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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 7 TaBV 38/06
Rechtsgebiete: KSchG, BetrVG


Vorschriften:

KSchG § 15
BetrVG § 103
1. Bedroht der Betriebsratsvorsitzende im Rahmen einer dienstlichen Auseinandersetzung seinen Vorgesetzen mit den Worten "Wenn du zum Chef gehst, dann kriege ich dich draußen und steche dich ab", ohne dass dies vom Erklärungsempfänger bei objektiver Betrachtung als reine Scherzerklärung aufzufassen war, so ist ein solcher Vorfall vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung zu begründen.

2. Zur Beweiswürdigung ein einem solchen Fall.


Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2006 in Sachen 5 BV 244/05 abgeändert:

Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, dem Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Betriebsratsmitglied S stattzugeben, wird auf die Tatbestandsdarstellung und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Beschlusses vom 05.05.2006 Bezug genommen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die von der Antragstellerin als Anlagen zu der Antragsschrift vom 22.12.2005 erstinstanzlich eingereichten Unterlagen sowie das Protokoll der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B und K .

Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.05.2006 wurde dem Antragsgegner (Betriebsrat) am 30.06.2006, dem Beteiligten zu 3) am 29.06.2006 zugestellt. Der Betriebsrat hat am 05.07.2006, der Beteiligte zu 3) am 27.07.2006 Beschwerde eingelegt und diese jeweils am 03.08.2006 begründen lassen.

Der Betriebsrat und insbesondere der Beteiligte zu 3) wenden sich gegen das Ergebnis der Tatsachenfeststellung durch das Arbeitsgericht. Der Beteiligte zu 3) bestreitet weiterhin, im Laufe des Streitgesprächs mit dem Zeugen K am 10.12.2005 zu diesem gesagt zu haben: "Wenn du zum Chef gehst, dann krieg ich dich draußen und steche dich ab!" Des weiteren bestreitet der Beteiligte zu 3), gegenüber dem Zeugen M , bezogen auf den Zeugen K , gesagt zu haben: "Ich gehe Ali ficken".

Der Beteiligte zu 3) macht geltend, die gegenteiligen Angaben der Zeugen K und B durch die Zeugen T , E , D , K , D , B , A , A , C , G und Ü widerlegen zu können. Diese Zeugen könnten bestätigen, dass die von der Antragstellerin behauptete und durch die Zeugen K und B bestätigte Bedrohung des Zeugen K seitens des Beteiligten zu 3) in dem Streitgespräch vom 10.12.2005 in Wirklichkeit nicht gefallen sei. Diese Zeugen hätten das Streitgespräch zwischen dem Zeugen K und dem Beteiligten zu 3) verfolgen können, weil sie zeitgleich ihre Arbeitspause gemacht hätten und sich dabei im oder auf dem Weg zum Pausenraum befunden hätten, welcher in unmittelbarer Nähe des Bürocontainers gelegen sei, vor dem die Auseinandersetzung stattgefunden habe. Die Entfernung zwischen den Räumlichkeiten sei auf etwa 5 Meter zu schätzen.

Zu dem Zeugen B behauptet der Beteiligte zu 3), dieser habe sich an dem fraglichen Vormittag gar nicht auf dem Gelände des Kraftwerks N aufgehalten, sondern anlässlich eines Sprengauftrages bei der Kundenfirma P in E .

Der Betriebsrat unterstützt die Sachdarstellung des Beteiligten zu 3).

Betriebsrat und Beteiligter zu 3) beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2006, 5 BV 244/05, abzuändern und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3) zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe richtig entschieden. Dass der Beteiligte zu 3) den Zeugen A in der von der Antragstellerin beschriebenen Weise am 10.12.2005 bedroht habe, ergebe sich aus den nicht zu widerlegenden Zeugenaussagen der Zeugen K und B .

Die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin verweist darauf, dass die Beschwerdeführer teilweise widersprüchliche Angaben zum Standort der genannten Gegenzeugen während des fraglichen Streitgesprächs gemacht hätten: Laut Protokollerklärung vom 25.10.2006 hätten sich die Zeugen entweder im Pausenraum oder auf dem Weg dorthin befunden, dem Schriftsatz vom 07.11.2006 zufolge dagegen definitiv im Pausenraum und nicht auf dem Weg dorthin. Wer sich aber in dem im ersten Stock des sogenannten Eckturms befindlichen Pausenraum aufgehalten habe, könne aber das sich auf der Straße davor abspielende Streitgespräch weder optisch noch akustisch mitverfolgt haben. Zur Erläuterung stellt die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin nähere Behauptungen zum damaligen Zustand der Fenster des Pausenraumes auf und führt aus, dass in dem Gebäude, in dem sich der Pausenraum befindet, aufgrund vierer dort durchlaufender Kohleförderbänder ständig ein hoher Geräuschpegel herrsche.

