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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 7 TaBV 3/06
Rechtsgebiete: TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG, BetrVG, KSchG, BGB


Vorschriften:

TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG § 1
TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG § 3
TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG § 4
TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG § 9
BetrVG § 78
BetrVG § 78 a
KSchG § 1 Abs. 2
BGB § 626
1. Die Auslegung der maßgebenden Vorschriften des TV Mitbestimmung TTC Deutsche Telekom AG ergibt, dass die Weiterbeschäftigung eines Auszubildendenvertreters nur dann entsprechend § 78 Abs. 4 Nr. 2 BetrVG aus betriebsbedingten Gründen unzumutbar ist, wenn im gesamten Konzern ein geeigneter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht (Anschluss an LAG Köln, Beschluss vom 24.01.2006 - 9 (2) TaBV 28/05 -).

2. Konkurrieren ein fachlich geeigneter Auszubildendenvertreter und ein sonstiger Mitarbeiter, ggf. auch ein solcher des Qualifizierungs- und Vermittlungsbetriebes "Vivento", um einen in der Jobbörse des Konzerns ausgeschriebenen Arbeitsplatz, so kommt dem Weiterbeschäftigungsinteresse des Auszubildendenvertreters aufgrund des Schutzzweckes des § 78 a Abs. 2 BetrVG regelmäßig der Vorrang zu.


Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.10.2005 in Sachen 5 BV 131/04 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um einen arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG.

Der Beteiligte zu 2), Antragsgegner und Beschwerdegegner, absolvierte aufgrund eines mit der Antragstellerin und Beschwerdeführerin abgeschlossenen Ausbildungsvertrages eine Berufsausbildung zum Fachinformatiker mit der Fachrichtung Systemintegration (FISI). Am 28.06.2004 bestand er seine Abschlussprüfung.

Seit Anfang 2002 wird die Berufsausbildung für sämtliche Unternehmen des Konzerns der Beschwerdeführerin exklusiv in deren Betrieb T T (TT) zentralisiert. Zum 01.03.2002 wurden sämtliche Auszubildenden einschließlich des Beschwerdegegners in den Betrieb TT versetzt. Der Betriebszweck des TT besteht darin, für den gesamten T konzern die Berufsausbildung im Sinne des BBiG sowie die berufliche Weiterqualifizierung durchzuführen. Beim TT werden (nur) die Ausbilder und das für die im TT anfallenden Verwaltungsaufgaben erforderliche Personal beschäftigt. Dagegen werden keine Auszubildenden beschäftigt mit dem Ziel, sie selbst zu Ausbildern zu machen.

Das TT untergliedert sich in seine Hauptverwaltung in B sowie bundesweit 39 sog. Berufsbildungsstellen. Die Auszubildenden sind jeweils ortsnah einer bestimmten Berufsbildungsstelle zugewiesen, wo sie ihre Schulungen und theoretischen Unterweisungen erhalten. Dies nimmt etwa ein Drittel ihrer Zeit in Anspruch. Während der übrigen Zeit erhalten die Auszubildenden ihre berufspraktische Ausbildung, die regelmäßig in anderen Betrieben des Unternehmens der Beschwerdeführerin oder auch in Betrieben anderer Konzernunternehmen stattfindet, welche in der Region der jeweiligen Berufsbildungsstelle angesiedelt sind. In berufspraktischer Hinsicht wurde der Beschwerdegegner u. a. auch ca. 10 Monate lang als Monteur ausgebildet und eingesetzt.

Die Struktur der für den Bereich der Ausbildung im Konzern der Beschwerdeführerin zuständigen Mitbestimmungsorgane richtet sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages Mitbestimmung TTC vom 26.11.2001. Auf den vollständigen Text dieses Tarifvertrages in der im Jahre 2004 gültigen Fassung (Bl. 32 bis 33 d. A.) wird Bezug genommen.

Der Beschwerdegegner absolvierte seine Ausbildung bei der Berufsbildungsstelle G . Er ist Mitglied der dort auf der Grundlage des § 4 TV Mitbestimmung TTC gebildeten Auszubildendenvertretung. Im Vorfeld seiner Abschlussprüfung, nämlich mit Schreiben vom 04.06.2004, beanspruchte der Beschwerdegegner seine Weiterbeschäftigung nach § 78 a BetrVG.

In dem vorliegenden, am 07.07.2004 beim Arbeitsgericht Göttingen anhängig gemachten Beschlussverfahren begehrt die Beschwerdeführerin, das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG mit dem Beschwerdegegner begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Mit Beschluss vom 13.09.2004 hat sich das Arbeitsgericht Göttingen für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Arbeitsgericht Bonn verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, es sei ihr aus betriebsbedingten Gründen gemäß § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 S. 1 TV Mitbestimmung TTC unzumutbar, den Beschwerdegegner weiterzubeschäftigen. Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sei immer dann gegeben, wenn kein der Qualifikation des Auszubildendenvertreters entsprechender freier Arbeitsplatz im Ausbildungsbetrieb im Zeitpunkt des Abschlusses der Ausbildung zur Verfügung stünde. Maßgeblich sei eine betriebsbezogene, also auf das TT beschränkte Betrachtungsweise. Keinesfalls komme es dagegen auf die in der Region der Berufsbildungsstelle G angesiedelten T betriebe oder gar auf etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Gesamtunternehmen oder im Konzern an. Im Übrigen bestehe ein Personalüberhang von ca. 18 000 Stammmitarbeitern, die in dem Betrieb V zusammengefasst seien, um intern und extern auf ihrer Qualifikation entsprechende freie Arbeitsplätze weitervermittelt werden zu können. Freie Arbeitsplätze seien daher diesen bereits vorhandenen Stammmitarbeitern vorrangig zu überlassen. Eine Verpflichtung, zusätzliche neue Arbeitsplätze zu schaffen, bestehe nicht.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat beantragt,

