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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 23.01.2006
Aktenzeichen: 7 Ta 26/06
Rechtsgebiete: GG, WRV, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 140
WRV Art. 137
ZPO § 935
ZPO § 940
1.) Art. 33 Abs. 2 GG ist auf privatrechtliche Anstellungsverhältnisse im kirchlichen Dienst (hier: Lehrer an kirchlicher Privatschule) nicht anwendbar.

2.) Die Klage eines Arbeitnehmers außerhalb des öffentlichen Dienstes, mit der er einen Anspruch auf eine ausgeschriebene Beförderungsstelle verfolgt, erledigt sich nicht ohne weiteres dadurch, dass der Arbeitgeber die Stelle anderweitig vergibt. Der aus dem Beamtenrecht stammende Grundsatz der sog. Ämterstabilität kann auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht erstreckt werden.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.01.2006 in Sachen 3 Ga 1/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe: I. Wegen des zu beurteilenden Sachverhalts wird auf die Antragsschrift vom 17.01.2006 und die Beschwerdeschrift vom 18.01.2006 nebst ihren jeweiligen Anlagen sowie die Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 18.01.2006 Bezug genommen. II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht Bonn hat den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gemäß Schriftsatz des Antragstellers vom 17.01.2006 im Ergebnis und in der Begründung zutreffend zurückgewiesen. 1. Das Beschwerdegericht legt in Anbetracht des Fehlens einer ausdrücklichen Antragstellung in der Beschwerdeinstanz die Beschwerdebegründung so aus, dass der Antragsteller beide in der Antragsschrift vom 17.01.2006 formulierten Verfügungsanträge in der Beschwerdeinstanz weiterverfolgt. 2. Wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, ist der auf Durchführung einer Neuauswahl gerichtete Verfügungsantrag zu 1) für sich betrachtet bereits nicht eilbedürftig. Er könnte ohne weiteres einem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, zu verhindern, dass sich ein derartiges Hauptsacheverfahren vorzeitig durch anderweitige Besetzung der begehrten Stellen erledigen könnte, ist bereits Gegenstand des Antrags zu 2). 3. Für den Antrag zu 2) fehlt es indessen sowohl an einem Verfügungsanspruch wie auch an einem Verfügungsgrund. a. Die Annahme des Arbeitsgerichts, Art. 33 Abs. 2 GG komme als Anspruchsgrundlage für den Antragsteller nicht in Betracht, ist nicht zu beanstanden. aa. Zwar ist der Begriff des "öffentlichen Amtes" in Art. 33 Abs. 2 GG weit auszulegen. Er kann aber nicht auf kirchliche Dienstverhältnisse erstreckt werden, und zwar ungeachtet des Umstands, dass die Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts konstituiert ist (LAG Köln, NZA-RR 2001, 612; Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 33 Rdnr. 15, von Münch/Kunig, Grundgesetz, 5. Auflage, Art. 33 Rdnr. 22, jeweils m. w. N.). Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 1 bis 3 WRV gesteht den Religionsgemeinschaften das Recht zur Selbstbestimmung in innerkirchlichen Angelegenheiten zu, zu denen auch die Personalentscheidungen gehören. Das schließt für letztere eine Qualifizierung als Akte öffentlicher Gewalt im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG aus (von Münch/Kunig, a. a. O.). Dass die Grundsätze, nach denen der öffentliche Dienst sein Personal rekrutiert und befördert, auch von der Sache her nicht ohne weiteres auf kirchliche Dienstverhältnisse übertragbar sind, zeigt sich auch daran, dass sich kirchliche Dienstnehmer wie der Antragsteller in ihren Anstellungsverträgen z. B. verpflichten, die "gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geiste des katholischen Bildungsideals und der übrigen vom Schulträger und der Schule erstrebten besonderen Bildungsideale gewissenhaft zu leisten" (§ 2 des Anstellungsvertrages des Antragstellers). bb. Zwar heißt es, wie vom Antragsteller zitiert, in § 2 letzter Absatz des Anstellungsvertrages auch: "Im übrigen gelten für alle Rechte und Pflichten... sinngemäß die Grundsätze, die allgemein für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen maßgebend sind". Dies gilt jedoch ausdrücklich nur mit der Einschränkung "soweit diese Grundsätze nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen". Die spezifische Zugangsregelung zu einem öffentlichen Amte im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG wird daher auch durch § 2 letzter Absatz des Anstellungsvertrages des Antragstellers nicht Bestandteil des Dienstverhältnisses der Parteien. cc. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Privatschulträger der staatlichen Schulaufsicht unterliegt. Die Aufsichtsfunktion des Staates über die schulische Betätigung des Antragsgegners ändert nichts daran, dass das privatrechtliche Anstellungsverhältnis des Antragstellers zum Antragsgegner nicht als dem öffentlichen Dienst zugehörig qualifiziert werden kann. b. Darüber hinaus fehlt es aber auch an einem Verfügungsgrund. Ein solcher kann nicht daraus hergeleitet werden, dass sich ein Hauptsacheverfahren um die Besetzung der vom Antragsteller begehrten Beförderungsstelle dadurch erledigen würde, dass der Antragsgegner den entsprechenden Änderungsvertrag mit dem von ihm ausgewählten Stellenbewerber abschließt. aa. Der aus dem Beamtenrecht stammende Grundsatz der sog. Ämterstabilität (VG Oldenburg vom 09.09.2004, 6 B 3234/04), den das Bundesarbeitsgericht auch auf arbeitsrechtliche Verträge im öffentlichen Dienst ausdehnt (z. B. BAG NZA 2003, 324 ff.), kann außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht ohne weiteres auf Arbeitsverhältnisse zu Privatarbeitgebern erstreckt werden. Derzeit ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner rechtlich verpflichtet war, eine der streitigen Beförderungsstellen dem Antragssteller zu übertragen. Würde sich in einem Hauptsacheverfahren dennoch ein solcher Anspruch herausstellen, so könnte er auch nachträglich noch trotz anderweitiger Stellenbesetzung im Wege der Naturalrestitution durchgesetzt werden. Das zu den Konkurrentenklagen im öffentlichen Dienst entwickelte Kernargument des Bundesarbeitsgerichts, es obliege allein dem Haushaltsgesetzgeber, darüber zu bestimmen, wie viele Planstellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden, und mit einer Doppelbesetzung der Stelle würde in die Organisationsgewalt der öffentlichen Hand unzulässig eingegriffen (BAG a. a. O.), kann auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes ersichtlich nicht übertragen werden. Weder ist zu unterstellen, dass eine sich nachträglich als rechtswidrig erweisende Besetzung der Beförderungsstelle mit einem anderen Bewerber generell nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, noch würde eine im Wege des Schadensersatzes zu erfüllende Verpflichtung zur Übertragung einer inzwischen anderweitig besetzten Beförderungsstelle "unzulässig in die Organisationsgewalt der öffentlichen Hand" eingreifen, wenn sie zu einer "Doppelbesetzung" führte. bb. Dies gilt um so mehr, als es im vorliegenden Fall nicht um eine Beförderung auf eine Stelle geht, die mit einer Zuweisung einer anderen Tätigkeit oder Funktion (z. B. Schulleiterstelle o. ä.) verbunden wäre, sondern um eine Beförderung bei vollständig oder zumindest im Wesentlichen gleichbleibender Tätigkeit, die einer reinen Höhergruppierung nahe kommt. cc. Selbst nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum öffentlichen Dienst ist anerkannt, dass zu Unrecht übergangene Beförderungsbewerber auch dann zumindest noch einen auf Geldersatz gerichteten Schadensersatzanspruch beanspruchen können, wenn die von ihnen zu beanspruchende Stelle rechtswidrig und schuldhaft anderweitig vergeben wurde. c. Aus alledem folgt: Der Erlass der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Verfügung ist zur Sicherung oder Verwirklichung seines vermeintlichen Rechts auf Neuvornahme der Auswahl der Bewerber für die streitgegenständlichen Beförderungsstellen am Erzbischöflichen S -A -Gymnasium in B nicht erforderlich. III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO. Gegen die vorliegende Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft (vgl. BAG NZA 2003, 399; BGH NJW 2003, 69).

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