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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.06.2002
Aktenzeichen: 7 TaBV 24/01
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB
Vorschriften:
BetrVG § 77 Abs. 5 | |
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10 | |
BGB § 613a Abs. 1 S. 2 |
2) Nicht immer dann, wenn Betriebsvereinbarungen Aussagen zur Vergütungshöhe enthalten, haben sie damit auch die Höhe des Vergütungsniveaus selbst "geregelt" (vgl. auch LAG Köln NZA-RR 1999, 481).
3) Die These, dass das sog. Ablösungsprinzip immer dann eine vorherige Kündigung der abzulösenden Betriebsvereinbarung voraussetzt, wenn die ablösende Regelung im Rahmen einer Einigungsstelle getroffen wird, läßt sich gesetzlich nicht belegen.
4) § 613a l 2 BGB ist teleologisch zu reduzieren: Die nach dieser Vorschrift ins Individualrecht transformierten, originär kollektivrechtlich begründeten Ansprüche sind gegenüber einer Ablösung durch neue kollektivrechtliche Regelungen nicht weitergehender geschützt, als sie es in ihrer früheren kollektivrechtlichen Erscheinungsform gewesen waren (Anschluss an BAG, a.a.O.).
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 7 TaBV 24/01
Verkündet am: 19.06.2002
In dem Beschlussverfahren
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Anhörung vom 19.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Czinczoll als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Susewind und Mitrenga
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln, Az. 18 (14) BV 224/99, vom 02.02.2001 abgeändert:
Der Antrag des Antragstellers vom 06.12.1999 wird zurückgewiesen.
Auch der Hilfsantrag vom 19.06.2002 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
A. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit von fünf Einigungsstellensprüchen einer Einigungsstelle zum Thema "Freiwillige soziale Leistungen".
Zunächst wird auf den Text der fünf angefochtenen Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 und die gemeinsame Begründung zu diesen Sprüchen Bezug genommen (Bl. 67 ff. d.A.).
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird sodann auf die Tatbestandsdarstellung unter Abschnitt I der Gründe des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 02.02.2001 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat dem Anfechtungsbegehren des Gesamtbetriebsrats stattgegeben. Diese Entscheidung hat es im wesentlichen damit begründet, dass die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit überschritten habe. Sie habe nämlich in den fünf angefochtenen Sprüchen Festlegungen über die Höhe der Leistungen getroffen, die nicht der (erzwingbaren) Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entsprächen.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Arbeitgeberin am 02.03.2001 zugestellt. Sie hat hiergegen am 29.03.2001 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde nach entsprechender Verlängerung der Frist am 30.05.2001 begründet.
Die Beschwerdeführerin tritt der Auffassung des Arbeitsgerichts entgegen und führt im einzelnen aus, warum ihrer Auffassung nach die Einigungsstelle mit ihren Sprüchen vom 16.11.1999 keine eigene materiell-inhaltliche Entscheidung über die Höhe der jeweiligen Leistungen getroffen habe. Vielmehr habe die Einigungsstelle in allen fünf Sprüchen eine Verteilungsentscheidung über die Grundsätze der Gewährung der jeweiligen Leistung getroffen. Diese habe im wesentlichen darin bestanden, dass der Anknüpfungspunkt für die Verteilung der Gesamtaufwendungen für die betroffenen Sozialleistungen geändert worden sei: Während die Vorgängerregelungen der Einigungsstellensprüche jeweils an die Höhe des individuellen Gehaltes der Leistungsempfänger angeknüpft habe, würden die von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Gesamtaufwendungen nunmehr gleichmäßig in Höhe eines einheitlichen Fixbetrages verteilt.
Die Beschwerdeführerin hat sich sodann auf das Urteil des LAG Düsseldorf in Sachen 5 Sa 916/00 vom 10.08.2000 und schließlich auf die hierzu ergangene Revisionsentscheidung des BAG in Sachen 1 AZR 619/00 vom 14.08.2001 bezogen.
Die Beteiligte zu 2) als Arbeitgeberin, Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln 18 (14) BV 224/99 vom 02.02.2001 den Antrag des Antragstellers vom 06.12.1999 zurückzuweisen.
Der Gesamtbetriebsrat als Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragt er,
die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 insoweit unwirksam sind, als sie vor dem 16.02.2000, insbesondere für 1999, Wirkungen erzeugen sollen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
auch den Hilfsantrag der Gegenseite zurückzuweisen.
