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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 21.11.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 647/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 611 ff.
BGB § 621
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 628 Abs. 2
BGB § 630
BGB § 669
1. Eine verspätet eingelegte Berufung kann in eine unselbständige Anschlussberufung umgedeutet werden, wenn deren Zulässigkeitsvoraussetzungen gewahrt sind und dem (Anschluss-) Berufungskläger aus der Umdeutung keine Rechtsnachteile entstehen können.

2. Ein als Nebenforderung eingeklagter Zinsanspruch wird selbst zur Hauptforderung, wenn das Gericht zunächst nur über die Hauptforderung, nicht aber über die Nebenforderung entschieden hat.

3. Zur Berechtigung einer außerordentlichen Kündigung gegenüber einem in einem Dienstvertragsverhältnis mit dem Status einer arbeitnehmerähnlichen Person stehenden Anwalt.

4. Sog. arbeitnehmerähnliche Personen haben einen Zeugnisanspruch gemäß § 630 BGB.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.04.2007 in Sachen 8 Ca 1048/03 abgeändert:

Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.805,23 € seit dem 04.12.2002 zu zahlen.

Die Berufung des Beklagten zu 1. gegen das vorgenannte Schlussurteil des Arbeitsgerichts wird zurückgewiesen, so dass die Ziffern 1, 2 und 4 des angegriffenen Urteils unverändert bleiben.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits in I. Instanz tragen der Kläger 25 %, die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 75 %.

Von den Gerichtskosten des gesamten Rechtsstreits in

II. Instanz unter Einschluss der unter dem Aktenzeichen 2 Sa 238/05 entschiedenen Berufung tragen der Kläger 5 %, die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 30 % und der Beklagte zu 1. alleine weitere 65 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in II. Instanz (unter Einschluss der unter dem Aktenzeichen 2 Sa 238/05 entschiedenen Berufung) tragen dieser selbst 5 %, die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 30 % und der Beklagte zu 1. alleine weitere 65 %. Von den gesamten außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. in II. Instanz (unter Einschluss von 2 Sa 238/05) tragen dieser selbst 95 %, der Kläger 5 %. Von den gesamten außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. in II. Instanz (unter Einschluss von 2 Sa 238/05) tragen dieser selbst 85 %, der Kläger 15 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Abwicklung eines im November 2002 beendeten Dienstverhältnisses.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.10.2004 sowie das hierzu ergangene Berufungsurteil des LAG Köln vom 28.11.2005 (2 Sa 238/05) Bezug genommen. Wegen des sodann noch verbleibenden Sach- und Streitstandes wird auf das Sitzungsprotokoll des Kammertermins vor dem Arbeitsgericht Köln vom 19.04.2007 sowie den Tatbestand des an diesem Tage verkündeten Schlussurteils verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Beklagten in seinem Schlussurteil als Gesamtschuldner zur Zahlung der noch offen stehenden, der Höhe nach unstreitigen Vergütung und Fahrtkostenerstattung für die Zeit bis 30.11.2002 sowie zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verurteilt. Es hat die Klage insoweit abgewiesen, als der Kläger die Erteilung eines im Wortlaut genau vorgegebenen Zeugnisses eingeklagt hatte. Es hat ferner die Forderung des Klägers auf Zahlung von Verzugszinsen auf die ihm durch Urteil des LAG Köln vom 28.11.2005 zugesprochene Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.805,23 € abgewiesen. Ferner hat das Arbeitsgericht in seinem Schlussurteil die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Schlussurteils vom 19.04.2007 wird Bezug genommen.

Das Schlussurteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 18.05.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 15.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 15.07.2007 begründen lassen. Dem Beklagten zu 1) wurde das Schlussurteil am 21.05.2007 zugestellt. Der Beklagte zu 1) hat am Freitag, dem 22.06.2007, Berufung eingereicht. Auf Antrag des Beklagten zu 1) wurde die Frist zur Begründung seiner eigenen Berufung bis zum 23.08.2007 und die Frist zur Beantwortung der Berufung des Klägers bis zum 30.08.2007 verlängert. Berufungsbegründung und Berufungsbeantwortung seitens des Beklagten zu 1) sind am 23.08.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung seinen Anspruch auf Verzugszinsen zu der ihm von der 2. Kammer des LAG Köln in der Berufungsentscheidung über das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 28.10.2004 zugesprochenen Urlaubsabgeltungsforderung weiter. Er meint, das Arbeitsgericht habe diesen Anspruch zu Unrecht abgewiesen.

