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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 7 Sa 743/06
Rechtsgebiete: Entgeltordnung


Vorschriften:

Entgeltordnung § 24 TV Wasserwirtschaft NW
Zur Eingruppierung eines sog. überörtlichen Handwerkers nach der Entgeltordnung zu § 24 TV Wasserwirtschaft NW, insbesondere zum Tarifmerkmal der "selbständigen Leistungen".
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.04.2006 in Sachen 15 Ca 8391/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Einstufung des Klägers und davon abhängige Differenzvergütungsansprüche.

Bei dem beklagten Verband handelt es sich um eine auf der Grundlage des Erftverbandgesetzes errichtete Körperschaft des öffentlichen Rechts. Seine Mitglieder sind Braunkohlenbergwerke, die Elektrizitätswirtschaft, kreisfreie Städte, kreisangehörige Städte und Gemeinden, Kreise, Unternehmen als sonstige Träger der öffentlichen Wasserversorgung und gewerbliche Unternehmen. Mit zirka 500 Mitarbeitern nimmt der beklagte Verband in seinem Verbandsgebiet überregional Aufgaben der Wasserwirtschaft wahr. Dazu gehört unter anderem auch die Abwasserbeseitigung.

Der am 16.09.1964 geborene Kläger ist seit 1987 bei dem Beklagten beschäftigt, und zwar seit 1989 in der Funktion als sogenannter überörtlicher Schlosser. Der Kläger verfügt nach eigenen Angaben über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Industriemechaniker, Fachrichtung Betriebstechnik. Er ist bei dem Beklagten dem Bereich Abwassertechnik (Betriebshof B ) zugeordnet, wird aber überörtlich bei Störungen der Anlagen der Mitglieder des Verbandes eingesetzt. Zu dem Einsatz eines überörtlichen Schlossers kommt es immer dann, wenn die Mitarbeiter des jeweiligen Anlagenbetreibers vor Ort an den Anlagen aufgetretene Probleme nicht mehr allein beheben können.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/- innen der Wasserwirtschaft in N (TV - WW/NW) vom 01.07.2001 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 21.03.2003 Anwendung. Einem von dem Beklagten eingeholten Stellenbewertungsgutachten vom 17.12.2003 zu Folge ist der Kläger zur Zeit in die Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 der Anlage 3 zu § 24 TV-WW/NW (sogenannte Entgeltordnung) eingruppiert.

Dem Stellenbewertungsgutachten vom 17.12.2003 liegt eine Tätigkeitsdarstellung zu Grunde, welche die vom Kläger zu verrichtenden Arbeitsaufgaben in drei Arbeitsvorgänge wie folgt einteilt:

1. Instandsetzen von Defekten an folgenden Geräten, Anlagen, Apparaten, betriebstechnischen Anlagen und Einrichtungen:

pneumatischen, z. B. Kompressoren, Schieber, Kolben, Ventile, Schieberplatten

hydraulischen, z. B. Ölpumpen, Hydraulikschläuchen, Dichtungen, hydraulische und pneumatische Rohrsysteme

mechanische Einrichtungen, z. B. Lager, Getriebe, Zahnräder, Einrichtungen, Zentrifugen, Einrichtungen der Schlammentwässerung,

nach Vorgaben des Vorgesetzten, wobei die Arbeiten vor Ort ohne direkte Aufsicht und Einzelanweisungen erfolgen;

2. Durchführen regelmäßiger vorbeugender Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen nach Wartungs- und Betriebsanleitungen einschließlich Durchführung von Sachkundeprüfungen von Kränen und Hebezeugen nach VBG 9 sowie Winden-, Hub- und Zuggeräten nach VBG 8;

3. Anfertigen von Blech- und Stahlbauteilen sowie Rohrleitungen aus Stahl, Edelstahl, NE-Metallen und Kunststoffen nach Vorgabe des Vorgesetzten, wobei die Arbeiten vor Ort ohne direkte Aufsicht und Einzelanweisungen erfolgen, z. B. Anfertigen von Sicherheitseinrichtungen wie z. B. Bühnen, Geländer, Absturzsicherungen.

Die Tätigkeitsdarstellung ordnet dem Arbeitsvorgang 1 einen Zeitanteil von 38 %, dem Arbeitsvorgang 2 einen solchen von 39 % und dem Arbeitsvorgang 3 einen solchen von 23 % zu.

Auf den vollständigen Inhalt des Stellenbewertungsgutachtens vom 17.12.2003 (Bl. 24 - 41 d. A.) wird Bezug genommen.