Der Gesamtbetriebsrat als Beschwerdegegner hält ungeachtet des Umstands, dass das BAG in der vorzitierten Entscheidung vom 14.08.2001 die vorliegend angegriffenen Einigungsstellensprüche inzidenter als wirksam angesehen hat, an seiner vom Arbeitsgericht bestätigten gegenteiligen Auffassung fest. Der Gesamtbetriebsrat meint, entgegen der Auffassung des BAG habe die Einigungsstelle zumindest auch eine Entscheidung zur Höhe der betroffenen Sozialleistungen getroffen. Die Einigungsstelle habe lediglich die Vorgaben der Arbeitgeberin insoweit durch Spruch umgesetzt und hinsichtlich der Verteilung keinerlei eigenen Spielraum gehabt.
Verfehlt sei auch die Ansicht des BAG, dass hinsichtlich der vorangegangenen Betriebsvereinbarung kein Kündigungserfordernis oder ein ähnliches Äquivalent bestanden habe und nur auf das Ablösungsprinzip abzustellen sei. Dabei habe das BAG nicht berücksichtigt, dass es der Einigungsstelle nicht zustehe, im gleichen Umfang über betriebsverfassungsrechtliche oder sonstige kollektivrechtliche Sachverhalte zu disponieren, wie es den Betriebsparteien freiwillig und einvernehmlich möglich wäre.
Darüber hinaus habe die Einigungsstelle ihr Ermessen aus einem weiteren Grund zumindest hinsichtlich der Jahressonderzahlung 1999 nicht ordnungsgemäß ausgeübt: Eine Vielzahl von Mitarbeitern der Arbeitgeberin hätten eine Vereinbarung über eine Direktversicherung abgeschlossen. Im Rahmen dieser Vereinbarung seien mit der November-Abrechnung des jeweiligen Jahres 2400,-- DM netto aus den Bezügen der jeweiligen Mitarbeiter an die Direktversicherung abzuführen. In den entsprechenden Verträgen heiße es insoweit: "Die Zahlung erfolgt aus einem Teil des Weihnachtsgeldes." Daraus folge, dass zumindest zwischen diesen Mitarbeitern und der Arbeitgeberin eine besondere individualrechtliche Vereinbarung über die Höhe der Jahressonderzahlung bestanden habe, nämlich des Inhalts, dass eine Jahressonderzahlung geschuldet sei, die zu einem Auszahlungsbetrag von mindestens 2.400,-- DM netto führe. Diese Vereinbarung sei einer verschlechternden kollektivrechtlichen Regelung nicht zugänglich. In Wirklichkeit hätten diese Mitarbeiter im Jahre 1999 nunmehr aufgrund der für sie ausgesprochen überraschenden Entscheidung der Einigungsstelle, auf die sie sich nicht gehörig hätten einstellen können, wegen des an die Direktversicherung abzuführenden Betrages im Monat November das niedrigste Nettomonatsgehalt des ganzen Jahres erhalten. Dabei spiele es dann auch keine Rolle, dass die Arbeitgeberin bereit gewesen sei, in solchen Fällen Arbeitgeberdarlehen zu gewähren. Die Einigungsstelle habe bei ihrem Spruch somit nicht berücksichtigt, dass ein Spruch mit Wirksamkeit schon für das Jahr 1999 für die betreffenden Mitarbeiter von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Jedenfalls hinsichtlich der Jahressonderzahlung 1999 sei der Einigungsstellenspruch unter Verletzung der Kündigungsfrist des § 77 Abs. 5 BetrVG in Kraft gesetzt worden.
Weiter macht sich der Beschwerdegegner die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu eigen, die in dem Individualverfahren LAG Düsseldorf 9 Sa 1163/00 erhoben wurde, nachdem das LAG Düsseldorf in seiner dortigen Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Urteil des BAG vom 14.08.2001 angenommen hatte, der Einigungsstellenspruch vom 16.11.1999 habe die vorangegangene Regelung mit sofortiger Wirkung abgelöst. Wenn das LAG Düsseldorf ausgeführt habe, dass, ebenso wie die Betriebspartner ohne Einhaltung von Kündigungsfristen jederzeit eine Betriebsvereinbarung ablösen könnten, dies auch durch Spruch einer Einigungsstelle geschehen könnte, so liege dem der Rechtssatz zugrunde, dass die Einigungsstelle formal- und materiellrechtlich durch Spruch alles das entscheiden könne, was die Betriebsparteien selbst im Rahmen der obligatorischen Mitbestimmung regeln könnten. Ein solcher Rechtssatz widerspreche jedoch einem Urteil des BAG vom 17.10.1989 (NZA 1990, 399 ff.), wo ausgeführt sei, dass eben nicht jede Regelung, die die Betriebspartner einvernehmlich treffen könnten, auch Inhalt des Spruches einer Einigungsstelle sein könne.
