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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 01.10.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 623/03
Rechtsgebiete: TV, KSchG, ZPO, ArbGG, BGB, BetrVG


Vorschriften:

TV § 8
TV § 8 Abs. 1
TV § 8 Nr. 1
TV § 8 Nr. 2
KSchG § 1 Abs. 2
ZPO § 308
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 67 Abs. 3
ArbGG § 67 Abs. 4
BGB § 315
BetrVG § 75
1. Der in § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke normierte Übernahmeanspruch ist auf eine vollzeitige Anschlussbeschäftigung in einem der vorangegangenen erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung entsprechenden Tätigkeitsfeld gerichtet.

2. Personenbedingte Gründe i.S.v. § 8 TV Beschäftigungsbrücke sind nicht mit dem entsprechenden Begriff aus § 1II KSchG gleichzusetzen, sondern umfassen alle Gründe, die aus der Sphäre des Auszubildenden stammen einschließlich verhaltensbedingter Gründe. Es muss sich um Gründe handeln, die objektiv den Schluss zulassen, dass ein zweckversprechender Vollzug eines zwölfmonatigen Anschlussarbeitsverhältnisses auch unter den Gesichtspunkten einer angemessenen Arbeitsleistung und/oder eines vertragsgerechten Verhaltens in Frage gestellt ist.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anspruchsvoraussetzung der "erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung" die für die Übernahme in ein Anschlussarbeitsverhältnis erforderliche Fachliche Eignung abschließend regelt. Jedenfalls ist es dem Arbeitgeber verwehrt, sich gegenüber einem Azubi, der die (erstmalige) Abschlussprüfung in allen Teilen mit der Note Befriedigend bestanden hat, darauf zu berufen, er sei für ein Ausbildungsverhältnis fachlich ungeeignet.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.04.2003 in Sachen 2 Ca 4273/02 G wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine tarifvertragliche Verpflichtung der Beklagten zur befristeten Übernahme des Klägers nach Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses.

Der am geborene, ledige Kläger nahm am 09.08.2000 ein auf drei Jahre angelegtes Ausbildungsverhältnis für den Beruf des IT-System-Elektronikers auf. Er erzielte hierin zuletzt eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 1.427,00 EUR monatlich. Nach Anrechnung einer vor dem Eintritt bei der Beklagten in einem anderen Unternehmen absolvierten Ausbildungszeit wurde der Kläger bereits im Januar 2003 zur Abschlussprüfung zugelassen und bestand diese mit der Gesamtnote befriedigend. Auf das Prüfungszeugnis der IHK K vom 23.01.2003 und die hierin ausgewiesenen Einzelergebnisse wird Bezug genommen (Bl. 63 d. A.).

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, welches insgesamt ca. 1650 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte ist als Mitglied des einschlägigen Arbeitgeberverbandes tarifgebunden. Bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war unstreitig, dass auch der Kläger als Gewerkschaftsmitglied der Tarifbindung unterliegt. § 8 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Beschäftigungsbrücke in der Metall- und Elektroindustrie NRW vom 28.03.2000 bestimmt Folgendes:

"Auszubildende werden bei einer nach dem 01.05.2001 erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung im Grundsatz für mindestens zwölf Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten."

Bereits mit Schreiben vom 21.10.2002 hatte die Beklagte dem Kläger nach entsprechender Information des Betriebsrats mitgeteilt, dass sie ihn nach Beendigung der Ausbildung nicht in ein Arbeitsverhältnis übernehmen werde (Bl. 4 d. A.).

Während der Dauer seines Ausbildungsverhältnisses bei der Beklagten war der Kläger im Jahre 2000 an zehn Arbeitstagen, im Jahre 2001 an 36 Arbeitstagen und im Jahre 2002 an 27 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Wegen der Einzeldiagnosen wird auf die Aufstellung der T krankenkasse vom 23.01.2003 verwiesen (Bl. 64 d. A.). Die Beklagte führte mit dem Kläger wegen seiner krankheitsbedingten Fehlzeiten mehrfach Gespräche, bei denen sie auch zum Ausdruck brachte, dass die Fehlzeiten bei einer späteren Entscheidung über eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis berücksichtigt würden.

Im Jahreszeugnis für das Berufsschuljahr 2001/2002 ist angegeben, dass der Kläger in diesem Schuljahr 152 Unterrichtsstunden versäumte, davon 120 "unbegründet" (Bl. 65 d. A.). Der Kläger hatte der Beklagten jeweils seine krankheitsbedingten Fehlzeiten angezeigt und durch ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegt sowie - nach eigenem, unwidersprochen gebliebenen Bekunden - seine Klassenlehrer in der Berufsschule mündlich über die Fehlzeiten informiert. Die Übermittlung einer entsprechenden schriftlichen Entschuldigung an die Berufsschule war jedoch teilweise unterblieben. Einen Termin zur Klärung dieser Angelegenheit bei der Beklagten am 11.09.2002 nahm der Kläger kurzfristig aus persönlichen Gründen nicht wahr, ohne sich um einen Ersatztermin zu bemühen.

