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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 7 Sa 839/01
Rechtsgebiete: ATG, TV Altersteilzeit Metall NRW


Vorschriften:

ATG § 3
TV Altersteilzeit Metall NRW § 7
Zur Berechnung vom Arbeitgeber zugesagter Aufstockungsbeträge, wenn der zugesagte Aufstockungsprozentsatz über die in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG genannte Untergrenze hinausgeht.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 7 Sa 839/01

Verkündet am: 20.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Eubel und Dresbach

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, Az. 4 Ca 9034/00, vom 01.02.2001 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die richtige Berechnung des sog. Aufstockungsbetrages im Rahmen eines Altersteilzeitvertragsverhältnisses.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Anträge und der Erwägungen, die das Arbeitsgericht dazu bewogen haben, der Klage stattzugeben, wird auf den ausführlichen Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Köln in Sachen 4 Ca 9034/00 vom 01.02.2001 Bezug genommen.

Das Urteil des ersten Rechtszuges wurde der Beklagten am 22.06.2001 zugestellt. Sie hat hiergegen am 20.07.2001 Berufung eingelegt und diese am 15.08.2001 begründet.

Die Beklagte führt aus, das Arbeitsgericht habe die Auffassung vertreten, dass eine weitere vertragliche Anhebung der gesetzlich, bzw. tariflich vorgegebenen Mindestnettogrenzen des sog. Aufstockungsbetrages bei Altersteilzeit zugleich zu einer grundlegend veränderten Berechnungsmethode zur Ermittlung des Aufstockungsbetrages führe. Diese Auffassung sei rechtsirrig; denn die Tatsache, dass die Betriebsparteien bereit seien, einen Aufstockungsbetrag zu gewähren, der sowohl über der gesetzlichen als auch der tariflichen Mindestaufstockung liege, habe nicht zur Folge, dass die gesetzliche und tariflich vorgesehene pauschalierte Berechnungsmethode entfalle. Es sei zwar richtig, dass § 3 Abs. 1 ATG unmittelbar nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Bundesanstalt für Arbeit betreffe. Wenn eine Altersteilzeitregelung im Verhältnis der Arbeitnehmer zu den Arbeitgebern von der in § 3 Abs. 1 ATG vorgesehenen pauschalierten Berechnungsmethode abweichen wolle, müssten hierfür jedoch positive Anhaltspunkte festgestellt werden können. Im Gegenteil dazu hätten die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Vorschrift des § 7 TV ATZ Metall NRW jedoch übereinstimmend die pauschalierende Berechnungsweise des § 3 Abs. 1 ATG übernehmen und lediglich das Mindestnetto von 70 % auf 82 % anheben wollen. Genau in diesem Sinne informiere auch die IG Metall ihre Mitglieder in den von ihr herausgegebenen Erläuterungen zum TV ATZ Metall NRW. Die bei ihr geltende Betriebsvereinbarung über Altersteilzeit beruhe wiederum auf dem Tarifvertrag und hebe die Nettogrenze nur weiter auf 85 % an, ohne an der tarifvertraglichen und gesetzlichen Berechnungsmethode etwas ändern zu wollen. Dementsprechend sei auch der Altersteilzeitvertrag der Parteien selbst auszulegen.

Die Beklagte macht geltend, dass der Kläger auf Grund des ihm zur Verfügung gestellten Berechnungsbeispieles die richtige, nämlich pauschalisierende Berechnungsmethode auch ohne weiteres habe vor Abschluss des Altersteilzeitvertrages nachvollziehen können.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt in erster Linie die im arbeitsgerichtlichen Urteil zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung. Insbesondere vertritt er die Auffassung, dass § 5 Ziffer 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrages vom 17.12.1999 für die Berechnung des Aufstockungsbetrages auf seine individuellen steuerlichen Verhältnisse abstelle. Wenn ihm in seinem Altersteilzeitarbeitsvertrag 85 % des ohne Altersteilzeit gewöhnlich erzielten Nettoarbeitsentgelts zugesagt worden seien, könnte dies nicht durch eine für ihn nicht durchschaubare pauschalisierende Berechnung auf real nur 82,66 % gekürzt werden.