Der Kläger und Berufungskläger zu 1) beantragt daher nunmehr,

das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Köln, 8 Ca 1048/03, vom 19.04.2007 teilweise abzuändern und die Beklagten - über das bisherige Erkenntnis hinaus - zu verurteilen, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.805,23 € seit dem 04.12.2002 zu zahlen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) führt aus, das Arbeitsgericht habe die Zinsforderung des Klägers mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Der Beklagte zu 2) hat sich dahin eingelassen, dass die Ausführungen des Klägers bezüglich der nicht zugesprochenen Zinsen zutreffend sein dürften.

Gleichwohl beantragt der Beklagte zu 2) ebenfalls,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) und Berufungskläger zu 2) beantragt darüber hinaus,

das am 19.04.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln, 8 Ca 1048/03, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfsweise im Wege der Widerklage,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten 652,96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen;

den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten zu 1) über die 652,96 € hinaus weitere 6.670,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 652,96 € seit dem 11.12.2002 und aus 7.322,96 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Vorsorglich beantragt der Beklagte zu 1) und Berufungskläger zu 2) ferner,

ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist für die eigene Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Beklagte zu 1) hält die außerordentliche fristlose Kündigung gegenüber dem Kläger vom 15.11.2002 weiterhin für wirksam. Das Arbeitsgericht habe einen wichtigen Kündigungsgrund gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu Unrecht verneint. Es habe verkannt, dass der Grund für die fristlose Kündigung nicht in dem Vorschussverlangen des Klägers selbst zu sehen gewesen sei, sondern hauptsächlich in dessen Versuch, in betrügerischer Absicht und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Fahrtkostenvorschuss von der Zeugin M zu erlangen, indem er dieser gegenüber wahrheitswidrig behauptet habe, er, der Beklagte zu 1), hätte einen solchen Vorschuss genehmigt. Es sei am 08.11.2002 nämlich so gewesen, dass der Kläger ihn, dem Beklagten zu 1), lediglich gefragt habe, ob denn auch seine Reisekosten für den anstehenden auswärtigen Termin in Stuttgart erstattet würden. Bei dieser Unterredung habe der Kläger gerade nicht einen Vorschuss verlangt. Er, der Beklagte, habe erklärt, dass die Reisekosten wie bisher üblich vereinbarungsgemäß am Monatsende erstattet würden. Gleichwohl habe der Kläger im Anschluss an diese mündliche Unterredung gegenüber der die Kanzleikasse verwaltenden Mitarbeiterin M wahrheitswidrig angegeben, der Beklagte zu 1) habe einen Vorschuss genehmigt.

Erst nach der Zurückweisung dieses Begehrens durch die Mitarbeiterin M habe der Kläger erstmals ihm, dem Beklagten zu 1), gegenüber die Zahlung eines Fahrtkostenvorschusses verlangt, und zwar unter der erpresserischen Androhung, ansonsten den auswärtigen Termin in Stuttgart nicht wahrzunehmen. Der Kläger habe durch sein strafrechtlich relevantes, betrügerisches und erpresserisches Verhalten das Vertrauensverhältnis der Parteien so stark zerrüttet und beschädigt, dass als ultima ratio auch ohne vorangegangene Abmahnung einzig und allein eine fristlose Kündigung in Betracht gekommen sei.

Zahlungsansprüche für die Zeit nach Ausspruch der fristlosen Kündigung kämen schon deshalb nicht in Betracht.

Auch die weiteren vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien durch Aufrechnung erloschen. Aus dem Rechtsstreit Amtsgericht Köln, 125 C 67/02, stehe zu Gunsten beider Beklagten gegen den Kläger eine Honorarforderung in Höhe von 652,96 € offen. Ein entsprechender Gebührenanspruch habe nicht dem Kläger, sondern den Beklagten zugestanden.

