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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.01.2005
Aktenzeichen: 7 TaBV 53/04
Rechtsgebiete: GG, BetrVG


Vorschriften:

GG Art. 1 I
GG Art. 2 I
BetrVG § 75 II
BetrVG § 76 V
BetrVG § 87 I Nr. 6
Zur Zulässigkeit der Video-Überwachung in einem Warenumschlagsknotenpunkt eines Luftfrachttransportunternehmens.
Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.05.2004 in Sachen 17 BV 275/03 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Die Beteiligten streiten um die Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs. Bei der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) handelt es sich um ein Luftfrachttransportunternehmen, welches in seiner Betriebsstätte am K Flughafen einen Warenumschlagsknotenpunkt unterhält. In dem dortigen ca. 9 000 m² großem Gebäude, in dem zwischen 200 bis 250 Arbeitnehmer beschäftigt sind, wird Luftfracht umgeschlagen, und zwar sowohl zur Weiterbeförderung in der Luft wie über die Straße. Ferner wird über die Straße angeliefertes Transportgut zur Weiterbeförderung durch die Luft entgegengenommen. Die Aufgabe der in der Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer besteht hauptsächlich im Sortieren der dort umgeschlagenen Waren bzw. im Ein-, Aus- und Umladen von Flugzeugcontainern. Im Monat werden ca. 1 Million Stück Warensendungen umgesetzt, darunter u. a. auch hochwertige Elektronikartikel wie Handys, Laptops, Kameras und Uhren sowie Gefahrgüter. Betriebsfremde Dritte haben erlaubten Zugang nur zum LKW-Verladebereich. In einem Einigungsstellenverfahren unter dem Vorsitz des Präsidenten das Landesarbeitsgerichts B schlossen die Parteien am 19.09.2003 eine Betriebsvereinbarung zur Einrichtung eines Kamerasystems. Darin einigten sich die Betriebspartner darauf, zur Überwachung der Hallenzugänge 31 starre Kameras sowie eine weitere starre Kamera im Bereich des Security-Cage einzusetzen. Ferner sollten drei bis zu 360 Grad drehbare sog. Dome-Kameras zur Überwachung der Verladerampe installiert werden. Mit Ausnahme der Verladerampe sollten Arbeitsbereiche oder Pausenräume nicht abgebildet werden. Die von den Kameras erfassten Bilder sollten auf Monitoren, die sich in einem Überwachungsraum befinden, live abrufbar sein. Die Überwachung im Monitor-Raum erfolgt durch externes Security-Personal. Nicht speziell autorisierte Personen haben zu dem Überwachungsraum keinen Zugang. Ferner sieht die Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 vor, dass die Bilder aller Kameras mit einer Auflösung von einem Bild alle zwei Sekunden auf einem derzeit analogen, später ggf. digitalen Speichermedium aufgezeichnet werden. Für den Zugang zu den Aufzeichnungen wurde ein Zwei-Schlösser-System bzw. ein Zwei-Passwort-System eingeführt: Jeweils ein Schloss bzw. ein Passwort soll jeweils nur im Besitz des Betriebsrats sein. Die Betriebsvereinbarung bestimmt weiter, dass das aufgezeichnete Bildmaterial "ausschließlich in dem Fall, dass eine Warensendung abhanden gekommen ist, ausgewertet" werden darf. Weiter vorgesehen ist, dass die Auswertung im Beisein des Betriebsrats erfolgt, der 24-Stunden zuvor informiert wird. Die Auswertung darf nur zur Verfolgung der Warensendungen, darüber hinaus aber nicht zu Verhaltens- oder Leistungskontrollen eingesetzt werden. Personelle Maßnahmen, welche unter Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung durchgeführt würden, werden von der Betriebsvereinbarung für unwirksam erklärt. Die Auswertung darf nur durch einen zuvor definierten Personenkreis durchgeführt werden. Schließlich bestimmt die Betriebsvereinbarung, dass die Aufzeichnungen 30 Tage aufbewahrt und danach durch automatisches Überschreiben unbrauchbar gemacht bzw. physikalisch gelöscht werden. Darüber hinaus enthält die Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 die Klausel, dass die Einigungsstelle darüber entscheiden soll, ob und in welcher Zahl weitere Kameras installiert werden. Auf den vollständigen Text