Auch im Zusammenhang mit der Anfertigung der für die Abschlussprüfung notwendigen betrieblichen Projektarbeit kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 09.04.2003 und die entsprechenden Ausführungen in den Schriftsätzen der Parteien zur Berufungsbegründung und Berufungserwiderung Bezug genommen.

Mit der vorliegenden, am 08.11.2002 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf § 8 TV Beschäftigungsbrücke für die Zeit nach erfolgreicher Beendigung seiner Berufsausbildung seine Weiterbeschäftigung als IT-System-Elektroniker für mindestens zwölf Monate geltend gemacht. Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Arbeitsvertragsangebot mit dem Inhalt einer Beschäftigung als IT-System-Elektroniker anzubieten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass einer Übernahme des Klägers "personenbedingte Gründe" im Sinne von § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke entgegenstünden. So habe der Kläger weit überdurchschnittliche Krankheitszeiten aufzuweisen, was bereits für sich allein eine Weiterbeschäftigung unzumutbar mache. Dabei komme es nicht auf die Maßstäbe des § 1 Abs. 2 KSchG an, zumal der Begriff der personenbedingten Gründe im Sinne von § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke nicht mit den sog. personenbedingten Kündigungsgründen im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG gleichzusetzen sei. Ferner sei der Kläger fachlich und charakterlich für den Beruf des IT-System-Elektronikers ungeeignet. Dies werde insbesondere durch sein Verhalten bei der Anfertigung der Projektarbeit und im Zusammenhang mit dem Gesprächstermin vom 11.09.2002 belegt.

Mit Urteil vom 09.04.2003 hat das Arbeitsgericht Siegburg die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein Arbeitsvertragsangebot mit dem Inhalt einer bis zum 23.01.2004 befristeten Beschäftigung als IT-System-Elektroniker in Vollzeit anzubieten, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen im Einzelnen Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 09.05.2003 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 02.06.2003 Berufung einlegen und diese - nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist - am 11.08.2003 begründen lassen.

Die Beklagte meint, das arbeitsgerichtliche Urteil verstoße gegen § 308 ZPO; denn der Kläger habe weder beantragt, für zwölf Monate übernommen zu werden, noch habe er die Befristung des Arbeitsverhältnisses verlangt. Außerdem greife der arbeitsgerichtliche Urteilstenor in unzulässiger Weise in das ihr, der Beklagten zustehende Ermessen ein; denn ob das Anschlussarbeitsverhältnis im Sinne des § 8 TV Beschäftigungsbrücke als befristetes oder unbefristetes ausgestaltet werde, ferner die Länge des Arbeitsverhältnisses und die Beschäftigung gerade in dem erlernten Beruf seien Ermessensentscheidungen des Unternehmers.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass allein schon die hohen, überdurchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers, die für ein Ausbildungsverhältnis höchst untypisch seien, einen "personenbedingten Grund" im Sinne von § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke für die Nichtübernahme des Klägers darstellten. Einen weiteren Grund sieht die Beklagte in den in dem Berufsschulzeugnis 2001/02 ausgewiesenen 120 "unbegründeten" Fehlstunden in der Berufsschule. Während die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 11.08.2003 bestreitet, dass die unentschuldigten Fehlzeiten auf Arbeitsunfähigkeitszeiten zurückzuführen seien, führt sie in dem weiteren Schriftsatz vom 29.09.2003 aus, bei Arbeitsunfähigkeitszeiten sei es Sache des Auszubildenden, sich bei dem Ausbilder um die Erstellung einer entsprechenden Entschuldigung zu bemühen, die üblicherweise am nächsten Berufsschultag mitgenommen und abgegeben werde. Der Kläger habe es versäumt, nach seiner Genesung eine schriftliche Entschuldigung von seinem Ausbilder anzufordern und der Berufsschule vorzulegen. Entsprechend seien die versäumten Stunden als unentschuldigt auf dem Zeugnis zu vermerken gewesen. Auch dieses Fehlverhalten gegenüber der Berufsschule lasse auf die Gefahr eines späteren Fehlverhaltens in einem Arbeitsverhältnis schließen.

Wie die Beklagte ferner im Einzelnen ausführt, sei das Gesamtverhalten des Klägers bei der Anfertigung seiner Projektarbeit Ausdruck dafür, dass der Kläger weder die Neigung noch die Fähigkeit zu einer planenden, organisierenden Tätigkeit besitze. Auch fehle es ihm an der nötigen Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit, um in einem Team von eng zusammenarbeitenden IT-Fachleuten erfolgreich arbeiten zu können.