Die Entgeltordnung zu § 24 TV - WW/NW hat, soweit für den vorliegenden Fall von Interesse, auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Entgeltgruppe 5

1. Arbeitnehmer mit einem Ausbildungsabschluss in Berufen mit mindestens 2 1/2 - jähriger Ausbildungsdauer und entsprechenden Tätigkeiten...

...

Entgeltgruppe 6

1. Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 5 mit besonders qualifizierten oder besonders vielseitigen Tätigkeiten.

2. Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 5, die Tätigkeiten ausüben, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordern (selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenständigen geistigen Initiative. Eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen).

...

Beispiele zu den Fallgruppen 1 und 2:

...

- Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, die Montage-, Reparatur- oder Überholungsarbeiten an komplizierten mess-, regel- oder steuerungstechnischen Anlagen oder an komplizierten Fernsprech-, Fernseh- oder Funkanlagen selbständig und verantwortlich ausführen. Dieses Tätigkeitsmerkmal gilt als erfüllt, wenn die Arbeitnehmer die geforderte Tätigkeit bzw. Teiltätigkeit in nicht unerheblichen Umfang ausüben. Der Umfang ist nicht mehr unerheblich, wenn er ein Viertel der Gesamttätigkeit ausmacht.

...

- Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, die schwierige Montage-, Instandsetzungs- oder hochwertige Schweißarbeiten an Maschinen oder Armaturen, deren Ausführung hohe Maßgenauigkeit oder besondere Werkstoffkenntnisse erfordert, selbständig und verantwortlich durchführen.

...

Entgeltgruppe 7

...

2. Arbeitnehmer als staatlich geprüfte Techniker sowie Industrie- und Handwerksmeister mit entsprechenden Tätigkeiten

3. Arbeitnehmer, die Tätigkeiten ausüben, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordern.

..."

Auf den vollständigen Text der Entgeltordnung, insbesondere soweit sie sich auf die Entgeltgruppen 5 - 7 bezieht, wird Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe Vergütung nach Maßgabe der Entgeltgruppe 7 der Entgeltordnung zu § 24 TV - WW/NW zu. Er erfülle nämlich die Eingruppierungsvoraussetzungen der Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe 7. Die von ihm zu verrichtenden Instandsetzungstätigkeiten (Arbeitsvorgang 1) - die einer Tätigkeitsbeschreibung seiner Fachabteilung zufolge sogar 55 % seiner Gesamttätigkeit ausmachten (vgl. Bl. 12 d. A.) - , beinhalteten nämlich "selbständige Leistungen" im Sinne der Definition der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu diesem Tarifmerkmal. Wenn er, der Kläger zu einem auswärtigen Einsatz gerufen werden, müsse er nämlich zunächst vor Ort Art und Ursache des bestehenden Problems ermitteln, sich Mittel und Wege zur Lösung des Problems überlegen, die dafür notwendigen Vorbereitungen (z. B. Materialbestellung) veranlassen und letztlich die Instandsetzung - ggf. zusammen mit anderen Mitarbeitern - durchführen. Die Vorgaben des Vorgesetzten erschöpften sich in der Regel in einer groben, im Zweifel von der anfordernden Stelle übernommenen Beschreibung der zu behebenden Funktionsstörung. Vor Ort werde er dagegen selbständig, weisungsfrei und eigenverantwortlich tätig.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für die Monate Januar bis März 2003 je 44,11 €, für die Monate April bis August 2003 je 45,17 €, für die Monate September bis Dezember 2003 je 84,56 €, für die Monate Januar bis April 2004 je 85,42 € sowie für die Monate ab Mai 2004 je 86,68 € zusätzlich zur gezahlten Vergütung als Differenzbetrag monatlich zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.01.1998 (BGBl. I, S. 1242) seit jeweils dem ersten des Folgemonats;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.01.2003 nach der Entgeltgruppe 7 TV - WW/NW zu vergüten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, wenn der Kläger bei seinen Instandhaltungseinsätzen vor Ort allein und ohne Einzelweisung tätig werde, dann arbeite er zwar "selbständig", erbringe aber noch keine "selbständigen Leistungen" im Tarifsinne. Vielmehr entspreche die Tätigkeit des Klägers dem in die Entgeltordnung aufgenommenen Regelbeispiel zur Entgeltgruppe 6, welches sich auf "Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, die Montage-, Reparatur- oder Überholungsarbeiten an komplizierten... Anlagen... selbständig und verantwortlich ausführen", beziehe. Damit hätten die Tarifvertragsparteien die Wertigkeit einer Tätigkeit wie derjenigen des Klägers festgelegt und könne es auf die Erfüllung allgemeiner Tarifmerkmale wie derjenigen in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 3 nicht mehr ankommen.