Des weiteren könne er, der Beklagte zu 1), im Hinblick auf die berechtigte fristlose Kündigung vom Kläger Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB in Höhe von 6.670,00 € verlangen. Diesen Betrag habe er, der Beklagte zu 1), nämlich aufwenden müssen, um durch Einsatz der für den Kläger eingestellten Nachfolgerin, Frau Rechtsanwältin B , das Dezernat des Klägers wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu bringen, damit es weiter geführt werden könnte. Hierfür habe Frau B drei Monate benötigt.

Wegen der Wirksamkeit der erklärten Aufrechnung habe über die Widerklage nicht entschieden werden dürfen. Wäre die Aufrechnung indessen rechtlich nicht zum Zuge gekommen, wären die Hilfswiderklage jedenfalls begründet gewesen.

Schließlich vertritt der Beklagte zu 1) die Ansicht, dass dem Kläger auch kein qualifiziertes Arbeitszeugnis nach § 630 BGB zustünde.

Der Beklagte zu 2) hat sich der Berufung des Beklagten zu 1) nicht angeschlossen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte zu 2) beantragt,

die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt insoweit das arbeitsgerichtliche Urteil.

Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der von den Parteien in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze und der darin in Bezug genommenen Ausführungen erster Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Der Kläger ist durch die Abweisung seiner Forderung nach Verzugszinsen auf die ihm zugesprochene Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.805,23 € beschwert. Dadurch, dass das Arbeitsgericht - der Auslegung des Berufungsurteils 2 Sa 238/05 zufolge - in seinem Teilurteil vom 28.10.2004 über die vom Kläger geltend gemachte Zinsforderung nicht entschieden hatte, ist die Zinsforderung erstinstanzlich anhängig geblieben und aufgrund der Trennung von der ursprünglich zugehörigen Hauptforderung ihrerseits zu einer selbständigen Hauptforderung geworden.

Diese überschreitet die Streitwertgrenze des § 64 Abs. 2 b) ArbGG bei weitem.

Der Kläger hat seine Berufung auch nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

2. Auch die Berufung des Beklagten zu 1) ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft.

Als selbständige Berufung wurde die Berufung des Beklagten zu 1) allerdings nicht fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG innerhalb eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Urteils eingelegt. Während das arbeitsgerichtliche Urteil dem Beklagten zu 1) nämlich am 21.05.2007 zugestellt worden war, trägt die Berufungsschrift den Eingangsstempel des Berufungsgerichts vom Freitag, den 22.06.2007.

Die vom Beklagten zu 1) eingereichte Berufung erfüllt jedoch die Voraussetzungen einer zulässigen unselbständigen Anschlussberufung. Die Berufung des Beklagten zu 1) wurde vor Ablauf der für ihn geltenden Berufungsbeantwortungsfrist eingelegt und begründet. Die Berufung des Beklagten zu 1) kann somit als zulässige unselbständige Anschlussberufung ausgelegt werden, da eine solche Auslegung nach Lage der Dinge dem Beklagten zu 1) rechtlich nur zum Vorteil gereicht.

II.A. Die Berufung des Klägers ist auch begründet.

1. Der Kläger hatte mit seiner Klage auf die von ihm beanspruchte Urlaubsabgeltung Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2002 eingeklagt. Nach der Auslegung der

2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in ihrem Berufungsurteil vom 28.11.2005 enthält das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 28.10.2004 keine Entscheidung über den Zinsanspruch. Folgerichtig hat auch das Berufungsgericht den Zinsanspruch nicht beschieden, obwohl es der zugehörigen Hauptforderung stattgegeben hat.

2. Die Zinsforderung ist daher weiter in der ersten Instanz anhängig geblieben und hat sich aufgrund der prozessualen Trennung von der Hauptforderung selbst in eine Hauptforderung umgewandelt.

a. Materiellrechtliche Einwendungen gegen die Zinsforderung bestehen nicht.

b. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht eine entsprechende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Verzugszinsen dennoch abgelehnt, weil dem ein Grundsatz "der Einheitlichkeit der Entscheidung zur Haupt- und Nebenforderung" entgegenstehe. Ein solcher Grundsatz existiert allerdings nicht. Wie bereits mehrfach ausgeführt, hat die prozessuale Trennung der Zinsforderung von der zugehörigen Hauptforderung lediglich zur Folge, dass die Zinsforderung selbst zur Hauptforderung wird.

B. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 19.04.2007 musste dem gegenüber in vollem Umfang erfolglos bleiben.