der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 nebst Anlagen wird Bezug genommen. Die Einigungsstelle tagte sodann zur Frage, ob weitere Kameras installiert werden sollen, weiter und erließ am 16.10.2003 mit den Stimmen der Arbeitgeberbeisitzer und des Vorsitzenden einen Spruch, wonach zusätzlich zu den in der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 vereinbarten Kameras "zur Kontrolle des Warenflusses innerhalb der Hallen weitere elf Dome-Kameras und eine weitere starre Kamera installiert werden, deren Lage sich aus der Anlage zu diesem Spruch ergibt." Der Spruch stellt weiter klar, dass "eine Direktbeobachtung durch die in den Hallen installierten Dome-Kameras nicht erfolgt" und diese nicht an Monitore angeschlossen werden. Ferner legt der Spruch fest, dass die Auswertung des digitalen Bandmaterials sämtlicher Kameras ausschließlich erfolgt, soweit zur Aufklärung des Warenverlustes erforderlich. Auf den vollständigen Spruchtext (Bl. 9 . A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Den Spruch der Einigungsstelle vom 16.10.2003 hat der Betriebsrat am 23.10.2003 beim Arbeitsgericht angefochten. Der Betriebsrat hat die Anfechtung darauf gestützt, dass der Spruch das aus Art. 2 Abs. 1 GG folgende Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter verletze. Die durch den Einigungsstellenspruch zusätzlich genehmigten Kameras seien auf die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer gerichtet, so dass diese permanent während der Arbeit beobachtet würden. Dadurch könnten sie sich niemals unbefangen bewegen, da sie nicht wüssten, wann das Bildmaterial ausgewertet werde. Der antragstellende Betriebsrat hat beantragt, festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 16.10.2003, betreffend den Einsatz von elf Dome-Kameras und einer weiteren starren Kamera unwirksam ist. Die Arbeitgeberin als Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, dass sie durch die in der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 festgelegten Kameras den Durchgang der einzelnen Warensendungen in ihrer Betriebsstätte nicht vollständig dokumentieren und überwachen könne. Dies sei aber wegen der im Speditionsgewerbe geltenden Haftungsregeln erforderlich. Auch habe sie, obwohl sie zusätzliche Sicherungsmaßnahmen wie Taschenkontrollen, das Verbot, Handys mit in den Betrieb zu nehmen etc. angeordnet habe, mit dem auf der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 beruhenden Kameraüberwachungssystem die sog. TAPA-Zertifizierung, betreffend den Sicherheitsstandard ihres Frachtbetriebes, nicht erreichen können. Eine Zertifizierung nach diesen Richtlinien werde jedoch vom Markt gewünscht und im Rahmen des Wettbewerbs zur Auftragsabwicklung angestrebt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 04.05.2004 den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Der arbeitsgerichtliche Beschluss wurde dem Antragsteller am 23.07.2004 zugestellt. Der Antragsteller hat dagegen am 05.08.2004 Beschwerde eingelegt und diese am 20.09.2004 begründet. Der beschwerdeführende Betriebsrat ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die durch den angegriffenen Einigungsstellenspruch zusätzlich genehmigten Kameras nicht lediglich auf "tote Winkel" gerichtet seien, sondern die Arbeitsplätze der in der Halle arbeitenden Mitarbeiter erfassten. Diese würden dadurch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, da sie unter ständigen Beobachtungsdruck gestellt würden. Dieser Eingriff in ihre Rechte sei unverhältnismäßig, da weder erforderlich, noch angemessen. Der Betriebsrat als Antragsteller und Beschwerdeführer beantragt nunmehr, unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 04.05.2004 - 17 BV 275/03 - festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 16.10.2003 betreffend den Einsatz von elf Dome-Kameras und einer weiteren starren Kamera unwirksam ist. Die Arbeitgeberin als Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, dass die Einigungsstelle ihren Ermessensspielraum nicht überschritten