Im Übrigen bezweifelt der Beklagte, dass der Kläger überhaupt "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse" im Sinne der Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 3 besitze. Die Entgeltgruppe 7 sei nämlich für Arbeitnehmer mit dem Ausbildungsniveau eines staatlich geprüften Technikers oder Industrie- und Handwerksmeisters vorgesehen, so dass die in Fallgruppe 3 erwähnten "gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse" auf die Fachkenntnisse eines entsprechenden Technikers oder Industrie- und Handwerksmeisters bezogen werden müssten.

Mit Urteil vom 20.04.2006 hat die 15. Kammer des Arbeitsgerichts Köln die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 30.05.2006 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 26.06.2006 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.08.2006 - am 31.08.2006 begründen lassen.

Der Kläger und Berufungskläger wiederholt und vertieft seine erstinstanzliche Rechtsauffassung.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln abzuändern und nach den in erster Instanz gestellten Anträgen des Klägers zu erkennen, nämlich

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für die Monate Januar bis März 2003 je 44,11 €, für die Monate April bis August 2003 je 45,17 €, für die Monate September bis Dezember 2003 je 84,56 €, für die Monate Januar bis April 2004 je 85,41 € sowie für die Monate ab Mai 2004 je 86,68 € zusätzlich zur gezahlten Vergütung als Differenzbetrag monatlich zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.01.1998 (BGBl. I , S. 1242) seit jeweils dem ersten des Folgemonats;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.01.2003 nach der Entgeltgruppe 7 TV - WW/NW zu vergüten.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch der Berufungsbeklagte bleibt bei seiner erstinstanzlichen Rechtsauffassung und verteidigt das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vollständigen Inhalt der Klageschrift, des weiteren erstinstanzlichen Schriftsatzes des Klägers und Berufungsklägers vom 20.01.2006 sowie der Berufungsbegründungsschrift jeweils nebst sämtlicher Anlagen sowie auf die Schriftsätze des Beklagten vom 21.10.2005 und vom 10.03.2006 sowie auf die Berufungserwiderungsschrift, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 20.04.2006 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zusammengefasst führen die folgenden Erwägungen dazu, dass das Klagebegehren erfolglos bleiben musste:

1. Allerdings bestehen entgegen der Auffassung des Beklagten keine Bedenken gegen die Zulässigkeit beider Klageanträge. Bei dem Klageantrag zu 2) handelt es sich um einen in Rechtsstreitigkeiten mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes allgemein als zulässig angesehenen Eingruppierungsfeststellungsantrag, dessen Bedeutung insbesondere die Zukunft betrifft. Mit dem Antrag zu 1) will der Kläger demgegenüber einen vollstreckbaren Zahlungstitel auf bereits fällige Differenzansprüche der Vergangenheit erstreiten. Beide Klageanträge hängen somit zwar von der- selben Rechtsfrage - der richtigen Eingruppierung des Klägers - ab, überschneiden sich in ihrem Streitgegenstand aber nicht.

2. Das Klagebegehren erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Der Kläger ist nach Lage der Dinge zur Überzeugung des Berufungsgerichts in der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 derzeit zutreffend eingruppiert. Zur Frage, ob der Kläger die Eingruppierungsmerkmale der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 erfüllt, wird auf die entsprechenden Ausführungen in dem Stellenbewertungsgutachten vom 17.12.2003 Bezug genommen, welche das Berufungsgericht als überzeugend ansieht.

3. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 sind dagegen nicht erkennbar, auch wenn man den Tatsachenvortrag des Klägers zu Grunde legt.

a. Die erstinstanzlich vom Kläger angedeutete Überlegung, dass eine Eingruppierung in die Fallgruppe 5 der Entgeltgruppe 7 in Frage kommen könnte, hat der Kläger offenbar nicht weiter verfolgt. Jedenfalls hat er hierzu nicht die notwendigen Tatsachen vorgetragen.

b. Der Kläger beruft sich vielmehr darauf, dass er die Voraussetzungen der Fallgruppe 3 erfülle. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

aa. Allerdings überzeugt es das Berufungsgericht nicht, wenn der Beklagte abweichend von dem Stellenbewertungsgutachten vom 17.12.2003 bereits in Abrede stellt, dass dem Kläger die in Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe 7 geforderten "gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse" zukämen.