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagten zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Dienstvergütung für die Zeit bis zum 30.11.2002 und zur Zahlung der noch offen stehenden, in der Zeit bis zum 15.11.2002 angefallenen Fahrtkosten verurteilt.

a. Für die Zeit bis zum 15.11.2002 handelt es sich um Vergütung für tatsächlich geleistete Dienste. Bei der Fahrtkostenerstattung handelt es sich um den Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen.

b. Die Vergütung für die zweite Hälfte des Monats November 2002 schulden die Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

2. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15.11.2002 war als solche unwirksam. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass den Beklagten für den Ausspruch der fristlosen Kündigung kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zur Verfügung stand. Daran vermögen die Ausführungen des Beklagten zu 1) in seiner Berufung nichts zu ändern.

a. Mit der 2. Kammer des LAG Köln in seiner Entscheidung vom 28.11.2005 ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien zwar kein Arbeitsverhältnis, wohl aber ein Dienstvertragsverhältnis im Sinne der §§ 611 ff. BGB bestanden hat, wobei der Kläger den Status einer sogenannten arbeitnehmerähnlichen Person inne hatte.

b. Gemäß § 621 Nr. 3 BGB konnte ein solches Dienstverhältnis somit am 15. eines Monats zum Schluss des Kalendermonats ordentlich gekündigt werden.

c. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB wäre nur in Betracht gekommen, wenn Tatsachen vorgelegen hätten, aufgrund derer es den Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht einmal hätte zugemutet werden können, das Dienstverhältnis mit dem Kläger noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, hier also vom 15.11. bis zum 30.11.2002, fortzusetzen. Dies ist nach Lage der Dinge zur Überzeugung des Berufungsgerichts unzweifelhaft nicht der Fall.

aa. Zunächst stellt das Verhalten des Klägers im Vorfeld der ihm aufgetragenen Wahrnehmung des auswärtigen Termins am 11.11.2002 in Stuttgart keine "treuwidrige Erpressung" dar, die die Beklagten hätte berechtigen können, das Dienstverhältnis mit dem Kläger fristlos aufzukündigen.

aaa. Gemäß § 669 BGB hatte der Kläger einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm die Beklagten im Hinblick auf die durch die Fahrt nach Stuttgart ihm entstehenden Aufwendungen einen Aufwendungsersatzvorschuss leisteten.

bbb. Entgegen der Darstellung des Beklagten zu 1) ist objektiv auch nicht ersichtlich, dass der Kläger jemals rechtswirksam auf einen solchen Vorschussanspruch verzichtet hätte. Eine entsprechende schriftliche Vereinbarung kann der Beklagte zu 1) nicht vorweisen. Es mag zwar sein, dass es sich in dem Dienstverhältnis der Parteien eingebürgert hatte, dass die dem Kläger bei seiner dienstlichen Tätigkeit für die Beklagten erwachsenen Fahrtkosten jeweils gesammelt am Monatsende erstattet wurden. Allein der Umstand, dass eine Partei ein ihr zustehendes gesetzliches Recht über längere Zeit nicht in Anspruch nimmt, führt noch nicht dazu, dass sie es endgültig verliert.

ccc. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich für den Kläger in dem Zeitpunkt, als die Dienstreise nach Stuttgart anstand, im Verhältnis zu der früheren Abwicklungspraxis des Dienstverhältnisses eine neue Situation ergeben hatte, die in den Verantwortungsbereich der Beklagten fiel: Im Zeitpunkt der Forderung des Klägers nach Zahlung eines Fahrtkostenvorschusses für die Reise nach Stuttgart war nämlich sein Anspruch auf die von ihm im Vormonat Oktober 2002 erarbeitete Dienstvergütung und auf die Erstattung der in diesem Monat angefallenen Aufwendungen noch nicht erfüllt worden. Die Beklagten nahmen dabei ein Zurückbehaltungsrecht für sich in Anspruch, dessen Berechtigung jedoch im gesamten vorliegenden Rechtsstreit nicht stichhaltig begründet wurde. Zum einen standen dem Kläger somit im Zeitpunkt, als die Dienstreise nach Stuttgart anstand, die Mittel, die er im Rahmen des Dienstverhältnisses aus dem Vormonat zu beanspruchen hatte, tatsächlich nicht zur Verfügung, zum anderen musste der Kläger aufgrund des Verhaltens der Beklagten befürchten, dass diese beabsichtigten, möglicherweise auch im Monat November entstehende Dienstvergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche einzubehalten. Wenn der Kläger in dieser Situation in Abkehr von bisherigen vertraglichen Gepflogenheiten sein aus § 669 BGB folgendes Recht geltend machte, einen Aufwendungsersatzvorschuss zu verlangen, war dies durch Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt.