Die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin bleibt auch dabei, dass sich der Zeuge B am Vormittag des 10.12.2005 in dem Bürocontainer auf dem Kraftwerksgelände aufgehalten und nicht bei der Kundenfirma P im Einsatz gewesen sei.

In der Beschwerdeerwiderungsschrift hat die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin ihren weiteren Vorwurf, der Beteiligte zu 3) habe gegenüber dem Zeugen M geäußert, "Ich gehe Ali ficken", ebenfalls auf Samstag, den 10.12.2005 gegen 10:00 Uhr terminiert, diese Zeitangabe jedoch durch Protokollerklärung vom 25.10.2006 wieder zurückgenommen.

Auf die weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründungsschrift, der Beschwerdeerwiderungsschrift sowie der sonstigen von den Beteiligten zu dem Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze nebst ihren Anlagen und die Protokollerklärungen der Parteien vom 25.10.2006 und 21.03.2007 wird ergänzend Bezug genommen.

Das Beschwerdegericht hat weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W , Sezei E , M , S , S , M , R , T , B , M und H . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme in zweiter Instanz wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.03.2007 verwiesen.

II.

A. Die Beschwerde des Betriebsrats/Antragsgegners und des Beteiligten zu 3) gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss vom 05.05.2006 ist zulässig. Die Beschwerde ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 87 Abs. 2 i. V. m. § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

B. Die Beschwerde des Antragsgegners/Betriebsrats und des Beteiligten zu 3) musste nach dem Ergebnis der vom Beschwerdegericht durchgeführten Beweisaufnahme auch Erfolg haben. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Beschwerdekammer aus den nachfolgenden Gründen:

1. Der Beteiligte zu 3) genießt den besonderen Kündigungsschutz des § 103 Abs. 1 BetrVG. Er war im Zeitpunkt der von der Antragstellerin für die Begründung der Kündigung herangezogenen Ereignisse Vorsitzender des bei der Antragstellerin gewählten Betriebsrats und ist auch bei der zwischenzeitlich erfolgten Neuwahl des Betriebsrats dessen aktives Mitglied geblieben. Eine Kündigung des Beteiligten zu 3) ist gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG somit nur als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zugelassen und setzt gemäß § 103 Abs. 1 die Zustimmung des Betriebsrats voraus. Da der Betriebsrat vorliegend die Zustimmung verweigert hat, kommt eine Kündigung des Beteiligten zu 3) nur in Betracht, wenn die verweigerte Zustimmung gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG gerichtlich ersetzt werden könnte.

2. Die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) kommt jedoch nicht in Betracht.

a. Im Ausgangspunkt ist dem Arbeitsgericht allerdings darin zuzustimmen, dass der dem Beteiligten zu 3) zur Last gelegte Vorwurf, seinen Vorgesetzten, den Zeugen K , mit den Worten bedroht zu haben: "Wenn du zum Chef gehst, dann kriege ich dich draußen und steche dich ab", grundsätzlich geeignet ist, eine arbeitgeberseitige Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu rechtfertigen, und zwar auch ohne dass es vorher einer einschlägigen Abmahnung bedurfte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Äußerung, welche die Bedrohung enthält, von einem außenstehenden Dritten in der Lage des Erklärungsempfängers ernst zu nehmen war und sich nicht lediglich als offensichtliche Scherzbehauptung entpuppt.

b. Die Antragstellerin als derjenigen Beteiligten, die die Zustimmungsersetzung begehrt, traf jedoch die Beweislast für den Kündigungsvorwurf, der Beteiligte zu 3) habe den Zeugen K entsprechend bedroht. Dieser Beweis konnte nicht mit der notwendigen Gewissheit, die für eine die begehrte Zustimmung ersetzende Entscheidung erforderlich gewesen wäre, erbracht werden. Dies ergibt sich aus der vom Beschwerdegericht durchgeführten Beweisaufnahme und dem Inbegriff der gesamten mündlichen Verhandlung.

c. Einer Beweisaufnahme über den weiteren von der Antragstellerin erhobenen Vorwurf, der Beteiligte zu 3) habe, gemünzt auf den Zeugen K , zu dem Mitarbeiter R gesagt: "Ich gehe Ali ficken", bedurfte es dabei nicht. Zwar herrscht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein eingeschränkter Amtsermittlungsgrundsatz. Erforderlich bleibt jedoch, dass die Beteiligten ihre gegebenenfalls beweisbedürftigen Tatsachenbehauptungen in ihrem Kernbereich wenigstens soweit eingrenzen, dass sie für die Prozessgegner einlassungsfähig und für das Gericht konkret beurteilbar bleiben.