Die hierzu vom Beklagten vorgetragene Auslegung der entsprechenden Tarifmerkmale führte in systematischer Hinsicht zu widersinnigen Ergebnissen. Wenn der Beklagte meint, bei den "gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen" im Sinne der Fallgruppe 3 müsse es sich um solche eines staatlich geprüften Technikers oder Industrie- und Handwerksmeisters handeln, so führte dies dazu, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 2 staatlich geprüfte Techniker und Industrie- und Handwerksmeister auch ohne gründliche und vielseitige Fachkenntnisse eingruppiert wären, in der Fallgruppe 3 hingegen der gleiche Personenkreis mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde ein solches, auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis von den Tarifvertragsparteien gewollt sein könnte.

Gründliche und vielseitigen Fachkenntnisse im Sinne der Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe 7 können dem Kläger somit, wie auch in dem Stellenbewertungsgutachten nachvollziehbar begründet, nicht abgesprochen werden.

bb. Es ist aber auch für das Berufungsgericht nicht erkennbar, dass die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit im Tarifsinne zu 1/3 "selbständige Leistungen" erfordert.

aaa. Kommt es, wie vom Kläger zutreffend schon in der Klageschrift angenommen, für die streitige Eingruppierung maßgeblich darauf an, ob der Kläger zu 1/3 seiner Tätigkeit das Tarifmerkmal der "selbständigen Leistungen" erfüllt, kann es dahingestellt bleiben, ob die Stellenbeschreibung vom 17.12.2003 dem maßgeblichen Arbeitsvorgang 1 (Instandsetzen von defekten...) mit 38 % einen zutreffenden Zeitanteil zugeordnet hat, oder ob dieser Zeitanteil gar, wie vom Kläger für richtig gehalten, 55 % beträgt; denn auch der niedrigere Wert von 38 % übersteigt bereits das tarifvertraglich geforderte Quantum von 1/3.

Der in der Stellenbeschreibung vom 17.12.2003 mit einem 23%-igen Zeitanteil veranschlagte Arbeitsvorgang Nummer 3 könnte für sich allein das tariflich geforderte Drittel an "selbständigen Leistungen" ohnehin nicht erfüllen, und dass der Arbeitsvorgang 2 ebenfalls "selbständige Leistungen" im tariflichen Sinne beinhaltete, hat der Kläger selbst nicht behauptet.

bbb. Die somit entscheidende Frage, ob die Instandsetzungstätigkeiten des Klägers "selbständige Leistungen" im Tarifsinne erfordern, kann nicht allein durch Überlegungen zum Wortsinn der Begriffe auf rein sprachlicher Ebene beantwortet werden.

Das Bundesarbeitsgericht definiert den tariflichen Begriff der "selbständigen Leistung" bekanntlich in ständiger Rechtsprechung als "eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges wie hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert" (BAG 4 AZR 473/96 vom 28.01.1998 m. w. N.). Zugleich betont das Bundesarbeitsgericht jedoch zu Recht, dass das Tätigkeitsmerkmal der "selbständigen Leistungen" nicht mit dem Begriff "selbständig arbeiten" im Sinne von "allein arbeiten", "d. h. ohne direkte Aufsicht oder Lenkung durch Weisung tätig zu sein" verwechselt werden darf (BAG, a. a. O.). Im allgemeinen Sprachgebrauch wird jedoch den sprachlichen Wendungen "selbständig arbeiten" und "selbständige Leistung" kaum ein Bedeutungsunterschied beigemessen, allenfalls derjenige, dass man unter "selbständigen Leistungen" das Ergebnis "selbständigen Arbeitens" zu verstehen hätte.

ccc. Zu beachten ist jedoch, dass die Tarifvertragsparteien einerseits das Tarifmerkmal "selbständige Leistungen" vielfach als eigenständigen Terminus technicus verwenden, andererseits in den tariflichen Eingruppierungsvoraussetzungen verschiedentlich auch davon die Rede ist, dass bestimmte Tätigkeiten "selbständig" - u. U. sogar in der Kombination mit dem Begriff "verantwortlich" - "auszuführen" oder "durchzuführen" seien, womit dann aber "selbständig arbeiten" im Sinne der oben zitierten BAG-Rechtsprechung gemeint ist. Dies ist z. B. in verschiedenen tariflichen Regelbeispielen zu der Entgeltgruppe 6 der Entgeltordnung zu § 24 TV - WW/NW der Fall. Da nun das Tarifmerkmal "selbständige Leistungen" regelmäßig zu einer tendenziell höherwertigen Eingruppierung führt, folgt daraus, dass die Tarifvertragsparteien dem Terminus technicus der "selbständigen Leistungen" ein wertendes, qualitativ herausgehobenes Element beimessen wollen. Vereinfacht ausgedrückt erfordern demnach "selbständige Leistungen" im Tarifsinne einen über das bloße "selbständig" oder auch "selbständig und verantwortlich" arbeiten hinausgehenden qualitativen Mehrwert.