Ergänzend verweist der Beschwerdegegner ferner auch auf die Revisionsbegründung des betroffenen Arbeitnehmers in dem Verfahren LAG Düsseldorf 5 Sa 916/00.
B.I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht erhoben und begründet.
II. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 02.02.2001 und zur Zurückweisung des gegen die Rechtswirksamkeit der Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 gerichteten Antrags des Gesamtbetriebsrats. Auch der in der Beschwerdeinstanz zusätzlich gestellte Hilfsantrag des Gesamtbetriebsrats konnte keinen Erfolg haben. Die Einigungsstellensprüche der Einigungsstelle "Freiwillige soziale Leistungen" vom 16.11.1999 zu den Themen Jahressonderzahlung, Sterbegeld, Geburts- und Jubiläumszuwendungen, Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen sind so, wie sie getroffen wurden, ohne Abstriche rechtswirksam.
1. Das Beschwerdegericht vermag die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht zu teilen, dass die Sprüche der Einigungsstelle vom 16.11.1999 den Rahmen der nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erzwingbaren Mitbestimmung überschritten hätten, indem sie Festlegungen über die Höhe der Leistungen getroffen hätten. Im Ausgangspunkt besteht dabei Einigkeit darüber, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die Lohnhöhe selbst, bzw. den "Dotierungsrahmen" bei sog. freiwilligen Leistungen nicht erfasst (BAG GS AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, Betriebsverfassungsgesetz, 21. Auflage, § 87 Rz. 447 f. m.w.N.). Jedoch nicht immer dann, wenn Betriebsvereinbarungen Aussagen zur Vergütungshöhe enthalten, haben sie damit auch die Höhe des Vergütungsniveaus selbst "geregelt" (LAG Köln NZA-RR 1999, 481). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens eine finanzielle Gesamtausstattung für die streitgegenständlichen sozialen Leistungen vorgegeben hat und der Spruch der Einigungsstelle diesen Dotierungsrahmen einhält (LAG Köln a.a.O.). Gerade im vorliegenden Verfahren läßt die Begründung der Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999 keinen Zweifel daran, dass die Einigungsstelle sich dieser Grenze des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG voll bewußt war und den Willen hatte, durch ihre Sprüche lediglich eine Verteilungsregelung aufzustellen, sich also im Rahmen der vorgegebenen Mitbestimmungsgrenzen zu bewegen.
2. Demgegenüber ist auch der Einwand des Beschwerdegegners unerheblich, dass die Einigungsstelle "keinerlei Verteilungsspielraum" gehabt habe, sondern lediglich "den Vorgaben der Arbeitgeberin auf Herabsetzung der Jahressonderzahlung mit einer Entlastung des Unternehmens von ca. 8 Mio. DM jährlich entsprochen und die Vorgaben der Beteiligten zu 2) insoweit durch Spruch umgesetzt" habe. Der Beschwerdegegner vermengt mit dieser Argumentation in unzulässiger Weise die Gesichtspunkte der Aufstellung von Grundsätzen über die Verteilung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel - für die das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gedacht ist - und die Frage nach der Höhe der zur Verfügung zu stellenden finanziellen Gesamtmittel, also dem sogenannten Dotierungsrahmen, wofür gerade kein Mitbestimmungsrecht besteht. Hinsichtlich letzterem hat sich die Einigungsstelle - wie aus der Begründung der Sprüche ausdrücklich hervorgeht, notgedrungen - an die Vorgabe des Arbeitgebers gehalten.