Vorliegend hat die Antragstellerin ihre Behauptung, der Beteiligte zu 3) habe zu R gesagt: "Ich gehe Ali ficken", aber weder nach Zeit und Ort, noch nach näheren Umständen einlassungsfähig und konkret beurteilbar substantiiert. Die vorübergehend aufgestellte Behauptung, eine solche Äußerung sei ebenfalls am 10.12.2005 auf dem Kraftwerksgelände N gegen 10:00 Uhr erfolgt, ist später nicht mehr aufrecht erhalten, aber auch nicht durch eine anderweitige nähere Angabe ersetzt worden. Die Antragstellerin ist sodann im weiteren Verlauf des Beschwerderechtsstreits auch selbst nicht mehr auf diesen ergänzenden Kündigungsvorwurf eingegangen.

3. Was den Hauptvorwurf angeht, der Beteiligte zu 3) habe den Zeugen K mit den Worten bedroht: "Wenn du zum Chef gehst, dann kriege ich dich draußen und steche dich ab", so kann auch das Beschwerdegericht nicht gänzlich ausschließen, dass diese Behauptung der Wahrheit entspricht. Nach der vom Beschwerdegericht durchgeführten Beweisaufnahme ergeben sich jedoch stichhaltige Zweifel, die zu gravierend sind, um weiterhin positiv vom Wahrheitsgehalt des Kündigungsvorwurfs überzeugt sein zu können.

a. Die vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen K und B haben zunächst die von der Antragstellerin behauptete, kündigungsbegründende Bedrohung ("Wenn du zum Chef gehst, dann krieg ich dich draußen und steche dich ab!") im Kern bestätigt. Es mag zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt werden, dass die Aussagen der Zeugen K und B zunächst, für sich allein betrachtet, als in sich glaubhaft gewertet werden könnten.

b. Dabei mag auch zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt werden, dass sich der Zeuge B zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich in dem Bürocontainer auf dem Gelände des Kraftwerks N aufgehalten hat und zu dieser Zeit nicht bei der Kundenfirma P in E im Einsatz war. Der Zeuge B selbst hat angegeben, zum fraglichen Zeitpunkt in N gewesen zu sein. Der vom Beschwerdegericht vernommene neutrale Zeuge O hat dies zwar nicht bestätigt, andererseits aber auch nicht widerlegt. Ein schriftlicher Beleg für die Anwesenheit des Zeugen B bei P existiert nur für den Abend des 10.12.2005. Nach den Angaben des Zeugen O schließt dies jedoch nicht aus, dass der Zeuge B gleichwohl auch am Vormittag auf dem Betriebsgelände von P gewesen sein könnte. Hätte er das Werkstor beispielsweise als Beifahrer eines Fahrzeuges passiert, wäre sein Name nicht registriert worden. Darüber hinaus werden, der Aussage des Zeugen O zufolge, während der damals herrschenden Rübenkampagne in Anbetracht der großen Vielzahl ein- und ausfahrender Fahrzeuge aber ohnehin bei weitem nicht alle das Werkstor von P passierende Fahrzeuge registriert.

c. Auch wenn man also unterstellt, dass der Zeuge B am 10.12.2005 vormittags in N war, so wird der Inhalt seiner Zeugenaussage zum Kündigungsvorwurf ebenso wie derjenige des Zeugen K jedoch durch den Inhalt der Aussagen der vom Beschwerdegericht vernommenen Zeugen, insbesondere der Zeugen Ü mit Einschränkungen auch durch den Zeugen E , in Frage gestellt.

aa. Die von dem Zeugen B bestätigte Bedrohung soll bekanntlich draußen auf der Straße vor dem Bürocontainer gefallen sein. Der Zeuge B will sie, sich im ersten Stock des Bürocontainers aufhaltend, durch das geöffnete Fenster gehört haben. Der Zeuge K hingegen hat angegeben, dass er gerade in die gegenüberliegende Haustür hineinging, um zum Pausenraum zu gelangen, als er durch die Stimmen von E und K aufmerksam geworden, sich umgeschaut und deren Auseinandersetzung mitbekommen habe. Der Zeuge K konnte detailliert wiedergeben, dass es dazu kam, dass der Zeuge K dem Beteiligten zu 3) gegenüber ankündigte: "Wir werden zum Chef gehen und uns dort wiedersehen und mit dem Chef besprechen, wer das bezahlt...". Weiter hat der Zeuge K angegeben, E habe lediglich darauf geantwortet: "Das sei in Ordnung, wir können hingehen und uns mit dem Chef treffen". Danach will der Zeuge K gesehen haben, dass A dann weggegangen und E sich in Richtung Pausenraum begeben habe. Auf ausdrücklichen Vorhalt des Gerichts, ob E zu K dann nicht gesagt habe, "Wenn du zum Chef gehst, dann krieg ich dich draußen und steche dich ab", hat K bekräftigt: "Sowas hat er nicht gesagt, mit 100 %iger Sicherheit. Ich habe das von seinem Mund zu 100 % nicht gehört."

