bei der Übernahme von Arbeitnehmern im Wege eines Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a BGB bei der Berechnung der Wartezeit sämtliche bei den Veräußererunternehmen verbrachten Vordienstzeiten angerechnet werden müssten. Da Ziffer 9 der Versorgungsordnung im vorliegenden Fall nicht einschlägig erscheint, kann dahingestellt bleiben, welche Rechtsfolge sich bei Anwendbarkeit dieser Vorschrift für den vermeintlichen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ergäbe.

6. Den von ihm geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten kann der Kläger schließlich auch nicht aus der mit der P getroffenen außergerichtlichen Vereinbarung vom 29.11./07.12.2001 herleiten.

a. Wie bereits ausgeführt, konnte der Kläger in der Zeit ab seinem tatsächlichen Eintritt bei der P am 01.01.1996 nicht mehr die in der Versorgungsordnung der Unterstützungskasse der P aufgestellte Wartezeitvoraussetzung für eine betriebliche Altersrente erfüllen. Die Wartezeitregelung in Verbindung mit der wirksamen Stichtagsfestsetzung führte dazu, dass im Zeitpunkt bis zum Abschluss der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der P vom 29.11./07.12.2001 eine rechtliche Anwartschaft des Klägers auf eine betriebliche Altersrente in Wirklichkeit nicht bestand.

b. Auch wenn man nun der Vereinbarung vom 29.11./07.12.2001 den Sinn beimisst, dass eine zwischen dem Kläger und der P bis dahin bestehende Meinungsverschiedenheit über die rechtliche Existenz einer Versorgungsanwartschaft im Sinne des Klägers beseitigt werden sollte, so konnte die P zu diesem Zeitpunkt eine solche Verpflichtung jedoch nicht (mehr) zu Lasten des Beklagten als der gesetzlichen Insolvenzversicherung eingehen. Dies folgt aus § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG. Dieser Vorschrift zufolge werden "Verbesserungen der Versorgungszusagen bei der Bemessung der Leistungen des Trägers der Insolvenzsicherung nicht berücksichtigt, soweit sie in den beiden letzten Jahren vor dem Eintritt des Sicherungsfalls vereinbart worden sind".

c. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG enthält die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung eines Versicherungsmissbrauchs (BAG NZA 1999, 652). Der Beklagte darf davon ausgehen, dass eine solche Zusage im zeitlichen Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Arbeitgebers auf spekulativen Erwägungen beruht und dass mit der Zusage der Zweck verfolgt wird, dem Beklagten eine voraussichtlich nicht mehr vom Arbeitgeber erfüllbare Zusage aufzubürden (BAG a.a.O.; ferner BAG NZA 1987, 309). Die Missbrauchsvermutung des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG könnte selbst dann nicht widerlegt werden, wenn der Berechtigte das Fehlen einer Missbrauchsabsicht nachweist (BAG NZA 1999, 652; BAG NZA 1995, 73).

d. Zwar spricht der Wortlaut von § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG von "Verbesserungen" der Versorgungszusage. Wenn aber schon eine innerhalb von zwei Jahren vor Eintritt der Insolvenz erfolgte bloße Verbesserung der Versorgungszusage die unwiderlegliche Vermutung des Versicherungsmissbrauchs begründet, so muss dies nahezu logisch zwingend erst recht für die Neuerteilung einer Zusage in dem fraglichen Zeitraum gelten (so ausdrücklich BAG NZA 1999, 651 f.). Der Inhalt der Vereinbarung des Klägers mit der P vom 29.11./07.12.2001 hat, wenn aus ihr das Bestehen einer - bis dahin rechtlich an sich nicht gegebenen - Versorgungsanwartschaft hervorgeht, anspruchsbegründenden Charakter und steht damit der Neuerteilung der Zusage gleich. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch nicht mehr zu erwarten, dass die P aus eigenen Mitteln in der Lage sein würde, die Versorgungsanwartschaft gegenüber dem Kläger zu gegebener Zeit zu erfüllen. Der Beklagte mußte dies in Anbetracht der aufgrund § 7 Abs. 5 S.3 BetrAVG eingreifenden gesetzlichen Vermutung in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr weiter untermauern.

e. Die Vereinbarung des Klägers mit der P vom 29.11./07.12.2001 entfaltet eine Wirksamkeit somit nur zwischen den Parteien des Vergleichsschlusses. Von daher ist es auch ohne Belang, dass die Unterstützungskasse der P bei Eintritt des Versorgungsfalls am 01.05.2002 zunächst auch die üblichen verwaltungstechnischen Schritte vornahm, wie sie bei der Erfüllung einer Altersrentenzusage üblich sein mögen. Auf Grund § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG bindet die Vereinbarung jedoch nicht den Beklagten und kann nicht zu einer Leistungsverpflichtung des Beklagten führen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil war daher aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

III. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor, da die einschlägigen entscheidungserheblichen Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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