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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 7 Ta 89/07
Rechtsgebiete: RVG VV, RVG


Vorschriften:

RVG VV Nr. 3101
RVG VV Nr. 3104 der Anlage 1
RVG § 15
Gemäß Gebührentatbestand Nr. 3101 Ziff. 2 der Anlage 1 zum RVG fällt eine Verhandlungsgebühr mit dem Faktor 0,8 unter anderem dafür an, dass der Anwalt vor Gericht Verhandlungen zur Einigung über solche Ansprüche führt, die "in diesem Verfahren nicht rechtshängig" sind. Dabei ist nicht zwischen solchen Gegenständen zu differenzieren, die nirgendwo anhängig sind und solchen, die zwar nicht im laufenden Verfahren, wohl aber in einem anderen Gerichtsverfahren rechtshängig sind.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27.10.2006 hin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen in der Fassung des Beschlusses vom 24.10.2006 antragsgemäß abgeändert: Die Kosten werden auf insgesamt 1.785,94 € festgesetzt, wovon 508,30 € zuzüglich Mehrwertsteuer auf die Verfahrensgebühr und 424,80 € zuzüglich Mehrwertsteuer auf die Terminsgebühr entfallen.

Gründe:

I. Die Parteien schlossen in dem Verfahren Arbeitsgericht Aachen 1 Ca 615/06 h am 09.03.2006 einen rechtskräftigen Vergleich, nachdem dem Kläger zuvor Prozesskostenhilfe für das Verfahren und den Vergleich einschließlich eines sogenannten Mehrvergleichs unter Beiordnung des beschwerdeführenden Anwalts bewilligt worden war. In dem Vergleich vom 09.03.2006 wurde der laufende Rechtsstreit erledigt, ferner der weitere Rechtsstreit Arbeitsgericht Aachen 1 Ca 4956/05 h sowie weitere Streitgegenstände, die bisher nicht rechtshängig waren. Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert für das Verfahren 1 Ca 615/06 h auf 11.309,67 € fest, für das Verfahren 1 Ca 4956/05 h ebenfalls auf 11.309,67 € und für den Vergleich vom 09.03.2006 auf insgesamt 39.477,95 €.

Mit seiner PKH-Liquidation begehrt der Klägervertreter u.a. die Festsetzung folgender Gebühren:

eine Verfahrensgebühr in Höhe von 508,30 € zuzüglich Mehrwertsteuer, die sich errechnet, wenn man eine Verfahrensgebühr mit dem Faktor 1,3 aus dem Streitwert von 11.309,07 € zuzüglich einer Verfahrensgebühr mit dem Faktor 0,8 aus 28.168,88 € ansetzt, insgesamt bereinigt nach § 15 Abs. 3 RVG;

eine Terminsgebühr mit dem Faktor 1,2 aus einem Streitwert von 28.168,88 €, was einen Betrag in Höhe von 424,80 € zuzüglich Mehrwertsteuer ergibt.

In dem Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts wurde eine Verfahrensgebühr in Höhe von 460,20 € festgesetzt, die sich aus den nach § 15 Abs. 3 RVG bereinigten Teilgebühren mit dem Faktor 1,3 aus 11.309,67 € und mit dem Faktor 0,8 aus 16.858,81 € errechnet.

Als Terminsgebühr hat das Arbeitsgericht 295,20 € zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt, wobei es einen Streitwert für die Terminsgebühr von lediglich 11.309,67 € zugrunde gelegt hat.

Über die Festsetzung der Einigungsgebühr mit 586,50 € zuzüglich Mehrwertsteuer bestand zuletzt zwischen Klägervertreter und Gericht kein Dissens mehr. Dasselbe gilt für den Ansatz der Kostenpauschale in Höhe von 20,00 € netto.

II. Nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass auf der Grundlage der vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwerte der Kostenfestsetzungsantrag des Klägervertreters begründet ist.

1. Bei der Verfahrensgebühr ist der gesamte Mehrwert des Vergleichs vom 09.03.2006 zu berücksichtigen und entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht nur derjenige Teil davon, welcher bisher nirgendwo anders rechtshängig war.

a. Der Vergleich wurde in dem Verfahren 1 Ca 615/06 h geschlossen. Der Streitwert für dieses Verfahren betrug 11.309,67 €. Dem gegenüber hat das Arbeitsgericht den Vergleichsstreitwert auf 39.477,95 € festgesetzt. Daraus ergibt sich, dass sich der sogenannte Vergleichsmehrwert auf 28.168,88 € beläuft.

b. Gemäß Gebührentatbestand Nr. 3101 Ziffer 2 der Anlage 1 zum RVG fällt eine Verhandlungsgebühr mit dem Faktor 0,8 unter anderem dafür an, dass der Anwalt vor Gericht Verhandlungen zur Einigung über solche Ansprüche führt, die "in diesem Verfahren nicht rechtshängig" sind. Der Wortlaut der Vorschrift differenziert gerade nicht zwischen solchen Gegenständen, die nirgendwo rechtshängig sind und solchen, die zwar nicht im laufenden vorliegenden Verfahren, wohl aber in einem anderen Gerichtsverfahren rechtshängig sind. Entscheidend ist ausschließlich, dass sie nicht zu den Streitgegenständen des laufenden Verfahrens gehören, in welchem die Vergleichsverhandlungen geführt werden.

c. Dass diese Feststellung richtig ist, wird auch durch die Existenz des Unterabsatzes 1 zu dem Gebührentatbestand 3101 belegt. Setzt Ziffer 2 des Gebührentatbestands 3101, wie das Arbeitsgericht anzunehmen scheint, voraus, dass die Gegenstände, über welche die Vergleichsverhandlungen geführt werden, nirgendwo anhängig sind, so hätte die im Unterabsatz 1 enthaltene Anrechnungsvorschrift keinen Anwendungsbereich.

2. Ebenfalls ist nicht zu beanstanden, wenn der Klägervertreter der von ihm angesetzten Terminsgebühr nicht lediglich den Verfahrensstreitwert von 11.309,07 € zugrunde legt, sondern - zumindest auch - den nirgendwo rechtshängigen Teil des Vergleichsmehrwerts berücksichtigt und somit von einem Teilstreitwert in Höhe von 28.168,88 € ausgeht.

a. Das Sitzungsprotokoll vom 09.03.2006 lässt nicht darauf schließen, dass die Parteien vor Gericht insoweit lediglich beantragt haben, eine Einigung über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen, vgl. Gebührentatbestand Nr. 3104 Unterabs. 3. Vielmehr ist der Vergleich, und somit auch die Einigung über die in diesem Verfahren nicht anhängigen Streitgegenstände, aufgrund der Verhandlungen der Parteien im Rahmen des Gütetermins vom 09.03.2006 zustande gekommen. Davon geht auch die Stellungnahme der Bezirksrevision vom 16.05.2006 (PKH-Heft, Bl. 47) aus.

b. Zutreffend ist somit Unterabsatz 2 des Gebührentatbestands 3104. Aus diesem Unterabsatz geht hervor, dass sich die Terminsgebühr auch auf den Streitwert solcher "in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche" bezieht, über die in dem Termin Einigungsverhandlungen geführt wurden.

3. Inwieweit auf der Grundlage der Gebührentatbestände 3101 Unterabsatz 1 und 3104 Unterabsatz 2 Anrechnungen auf die in dem Verfahren 1 Ca 4956/05 h entstandenen Gebühren stattzufinden haben, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerdeentscheidung.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.

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