Diese Aussage des Zeugen K ist mit derjenigen der Zeugen B und K nicht vereinbar. Die Aussage des Zeugen K ist nicht nur in sich schlüssig und reich an Einzelheiten, sondern auch eigenständig. Der Zeuge war allein unterwegs und beruft sich nicht auf eine Situation, die er in gleicher Weise mit anderen geteilt hat. Der Standort des Zeugen K , der sich nach seinen Angaben gerade erst anschickte, das gegenüberliegende Haus zu betreten, war tendenziell günstiger als derjenige des Zeugen B . Abstriche an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen K waren für das Beschwerdegericht für sich betrachtet nicht ersichtlich.

bb. Auch der Zeuge Ü hat die Endphase des Gesprächs zwischen K und E geschildert. Auch dieser Zeuge hat mitbekommen, dass seitens K geäußert wurde, dass man sich beim Chef wiedersehen würde. Auch dieser Zeuge hat angegeben, das Gespräch zwischen E und K bis zu seinem Ende mitverfolgt zu haben, und verneint, das E als Reaktion auf die Ankündigung, zum Chef zu gehen, wie von der Antragstellerin behauptet, die fragliche Drohung ausgestoßen habe.

cc. Der Zeuge Ü will das Gespräch wie auch die Zeugen D vom Fenster des Pausenraumes aus mitverfolgt haben. Der Standort dieser Zeugen war somit in etwa vergleichbar mit demjenigen des Zeugen B , der das Gespräch ebenfalls von einem Fenster in einem in der ersten Etage gelegenen gegenüberliegenden Raum verfolgt haben will. Die Zeugen, die sich im Pausenraum aufhielten, haben zwar den Vortrag der Antragstellerin bestätigt, dass ein Fenster des Pausenraumes defekt war. Sie haben jedoch übereinstimmend angegeben, dass das defekte Fenster zum damaligen Zeitpunkt entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht mit einem Holzbrett vernagelt war. Auch zum Einwand der Antragstellerin, den vor Ort herrschenden Geräuschpegel betreffend, haben sich die Zeugen eingelassen und Erklärungen dafür abgegeben, warum der Geräuschpegel sie nicht daran gehindert hat, das auf der Straße sich abspielende Gespräch zwischen E und K mitzuverfolgen. Bezeichnenderweise haben die Zeugen angegeben, dass sie gerade wegen der Lautstärke der sich auf der Straße abspielenden Streitigkeit auf die Auseinandersetzung überhaupt aufmerksam geworden sind. Abgesehen von dem Zeugen A haben alle anderen Zeugen, die das Gespräch überhaupt mitbekommen haben, geäußert, dass es sehr lautstark geführt worden sei. Insbesondere entspricht dies auch der eigenen Behauptung der Antragstellerin und ihrer Darstellung des Kündigungsgrundes in der schriftlichen Betriebsratsanhörung (wie Anlage 5 zur Antragsschrift).

dd. Zwar sind die akustischen Verhältnisse am Standort der Streitenden und der vernommenen Zeugen am 10.12.2005 um 10:00 Uhr heute nicht mehr adäquat rekonstruierbar. Es erscheint dem Beschwerdegericht aber ohne weiteres denkbar, dass ein auf der Straße geführtes lautstarkes Streitgespräch von in der Nähe befindlichen Zeugen auch dann mitverfolgt werden kann, wenn im Hintergrund ein lauter Geräuschpegel herrscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die regelmäßig auf dem Kraftwerksgelände arbeitenden Zeugen an einen derartigen Geräuschpegel gewöhnt sind und andererseits aufgrund ihres Interesses an dem Gesprächsinhalt eine besondere Aufmerksamkeit aufbringen.

ee. Vor allem aber stellt sich die Frage, warum nur das Wahrnehmungsvermögen der sich am Fenster des Pausenraumes aufhaltenden Zeugen durch die von den Kohleförderbändern gegebenenfalls verursachten Geräusche beeinträchtigt gewesen sein sollte, nicht aber dasjenige des sich gegenüber aufhaltenden Zeugen B . Immerhin fand das Streitgespräch unstreitig auf der Straße statt und nicht innerhalb desjenigen Gebäudes, in dem sich Pausenraum und Förderbänder befinden.