das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Die Beteiligten zu 2) bis 5) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrags- und Beschwerdegegner sowie die Beteiligten zu 3) bis 5) haben die Auffassung vertreten, dass es nicht auf freie Arbeitsplätze allein im Ausbildungsbetrieb TT ankomme, sondern auf das Gesamtunternehmen bzw. den Konzern abzustellen sei. Allein im Bereich der Berufsbildungsstätte G seien im Zeitraum 26.03. bis 06.10.2004 sieben freie und für den Beschwerdegegner geeignete Stellen vorhanden gewesen, u. a. eine zum 21.04.2004 ausgeschriebene Monteursstelle in G , das zum Bereich der Berufsbildungsstätte Göttingen gehöre. Zwischen dem 31.05. und 01.08.2004 seien in der sog. Jobbörse der Antragstellerin/Beschwerdeführerin ca. 444 freie Stellen für Berufsanfänger ausgeschrieben gewesen (Bl. 130 ff. d. A.), darunter zahlreiche Verkäufer-, Monteurs- und Sachbearbeiterstellen, die der Beschwerdegegner aufgrund seiner Ausbildung ausfüllen könne.

Mit Beschluss vom 19.10.2005 hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn den Antrag der Antragstellerin und Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Wegen der Gründe wird auf Abschnitt II des Beschlusses vom 19.10.2005 verwiesen.

Der arbeitsgerichtliche Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 27.12.2005 zugestellt. Sie hat hiergegen am 12.01.2006 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 10.03.2006 am 08.03.2006 begründet.

Die Beschwerdeführerin macht weiterhin geltend, dass eine Weiterbeschäftigung gemäß § 78 a BetrVG dem Arbeitgeber grundsätzlich dann unzumutbar sei, wenn bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses im Ausbildungsbetrieb kein freier Arbeitsplatz vorhanden sei. Dabei habe aber der Arbeitgeber das Recht zu bestimmen, welche Arbeiten von wie vielen Arbeitnehmern verrichtet werden sollen. In Anbetracht des Personalüberhangs von 18 000 Mitarbeitern habe sie, die Beschwerdeführerin, die grundlegende Entscheidung getroffen, Beschäftigungsbedarf nicht mit externen Einstellungen abzudecken, sondern vorrangig mit denjenigen Mitarbeitern abzudecken, denen aufgrund der Regelungen des TV Ratio eine langfristige Beschäftigungsperspektive gesichert werden müsse. So gesehen enthalte auch die sog. Jobbörse keine freien Arbeitsplätze in dem hier zugrunde zu legenden Sinne.

Unabhängig davon bleibt die Beschwerdeführerin auch bei ihrer Auffassung, dass nur auf freie Arbeitsplätze im Ausbildungsbetrieb abgestellt werden könne, also im Betrieb TT. Zu Unrecht und unter Verstoß gegen die BAG-Rechtsprechung habe das Arbeitsgericht dagegen auf andere Betriebe abgestellt, nämlich auf solche, die im Bereich der Berufsbildungsstelle G zur praktischen Unterweisung der Auszubildenden herangezogen würden. Konkret habe das Arbeitsgericht auch nicht auf die für G ausgeschriebene Monteurstelle abheben dürfen. Diese Stelle habe sie, die Beschwerdeführerin, nämlich zur Besetzung mit einem Kommunikationselektroniker vorgesehen gehabt. Es sei jedoch ihre Sache, dass Anforderungsprofil für freie Stellen zu bestimmen. Zwischenzeitlich habe die zuständige Organisationsleitung ohnehin entschieden, die Monteurstelle in G in 2005 ersatzlos abzubauen, was auch geschehen sei, nachdem sie vorübergehend mit einem befristet beschäftigten Kommunikationselektroniker aus V besetzt gewesen sei.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Der Antragsgegner/Beschwerdegegner sowie die Beteiligten zu 3) bis 5)

beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beschwerdegegner vertritt u. a. die Auffassung, dass § 78 a BetrVG vorliegend nicht nur aufgrund der Verweisung in § 3 Abs. 4 S. 1 TV Mitbestimmung TTC Anwendung finde, sondern originär kraft Gesetzes. Für die Auszubildenden seien nämlich die 39 Berufsbildungsstellen als eigenständige Betriebe im Sinne des § 3 BetrVG anzusehen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei für die Frage der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Antragsgegners im Rahmen des § 78 a BetrVG nicht nur auf alle Betriebe im Bezirk der Berufsbildungsstätte G abzustellen, sondern sogar eine konzernweite Prüfung vorzunehmen. An die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung seien strenge Anforderungen zu stellen. Dies erfordere der von § 78 a BetrVG bezweckte besondere Schutz der Amtsträger. Gründe, die gemäß § 1 Abs. 2 KSchG eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen könnten, reichten somit nicht aus.