Hilfsweise stützt der Kläger seinen Anspruch darauf, dass die Beklagte Schadensersatz wegen mangelhafter Aufklärung schulde. Im Zeitraum der Unterzeichnung seines Altersteilzeitarbeitsvertrages Mitte Dezember 1999 habe bei der Beklagten selbst kein hinreichender Durchblick geherrscht. Zumindest seien Erläuterungen und Rückfragen zu Einzelheiten und insbesondere auch zu den Berechnungsvorgaben ergebnislos geblieben. Auch das von der Beklagten seinerzeit vorgelegte sog. Rechenbeispiel sei nicht nur deshalb ohne Aussagekraft, weil es ausdrücklich als "unverbindlich" bezeichnet wurde. Es sei vielmehr auch deshalb völlig unbrauchbar gewesen, weil es entgegen § 5 Nr. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrages auch Urlaubsgeld und Weihnachtsgratifikation berücksichtigt habe.

Ergänzend wird auf die rechtlichen Überlegungen Bezug genommen, die die Parteien in ihren im Laufe des Berufungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen dargelegt haben.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG a.F. statthaft und wurde gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG a. F. fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat das Arbeitsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben. Das arbeitsgerichtliche Urteil war daher abzuändern und die Klage antragsgemäß abzuweisen.

1. Die Beklagte hat die von ihr praktizierte Berechnung des Aufstockungsbetrages zum Altersteilzeitentgelt des Klägers im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nachvollziehbar dargelegt. Zuletzt hat auch der Kläger mit Schriftsatz vom 22.01.2002 eingeräumt, dass das Zahlenwerk der Beklagten rechnerisch nachvollzogen werden könne. Klarstellend sei noch einmal zusammengefasst:

a. Wie auch der Kläger selbst legt die Beklagte ihren Berechnungen ein bisheriges, d. h. vor Eintritt in die Altersteilzeit maßgebliches Vollzeitmonatsentgelt in Höhe von 10.182,50 DM brutto zu Grunde. Bei der Ermittlung des für die Bemessung des Aufstockungsbetrages maßgeblichen Nettoarbeitsentgelts wendet die Beklagte sodann die pauschalierende Berechnungsweise an, wie sie auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 ATG für die Ermittlung des Erstattungsbetrages der Bundesanstalt für Arbeit praktiziert wird. Die hierzu entwickelten amtlichen Tabellen des sog. Mindestnettobetrages wurde auf der Grundlage derjenigen gesetzlichen Abzüge entwickelt, "die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen" (§ 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG). Die Tabellen stellen somit nicht auf die individuellen sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Abzüge jedes einzelnen Arbeitnehmers ab, sondern auf die einem bestimmten Vollzeitbruttomonatsentgelt zuzuordnenden im statistischen Sinne üblichen gesetzlichen Abzüge. Dies gilt, wenn auch in eingeschränktem Maße, nicht nur für die Sozialversicherungsverhältnisse, sondern auch für die Steuerabzüge. Die Pauschaltabelle nimmt hier eine Individualisierung zwar insoweit vor, als sie jeweils auf die individuell maßgebliche Steuerklasse abstellt. Sie unterstellt aber z. B. generell, dass zu den "bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzügen" entsprechend den Verhältnissen bei der ganz überwiegenden Mehrzahl der Arbeitnehmer auch Kirchensteuerabzüge gehören.

b. Die von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegte Pauschaltabelle schreibt die für einen Mindestnettobetrag in Höhe von 70 % im Sinne von § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG entwickelte Pauschaltabelle auf den Mindestnettobetrag von 82 % im Sinne von § 7 TV Altersteilzeit Metall NRW um.

c. Da für den Kläger unstreitig Steuerklasse III maßgeblich ist, korrespon- diert in dieser Tabelle dem Vollzeitentgelt des Klägers ein Mindestnettobetrag in Höhe von 5.077,83 DM. Rechnet man diesen Betrag auf einen Mindestnettobetrag in Höhe von 85 % entsprechend der bei der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung Altersteilzeit vom 08.04.1999 um, so errechnet sich der Betrag von 5.263,60 DM. Der von der Beklagten gezahlte Aufstockungsbetrag entspricht der Differenz zwischen diesem Betrag und dem vom Kläger nunmehr erzielten Teilzeitnetto.

d. Die Differenz zu der vom Kläger für richtig gehaltenen Summe ergibt sich, wovon auch die Parteien übereinstimmend ausgehen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus der Kirchensteuerproblematik. Da die Beklagte für die Berechnung des Aufstockungsbetrages nach Auffassung des Berufungsgerichts jedoch zu Recht auf die pauschalierende Betrachtungsweise abgestellt hat und es somit auf den Kläger betreffende individuelle Besonderheiten bei den gesetzlichen Abzügen nicht ankommt, kann diese Frage letztlich dahingestellt bleiben.