Jedenfalls eine Gesamtbetrachtung der Defizite, die der Kläger während des Ausbildungsverhältnisses aufzuweisen gehabt habe, müsse zu dem Ergebnis führen, dass der Kläger gemäß § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke aus personenbedingten Gründen nicht übernommen werden müsse.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des am 09.04.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg - 2 Ca 4273/02 G - die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Er hält der Beklagten entgegen, dass seine krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit nicht die Prognose zuließen, dass es auch in dem von ihm erstrebten Anschlussarbeitsverhältnis zu krankheitsbedingten Fehlzeiten unzumutbaren Umfanges kommen werde. Dies gelte um so mehr in Anbetracht der von ihm offengelegten konkreten Krankheitsdiagnosen.

Unentschuldigte Fehlzeiten in der Berufsschule in dem Sinne, dass er dem Unterricht ohne rechtfertigenden Grund ferngeblieben sei, habe es nicht gegeben. Die in dem Zeugnis des Schuljahres 2001/02 als "unbegründet" aufgeführten Fehlzeiten resultierten ausschließlich aus Arbeitsunfähigkeitszeiten. Hier sei es die Beklagte gewesen, die es verabsäumt habe, entsprechende Entschuldigungen an die Berufsschule weiterzuleiten.

Den Gesprächstermin vom 11.09.2002 habe er ausnahmsweise aus dringenden persönlichen Gründen absagen müssen, da es unumgänglich gewesen sei, kurzfristig seine Mutter zu einem wichtigen Arztbesuch zu begleiten. Er habe dann erst zu einem späteren Zeitpunkt auf die Angelegenheit zurückkommen können, weil er unter anderem wegen der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung und die Projektarbeit stark eingespannt gewesen sei.

Wie der Kläger sodann im Einzelnen ausführt, habe er sich seiner Ansicht nach auch im Zusammenhang mit der Anfertigung der Projektarbeit nichts zu Schulden kommen lassen, was auf die Nichteignung für ein Anschlussarbeitsverhältnis schließen lassen könne.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Beklagte den Standpunkt eingenommen, dass § 8 TV Beschäftigungsbrücke auf den Kläger nicht anwendbar sei, da sie bestreite, dass der Kläger tarifgebunden sei.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen, bzw. antragsgemäß und gesetzeskonform verlängerten Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke in der Metall- und Elektroindustrie NRW zutreffend angewandt und dabei auch die Grundsätze der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beachtet, die zu gleichlautenden Tarifvorschriften in anderen Bundesländern ergangen sind. Der arbeitsgerichtliche Urteilstenor verletzt auch nicht § 308 ZPO und beschneidet die Beklagte nicht in unzulässiger Weise in einem dieser zustehenden Gestaltungsermessen.

Zusammenfassend und ergänzend gilt aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Einzelnen das Folgende:

1. Die Rüge der Beklagten, die von der erstinstanzlichen Antragstellung des Klägers abweichende Tenorierung des arbeitsgerichtlichen Urteils verstoße gegen § 308 ZPO und verletze ein ihr zustehendes Gestaltungsermessen, geht fehl.

Im Gegenteil hat das Arbeitsgericht mit seinem Urteil dem erstinstanzlichen klägerischen Antrag nur eingeschränkt stattgeben wollen und dies auch hinreichend deutlich in der Formulierung des Urteilstenors zum Ausdruck gebracht. Dementsprechend hat es die Klage auch teilweise abgewiesen und dem Kläger einen Teil der Kosten auferlegt.

Der erstinstanzliche Antrag des Klägers war seinem Wortlaut nach auf den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ausgerichtet. Wenn das Arbeitsgericht demgegenüber nur ein Arbeitsvertragsangebot für eine bis zum 23.01.2004 befristete Beschäftigung ausgeurteilt hat, so hat es dem Kläger weniger gegeben, als dieser mit seinem erstinstanzlichen Klageantrag verlangt hat. Die Gründe hierfür hat das Arbeitsgericht auf Seite 6 und 7 seines Urteils ausführlich erläutert. Sie sind zutreffend. Anhaltspunkte dafür, dass das Klagebegehren des Klägers in Wirklichkeit nur auf eine weniger als zwölf Monate dauernde Anschlussbeschäftigung gerichtet war, sind schlechthin nicht ersichtlich, zumal er sein Klagebegehren stets auf § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke gestützt hat.