Auch die Beteiligten zu 3) bis 5) vertreten die Auffassung, dass es für die Weiterbeschäftigungspflicht auf bundesweit freie Arbeitsplätze im Konzern ankommen müsse. Betriebliche Gründe, die die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung eines Auszubildendenvertreters begründen sollten, müssten nicht nur dringend, sondern zwingend sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den vollständigen Inhalt der Beschwerdebegründungsschrift, der Beschwerdeerwiderung des Beteiligten zu 2), der Beteiligten zu 3) bis 5) sowie der weiteren schriftsätzlichen Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 08.06.2006 Bezug genommen.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde gemäß § 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

III. In der Sache konnte die Beschwerde der Antragstellerin jedoch keinen Erfolg haben.

1. Unstreitig ist zwischen dem Beschwerdegegner und der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 TV Mitbestimmung TTC in Verbindung mit § 78 a Abs. 2 BetrVG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden. Der Beschwerdegegner hat als Auszubildender innerhalb der letzten 3 Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich von der Beschwerdeführerin seine Weiterbeschäftigung verlangt.

2. Die Beschwerdeführerin ihrerseits hat innerhalb von 2 Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses des Beschwerdegegners beim Arbeitsgericht den Antrag nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG gestellt, das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

3. Die Beschwerdeführerin hat jedoch keine Tatsachen darzulegen vermocht, aufgrund derer es ihr als Arbeitgeberin unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden könnte, den Beschwerdegegner weiterzubeschäftigen.

a. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist nach richtiger Ansicht auch bei dem Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG der Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses (BAG, AP Nr. 5, Nr. 9, Nr. 25 und Nr. 31 zu § 78 a BetrVG 1972; LAG Köln LAGE § 78 a BetrVG 1972 Nr. 13; GK-Kreutz, BetrVG Rdnr. 108; a. O.: Fitting, BetrVG, § 78 a Rdnr. 44).

b. Die Formulierung der Unzumutbarkeitsvoraussetzungen in § 78 a Abs. 4 BetrVG ist ersichtlich an die Vorschrift des § 626 Abs. 1 BGB über die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund angelehnt (ebenso Fitting, BetrVG, § 78 a Rdnr. 46).

aa. Gleichwohl können die für § 626 Abs. 1 BGB entwickelten Auslegungsgrundsätze nicht undifferenziert auf § 78 a Abs. 4 BetrVG übertragen werden. Während nämlich bei § 626 Abs. 1 BGB die Frage zu stellen ist, ob es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, den Arbeitnehmer auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen, geht es bei § 78 a Abs. 4 BetrVG darum, ob die Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Dauerarbeitsverhältnis zumutbar ist.

bb. Beachtet man diesen Unterschied, ist ansonsten gleichwohl auch im Rahmen des § 78 a Abs. 4 BetrVG eine an § 626 Abs. 1 BGB orientierte Auslegung gerechtfertigt und zwar in dem Sinne, dass auch die Auflösung eines nach § 78 a Abs. 2 BetrVG zustande gekommenen Anschlussarbeitsverhältnisses nur bei Vorliegen außerordentlicher Gründe gerechtfertigt sein kann (BAG AP Nr. 5 und Nr. 12 zu § 78 a BetrVG 1972; LAG Hamm DB 1978, 912; Fitting, BetrVG, § 78 a Rdnr. 46). Der Schutzzweck der Norm des § 78 a Abs. 2 BetrVG gebietet es, an den Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG strengere Anforderungen zu stellen als an die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG (BAG AP Nr.5 und Nr.26 zu § 78 a BetrVG; GK-Kreutz, § 78 a BetrVG Rdnr.92; Fitting, § 78 a BetrVG Rdnr.53; Reinecke DB 81, 894). Es entspricht allgemeiner gesetzlicher Intention, dass betriebsverfassungsrechtliche Funktionsträger einen herausgehobenen Schutz gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sollen beanspruchen können; denn die Eigenart ihres Amtes bringt es typischerweise mit sich, dass es zu massiven Interessenkonflikten mit der Arbeitgeberseite kommen kann. Zwar ist allgemein anerkannt, dass auch dringende betriebsbedingte Gründe eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen können. Aus dem Schutzzweck des § 78 a BetrVG heraus rechtfertigen betriebliche Gründe die Auflösung des nach § 78 a Abs.2 BetrVG entstandenen Arbeitsverhältnisses jedoch nur dann, wenn die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber schlechterdings nicht mehr zumutbar ist (BAG AP Nr. 5 und Nr. 26 zu § 78 a BetrVG; GK-Kreutz, BetrVG § 78 a Rdnr. 83; Fitting, BetrVG § 78 a Rdnr. 53; Reinecke DB 1981, 894; APS-Künzel, § 78 a BetrVG Rdnr. 101).