ddd. Wie dieser Mehrwert im Einzelfall zu konkretisieren ist, muss dem jeweiligen Tarifzusammenhang entnommen werden. Hierfür sind insbesondere die von den Tarifvertragsparteien selbst aufgenommenen Regelbeispiele zu den einzelnen Entgelt- und Fallgruppen von ausschlaggebender Bedeutung.

eee. Die Anwendung dieser Überlegungen auf den vorliegenden Fall führen dazu, dass der Kläger bei der Durchführung der auswärtigen Instandsetzungsarbeiten zwar "selbständig und verantwortlich" im Sinne der Diktion der Tarifvertragsparteien des TV - WW/NW handelt, damit aber eben noch nicht dem Tätigkeitsmerkmal der "selbständigen Leistungen" im Sinne etwa der Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe 7 zugeordnet werden kann.

Die Regelbeispiele zur Entgeltgruppe 6 zeigen, dass die Tarifvertragsparteien "schwierige Montage-, Instandsetzungs- oder hochwertige Schweißarbeiten" oder auch "Montage-, Reparatur- oder Überholungsarbeiten an komplizierten... Anlagen" auch dann, wenn sie "selbständig und verantwortlich" auszuführen sind, und sogar dann, wenn deren Ausführung "hohe Maßgenauigkeit oder besondere Werkstoffkenntnisse" erfordert, der Wertigkeit nach in Entgeltgruppe 6 angesiedelt sehen.

Dabei macht es keinen Unterschied, dass die speziellen, vom Kläger instand zu setzenden pneumatischen, hydraulischen oder mechanischen Anlagen, Einrichtungen, Geräte etc. in den hier in Bezug genommenen Richtbeispielen nicht eigens namentlich erwähnt werden. Es kann ohne weiteres und problemlos unterstellt werden, dass die in den Richtbeispielen aufgeführten mess-, regel- oder steuerungstechnischen Anlagen, die Fernsprech-, Fernseh- oder Funkanlagen, insbesondere wenn sie als "kompliziert" bezeichnet werden, in qualitativer Hinsicht keine geringeren Anforderungen an die Arbeit des mit der Montage-, Reparatur- oder Überholung selbständig und verantwortlich betrauten Mitarbeiters stellen als die vom Kläger zu verrichtenden Instandsetzungsarbeiten an pneumatischen, hydraulischen oder mechanischen Anlagen etc.

fff. Die in den Richtbeispielen zur Entgeltgruppe 6 zum Ausdruck kommende, von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Bewertung derartiger Instandsetzungsarbeiten, wie sie auch der Kläger zu verrichten hat, mag damit zusammenhängen, dass z. B. der Kläger bei seinem auswärtigen Einsatz vor Ort zwar "selbständig und verantwortlich" tätig wird, bei der Fehleranalyse und bei der Überlegung, wie der Fehler behoben werden kann, auch eigenständige Überlegungen anstellt, die dabei zu leistende gedankliche Arbeit sich aber in einem vergleichsweise engen Rahmen abspielt, der durch das Ziel der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit einer defekten Anlage, Einrichtung etc. begrenzt ist. Jedenfalls haben die Tarifvertragsparteien durch die Regelbeispiele zur Entgeltgruppe 6 der Entgeltordnung ihre Vorstellung von der Wertigkeit einer Tätigkeit wie derjenigen des Klägers im Rahmen der Entgeltordnung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass eine andere höherrangige Eingruppierung des Klägers aufgrund allgemeiner Tätigkeitsmerkmale nicht in Betracht kommt.

4. Können somit die Voraussetzungen der Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe 7 nicht als erfüllt angesehen werden, so muss dasselbe auch für die Fallgruppe 4 gelten; denn die Aufnahme in die Fallgruppe 4 setzt nach den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien die Verrichtung von im Vergleich zur Fallgruppe 3 "gleichwertigen" Tätigkeiten voraus.

Die Berufung musste daher zurückgewiesen werden.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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