bb. Ebenso wenig liegt ein Verhalten des Klägers vor, dass berechtigterweise als "betrügerisch" bezeichnet werden könnte und unter diesem Gesichtspunkt einen groben Vertrauensbruch darstellte.

aaa. Wenn der Beklagte zu 1) in der Berufungsinstanz betont herausstellt, dass in dem ersten Gespräch, das die Parteien über die bei der Fahrt nach Stuttgart anfallenden Kosten geführt hatten, von einem sofortigen Vorschuss überhaupt nicht die Rede gewesen sei, so kann es auch nicht sein, dass der Beklagte zu 1) in diesem Gespräch ein solches Vorschussverlangen abgelehnt hätte.

bbb. Unstreitig hat der Beklagte zu 1) dem Kläger bestätigt, dass die für die Dienstreise nach Stuttgart anfallenden Fahrtkosten - "wie üblich" - erstattet würden.

ccc. Hatte der Beklagte zu 1) somit die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten ausdrücklich bestätigt, ein Verlangen nach Zahlung eines sofortigen Vorschusses, da es bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht gestellt worden war, auch nicht ausdrücklich abgelehnt, bestand aber andererseits sogar ein gesetzlicher Anspruch auf Forderung eines solchen Vorschusses, so läge selbst dann kein derart schwerwiegender Vertrauensbruch des Klägers vor, der zur fristlosen Kündigung berechtigte, wenn er - was bestritten ist - zu der Büroangestellten M tatsächlich gesagt haben sollte, der Beklagte zu 1) habe "einen Vorschuss genehmigt".

ddd. Dies gilt um so mehr, als die eigene Sachdarstellung des Beklagten zu 1) dafür spricht, dass die Parteien den Begriff "Vorschuss" ohnehin nicht immer trennscharf im strengen juristischen Sinne gebraucht haben. So heißt es im Schriftsatz des Beklagten zu 1) vom 15.11.2007, der Beklagte zu 1) habe unter Hinweis auf die üblichen Gepflogenheiten bejaht, dass "grundsätzlich ein Vorschuss für die anstehende Reise erstattet würde". Im Weiteren unterscheidet der Beklagte zu 1) sodann feinsinnig zwischen einem "Vorschuss" und einem "sofortigen Vorschuss".

d. War es den Beklagten somit sehr wohl zuzumuten, das Dienstverhältnis mit dem Kläger zumindest bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist am 30.11.2002 fortzusetzen, so haben sie sich durch die gleichwohl ausgesprochene, aber rechtsunwirksame fristlose Kündigung für die Zeit ab dem 15.11. bis zum 30.11.2002 selbst in Annahmeverzug gesetzt.

3. Die somit berechtigten Vergütungs- und Fahrtkostenerstattungsforderungen des Klägers für die Zeit bis zum 30.11.2002 sind auch nicht durch Aufrechnung seitens der Beklagten bzw. des Beklagten zu 1) erloschen. Dem Arbeitsgericht ist ebenfalls auch darin zuzustimmen, dass die Aufrechnungsforderungen nicht bestehen.

a. Zunächst gilt dies für die Honorarforderung in Höhe von 652,96 € aus dem Verfahren Amtsgericht Köln, 125 C 67/02.

aa. An jenem Verfahren war der Kläger persönlich als Streithelfer beteiligt. Es ging somit um seine eigene persönliche Rechtsstellung. Der Kläger vertrat sich in diesem Prozess selbst. Allein aus dem Umstand, dass er dabei seine Schriftsätze auf Briefbögen der Kanzlei gefertigt haben mag, folgt nicht, dass er die Beklagten mit einer Interessenwahrnehmung für seine Person mandatiert hatte. Weder konnten die Beklagten eine Vollmacht des Klägers zur Wahrnehmung eines entsprechenden Mandats vorlegen, noch konnten sie vortragen, in welcher Hinsicht sie für den Kläger im Rahmen des dortigen Prozesses überhaupt tätig geworden sind.