2. Das Berufungsgericht vermag der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht zu folgen, wonach vom Arbeitgeber zugesagte Aufstockungsbeträge, die über die gesetzliche Untergrenze des § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG oder über die tarifvertragliche Untergrenze nach § 7 TV ATZ Metall NRW hinausgehen, nach den individuellen Verhältnissen der einzelnen Arbeitnehmer zu berechnen wären.

a. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die Überlegung des Arbeitsgerichts, dass § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG, für dessen Anwendungsbereich die pauschalierende Berechnungsmethode entwickelt wurde, unmittelbar nur das Verhältnis des Arbeitgebers zur Bundesanstalt für Arbeit regelt, indem die Norm die Höhe der Erstattungsleistungen festlegt, die dem Arbeitgeber zufließen, der seinen Arbeitnehmern das Angebot eines Altersteilzeitvertrages macht. Daraus folgt aber nur, dass § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG für das Verhältnis der Arbeitgeber zu ihren Altersteilzeit-Arbeitnehmern die pauschalierende Berechnungsweise des Aufstockungsbetrages nicht vorschreibt. Ebenso, wie es den Tarifvertragsparteien, den Betriebspartnern und/oder den Arbeitsvertragsparteien freisteht, während der Altersteilzeitphase den in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG genannten Mindestprozentsatz von 70 % zu erhöhen, so steht es ihnen auch frei, bei der Bemessung des Aufstockungsbetrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Berechnungsmethode zu vereinbaren. In beiden Fällen bestünde die Konsequenz jedoch darin, dass der Arbeitgeber die über die in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG geregelten Erstattungsleistungen hinausgehenden Beträge aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte.

b. Dafür, ob und in welcher Höhe ein Arbeitgeber hierzu bereit ist, wenn er seinen Arbeitnehmern nach Einführung des Altersteilzeitgesetzes ein Altersteilzeitangebot macht, bedarf es daher besonderer, positiver Anhaltspunkte. Bietet ein Arbeitgeber beispielsweise seinen Arbeitnehmern Altersteilzeitverträge auf der Basis des in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG genannten Prozentgrades von 70 an, so erweckt dies den Eindruck, dass er seinen Arbeitnehmern gerade das weiterzugeben beabsichtigt, was er auf der Basis des § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG selbst erstattet bekommt. Bei einer solchen Konstellation spricht nach Auffassung des Berufungsgerichts nichts dafür, dass im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine andere Berechnungsmethode gelten sollte als im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Bundesanstalt für Arbeit, die zur Folge hätte, dass der Arbeitgeber eigene Mittel bereitstellen müßte, um die Mehrkosten einer solchen abweichenden Berechnungsmethode zu finanzieren, es sei denn, dass klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass eine andere Berechnungsmethode gelten soll. Warum dann aber etwas anderes gelten soll, nur weil der Prozentgrad gegenüber der Regelung in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG erhöht wird, erscheint ebenfalls nicht nachvollziehbar.

c. Daraus folgt: Bei der Auslegung von tarifvertraglichen, betrieblichen und/oder individualvertraglichen Regelungen über die Bemessung von Aufstockungsbeträgen im Rahmen der Altersteilzeit ist stets im Zweifel davon auszugehen, dass dieselbe pauschalisierende Berechnungsmethode gelten soll, wie sie § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Bundesanstalt für Arbeit zu Grunde liegt.

d. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Sinn und Zweck der im Rahmen des § 3 Abs. 1 ATG angewandten Pauschalierungsmethode darin besteht, den Verwaltungsaufwand für die Bundesanstalt für Arbeit einzugrenzen und den Umfang der einzusetzenden Mittel überschaubarer zu halten; denn auch ein Großarbeitgeber wie die Beklagte, welche nach den Informationen im vorliegenden Rechtsstreit etliche hundert Altersteilzeitverträge zu betreuen hat, hat dasselbe Interesse an zweckmäßiger Verwaltungsvereinfachung.