Selbstverständlich stünde es der Beklagten frei, dem Kläger statt eines bis zum 23.01.2004 befristeten Anschlussarbeitsverhältnisses eine längerfristige oder gar eine unbefristete Weiterbeschäftigung anzubieten. Auch dadurch würde sie dem Sinn des erstinstanzlichen Urteilstenors Genüge tun, der sich an dem in § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke normierten Mindestanspruch orientieren muss, aber eine freiwillige großzügigere Handhabung seitens der Beklagten nicht ausschließt. Insoweit ist das Ermessen der Beklagten somit in keiner Weise beeinträchtigt.

Wenn das Arbeitsgericht schließlich die vom Kläger zu beanspruchende Anschlussbeschäftigung als diejenige eines IT-System-Elektronikers in Vollzeit charakterisiert hat, hat es damit nur eine inhaltlich nicht zu beanstandende Klarstellung vorgenommen, die sowohl dem vom Kläger geäußerten Klagebegehren wie auch dem Inhalt von § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke entspricht. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt, weder vorgerichtlich noch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, zum Ausdruck gebracht, dass er eine Anschlussbeschäftigung in einem ausbildungsfremden Tätigkeitsfeld oder lediglich im Umfang eines Teilzeitarbeitsverhältnisses anstrebt.

Der in § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke normierte Anspruch ist auf eine Anschlussbeschäftigung in einem der vorangegangenen erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung entsprechenden Tätigkeitsfeld gerichtet. Andernfalls fehlte es zwischen der Anschlussbeschäftigung und der vorangegangenen Ausbildung an dem notwendigen inneren sachlichen Zusammenhang, der allein die Formulierung rechtfertigt, der Auszubildende werde "in ein Arbeitsverhältnis übernommen", und es machte auch keinen Sinn, den Anspruch davon abhängig zu machen, dass der Auszubildende die Abschlussprüfung erfolgreich besteht.

Ebenso wenig ist in § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke für den Normalfall an die Übernahme in ein Teilzeitarbeitsverhältnis gedacht. Auch hierfür gibt es keinen Anhaltspunkt. Wie das Arbeitsgericht im Anschluss an die BAG-Rechtsprechung (NZA 1998, 775 ff.; NZA 1998, 778 ff.)seiner Entscheidung zutreffend zugrundegelegt hat, besteht einer der Zwecke des § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke darin, dem ehemaligen Auszubildenden durch das Anschlussarbeitsverhältnis für den Fall einer späteren Arbeitslosigkeit ein höheres Arbeitslosengeld zu verschaffen. Dieser Normzweck wäre von vornherein in Frage gestellt, wenn es im freien Ermessen des Arbeitgebers läge, die Anschlussbeschäftigung als Teilzeitarbeitsverhältnis auszugestalten.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger sein Begehren, nach bestandener Abschlussprüfung in ein Anschlussarbeitsverhältnis übernommen zu werden, auf § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke stützen kann.

§ 8 TV Beschäftigungsbrücke NRW ist Kraft beiderseitiger Tarifbindung auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien zueinander anwendbar. Dies war erstinstanzlich unstreitig und wurde von der Beklagten auch weder in der Berufungsbegründung noch in dem weiteren, zum Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz vom 29.09.2003 in Zweifel gezogen. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Beklagte sodann die Tarifbindung des Klägers bestritten, ohne indessen zu erläutern, wie und wann sie zu dieser plötzlichen neuen Erkenntnis gelangt sein will. Einer solchen Erläuterung hätte es aber nicht nur deshalb dringend bedurft, weil die beiderseitige Tarifbindung bis dahin über zwei Instanzen hinweg stets unstreitig war, sondern auch deshalb, weil der Kläger in beiden Instanzen durch die D -R GmbH vertreten wurde, welche, wie auch der ihrerseits unstreitig tarifgebundenen Beklagten und ihren Prozessvertretern bekannt ist, ihren Rechtsschutz grundsätzlich nur Gewerkschaftsmitgliedern gewährt. In Ermangelung einer solchen Erläuterung ist das nunmehrige Bestreiten der Tarifbindung des Klägers aus zwei Gründen unbeachtlich: Zum einen, weil es offensichtlich ohne sachlichen Hintergrund ins Blaue hinein erfolgt ist, zum anderen, weil es sich um ein Verteidigungsmittel handelt, das bei gehöriger Prozessführung schon erstinstanzlich, spätestens aber in der Berufungsbegründung hätte vorgebracht werden müssen, § 67 Abs. 3 und Abs. 4 ArbGG.

Die Anspruchsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke ist im Falle des Klägers auch erfüllt. Unstreitig hat der Kläger am 23.01.2003 erfolgreich die Abschlussprüfung bestanden.

Umstände im Sinne des § 8 Nr. 2 TV Beschäftigungsbrücke, auf Grund derer die Beklagte ermächtigt wäre, von der Verpflichtung zur Übernahme des Klägers nach § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke abzuweichen, liegen nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen dem Anspruch des Klägers auf Übernahme in ein Anschlussarbeitsverhältnis aber auch keine Berufungsbegründung hätte vorgebracht werden müssen, § 67 Abs. 3 und Abs. 4 ArbGG.