bb. Der Kläger war, worauf er zutreffend hinweist, aus dem Dienstverhältnis heraus auch nicht verpflichtet, sich in eigenen Rechtsangelegenheiten von den Beklagten vertreten lassen zu müssen. Es war ihm nicht verboten, sich in eigenen Angelegenheiten selbst zu vertreten.

b. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten zu 1) gegen den Kläger auf Erstattung der an die Rechtsanwältin B in den Monaten Dezember 2002 bis Februar 2003 gezahlten Vergütung besteht ebenfalls nicht. Erst recht kann ein solcher Schadensersatzanspruch nicht aus § 628 Abs. 2 BGB hergeleitet werden.

aa. Die Begründung dieses Anspruchs erscheint bereits unschlüssig. Wenn der Beklagte zu 1) einen Anspruch nämlich auf § 628 Abs. 2 BGB stützen will, muss er darlegen und beweisen, dass er einen Schaden geltend macht, der durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses verursacht wurde. Mit anderen Worten: Es müsste sich um einen Schaden handeln, der nicht entstanden wäre, wenn das Dienstverhältnis nicht aufgelöst worden wäre. Wäre das Dienstverhältnis nicht aufgelöst worden, hätte der Kläger sein ihm zugewiesenes Dezernat weiter selbst bearbeitet. Er hätte dafür allerdings auch in der vertraglich vereinbarten Weise vergütet werden müssen. Schon daraus erhellt, dass es sich bei der Vergütung, die der Beklagte zu 1) für die von ihm selbst so bezeichnete "Nachfolgerin" des Klägers in den Monaten Dezember 2002 bis Februar 2003 aufgewandt hat, um geradezu typische ,Sowieso-Kosten' handelte.

bb. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Rechtsanwältin B im Dezember 2002 mit 40 Monatsstunden für den Beklagten zu 1) tätig war, im Januar 2003 mit 64 Stunden und im Februar mit 66 Stunden. Diese Abfolge des Umfangs des Einsatzes der Rechtsanwältin B ist nach praktischer Lebenserfahrung schlechthin nicht erklärbar, wenn es dabei tatsächlich darum gegangen sein soll, besondere Folgen der fristlosen Kündigung des Klägers am 15.11.2007 aufzuarbeiten.

4. Schließlich kann der Kläger von den Beklagten auch ein qualifiziertes Zeugnis beanspruchen.

a. Dies folgt aus § 630 BGB. Wie unmittelbar aus § 630 Satz 4 BGB folgt, steht der Anspruch auf ein Zeugnis auch solchen dienstverpflichteten Personen zu, die keine Arbeitnehmer sind.

b. Bei der vertraglichen Tätigkeit des Klägers für die Beklagten handelt es sich auch um ein "dauerndes Dienstverhältnis" im Sinne der Norm. Zwar kann die Ausübung eines so genannten freien Berufes im Einzelfall einem Zeugnisanspruch nach § 630 BGB entgegenstehen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Selbständige aufgrund seiner dauernden und engen Bindung an einen einzelnen Auftraggeber einem Arbeitnehmer sozial vergleichbar ist. So genannte arbeitnehmerähnliche Personen haben daher einen Zeugnisanspruch nach § 630 BGB (HWK - Sandmann/Gäntgen, § 630 BGB, Rdnr. 2; Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, § 630 BGB Rdnr. 2).

c. Bei dem Kläger handelt es sich um eine solche arbeitnehmerähnliche Person (LAG Köln, Urteil vom 28.11.2005, 2 Sa 238/05).

III. Die Kostenentscheidung folgt gemäß §§ 92, 100 ZPO aus dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens. Dabei waren auch die Gegenstände des arbeitsgerichtlichen Teilurteils vom 28.10.2004 und des Berufungsurteils vom 28.11.2005 in die Entscheidung mit einzubeziehen. Hinsichtlich der Kosten der Berufungsinstanz war sodann zwischen den gerichtlichen und den außergerichtlichen Kosten nach der so genannten Baumbach'schen Formel zu differenzieren, da die Beklagten zu 1) und zu 2) in unterschiedlichem Umfang an dem Berufungsrechtsstreit beteiligt waren.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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