Dass auch hinsichtlich der Verteilungsgrundsätze der Vorschlag der Arbeitgeberin übernommen wurde, lag jedoch nicht daran, dass insoweit kein Spielraum bestanden hätte, sondern daran, dass die Beisitzer des Antragstellers in der Einigungsstelle, wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung unwidersprochen vorgetragen hat, auf ausdrückliches Befragen erklärt haben, dass sie keine eigenen abweichenden Verteilungsvorstellungen hätten und nicht bereit seien, sich an einer inhaltlichen Gestaltung der Regelung zu beteiligen. Dass der Sache nach für eine Regelung von Verteilungsgrundsätzen von vorneherein kein Spielraum bestanden hätte, ist unzutreffend. Bestand die arbeitgeberseitige Dotierungsvorgabe darin, dass pro Kopf der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter ein Fixbetrag von 2.000,-- DM brutto zur Verfügung gestellt werden sollte (und für die teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter ein entsprechender anteiliger Betrag), so hätte in einem vereinfachten rein mathematischen Beispiel die Verteilung theoretisch auch so geregelt werden können, dass die Hälfte der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter einen Fixbetrag von 1.500,-- DM brutto bekäme, die andere Hälfte dafür 2.500,- DM brutto. Denkbar wäre aber beispielsweise auch gewesen, die Höhe der Jahressonderzahlung weiterhin in einem prozentualen Anteil des jeweiligen individuellen Arbeitnehmereinkommens auszudrücken. Um sicher zu stellen, dass dabei der vom Arbeitgeber vorgegebene mathematische Durchschnittsbetrag von 2.000,-- DM brutto pro Vollzeitbeschäftigtem nicht überschritten wird, hätte als Bezugsgröße die statistische Höhe der Einkommen an einem bestimmten Stichtag festgelegt werden können. Letztlich weist die Beschwerdeführerin auch zutreffend darauf hin, dass die Einigungsstelle dadurch, dass sie in Ermangelung anderweitiger Vorschläge der Antragstellerseite hinsichtlich der Verteilungsgrundsätze den Vorschlag der Arbeitgeberin übernommen hat, damit gerade eine Regelung über die Verteilung der für die Jahressonderzahlung zur Verfügung stehenden Mittel getroffen hat (Fixbeträge statt individuell einkommensabhängige Bemessung), die von dem Verteilungsmechanismus der Vorgängerregelung abweicht.
3. In seiner Entscheidung vom 14.08.2001 in Sachen 1 AZR 619/00 hat sich das BAG inzwischen ausdrücklich mit der Rechtswirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 16.11.1999 bezüglich der Jahressonderzahlung befasst und dessen Rechtswirksamkeit in Kenntnis sämtlicher im Rahmen der dort eingelegten Revision vorgebrachten Einwände bejaht. Das BAG hatte sich dabei mit der Frage der Rechtswirksamkeit des Einigungsstellenspruchs inzidenter als Vorfrage für die Beurteilung des im dortigen Verfahren geltend gemachten Individualanspruchs zu befassen. Dementsprechend entfaltet die Entscheidung des BAG zwar für das vorliegende Verfahren im prozessrechtlichen Sinne keine Bindungswirkung. Gleichwohl folgt das Beschwerdegericht den Ausführungen des BAG zur Rechtswirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 16.11.1999 über die Jahressonderzahlung, weil es sie im Ergebnis für zutreffend und in der Begründung für überzeugend hält. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich das Beschwerdegericht die den Beteiligten bekannten Gründe des BAG-Urteils vom 14.08.2001 ausdrücklich zu eigen, insbesondere die dortigen Ausführungen unter A II.
4. Was das BAG in der vorzitierten Entscheidung zum Einigungsstellenspruch über die Jahressonderzahlung ausführt, gilt sinngemäß auch für die vier weiteren Einigungsstellensprüche vom 16.11.1999, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Insoweit bestehen keine entscheidungserheblichen Besonderheiten gegenüber dem Spruch in Sachen Jahressonderzahlung.
5. Auch die Ausführungen des Beschwerdegegners in der Beschwerdeerwiderungsschrift vom 27.05.2002 sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
a. Soweit der Beschwerdegegner in der Beschwerdeerwiderung auf die Ausführungen in der Revisionsschrift zum Verfahren LAG Düsseldorf 5 Sa 916/00 Bezug nimmt, erübrigt sich ein erneutes Eingehen hierauf, da diese Ausführungen vom BAG in seinem Urteil vom 14.08.2001 bereits beurteilt worden sind.
b. Dem Beschwerdegegner kann auch nicht darin gefolgt werden, wenn er -u.a. auch unter Bezugnahme auf das Vorbringen in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren 1 AZN 270/02 - darauf hinaus will, dass der Einigungsstellenspruch nicht ohne vorherige Kündigung der bis dahin bestehenden Regelungen eine ablösende Neuregelung hätte in Kraft setzen dürfen. Das BAG hat zutreffend ausgeführt, dass es einer solchen Kündigung nicht bedurfte.