c. Dies vorausgeschickt macht die Beschwerdeführerin zu Unrecht geltend, dass ihr die Weiterbeschäftigung des Beschwerdegegners aus betriebsbedingten Gründen unzumutbar sei. Zu Unrecht stellt sie dabei für den vorliegenden Fall darauf ab, dass es für eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdegegners an einem freien Arbeitsplatz fehle.

aa. Zwar verpflichtet § 78 a Abs. 2 BetrVG den Arbeitgeber, wenn ansonsten ein für den Auszubildendenvertreter geeigneter freier Arbeitsplatz fehlte, grundsätzlich nicht, einen neuen, an sich nicht benötigten Arbeitsplatz zu schaffen, noch ist er gar gehalten, durch Kündigung eines anderen Arbeitnehmers einen solchen Arbeitsplatz frei zu machen (BAG AP Nr. 20 und Nr. 25 zu § 78 a BetrVG; Erfurter Kommentar/Hanau/Kania § 78 a BetrVG Rdnr. 9; Fitting, BetrVG § 78 a Rdnr. 55). Ebenfalls kann der Arbeitgeber anerkanntermaßen aufgrund von § 78 a Abs. 2 BetrVG nicht gezwungen werden, Arbeitsplätze, die er eigentlich einsparen will, wieder zu besetzen; denn die Vorgabe, welche Arbeiten im Betrieb mit welcher Anzahl von Arbeitnehmern verrichtet werden sollen, stellt eine der arbeitgeberischen Unternehmerfreiheit unterliegende Entscheidung dar (BAG AP Nr. 26 und Nr. 31 zu § 78 a BetrVG; BVerwG NZA-RR 1998, 190; Fitting, BetrVG a. a. O.).

bb. Alle diese Gesichtspunkte treffen aber nicht den vorliegenden Fall.

aaa. Zu Unrecht will die Beschwerdeführerin unter den Gesichtspunkt des Fehlens eines freien Arbeitsplatzes auch ihre These subsumieren, dass es ihr schon deshalb unzumutbar sei, einen Auszubildendenvertreter wie den Beschwerdegegner gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG weiterzubeschäftigen, da sämtliche etwaigen freien Arbeitsplätze, sei es im Betrieb, im Unternehmen oder im Konzern, vorrangig mit den in ihrem Betrieb V konzentrierten Stammmitarbeitern besetzt werden müssten, deren früherer Arbeitsplatz betriebsbedingt dem Wegfall geraten sei. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, dass es in der vorliegenden Konstellation nicht um einen Interessenkonflikt zwischen einem neu einzustellenden Mitarbeiter, der einen Einstellungsanspruch geltend macht, mit einem bereits im Arbeitsverhältnis stehenden etablierten Mitarbeiter geht, der einen sozialen Besitzstand zu verteidigen hat. Bei dem Anspruch aus § 78 a Abs. 2 BetrVG handelt es sich nämlich nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht um einen Einstellungsanspruch des Auszubildendenvertreters, sondern wenn, wie unstreitig im vorliegenden Fall gegeben, die Voraussetzungen des § 78 a Abs. 2 BetrVG zu bejahen sind, gilt kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet. Auch bei dem Beschwerdegegner handelt es sich somit bereits um einen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin, wobei ein Auszubildender, der seine Abschlussprüfung abgelegt hat, in aller Regel auch bereits über eine mehrjährige Beschäftigung zurückblicken kann. Wegen des besonderen Schutzes als betriebsverfassungsrechtlicher Funktionsträger ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass das Gesetz es bewusst nicht bei einem Einstellungsanspruch belassen, sondern dem Auszubildendenvertreter die starke Position eines bereits kraft Gesetzes auf unbestimmte Zeit begründeten Arbeitsverhältnisses einräumen wollte.

bbb. Die Arbeitsplätze, die in der sog. Jobbörse ausgeschrieben sind, sind in dem Sinne als frei anzusehen, als sie keinem bestimmten Arbeitsplatzinhaber zuzuordnen sind und zur Neubesetzung anstehen.

ccc. Kommen für einen solchen in der Jobbörse ausgeschriebenen Arbeitsplatz in fachlicher Hinsicht sowohl der seine Weiterbeschäftigung verlangende Auszubildendenvertreter wie auch ein anderer Mitarbeiter - z. B. ein solcher aus dem Betrieb V - in Betracht, so konkurrieren zwei bereits im Arbeitsverhältnis stehende Mitarbeiter um eine freie Stelle. Es geht also gerade nicht darum, dass der Auszubildendenvertreter dem Bestandsschutzinteresse des anderen Mitarbeiters lediglich einen Einstellungsanspruch entgegen halten könnte. Ist in einer solchen Konstellation in Wirklichkeit somit ein "freier Arbeitsplatz" sehr wohl vorhanden, für den der Auszubildendenvertreter in Betracht kommt, so kommt dem Weiterbeschäftigungsinteresse des Auszubildendenvertreters aufgrund des Schutzzwecks des § 78 a Abs. 2 BetrVG auch Vorrang zu.