habe. Das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter sei sehr wohl gewürdigt und durch entsprechende Regelungen geschützt worden. So würden die meisten Aufzeichnungen ungesehen vernichtet, da eine Auswertung nur im Schadens- bzw. Verlustfall durchgeführt werde. Diese erfolge nur durch einen eng begrenzten Personenkreis unter Mitwirkung des Betriebsrats. Eine Verwendung der Aufzeichnungen zur sonstigen Verhaltens- oder Leistungskontrolle sei ausgeschlossen. Die Videoüberwachung könne gerade auch zur Entlastung von Mitarbeitern dienen, in dem sie bestätigten, dass Fracht ordnungsgemäß weitergeleitet worden sei. In § 2 der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003, die durch den Einigungsstellenspruch lediglich ergänzt worden sei, sei festgehalten, dass die beweglichen Kameras nicht Pausenräume und Arbeitsbereiche mit Ausnahme der Verladerampe überwachen dürften. Es werde nur der Bereich der Verladung von Waren aufgezeichnet. Eine Videoüberwachung, die erst nach einem konkreten Verdachtsfall einsetze, sei weder sinnvoll, noch effektiv. Schließlich habe sie, die Arbeitgeberin ein berechtigtes Interesse daran, einen weitestgehend sicheren Transport im Sinne der TAPA-Richtlinien gewährleisten zu können. Hierauf legten gerade Firmen, die wertvolle Güter wie Laptops, Kameras etc. versenden, besonderen Wert. Ergänzend wird auf die weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung vom 17.09.2004, der Beschwerdeerwiderung vom 13.01.2005, dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers vom 17.01.2005 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2005 Bezug genommen. II. A. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde gemäß § 87 Abs. 2 i. V. m. § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet. B. Die Beschwerde des Betriebsrats ist jedoch in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 16.10.2003, betreffend den Einsatz weiterer 11 Dome-Kameras und einer weiteren starren Kamera, unwirksam sei, zu Recht zurückgewiesen. Der angegriffene Spruch der Einigungsstelle ist nicht rechtsunwirksam. Die Einigungsstelle hat ihren Beschluss gemäß § 76 Abs. 5 S. 3 BetrVG unter angemessener Berücksichtigung der Belage des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer getroffen und sich dabei im Rahmen billigen Ermessens gehalten. Eine Rechtsverletzung, die den Spruch unwirksam machte, liegt nicht vor. 1. Im Ausgangspunkt ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Einführung eines Videosystems, mit dem der Warendurchlauf in der K Betriebsstätte der Arbeitgeberin überwacht werden soll, einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der in der Betriebsstätte arbeitenden Beschäftigten darstellt (vgl. ausführlich BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 -). Die Betriebsparteien und damit auch die Einigungsstelle sind grundsätzlich befugt, Regelungen über die Einführung einer Videoüberwachung zu treffen. Dies folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (BAG a. a. O.). Nicht zuletzt aus § 75 Abs. 2 S. 1 BetrVG folgt jedoch, dass die Betriebsparteien bzw. die Einigungsstelle insbesondere auch das in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht zu beachten hat. Außerhalb des absoluten Kernbereichs privater Lebensgestaltung wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht allerdings nur in den Schranken der Normen, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind, gewährleistet (BVerfG AP § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 34; BAG AP § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes Nr. 17). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann Beschränkungen durch die rechtlich geschützten Belange anderer Grundrechtsträger erfahren. Zu den Normen, die solche Einschränkungen rechtfertigen, gehören auch die von den Betriebsparteien im Rahmen ihrer Regelungskompetenz abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen (BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 -; BAG AP § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes Nr. 28). 2. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers ist eine Güterabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (BAG a. a. O.; BAG AP § 87 BetrVG 1972 Überwachung Nr. 36). Das zulässige Maß einer Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Einigungsstellenspruch bestimmt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch die den Betriebsparteien gemäß § 75 Abs. 2 S. 1 BetrVG auferlegte Verpflichtung konkretisiert (BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 -; BAG AP § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes Nr. 28). Geeignet ist eine Regelung dann, wenn mit ihrer Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann (BAG a. a. O.). Erforderlich ist die Regelung, wenn kein anderes, gleich wirksames, aber das Persönlichkeitsrecht weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht (BAG a. a. O.). Sowohl hinsichtlich der Eignung wie auch hinsichtlich der Erforderlichkeit haben die Betriebsparteien und die Einigungsstelle einen gewissen Beurteilungsspielraum (BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 -). Angemessen ist die Regelung schließlich dann, wenn sie verhältnismäßig im engeren Sinne erscheint. Hierzu bedarf es einer Gesamtabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe (BAG a. a. O.). 3. Das Ziel, dass die Arbeitgeberin durch die Installation der zusätzlichen Kameras verfolgt, die Gegenstand des Einigungsstellenspruchs vom 16.10.2003 sind, besteht darin, den Durchlauf der Waren durch ihre K Betriebsstätte möglichst lückenlos nachvollziehen zu können. Dadurch will sie ihrer Verantwortung für das ihr anvertraute Eigentum ihrer Kunden gerecht werden. Sie will ihre eigenen Interessen im Hinblick auf Haftungsverpflichtungen ihren Kunden gegenüber wahren und im Falle des Abhandenkommens von Ware den Nachweis erbringen können, dass nicht sie, die Arbeitgeberin - und damit letztlich auch die bei der Arbeitgeberin beschäftigten Mitarbeiter - für den Verlust der Ware verantwortlich gemacht werden kann. Wenn sich ergibt, dass die Ware doch in der Betriebsstätte der Arbeitgeberin abhanden gekommen ist, will sie die entsprechende Schwachstelle lokalisieren und die für den Verlust Verantwortlichen dingfest machen. Damit verfolgt die Arbeitgeberin gleichzeitig das Ziel, dem Verlust von Ware durch kriminelle Machenschaften innerhalb ihres Verantwortungsbereichs vorzubeugen. Nicht zuletzt will sie schließlich durch den Erwerb der sog. TAPA-Zertifizierung auf dem Markt die Kompetenz eines besonders sicherheitsbewussten Unternehmens für sich in Anspruch nehmen können. 4. Die hier streitige Ergänzung der Videoüberwachung durch die in dem Einigungsstellenspruch vom 16.10.2003 erlaubten zusätzlichen Kameras innerhalb ihrer Halle auf dem Flughafen K ist sicherlich geeignet, die genannten legitimen Ziele der Arbeitgeberin zu fördern. 5. Die Installation zusätzlicher Kameras im Innern der Betriebshalle kann auch als erforderlich im Sinne der oben wiedergegebenen Definition des Bundesarbeitsgerichts angesehen werden. a. Dies hat das BAG auch für den von ihm in der Entscheidung vom 29.06.2004 beurteilten Sachverhalt der Videoüberwachung in einem Briefverteilzentrum zugunsten der dortigen Arbeitgeberin angenommen (BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 - unter II, 2 g) cc)). b. Insbesondere die Beschränkung auf die Installation von Überwachungskameras an den Zugängen zur Halle und im Bereich des sog. Truckdock und Security-Cage sowie die Taschenkontrollen bei den Mitarbeitern an den Ausgängen - Maßnahmen, die im Gegensatz zu dem vom BAG entschiedenen Fall von der hiesigen Arbeitgeberin tatsächlich praktiziert werden - stellen keine "gleich wirksamen" Mittel im Sinne der Erforderlichkeitsdefinition des Bundesarbeitsgerichts dar. So finden innerhalb der Halle zahlreiche Sortiervorgänge statt, die auch nur zum geringen Teil automatisiert ablaufen, sondern ganz überwiegend "von Hand" vorgenommen werden. Findet