ff. Dass man vom Pausenraum aus die Vorgänge auf der Straße mitverfolgen konnte, ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen D .

gg. Darüber hinaus haben auch die Zeugen E angegeben, dass sie zwar Teile des Gesprächs zwischen E einschließlich der Ankündigung des Zeugen K am Montag zum Chef zu gehen, gehört haben, nicht aber, dass seitens E die inkriminierte Drohung gefallen sei. Die Zeugen E hatten wiederum einen anderen Standort, sie befanden sich (noch) nicht im Pausenraum.

hh. Aus dem Rahmen fällt lediglich die Aussage des Zeugen A . Dieser hat als einziger aller Zeugen angegeben, dass die Streitenden "nicht so sehr laut gesprochen" haben und er, obwohl er sich selbst auch noch auf der Straße befand, lediglich gesehen, nicht aber gehört hat, wie E und K ihre Unterredung führten. Erklärbar könnte die Darstellung des Zeugen A dadurch sein, dass er sich für den Inhalt des Gesprächs persönlich nicht so sehr interessiert hat wie die übrigen Zeugen einschließlich des Zeugen B . Immerhin hat auch die Antragstellerin selbst in der Betriebsratsanhörung ausgeführt, es habe sich um ein "sehr lautstark geführtes Streitgespräch" gehandelt und insbesondere E habe sich mit "großer Lautstärke" geäußert.

ii. Lediglich die Aussagen der Zeugen A haben sich letztlich als für das Beweisthema gänzlich unergiebig erwiesen.

d. Die Beschwerdekammer hat keine Anhaltspunkte dafür entdecken können, dass sich die von ihr vernommenen Zeugen etwa zu Gunsten des Beteiligten zu 3) untereinander abgesprochen haben könnten. Dazu erscheinen die Aussagen auch zu detailreich und zu eigenständig. Auch haben die Zeugen zahlreiche Nachfragen des Gerichts und der Prozessbeteiligten beantwortet, ohne dabei in auffällige Verlegenheit zu geraten oder sich in auffällige Widersprüche zu verstricken.

e. Auch objektive Anhaltspunkte für eine persönliche Unglaubwürdigkeit einzelner oder gar aller der vom Berufungsgericht ergiebig vernommenen Zeugen waren nicht festzustellen.

f. Stehen die Aussagen insbesondere der Zeugen Ü , K , B , aber auch D , C , E und D den Aussagen der Zeugen K und B entgegen, so kann der Kündigungsvorwurf in tatsächlicher Hinsicht nicht als bewiesen angesehen werden.

g. Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Zeuge K angegeben hat, E habe seine Drohung, ihn abzustechen, "sowohl im Büro geäußert als auch draußen wiederholt, und zwar mehrmals". Kann gerade nicht als bewiesen angesehen werden, dass in dem Teil des Streitgesprächs, der auf der Straße stattgefunden hat, eine Bedrohung seitens E geäußert wurde, dann ist auch die Plausibilität der in einem Atemzug genannten angeblichen Bedrohung "im Büro" in Frage gestellt. In diesem Punkt ist die Aussage des Zeugen K ohnehin sehr lapidar. Soll die Bedrohung - auch nach der Behauptung der Antragstellerin - die Reaktion des E auf die Ankündigung des K gewesen sein, die Angelegenheit beim Chef zu besprechen, so fragt sich auch, wieso sich diese selbe Gesprächssituation im Laufe des Gesprächs mehrfach wiederholt haben soll.

h. Schließlich bleibt auch zu berücksichtigen, dass bei einem unter vier Augen geführten Streitgespräch nicht nur die Aussage desjenigen zu würdigen ist, der prozessrechtlich als Zeuge vernommen werden kann, sondern auch die Äußerung desjenigen Gesprächspartners zu beachten ist, der sich im Prozess in der Parteirolle befindet. Der Beteiligte zu 3) hat die ihm zur Last gelegte Äußerung aber stets vehement in Abrede gestellt.

i. Nach alledem ist somit nicht hinreichend bewiesen, dass die als Kündigungsgrund in Frage kommende Bedrohung des K durch E tatsächlich stattgefunden hat. Der arbeitsgerichtliche Beschluss vom 05.05.06 war daher abzuändern und der Zustimmungsersetzungsantrag zurückzuweisen.

III.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist bei der Beurteilung des vorliegenden, insbesondere in tatsächlicher Hinsicht streitigen Einzelfalles nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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