ddd. Insbesondere kommt dann ein Qualifikationsvergleich zwischen dem ausgebildeten Mandatsträger und anderen für die Besetzung des Arbeitsplatzes in Frage kommende Arbeitnehmern nicht mehr in Betracht (Fitting, BetrVG § 78 a Rdnr. 49). Der Arbeitgeber kann die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung dann nicht damit begründen, dass er beabsichtige, den freien Arbeitsplatz mit einem besser qualifizierten anderen Arbeitnehmer des Betriebes zu besetzen oder auch mit anderen Azubis, die bessere Prüfungsergebnisse erzielt hätten (LAG Hamm DB 1993, 294; Erfurter Kommentar Hanau/Kania, § 78 a BetrVG Rdnr. 8; GK-Kreutz BetrVG § 78 a Rdnr. 75; KR-Weigand, § 78 a BetrVG Rdnr. 38; Fitting, a. a. O.).

d. Die dargelegten rechtlichen Verhältnisse gebieten es zur Überzeugung des Berufungsgerichts aber auch, bei der Suche nach einer für den Auszubildendenvertreter geeigneten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mindestens auf eine unternehmensweite Betrachtungsweise abzustellen. Ansonsten wäre nämlich der Weiterbeschäftigungsanspruch (!) des Auszubildendenvertreters in seinem kraft Gesetzes gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG begründeten Anschlussarbeitsverhältnis im geringeren Maße vor betriebsbedingter Beendigung geschützt als z. B. das Arbeitsverhältnis jedes Nichtfunktionsträgers, auf welches die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 KSchG ist nämlich allgemein anerkannt, dass dringende betriebliche Erfordernisse für eine betriebsbedingte Kündigung dann nicht gegeben sind, wenn die Möglichkeit besteht, den von einem Arbeitsplatzverlust betroffenen Arbeitnehmer auf einen anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen weiterzubeschäftigen (BAG AP § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr.21, Nr.50, Nr.121; BAG AP § 613 a BGB Nr.39; vgl. ferner den Wortlaut von § 1 Abs.2 Satz 2 Nr.1 b KSchG). Darin läge ein unauflösbarer Wertungswiderspruch zum Schutzzweck des § 78 a Abs. 2 BetrVG, wonach jedenfalls nur Umstände mit dem Gewicht außerordentlicher Gründe zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung führen können.

e. Aufgrund des besonderen Umstands, dass die Beschwerdeführerin seit dem Jahre 2002 ihr gesamtes Berufsausbildungswesen jedoch konzernbezogen neustrukturiert hat und aufgrund der Eigenart der in diesem Zusammenhang aufgestellten Regeln des TV Mitbestimmung TTC vom 26.11.2001 erscheint vorliegend zur Überzeugung des Beschwerdegerichts die Weiterbeschäftigung eines Auszubildendenvertreters nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG aus betriebsbedingten Gründen aber sogar erst dann unzumutbar, wenn im gesamten Konzern ein für den Auszubildendenvertreter geeigneter freier Arbeitsplatz nicht aufzufinden ist. Das Beschwerdegericht schließt sich insoweit der Auffassung der 9. Kammer des Landesarbeitsgericht Köln in ihrer Entscheidung vom 24.01.2006 in Sachen 9 (2) TaBV 28/05 an. Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln hat ihre Auffassung überzeugend wie folgt begründet:

"Dies ergibt die Auslegung der maßgebenden Vorschriften des TV Mitbestimmung TTC.

aa. Bei tariflichen Regelungen, die inhaltlich mit gesetzlichen Normen übereinstimmen oder auf sie verweisen, ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln, inwieweit die Tarifvertragsparteien eine selbständige, das heißt in ihrer normativen Wirkung von der außertariflichen Norm unabhängige eigenständige Regelung treffen wollten. Dieser Wille muss im Tarifvertrag einen hinreichend erkennbaren Ausdruck gefunden haben. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine im Gesetz nicht oder anders enthaltene Regelung treffen oder eine gesetzliche Regelung übernehmen, die sonst nicht für die betroffenen Arbeitsverhältnisse gelten würde. Für einen rein deklaratorischen Charakter der Übernahme spricht hingegen, wenn einschlägige gesetzliche Vorschriften wörtlich oder inhaltlich unverändert übernommen werden; in einem derartigen Fall ist bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass es den Tarifvertragsparteien bei der Übernahme des Gesetzestextes darum gegangen ist, im Tarifvertrag eine unvollständige Darstellung der Rechtslage zu vermeiden. Sie haben dann die unveränderte gesetzliche Regelung im Interesse der Klarheit und Übersichtlichkeit deklaratorisch in den Tarifvertrag aufgenommen, um die Tarifgebundenen möglichst umfassend über die zu beachtenden Rechtvorschriften zu unterrichten (vgl. BAG, Urteil vom 07.03.2002 - 2 AZR 610/00 -).

bb. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Regelung unter § 3 Abs. 4 TV Mitbestimmung TTC eine konstitutive Regelung getroffen.