nicht nur eine Ein- bzw. Ausgangskontrolle statt, sondern kann auch der Weg der einzelnen Ware durch die Halle nachverfolgt werden, so können im Verlustfall Fehlerquellen oder kritische Bereiche sehr viel besser eingegrenzt und lokalisiert werden. c. Denkbar wäre zwar unter Umständen auch, eine entsprechende Überwachung des Warenflusses innerhalb der Halle statt durch eine Videoüberwachung durch entsprechendes speziell dafür eingesetztes Wachpersonal durchführen zu lassen. aa. Dahingestellt bleiben kann, ob der damit verbundene organisatorische und finanzielle Aufwand noch zumutbar wäre. bb. Jedenfalls stellte eine Überwachung durch entsprechende Wachpersonen aber keine Maßnahme dar, die das Persönlichkeitsrecht der in der Betriebshalle arbeitenden Mitarbeiter weniger beeinträchtigte als die von der Einigungsstelle vorgesehene Videoüberwachung. aaa. Zwar speichert die Videokamera ihre "Beobachtungen," so dass sie auch nachträglich noch abgerufen werden können. Die Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 stellt jedoch sicher, dass die Videoaufzeichnungen überhaupt nur dann, wenn ein Warenverlust auftritt, ausgewertet und ansonsten nach Ablauf von 30 Tagen ersatzlos vernichtet werden. Dies bedeutet, dass bis auf die Ausnahme der konkret auftretenden Verlustsituation nahezu das gesamte von den Videokameras aufgezeichnete Bildmaterial vernichtet wird, ohne dass es jemals ein Betrachter zu Kenntnis genommen hat. bbb. Die Beobachtungen, die menschliches Wachpersonal macht, lassen sich jedoch nicht einfach durch Zeitablauf "von der Festplatte löschen." Auch unterliegen sie bei lebensnaher Betrachtung erheblichen subjektiven Einflüssen, was bei der maschinellen Aufzeichnung durch ein technischen Gerät nicht der Fall ist. Die Gefahr, dass in Zusammenhang mit der Sicherheitsüberwachung unwichtige "Nebenerkenntnisse" über Verhalten, Gestik und/oder Mimik einzelner Mitarbeiter registriert, erinnert und zum Nachteil des Mitarbeiters verwendet werden, ist somit bei menschlichem Bewachungspersonal ungleich größer, als bei Aufzeichnungen durch ein Videosystem, dessen Auswertung den in der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003 festgelegten Beschränkungen unterliegt. 6. Schließlich hat die Einigungsstelle zur Überzeugung des Beschwerdegerichts das ihr zustehende Ermessen auch insofern nicht überschritten, als sie die in dem Spruch vom 16.10.2003 bestimmte ergänzende Videoüberwachung noch als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne gewertet hat. Dies folgt aus der von der oben zitierten BAG-Rechtsprechung geforderten Gesamtabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt des vorliegenden Falles auch in zahlreichen Einzelheiten von dem Geschehen, dass das BAG in seiner Entscheidung vom 29.06.2004 zu beurteilen hatte. a. Fraglos stellt auch im vorliegenden Fall die durch den Einigungsstellenspruch erlaubte Videoüberwachung innerhalb der Betriebshalle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der dort beschäftigten Mitarbeiter dar. Dies leugnet auch die Arbeitgeberin nicht. Dies gilt um so mehr, als die Kameras vorliegend für den Dauereinsatz bestimmt sind. b. Eine Beschränkung des Kameraeinsatzes auf konkrete Verdachtsfälle würde jedoch dem Sinn und Zweck der beabsichtigten Maßnahme zuwider laufen. Es geht der Arbeitgeberin vorliegend nicht - oder jedenfalls bei weitem nicht in erster Linie - um investigative Verfolgung bestimmter Verdächtiger. Nur dann und unter der weiteren Voraussetzung, dass keine Einzeltat, sondern ein konkreter Verdacht eines Dauerfehlverhaltens in Rede steht, könnte der Zweck der Videoüberwachung in gleicher Weise erreicht werden, wenn er erst bei Auftauchen des konkreten Verdachtsfalles einsetzte. Das von der Arbeitgeberin verfolgte Ziel einer kontinuierlichen Ablaufkontrolle im Sinne eines Sicherheitsqualitätsmanagements, aber auch im Sinne einer abschreckenden und vorbeugenden Maßnahme zur Verhütung doloser Machenschaften lässt sich jedoch nur über eine Dauerkontrolle