aa. Was die Betriebsvereinbarung 1995 als vorangehende kollektivrechtliche Regelung angeht, konnte das Erfordernis einer Kündigung schon deshalb nicht mehr in Betracht kommen, weil die BV 95 bereits aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beschwerdeführerin und des damit verbundenen Verlustes der betrieblichen Identität ihre normative Geltung verloren hatte (BAG a.a.O. unter A II 1).
bb. Überdies läßt sich die These, dass das sog. Ablösungsprinzip immer dann eine vorherige Kündigung der abzulösenden Betriebsvereinbarung voraussetzt, wenn die ablösende Regelung im Rahmen einer Einigungsstelle getroffen wird, gesetzlich nicht belegen. Das In-Kraft-Treten einer neuen Betriebsvereinbarung über denselben Regelungsgegenstand stellt vielmehr einen allgemein anerkannten Beendigungsgrund für eine Betriebsvereinbarung dar, welcher selbständig neben dem Beendigungsgrund der Kündigung im Sinne von § 77 Abs. 5 BetrVG steht (Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, a.a.O., § 77 Rz. 143 f. m.w.N.). Andererseits ist auch anerkannt, dass einem Einigungsstellenspruch selbst dann, wenn er einen die Arbeitnehmerschaft belastenden Inhalt hat, unter bestimmten Voraussetzungen sogar rückwirkende Kraft beigemessen werden kann (BAG AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung; BAG AP Nr.61 zu § 77 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, a.a.O., § 76 Rz. 89). Schließlich sieht gerade auch § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB eine Möglichkeit vor, bei der ohne Zutun der Betriebspartner oder einer Einigungsstelle eine für die Arbeitnehmer ungünstigere Betriebsvereinbarung allein durch den Eintritt eines Betriebsübergangs Wirksamkeit erlangen kann.
c. Aber auch was die nach § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB in das Individualrecht transformierten, früher kollektivrechtlich begründeten Ansprüche angeht, bedurfte es zum In-Kraft-Setzen einer ablösenden kollektivrechtlichen Regelung keiner wie auch immer gearteter "Kündigungen"; denn wie das BAG überzeugend näher begründet hat, bleibt den nach § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB ins Individualrecht transformierten, originär kollektivrechtlich begründeten Ansprüchen deren kollektivrechtlicher Ursprungscharakter insoweit weiter anhaften, als sie gegenüber der Ablösung durch neue kollektivrechtliche Regelung nicht weitergehend geschützt sein können, als sie es in ihrer früheren kollektivrechtlichen Erscheinungsform gewesen waren. Dem BAG ist darin zuzustimmen, dass diesbezüglich eine teleologische Reduktion des § 613 a Abs. 1 S. 2 BGG vorzunehmen ist (BAG a.a.O. unter A II 1 a 2. Absatz). Es wäre nämlich andernfalls in der Tat nicht zu erklären, warum der durch die Hilfskonstruktion des § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB ins Individualrecht mutierte Anspruch einen weitergehenden Schutz genießen sollte, als wenn die ursprüngliche kollektivrechtliche Regelung - z.B. bei fortbestehender Betriebsidentität - unverändert fortbestünde.
6. Auch dem in der Beschwerdeinstanz gestellten Hilfsantrag konnte kein Erfolg beschieden sein. Die Einigungsstelle hat nicht ihr Ermessen überschritten, in dem sie ihre Sprüche vom 16.11.1999 mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt hat. Dies gilt auch für den Spruch über die Jahressonderzahlung.
a. Wieso sich aus der vom Beschwerdegegner durch die Bezugnahme auf das Vorbringen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren 1 AZN 270/02 herangezogenen Entscheidung des BAG vom 17.10.1989 (NZA 1990, 399 ff.) ergeben soll, das die Einigungsstelle vorliegend nicht befugt gewesen sei, ihren Spruch mit sofortiger Wirkung in Kraft zu setzen, erschließt sich nicht. Wie bereits ausgeführt, kann es je nach Lage des Falles sogar in Betracht kommen, einen Einigungsstellenspruch rückwirkend in Kraft zu setzen (BAG a.a.O.).
b. Kein anderes Ergebnis vermag aus dem neuen Sachvortrag des Beschwerdegegners über die Verhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die mit der Beteiligten zu 2) eine Vereinbarung über eine Direktversicherung abgeschlossen haben, hergeleitet werden.