Die Tarifvertragsparteien haben mit dem TV Mitbestimmung TTC eine eigene, vom Gesetzgeber nicht vorgegebene Interessenvertretung der Auszubildenden eingerichtet, und zwar unterhalb der Ebene des Betriebes auf dem Niveau der örtlichen Berufsbildungsstellen und mit einer Kompetenzaufteilung zwischen Auszubildendenvertretung und Betriebsrat, die von den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes abweicht (vgl. BAG, Beschluss vom 24.08.2004 - 1 ABR 28/03 -). Schon aus diesem Grund konnte es den Tarifvertragsparteien nicht darum gehen, nur deklaratorisch auf die Anwendbarkeit des § 78 a BetrVG zu verweisen. Aus der Formulierung, dass die §§ 78 und 78 a BetrVG auch Anwendung auf die Mitglieder der Auszubildendenvertretungen finden, ergibt sich, dass ein Regelungswille bestand. Dafür spricht auch die unter § 3 Abs. 4 S. 2 des Tarifvertrages getroffene Regelung über die Pflicht des Konzerns zur Weiterbeschäftigung von voll freigestellten Mitgliedern der Auszubildendenvertretung nach Erreichen der Altersgrenze für Auszubildendenvertreter. Gerade sie zeigt, dass die Tarifvertragsparteien selbst den Schutz der Auszubildendenvertreter regeln wollten und nicht ohne sonstige Maßgabe nur auf den allgemeinen Inhalt von § 78 a BetrVG Bezug nehmen wollten (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab: BAG, Beschluss vom 24.08.2004 - 1 ABR 28/03 -). Für ein solches Verständnis der Tarifnorm spricht im Übrigen auch, dass die Tarifvertragsparteien die Rechtsstreite über die Auflösung der Arbeitsverhältnisse der Auszubildendenvertreter des Abschlussjahrgangs 2004 nicht etwa zum Anlass genommen haben, in einer Tarifergänzung für die Zukunft klarzustellen, dass § 3 Abs. 4 Satz 1 TV Mitbestimmung TTC denselben Regelungsgehalt wie § 78 a BetrVG hat. Vielmehr haben sie für die Abschlussjahrgänge ab 2005 eine von § 78 a BetrVG völlig abweichende Quotenregelung eingeführt.

cc. Der ausgehend vom Tarifwortlaut zu erforschende Sinn und Zweck der Tarifnorm (vgl. BAG, Urteil vom 05.02.2004 - 8 AZR 600/02 - und vom 21.03.2001 - 10 AZR 41/00 -) sowie der tarifliche Gesamtzusammenhang (vgl. BAG, Urteil vom 21.07.2005 - 6 AZR 441/04 -) sprechen dafür, dass über die vom Gesetzgeber durch § 78 a BetrVG geregelte Übernahmeverpflichtung hinaus eine Pflicht des Konzerns zur Weiterbeschäftigung begründet werden sollte.

aaa. Bei der Auslegung muss zunächst dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in dem Ausbildungsbetrieb regelmäßig keine unbefristeten Arbeitsplätze frei sind, die mit Auszubildendenvertretern besetzt werden können. Wie die Beteiligte zu 1) selbst zutreffend ausführt, erfolgt keine Ausbildung zum Ausbilder in dem Ausbildungsbetrieb. Es dürfte sich auch um Ausnahmefälle handeln, wenn in der Verwaltung des Ausbildungsbetriebs Dauerarbeitsplätze frei werden, die mit Auszubildendenvertretern besetzt werden können. Wenn dies im Jahr 2004 anders war, so war dies auf eine einmalige generelle Arbeitszeitverkürzung zurückzuführen, die bei Abschluss des TV Mitbestimmung TTC im Jahr 2001 für die Tarifvertragsparteien nicht vorhersehbar war. Als singuläre Umstände können solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten keine entscheidende Bedeutung bei der Auslegung der Tarifnorm haben, die für alle Abschlussjahrgänge ab 2002 gilt und die ersichtlich nicht nur Auszubildendenvertreter mit einem für den Ausbildungsbetrieb relevanten Berufsbild schützen will, sondern allen Auszubildendenvertretern zugute kommen soll.

bbb. Dieser Schutz ist gewährleistet, wenn Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in den anderen Betrieben der Beteiligten zu 1) und den Betrieben der anderen Konzerngesellschaften einbezogen werden. Aus dem Umstand, dass in solchen Betrieben die praktische Ausbildung stattfindet, ergibt sich, dass dort Arbeitsplätze für sämtliche Berufsbilder bestehen, für die ausgebildet wird.

ccc. Einer solchen Auslegung steht nicht die vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 17.08.2005 - 7 AZR 553/04 - für eine Anwendung von § 78 a BetrVG vorausgesetzte Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeberin und Auszubildender entgegen.

Soweit es um die Weiterbeschäftigung in den eigenen Betrieben der Beteiligten zu 1) geht, wie z. B. im Betrieb V , besteht ohnehin eine derartige Vertragsbeziehung, nach der das ausbildende Unternehmen (hier: D T A ) die Vermittlung der ausbildungsrelevanten Kenntnisse vorzunehmen und die Auszubildende die Ausbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen hat.

Soweit es um die Weiterbeschäftigung in einem Betrieb einer anderen Konzerngesellschaft geht, mag es an einer solchen Vertragsbeziehung fehlen.