e. In diesem Zusammenhang bleibt noch festzustellen, dass ein Hinweis auf § 6 Abs. 1 ATG hier nicht weiterführt. In § 6 Abs. 1 ATG geht es nämlich nur darum, welches vor Eintritt in die Altersteilzeit maßgebliche Vollzeitbruttomonatsentgelt als Ausgangsbetrag zu Grunde zu legen ist. Hierüber besteht im vorliegenden Verfahren zwischen den Parteien in der Sache kein Streit.

3. Die obigen Überlegungen zu § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG wirken sich auch auf die Auslegung von § 7 Abs. 1 TV Altersteilzeit Metall NRW aus, jedoch mit gegenteiligem Ergebnis als vom Arbeitsgericht angenommen.

a. Der Wortlaut dieser Tarifnorm bestätigt nämlich, dass bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages im Zweifel dieselbe pauschalierende Berechnungsmethode anzuwenden ist, wie sie im Rahmen von § 3 Abs.1 Nr. 1 a) ATG im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Bundesanstalt für Arbeit gilt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass in § 7 Abs. 1 Satz 1 TV Altersteilzeit Metall NRW von einem "Aufstockungsbetrag nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 Nr. 1 a) Altersteilzeitgesetz" die Rede ist. Zum anderen folgt dies aus § 7 Abs. 1 Satz 2. Der Wortlaut dieser Tarifvorschrift lehnt sich nämlich bewusst an die gesetzliche Formulierung in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG an, wenn es hier heißt, dass der Aufstockungsbetrag "jedoch so zu bemessen" ist, "dass das monatliche Nettoentgelt mindestens 82 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei den Beschäftigten gewöhnlich anfallen, verminderten monatlichen Bruttovollzeitarbeitsentgelts beträgt". Der Gesetzeswortlaut unterscheidet sich nur dadurch, dass statt von "den Beschäftigten" im Gesetz von "Arbeitnehmern" die Rede ist. Dies macht in der hier interessierenden Beziehung jedoch keinen Unterschied. So räumt denn auch das Arbeitsgericht ein, dass es wohl näherliege, dass die Tarifnorm auf die Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit und darauf abstelle, wie sich deren Abzüge gewöhnlich berechnen.

b. Diese Auffassung wird, wie die Beklagte in der Berufungsinstanz dokumentiert hat, nicht zuletzt auch von der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft selbst vertreten. So heißt es in den "vorläufigen Erläuterungen zum Tarifvertrag zur Altersteilzeit" der IG Metall mit Stand vom 15.02.2001 wörtlich wie folgt: "Hierbei ist zu beachten, dass 70 % des vorherigen Nettoentgelts nicht einfach rechnerisch ermittelt werden können, sondern aus den jährlich von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen pauschalierten Mindestnettolohntabellen ermittelt werden müssen ... Der Tarifvertrag ändert die oben beschriebene Berechnungsweise nur insofern, als mindestens 82 % des vorherigen Nettoentgelts erreicht werden müssen." Im weiteren wird dann nochmals hervorgehoben, dass sich "die tarifliche Regelung an der gesetzlichen Regelung orientiert".

c. Dies bedeutet wiederum: Wenn bei der Beklagten keine Betriebsvereinbarung über Altersteilzeit existierte und die beiderseits tarifgebundenen Parteien lediglich den Tarifvertrag über Altersteilzeit hätten praktizieren wollen, so hätte zwar der durch den Aufstockungsbetrag zu erreichende Prozentsatz nicht 70, sondern 82 betragen. Ansonsten wäre jedoch genau die auch im Rahmen des § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) geltende pauschalierende Berechnungsweise zur Anwendung gelangt.