aa. Zunächst erscheint es dem Beschwerdegericht bereits fernliegend, aus den vom Beschwerdegegner geschilderten Vertragsgestaltungen schließen zu wollen, dass zwischen diesen Arbeitnehmern und der Beschwerdeführerin eine individualrechtliche Vereinbarung des Inhalts bestehe, dass die Jahressonderzahlung jedenfalls nicht geringer als 2.400,-- DM netto jährlich ausfallen dürfe. So, wie vom Antragsgegner geschildert, spielt die Jahressonderzahlung im Zusammenhang mit den Regelungen über eine Direktversicherung ersichtlich nur eine untergeordnete Rolle im Zusammenhang mit Abwicklungsmodalitäten. In Anbetracht der früher geltenden Höhe der jährlichen Jahressonderzahlung mag es den Vertragspartnern der Direktversicherungsvereinbarungen zweckmäßig erschienen sein, die von den Arbeitnehmern aufzubringende finanzielle Beteiligung an einer Direktversicherung auszahlungstechnisch vom "Weihnachtsgeld" abzuziehen. Die Änderung der Höhe der Jahressondervergütung mag nunmehr Anlass sein, die Abwicklungsmodalitäten bezüglich der Direktversicherungsbeiträge zu überarbeiten. Aus den vereinbarten Abwicklungsmodalitäten über die Direktversicherungsbeiträge auf einen konstitutiven Verpflichtungswillen der Arbeitgeberin zu schließen, in jedem Fall eine Jahressondervergütung in einer bestimmten Mindesthöhe garantieren zu wollen, ist jedoch nicht darstellbar, es sei denn, dass hierfür ausnahmsweise besondere, eindeutige Anhaltspunkte angeführt werden könnten. Der Antragsgegner ist jedoch jeglichen speziellen Anhaltspunkt in dieser Richtung schuldig geblieben.
bb. Schließlich kann in dem In-Kraft-Setzen des Einigungsstellenspruchs über die Jahressonderzahlung schon für das Jahr 1999 auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten kein zur Rechtsunwirksamkeit führender Ermessensfehler gesehen werden. Es trifft zwar zu, dass der Einigungsstellenspruch zu einem Zeitpunkt verabschiedet und in Kraft gesetzt wurde, als die Fälligkeit der Jahressonderzahlung für das laufende Kalenderjahr 1999 schon unmittelbar bevorstand. Andererseits hat die Beschwerdeführerin bereits in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 13.11.2000 substantiiert vorgetragen und durch zahlreiche Unterlagen belegt, dass ihre Vorstellungen über eine drastische Reduzierung der freiwilligen Sozialleistungen einschließlich der Jahressonderzahlung sowohl der Belegschaft wie auch dem Beschwerdegegner bereits seit Ende März 1999 bekannt waren und in der Folgezeit überdies auch zu erheblicher innerbetrieblicher Unruhe geführt hatten. Der Belegschaft und dem Beschwerdegegner mußte somit klar sein, dass die Beibehaltung eines Anspruchs auf Jahressonderzahlung in bisheriger Höhe auch schon für das laufende Kalenderjahr erheblich in Frage gestellt war.
cc. Des weiteren mußte die Einigungsstelle auch den Umstand in ihre Erwägungen mit einbeziehen, dass die Arbeitgeberin zur Begründung der Reduzierung ihrer Sozialleistungen auf erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten hinwies.
dd. Der späte Zeitpunkt, zu dem die Einigungsstellensprüche getroffen wurden, ist schließlich auch durch die Länge der Verhandlungen, bzw. Auseinandersetzungen der Beteiligten bedingt, die es mit sich brachten, dass schon die Einrichtung der Einigungsstelle erst in einem über zwei Instanzen geführten gerichtlichen Verfahren erreicht werden konnte.
In Anbetracht all dessen hat die Einigungsstelle dadurch, dass sie ihre Sprüche vom 16.11.1999 einschließlich desjenigen über die Jahressonderzahlung mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt hat, ihr pflichtgemäßes Ermessen im Ergebnis nicht verletzt.
7. Dazu, dass der Einigungsstellenspruch über die Jahressonderzahlung auch keine rechtswidrige Ungleichbehandlung enthält, hat ebenfalls bereits das BAG in seinem Urteil vom 14.08.2001 unter A II 2 c) 2. Abs. das Nötige ausgeführt. Ergänzend wird hierzu auf Abschnitt II 3 der Gründe des Einigungsstellenspruchs verwiesen.
III. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht ersichtlich, nachdem das BAG in seinem Urteil vom 14.08.2001 die vorliegend zur Entscheidung anstehenden Rechtsfragen in ihrem Kern bereits eindeutig beantwortet hat.
Ende der Entscheidung
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