Die Anspruchsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 TV Beschäftigungsbrücke ist im Falle des Klägers auch erfüllt. Unstreitig hat der Kläger am 23.01.2003 erfolgreich die Abschlussprüfung bestanden.

Umstände im Sinne des § 8 Nr. 2 TV Beschäftigungsbrücke, auf Grund derer die Beklagte ermächtigt wäre, von der Verpflichtung zur Übernahme des Klägers nach § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke abzuweichen, liegen nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen dem Anspruch des Klägers auf Übernahme in ein Anschlussarbeitsverhältnis aber auch keine Auch die dem § 1 Abs. 2 KSchG zu Grunde liegende Unterscheidung zwischen personenbedingten und verhaltensbedingten Gründen entspricht erkennbar nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien; denn es kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien etwa in Fällen grober Pflichtverletzungen keine Möglichkeit zur Ablehnung der Übernahme des Auszubildenden hätten einräumen wollen, obwohl sich solche Pflichtverletzungen doch auf die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses belastender auswirken können als personenbedingte Gründe im engeren Sinne (BAG a.a.O.).

Personenbedingte Gründe im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungssicherung sind somit im Gegensatz zu den aus der Arbeitgebersphäre stammenden Gründen des § 8 Nr. 2 TV Beschäftigungsbrücke alle Gründe, die aus der Sphäre des Auszubildenden stammen einschließlich auch verhaltensbedingter Gründe (BAG a.a.O.).

Andererseits kann aber daraus, dass der Begriff der personenbedingten Gründe im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke gegenüber dem gleichlautenden Begriff des § 1 Abs. 2 KSchG eigenständig auszulegen ist, auch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tarifnorm dem Arbeitgeber einen lediglich an § 315 BGB und § 75 BetrVG orientierten weiten Ermessensspielraum einräumen wollte, so dass schon jede vertretbare und sachbezogene Überlegung ausreichte, um den Anspruch des Auszubildenden auf Übernahme in ein Anschlussarbeitsverhältnis abzulehnen (BAG NZA 1998, 777).

Vielmehr sind unter "entgegenstehenden personenbedingten Gründen" im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke in erster Linie solche Umstände zu verstehen, die einen zweckentsprechenden Vollzug des Arbeitsverhältnisses, auch unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Arbeitsleistung und/oder einem vertragsgerechten Verhalten des übernommenen Auszubildenden in Frage stellen können (BAG NZA 1998, 777; BAG NZA 1998, 780).

Ausreichende personenbedingte Gründe in diesem Sinne, die einer Übernahme des Klägers in ein mindestens zwölfmonatiges Anschlussarbeitsverhältnis nach der am 23.01.2003 bestandenen Abschlussprüfung entgegenstünden, hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht:

Ungeachtet dessen, dass der Begriff der "personenbedingten Gründe" in § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke weiter auszulegen ist als derjenige in § 1 Abs. 2 KSchG und z. B. auch verhaltensbedingte Gründe umfasst, so fällt darunter doch auch und erst recht der "klassische" personenbedingte Grund des § 1 Abs. 2 KSchG im engeren Sinne, nämlich die Gefahr, dass das Anschlussarbeitsverhältnis durch krankheitsbedingte Fehlzeiten in unzumutbarem Umfang gestört werden könnte.

Auf Grund des bereits angesprochenen unterschiedlichen Normzwecks von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke einerseits, § 1 Abs. 2 KSchG andererseits, können auch bei der Beurteilung dieses personenbedingten Grundes im Rahmen des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke die zur krankheitsbedingten Kündigung entwickelten Grundsätze nicht in jeder Hinsicht übernommen werden.

Auch im Rahmen des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungspflicht jedoch nicht mit dem bloßen Hinweis auf vergangene Ereignisse, wie etwa während des Ausbildungsverhältnisses eingetretene Fehlzeiten. Erforderlich ist vielmehr eine Prognose des Arbeitgebers, in welcher Weise und in welchem Ausmaß das Arbeitsverhältnis in seiner zukünftigen Durchführung durch zu erwartende Fehlzeiten belastet sein wird. Hierfür können in der Vergangenheit liegende Fehlzeiten zwar von indizieller Bedeutung sein; dies erspart dem Arbeitgeber jedoch nicht den Vortrag über Art und Umfang der drohenden Beeinträchtigung des ggf. nur zwölf Monate andauernden Arbeitsverhältnisses (BAG NZA 1998, 777; BAG NZA 1998, 780).