Jedoch ist dies nicht erheblich, weil die Tarifvertragsparteien neben anderen Verpflichtungen eine Übernahmeverpflichtung für alle Konzerngesellschaften begründet haben. Für eine Verpflichtung der anderen Konzerngesellschaften, durch eine Weiterbeschäftigung nach bestandener Prüfung die Auszubildendenvertreter zu schützen, spricht zunächst die in der Präambel und unter § 9 des Tarifvertrages angesprochene Konzerndimensionalität der Ausbildung. Danach ist es ein Anliegen des gesamten Konzerns, kompetente Nachwuchskräfte für die eigenen Betriebe zu finden. Aus diesem Grund haben die anderen Konzerngesellschaften nicht nur in ihren Betrieben die praktische Ausbildung zu übernehmen, sondern auch den Auszubildendenvertretern die Möglichkeit zu geben, Auszubildende zu betreuen (§ 3 Abs. 1 S. 2) und allen Beschäftigten in den Konzernbetrieben das passive Wahlrecht für die Auszubildendenvertretung einzuräumen (§ 4 S. 2). Zudem gewähren sie den Betriebsräten die Gelegenheit, in bei den Berufsbildungsstellen eingerichteten Betreuungsgremien mitzuwirken (§§ 1 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 2). Aufgabe dieser Betreuungsgremien ist die Erörterung von Problemstellungen konzerndimensionaler Sicht in Sachen Ausbildung (§ 9 Abs. 2). Dass es eine gemeinsame Verpflichtung aller Konzernunternehmen auf Weiterbeschäftigung von Auszubildendenvertretern gibt, zeigt aber auch ausdrücklich die Regelung unter § 3 Abs. 4 S. 2 TV Mitbestimmung TTC. Danach hat der Konzern dem wegen Erreichens der Altersgrenze aus der Funktion ausgeschiedenen voll freigestellten Mitglied der Auszubildendenvertretung eine adäquate Anschlussbeschäftigung vorzuschlagen. Für die Annahme, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine solche konzernweite Stellensuche für Auszubildendenvertreter, die ihre Ausbildung bereits vor Erreichen der Altersgrenze abschließen, nicht erfolgen soll, fehlt jeglicher Anhaltspunkt und jegliche nachvollziehbare Begründung. Vielmehr ist erkennbarer Inhalt der Regelung, den für Auszubildendenvertretern bezweckten Schutz umfassend auszugestalten: Wenn (a) der Benachteiligungsschutz für Auszubildendenvertreter bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses über eine - konzernweite - Weiterbeschäftigungspflicht durch § 3 Abs. 4 S. 1 TV Mitbestimmung TTC geregelt war und (b) Auszubildendenvertreter, die nach der Ausbildung in einem Betrieb des Konzerns - ohne Freistellung - auf einem Dauerarbeitsplatz weiterbeschäftigt wurden, als Arbeitsplatzinhaber keines besonderen Schutzes bei einem altersbedingten Ausscheiden aus der Auszubildendenvertretung bedurften, musste (c) nur noch der Schutz der Auszubildendenvertreter festgelegt werden, die wegen Erreichens der Altersgrenze aus ihrem Amt ausschieden und denen aufgrund ihrer Freistellung bislang kein Dauerarbeitsplatz zugewiesen worden war.

ddd. Im Übrigen wäre bei einer ausschließlichen Verpflichtung der Beteiligten zu 1) zur Weiterbeschäftigung der Auszubildendenvertreter zu berücksichtigen, dass sich ihre Betriebe in einer Umstrukturierung befinden und sie ihrem Betrieb V die Aufgabe zugewiesen hat, möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kurzfristig in eine neue dauerhafte Beschäftigung innerhalb oder außerhalb des Konzerns zu bringen (vgl. D T A , Der Lagebericht 2004, Mitarbeiter, S. 77). Zu diesem Zweck versetzt sie (unbefristet beschäftigte) Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz weggefallen ist, in den Betrieb V , der die Aufgaben einer Personalservice-Agentur wahrnimmt, d. h. die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer weiterqualifiziert oder ihnen befristete Einsätze innerhalb und außerhalb des Konzerns vermittelt bis für sie ein Dauerarbeitsplatz in einem Betrieb des Konzerns oder auch außerhalb des Konzerns zur Verfügung steht. Bei einer am Schutzzweck des § 3 Abs. 4 S. 1 TV Mitbestimmung TTC orientierten Auslegung muss diese unternehmensspezifische Sicherung einer unbefristeten Weiterbeschäftigung auch auf die Gruppe der Auszubildendenvertreter angewandt werden. Nach dem in der Tarifvorschrift genannten § 78 a BetrVG kommt den Auszubildendenvertreter sogar ein höherer Schutz zu, als ihn die normalen Arbeitnehmer über den Kündigungsschutz nach § 1 KSchG genießen (vgl. dazu: Fitting, BetrVG, 21. Aufl., § 78 a Rdnr. 53 m. w. N.). Dem Hinweis der Beteiligten zu 1), sie habe eine höhere sozialpolitische Verantwortung gegenüber älteren Stammkräften als gegenüber Auszubildendenvertretern, ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber in Kenntnis einer solchen nicht untypischen Konfliktsituation den Bestandsschutz dieser Gruppe der betrieblichen Arbeitnehmervertreter höher bewertet hat.