4. Warum nur deshalb etwas anderes gelten soll, weil die Beklagte mit ihrer Betriebsvertretung eine Betriebsvereinbarung Altersteilzeit abgeschlossen hat, in welcher der durch den Aufstockungsbetrag zu erreichende Prozentgrad nochmals gegenüber dem Tarifvertrag von 82 auf 85 erhöht wird, vermag nicht festgestellt zu werden.

a. Zwar besagt das sog. Günstigkeitsprinzip, dass im Anwendungsbereich des § 7 TV Altersteilzeit Metall NRW auch Vereinbarungen zulässig sind, die nicht nur einen günstigeren Prozentgrad als 82, sondern auch eine für die Arbeitnehmer günstigere Berechnungsmethode zur Ermittlung des Aufstockungsbetrages beinhalten. Weder Abschnitt 4.3 der Betriebsvereinbarung Altersteilzeit vom 08.04.1999 noch der auf dieser Betriebsvereinbarung beruhende, zwischen Kläger und Beklagter geschlossene individuelle Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 17.12.1999 enthalten in dieser Hinsicht jedoch eine gegenüber dem Tarifvertrag günstigere Regelung.

aa. Abschnitt 4.3 der BV Altersteilzeit verhält sich über die Berechnung des Aufstockungsbetrages. Durch diesen sollen "mindestens 85 % des ohne Altersteilzeit gewöhnlich erzielte Nettoarbeitsentgelts ... erreicht werden". Das "gewöhnlich erzielte Nettoarbeitsentgelt" wird sodann in einem Klammerzusatz näher definiert: Der erste Teil des Klammerzusatzes "Monatsentgelt laut Form DB ... Vermögenswirksame Leistungen" bezieht sich dabei wiederum nur auf den Ausgangsbetrag des früheren Vollzeitbruttomonatsentgelts des Klägers, dessen Berechnungshöhe zwischen den Parteien nicht streitig ist. Entscheidend ist somit die im zweiten Teil des Klammerzusatzes enthaltene Formulierung "verringert um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge". Es fällt dabei auf, dass sich diese Formulierung - offenbar bewusst - eng an die entsprechende Formulierung in § 7 Abs. 1 TV Altersteilzeit Metall NRW anlehnt, welche ihrerseits wiederum nahezu mit der Formulierung in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG identisch ist. In Abschnitt 4.3 Abs. 2 BV Altersteilzeit fehlen gegenüber der tariflichen Formulierung lediglich die Worte "bei den Beschäftigten". Dies ist jedoch zwanglos durch eine gewollte sprachliche Verkürzung zu erklären, die der Funktion eines bloßen Klammerzusatzes in einem ohnehin bereits umfangreich geratenen Satzgebilde entspricht. Dass damit eine inhaltliche Abweichung von der tariflichen Vorschrift zum Ausdruck gebracht werden sollte, ist jedenfalls nicht erkennbar.

bb. Vielmehr wird der Eindruck, dass Abschnitt 4.3 Abs. 2 BV Altersteilzeit inhaltlich dasselbe bedeuten soll wie § 7 Abs. 1 TV Altersteilzeit Metall NRW vollends bestätigt durch Abschnitt 4.3 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung. Dort heißt es nämlich ausdrücklich, dass der Aufstockungsbetrag "nach Maßgabe des § 7 TV ATZ gezahlt" wird. Was somit die Anwendbarkeit der pauschalierenden Berechnungsmethode des § 7 Abs. 1 TV Altersteilzeit angeht, so enthält Abschnitt 4.3 der Betriebsvereinbarung Altersteilzeit keine für den Kläger günstigere Regelung.

b. Dasselbe gilt schließlich auch für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag vom 17.12.1999.

aa. § 5 Ziffer 2 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag ist wortgleich mit Abschnitt 4.3 Abs. 2 BV Altersteilzeit. Für die Auslegung dieser Passage des Altersteilzeit-Arbeitsvertrages kann somit zunächst auf die obigen Ausführungen zur Auslegung der Betriebsvereinbarung verwiesen werden. Dabei enthält auch § 4 Ziffer 1 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Aufstockungsbetrag "gemäß der Betriebsvereinbarung und dem Tarifvertrag Altersteilzeit" gezahlt wird.