Die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers während der Ausbildungszeit lassen schon eine sog. negative Zukunftsprognose für die zwölf Monate eines Anschlussarbeitsverhältnisses nicht zu. So beruhen diese Fehlzeiten nach den vom Kläger mitgeteilten Diagnosen teilweise auf Ursachen, die nicht auf eine Wiederholungsgefahr schließen lassen, wie etwa die bakterielle Meningitis, die Ellenbogenprellung oder die Unfallfolgen, derent- wegen der Kläger in der Zeit vom 19.01. bis 01.02.2002 krank geschrieben war. Rechnet man solche nicht prognosegeeigneten Krankheitsursachen heraus, verbleiben nach der Aufstellung der T kasse vom 23.01.2003 für das Jahr 2002 beispielsweise nur ganze drei Arbeitstage an potenziell prognoserelevanten Fehlzeiten übrig.

Selbst nach der eigenen Darstellung der Beklagten in der Berufungsbegründung verbleiben nach Herausrechnung sog. Einmalerkrankungen im Kalenderjahr 2002 lediglich acht krankheitsbedingte Fehltage. Dabei sind die Verhältnisse des Jahres 2002, weil sie unmittelbar dem Zeitraum des vom Kläger begehrten Anschlussarbeitsverhältnisses vorausgehen, wesentlich aussagekräftiger als die Verhältnisse des Jahres 2001, in denen die Fehlzeiten des Klägers etwas höher lagen. Würden sich die von der Beklagten für das Jahr 2002 nach Eliminierung der sog. Einmalerkrankungen ermittelten prognoserelevanten Fehlzeiten im Jahr der Anschlussbeschäftigung im gleichen Umfang wiederholen, läge darin bei weitem noch keine so gewichtige Störung des arbeitsvertraglichen Austauschverhältnisses, dass die Beklagte aus diesem Grunde berechtigt sein könnte, die Übernahme des Klägers abzulehnen. Dies bedarf zur Überzeugung des Berufungsgerichts keiner näheren Begründung.

Hinzu kommt, dass die Beklagte entgegen den Vorgaben der BAG-Rechtsprechung (a.a.O.) nicht dargestellt hat, in welcher Weise ein Anschlussarbeitsverhältnis durch etwaige Fehlzeiten des Klägers belastet sein würde.

Die Beklagte hat auch nicht stimmig dargelegt, dass sie im Falle einer Übernahme des Klägers in ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis mit unentschuldigten Fehlzeiten rechnen müsste.

Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Kläger während seines Ausbildungsverhältnisses jemals im Betrieb unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben wäre.

Vielmehr beruft sich die Beklagte darauf, dass das Berufsschulzeugnis für das Schuljahr 2001/2002 120 "unbegründete" Fehlstunden ausweist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Arbeitgeber personenbedingte Gründe im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke auch aus dem Verhalten des Auszubildenden in der Berufsschule herleiten kann; denn der Kläger hat auch in der Berufsschule nicht in dem Sinne unentschuldigt gefehlt, dass er dem Unterricht ohne objektiv vorliegenden rechtfertigenden Grund ferngeblieben wäre. Vielmehr beruht die Zeugniseintragung über die "unbegründete" Versäumnis von Unterrichtsstunden darauf, dass die Berufsschule bei krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers nicht die erforderliche, vom Betrieb autorisierte schriftliche Entschuldigung erhalten hatte. Diesen Zusammenhang hat nach anfänglichem Bestreiten im Schriftsatz vom 29.09.2003, dort Seite 2, nunmehr auch die Beklagte eingeräumt.

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es dem Kläger oder der Beklagten anzulasten ist, dass die Berufsschule die schriftlichen Entschuldigungen nicht erhalten hat, kann offen bleiben. Es mag zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass es allein Sache des Klägers gewesen wäre, sich die nötigen schriftlichen Entschuldigungen bei der Beklagten zu besorgen und diese an die Berufsschule zu übermitteln. Aus einem solchen Fehler des Klägers könnte nämlich nicht die Erwartung hergeleitet werden, dass der Kläger während des von ihm begehrten Anschlussarbeitsverhältnisses gleichartige Fehler in einem Ausmaß begehen würde, dass dadurch die Interessen der Beklagten unzumutbar beeinträchtigt wären.

Zunächst spricht schon viel dafür, dass die Übermittlung der schriftlichen Entschuldigungen an die Berufsschule deshalb unterblieben ist, weil der Kläger einem - ggf. fahrlässig verschuldeten - Missverständnis unterlegen ist. Das dem dualen Ausbildungssystem eigene Dreiecksverhältnis zwischen Auszubildendem, Ausbildungsbetrieb und Berufsschule fällt jedoch in einem regulären Anschlussverhältnis weg. Von maßgeblicher Bedeutung ist daher, dass der Kläger der Beklagten gegenüber während seines gesamten Ausbildungsverhältnisses seine Melde- und Nachweispflichten im Krankheitsfall stets ordnungsgemäß erfüllt hat. Jedenfalls hat die Beklagte hierzu nichts Gegenteiliges vorgetragen. Es fehlt daher ein Grund für die Annahme, dass der Kläger in einem Anschlussarbeitsverhältnis zur Beklagten nunmehr seine Melde- und Nachweispflichten im Krankheitsfall vernachlässigen würde.