eee. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung in einem Betrieb der Beteiligten zu 1) oder in einem Betrieb einer Konzerngesellschaft ist nicht nur auf die in der Region der jeweiligen Berufsbildungsstelle gelegenen Betriebe zu beschränken. Zwar hat die Kammer in ihrem Hinweisbeschluss vom 05.10.2005 die Frage aufgeworfen, ob eine solche Betrachtungsweise nicht deshalb dem Sinn und Zweck des TV Mitbestimmung TTC entspricht, weil damit neben dem Schutz der Auszubildendenvertreter auch die Amtskontinuität der bei den örtlichen Berufsbildungsstellen gewählten Auszubildendenvertretungen gewährleistet werde (vgl. dazu: Fitting, a. a. O., § 78 a Rdnr. 1). Jedoch ist in zwei Parallelverfahren von den weiteren Beteiligten dargetan worden, dass die praktische Ausbildung nicht auf die Betriebe in der Region der jeweiligen Berufsbildungsstelle beschränkt ist, sondern auch in der Region einer anderen Berufsbildungsstelle stattfinden kann. Bei einer praktischen Ausbildung außerhalb der Region der Berufsbildungsstelle haben die Auszubildendenvertreter die Aufgabe, die Auszubildenden in diesem Beschäftigungsbetrieb zu betreuen. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 S. 2 TV Mitbestimmung TTC, wo ausdrücklich eine über die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes hinausgehende Betreuungsaufgabe den Auszubildendenvertretern in ihrem jeweiligen Beschäftigungsbetrieb zugewiesen worden ist. Damit wird eine über die jeweilige Region der Berufsbildungsstelle hinausgehende Konzerndimensionalität der Auszubildendenvertretung begründet, der folgerichtig auch ein über die jeweilige Region hinausreichender Weiterbeschäftigungsanspruch für die Auszubildendenvertreter entsprechen muss.

fff. Angesichts dieses aus Wortlaut, Sinn und Zweck und dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Norm ermittelten Ergebnis, an dessen Richtigkeit für die Kammer keine Zweifel verbleiben, braucht auf weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des TV Mitbestimmung TTC nicht mehr abgestellt zu werden (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 21.03.2001 - 10 AZR 41/00 -). Dass nur diese Auslegung zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 16.05.1985 - 3 AZR 395/94 - und vom 20.04.1994 - 10 AZR 276/93 -), ist dargelegt worden. Hingegen würde die von der Beteiligten zu 1) vorgetragene Ansicht dazu führen, dass der Schutz der Auszubildendenvertreter bei Abschluss ihrer Prüfung mangels Beschäftigungsmöglichkeit im Ausbildungsbetrieb praktisch gegen Null tendieren würde, wohingegen die wegen Erreichens der Altersgrenze ausscheidenden freigestellten Auszubildendenvertreter bundesweit auf einen freien Arbeitsplatz in einem Betrieb der Konzernmutter oder der Konzerntöchter zu vermitteln wären."

f. Dass auch bei konzerndimensionaler Betrachtung keine Möglichkeit zu einer Weiterbeschäftigung des Beschwerdegegners auf einem freien Arbeitsplatz bestanden hätte, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet, sieht man einmal davon ab, dass sie - wie oben dargelegt - fehlerhaft davon ausgeht, dass es solange und soweit keine "freien" Arbeitsplätze im Rechtssinne bei ihr gebe, solange zur Vermittlung geeignete V -Mitarbeiter vorhanden seien.

Dabei kommt es, was den Zeitpunkt angeht, nicht nur punktuell auf den Tag der Abschlussprüfung an, sondern der Arbeitgeber gilt generell als verpflichtet, sich schon in den letzten drei Monaten der Ausbildung auf ein Übernahmeverlangen des Azubi einzustellen und in dieser Zeit absehbar freie Arbeitsplätze für diesen zu reservieren, es sei denn, dass ausnahmsweise eine sofortige Wiederbesetzung eines bestimmten Arbeitsplatzes unerlässlich wäre (BAG, AP Nr. 30 zu § 78 a BetrVG; LAG Hamm LAGE § 78 a BetrVG Nr. 10; Erfurter Kommentar Hanau/Kania, § 78 a BetrVG Rdnr. 9; GK-Kreutz, § 78 a BetrVG Rdnr. 87; Fitting, BetrVG § 78 a Rdnr. 56).

Hinzukommt, dass der Beschwerdegegner bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 27.04.2005 eine Liste von über 400 freien Stellen für Berufsanfänger aus dem Zeitraum 31.05. bis 01.08.2004 vorgelegt hat. Dass unter diesen kein für den Beschwerdegegner geeigneter Posten für eine Weiterbeschäftigung gewesen wäre, hat die Beschwerdeführerin nicht näher begründen können.

Aus den genannten Gründen konnte die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben.

IV. Gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war die Rechtsbeschwerde für die unterliegende Beschwerdeführerin zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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