bb. Zwar hat das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht in jeder Hinsicht denselben Auslegungsgrundsätzen unterliegt, wie eine normative Regelung in einem Gesetz, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Vielmehr ist bei der Auslegung des zwischen den Parteien unmittelbar abgeschlossenen Vertrages maßgeblich der Empfängerhorizont des Klägers zu berücksichtigen. Dementsprechend ist einzuräumen, dass die Formulierung "gewöhnlich anfallende gesetzliche Abzüge" in § 5 Ziffer 2 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag isoliert betrachtet nach der wörtlichen Auslegungsmethode unterschiedliche Bedeutungsinhalte haben kann. Neben der oben explizierten Auslegung im gesetzlichen und tarifvertraglichen Sinne käme auch eine Auslegung des Wortes "gewöhnlich" im zeitlichen Sinne in Betracht, etwa als Synonym für den Begriff "regelmäßig", und als Bezugsobjekt käme auch der Kläger als individueller Vertragspartner in Betracht.

cc. Sind Formulierungen für sich betrachtet jedoch nicht eindeutig, sind in einem zweiten Schritt die systematischen Zusammenhänge mit heranzuziehen. Hierzu gibt § 5 Ziffer 1 des Altersteilzeit-Arbeitsvertrages den eindeutigen Hinweis darauf, dass die arbeitsvertragliche Regelung eine Ausformung der Betriebsvereinbarung und des Tarifvertrages Altersteilzeit darstellen soll.

Daraus ergibt sich sodann die eindeutige Schlussfolgerung, dass der Altersteilzeit-Arbeitsvertrag hier in gleicher Weise auszulegen ist, wie die thematisch entsprechenden Regelungen der Betriebsvereinbarung und des Tarifvertrages Altersteilzeit. Dies gilt um so mehr, als § 5 Ziffer 2 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag Abschnitt 3.2 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung Altersteilzeit wörtlich entspricht. Zur Auslegung der Betriebsvereinbarung und des Tarifvertrags wurde aber bereits das Nötige ausgeführt.

5. Schließlich kann der Kläger die streitgegenständliche Forderung auch nicht aus einem Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen mangelhafter Aufklärung herleiten.

Der Kläger bemängelt, dass im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrages Mitte Dezember 1999 Erläuterungen und Rückfragen zu Einzelheiten des Altersteilzeit-Arbeitsvertrages einschließlich der Berechnungsvorgaben ergebnislos verlaufen seien. Es kann demgegenüber dahingestellt bleiben, wann und in welcher Version die Beklagte dem Kläger ihr "unverbindliches Rechenbeispiel" für die Berechnung von Altersteilzeitentgelt und Aufstockungsbetrag zur Verfügung gestellt hat (vgl. Bl. 142 d. A.). Dem Kläger ist einzuräumen, dass diese Unterlage in der Fassung, wie sie dem Gericht zur Kenntnis gelangt ist, wenig hilfreich erscheint, nicht nur, weil sie ausdrücklich nur als unverbindliches Beispiel deklariert wird, sondern weil sie auch offenkundige gravierende Fehler enthält (Berücksichtigung von Sonderzahlungen, die in Abschnitt 4.3 Abs. 2 BV Altersteilzeit ebenso wie in § 5 Ziffer 2 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag ausdrücklich ausgenommen sind). Auch wenn es somit wünschenswert gewesen wäre, wenn die Beklagte eine eindeutigere und inhaltsreichere Aufklärung des Klägers vor Vertragsabschluss hätte vorweisen können, so kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers dennoch schon aus zwei Gesichtspunkten nicht in Betracht:

a. Zum einen beruft sich der Kläger letztlich der Sache nach auf eigene Rechtsunkenntnis; denn der in § 5 Ziffer 2 Altersteilzeit-Arbeitsvertrag aufgegriffene Begriff der "gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge" hat in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) ATG für das Spezialgebiet des Altersteilzeitrechts eine eigene spezifische Ausprägung im Sinne eines terminus technicus erfahren.

b. Vor allem aber ist dem Kläger aus einer unter Umständen unzulänglichen Aufklärung seitens der Beklagten kein mit dem Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens korrespondierender Schaden entstanden: Der Kläger hat nämlich nicht einmal ansatzweise vorgetragen, dass er den Altersteilzeit-Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn er von der Beklagten über die Anwendung der pauschalierenden Berechnungsmethode des Aufstockungsbetrages vorher ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre. Das Berufungsgericht ist vielmehr vom Gegenteil überzeugt.

6. Bei alle dem war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG war die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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