Ein personenbedingter Grund, der die Beklagte dazu berechtigen könnte, die Aufnahme eines Anschlussarbeitsverhältnisses im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke zu verweigern, liegt auch nicht darin, dass dem Kläger die fachliche Eignung für ein Arbeitsverhältnis als IT-System-Elektroniker fehlen würde.

Entscheidender Maßstab für die fachliche Eignung eines Auszubildenden für eine spätere Berufstätigkeit ist das Ergebnis der Abschlussprüfung der Berufsausbildung. Dies liegt bereits in der Natur der Sache, hat diese Abschlussprüfung doch gerade den Sinn, festzustellen, ob und in welchem Grade der Auszubildende fachlich für eine Tätigkeit auf dem Gebiet seines Ausbildungsberufs geeignet ist. Das Zeugnis über die bestandene Abschlussprüfung bescheinigt dem Auszubildenden, dass er in mindestens ausreichendem Maße über die fachlichen Voraussetzungen verfügt, um eine Berufstätigkeit in seinem Ausbildungsberuf aufnehmen zu können. Das Ausbildungszeugnis bescheinigt die Qualifikation, auf dem Niveau eines Berufsanfängers in dem erlernten Ausbildungsberuf tätig werden zu können. Mehr als die fachliche Eignung, wie sie ein Berufsanfänger nach abgeschlossener Berufsausbildung aufweist, kann naturgemäß auch ein Arbeitgeber in einem der in § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke beschriebenen Arbeitsverhältnisse nicht verlangen.

Der Wortlaut dieser Tarifnorm könnte dafür sprechen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Voraussetzung der "erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung" die fachliche Eignung des zu übernehmenden Auszubildenden bereits abschließend geregelt haben. Dies hätte zur Folge, dass im Rahmen des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke jeder Auszubildende, der die Abschlussprüfung besteht, als fachlich geeignet anzusehen wäre, ohne dass das Gegenteil im Rahmen des Merkmals entgegenstehender personenbedingter Gründe geltend gemacht werden könnte.

Ob eine solche Auslegung des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke zutrifft oder ob auch Fälle - wie z. B. bei einer nur knapp bestandenen Wiederholungsprüfung - denkbar sind, in denen im Rahmen der "personenbedingten Gründe" auch fachliche Mängel angeführt werden können, bedarf im vorliegenden Fall jedoch ebenfalls keiner Entscheidung und kann dahinstehen. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts muss nämlich im Rahmen des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke jedenfalls der ausweislich seines Abschlusszeugnisses in jeder Hinsicht durchschnittlich qualifizierte Auszubildende als fachlich geeignet für einen Berufseinstieg in entsprechender Tätigkeit angesehen werden. Wenn nämlich nicht einmal der ausweislich des Ergebnisses der Abschlussprüfung glatt durchschnittlich qualifizierte Auszubildende damit für ein Anschlussarbeitsverhältnis im Sinne des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke fachlich qualifiziert ist, wird diese Tarifnorm weitestgehend ihres Sinnes beraubt. Auszubildende, die in der Abschlussprüfung Spitzennoten erreichen, bedürfen nämlich in aller Regel keiner unterstützenden Hilfestellung beim Berufseinstieg, wie sie § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke geben will.

Der Kläger hat seine Abschlussprüfung mit der Gesamtnote befriedigend bestanden. Ebenfalls hat er in beiden Prüfungsteilen als Gesamtergebnis ein Befriedigend erzielt, und selbst wenn man alle auf dem Abschlusszeugnis ausgewiesenen Einzelnoten betrachtet, ergibt sich ein glatter Durchschnitt von befriedigend. Das Abschlusszeugnis seiner Prüfung belegt also, dass der Kläger für einen Berufseinstieg in den Beruf des Informations- und Telekommunikationssystem-Elektronikers fachlich geeignet ist.

Schließlich kann die Beklagte dem Kläger ein Anschlussarbeitsverhältnis nach § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke auch nicht mit dem Hinweis verweigern, dass der Kläger über charakterliche Mängel verfüge, die ein solches mindestens zwölfmonatiges Arbeitsverhältnis unzumutbar belasten würden.

Soweit sich die Beklagte teilweise auf schlagwortartige Bewertungen beschränkt, sind ihre Darlegungen schon unsubstantiiert.

2. Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit dem Versuch, die Vorgänge um die fehlenden schriftlichen Entschuldigungen für die Berufsschule zu klären und im Zusammenhang mit der Anfertigung der Projektarbeit des Klägers auf konkrete Vorfälle eingeht, ist ihr - wie dies auch schon das Arbeitsgericht getan hat - einzuräumen, dass, wenn der Sachvortrag der Beklagten zutrifft, der Kläger sich verschiedentlich nicht richtig verhalten hat. Auch hieraus ergibt sich jedoch, selbst wenn man den Vortrag der Beklagten als Gesamtheit betrachtet, noch nicht die Prognose, dass während eines zwölfmonatigen Anschlussarbeitsverhältnisses im Sinne von § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger wahrscheinlich nicht möglich sein würde.

3. Die meisten Beanstandungen der Beklagten stammen aus Vorgängen im Zusammenhang mit der Anfertigung der Projektarbeit des Klägers. Diese Projektarbeit war wesentlicher Bestandteil seiner Abschlussprüfung. Dies bedeutet zweierlei: Zum eine handelt es sich um ein Tätigkeitsfeld, dessen mehr oder weniger gelungene Bewältigung in erster Linie dem Interesse des Klägers selbst diente. Es macht einen Bewertungsunterschied aus, ob der Kläger sich bei der Anfertigung der Projektarbeit mit von ihm an den Tag gelegten Unzulänglichkeiten in erster Linie nur selbst schaden konnte oder ob es um die Erfüllung von Pflichten ging, die in erster Linie die Belange der Beklagten betrafen. Schon das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es einen Unterschied macht, ob der Kläger bei der Anfertigung der Projektarbeit von der Beklagten angebotene Hilfestellungen ungenutzt ließ oder ob er im Interesse der Beklagten bestehende Pflichten vernachlässigte. Es trifft zwar zu, dass auch im Rahmen einer solchen Hilfestellung getroffene Terminsvereinbarungen und sonstige Absprachen grundsätzlich einzuhalten sind. Es wiegt jedoch weniger schwer und lässt nicht ohne weiteres auf eine Wiederholungsgefahr in einem Anschlussarbeitsverhältnis schließen, wenn die vom Kläger im Rahmen der Projektarbeit nach Darstellung der Beklagten nicht eingehaltenen Absprachen zuvörderst in seinem eigenen Interesse getroffen worden waren.

4. Zum anderen bedeutet die Zugehörigkeit der Projektarbeit zu der Abschlussprüfung des Klägers, dass sich der Wert der von ihm geleisteten Arbeit ebenfalls wesentlich aus dem Ergebnis der Abschlussprüfung ableiten lässt. So ist in dem Prüfungszeugnis die Durchführung und Dokumentation einer betrieblichen Projektarbeit zwar mit ausreichend bewertet worden, für die Präsentation der betrieblichen Projektarbeit mit Führung eines Fachgesprächs erzielte der Kläger jedoch die überdurchschnittliche Note gut, so dass er auch in diesem Prüfungsteil insgesamt mit der Note befriedigend eine glatte Durchschnittsleistung bescheinigt erhielt.

5. Das Verhalten eines Auszubildenden bei der Anfertigung einer Prüfungsarbeit lässt auch nur sehr bedingt Rückschlüsse darauf zu, ob und inwieweit sich der Auszubildende in einem späteren Arbeitsverhältnis als teamfähig erweist. Jedenfalls reichen die Darlegungen der Beklagten nicht für die Annahme aus, dass der Kläger sich während eines zwölfmonatigen Anschlussarbeitsverhältnisses nicht im erforderlichen Maße in ein Arbeitsteam integrieren ließe oder gar Störungen des Betriebsfriedens von ihm zu befürchten wären.

Bei alle dem bleibt auch in Erinnerung zu rufen, dass der Kläger während der Gesamtdauer seines Ausbildungsverhältnisses jedenfalls kein solches Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, das die Beklagte zum Ausspruch einer schriftlichen Abmahnung veranlasst hätte.

Demnach konnte die Berufung der Beklagten gegen das zutreffende arbeitsgerichtliche Urteil vom 09.04.2003 keinen Erfolg haben. Auch wenn das Übernahmearbeitsverhältnis des § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke nach der Rechtsprechung des BAG nur exakt für die auf den Tag der Abschlussprüfung folgenden zwölf Kalendermonate beansprucht werden kann und danach nur noch ein Anspruch auf Entschädigung in Geld in Frage kommt (BAG NZA 1998, 778), war die Erfüllung des dem Kläger nach § 8 Nr. 1 TV Beschäftigungsbrücke zustehenden Anspruchs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch möglich.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war - dem Antrag der Beklagten entsprechend - die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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