verwirklichen. c. Die Regelungen der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003, deren Bestandteil letztlich auch der Spruch der Einigungsstelle vom 16.10.2003 ist, gewährleisten jedoch, dass trotz der zunächst gegebenen technischen Dauerüberwachung die tatsächliche Überwachung im Sinne einer Auswertung der technischen Aufzeichnungen immer erst und nur dann erfolgt, wenn ein bestimmter Problemfall von Warenverlust tatsächlich aufgetreten ist. Letztendlich bewirkt damit die Regelung der Betriebsvereinbarung, dass zwar einerseits die oben skizzierten Ziele der Arbeitgeberin verwirklicht werden können, die Beschäftigten andererseits aber auch wissen, dass die von ihnen aufgenommenen Bilder tatsächlich nur dann zur Kenntnis genommen werden, wenn ein konkreter Problemfall aufgetreten ist. Anders als in dem vom BAG zu beurteilenden Sachverhalt nähert sich die Eingriffsintensität vorliegend damit im Ergebnis derjenigen Konstellation an, in der eine Videoüberwachung nur bei konkreten Verdachtsfällen angesetzt wird. d. Vorliegend wird die Videoüberwachung auch nicht heimlich vorgenommen. Der Mitarbeiter weiß, dass und wo die Videoüberwachung stattfindet. § 2 Abs. 5 der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2003, die auch für den Einigungsstellenspruch vom 16.10.2003 gilt, bestimmt sogar, dass die beweglichen Kameras "nicht Pausenräume oder Arbeitsbereiche (Ausnahme Verladerampe) abbilden" dürfen. Zwar wird man nach Sinn und Zweck der Ergänzungsregelung vom 16.10.2003 annehmen müssen, dass diese Regelung insoweit eine Modifikation erfahren hat, als die nach dem Einigungsstellenspruch im Innern der Betriebshalle angebrachten zusätzlichen um 360 Grad drehbaren Kameras auch die im Zusammenhang mit dem Warendurchlauf stehenden Arbeitsbereiche erfassen. Dennoch ist nicht ohne Bedeutung, dass das erklärte Zielobjekt der Überwachungskameras die Ware ist und nicht der Mitarbeiter. e. Ebenfalls anders als in dem vom BAG am 29.06.2004 entschiedenen Fall werden vorliegend die weitaus meisten Videoaufzeichnungen auch bereits nach 30 Tagen ungesehen vernichtet. f. Der vom Betriebsrat befürchtete Überwachungsdruck auf die in der Halle arbeitenden Mitarbeiter wird durch die streng reglementierten Auswertungsmöglichkeiten der Videoaufzeichnung und die eng begrenzte Aufbewahrungsdauer zwar nicht auf Null reduziert, aber doch erheblich herabgemildert. Dies wird noch dadurch unterstützt, dass nach den Regeln der Betriebsvereinbarung selbst im Auswertungsfall nur ein eng begrenzter, vorher definierter Personenkreis, der nicht mit der Personalverwaltung der Arbeitgeberin identisch ist, die Auswertung vornehmen darf. g. Schließlich sieht die Betriebsvereinbarung auch eine wirksame Kontrolle der von ihr aufgestellten Verfahrensregeln dadurch vor, dass die Arbeitgeberin überhaupt nur im Zusammenwirken mit dem Betriebsrat Zugriff auf das aufgezeichnete Material erhält und der Betriebsrat auch bei der Auswertung selbst hinzuzuziehen ist. h. Das Interesse der Arbeitgeberin an einer möglichst effektiven Sicherheitskontrolle ist vorliegend deshalb besonders hoch einzuschätzen, weil in dem Bereich ihrer Kölner Betriebsstätte eine riesige Menge im fremden Eigentum stehender wertvoller Ware umgeschlagen wird. Dabei handelt es sich nicht zuletzt um Ware, die ihrer Eigenart nach in geradezu klassischer Weise als bevorzugtes Objekt möglicher Eigentumsdelikte anzusehen ist wie Handys, Uhren, Kameras oder auch Laptops. i. Hinzukommt, dass schon das BAG in seiner Entscheidung vom 29.06.2004, bezogen auf das Briefverteilzentrum, ausdrücklich konstatiert hat, dass es sich bei dem Bereich der Handsortierung um einen besonders gefährdeten Bereich handele. In der K Betriebsstätte der hiesigen Arbeitgeberin besteht jedoch nur ein sehr niedriger Automationsgrad und findet ganz überwiegend Handsortierung statt.

k. Für einen Arbeitnehmer, der sich arbeitsvertraglich an einen Arbeitgeber bindet, der nach der Art seiner Geschäftstätigkeit in seinem Betrieb ein weit überdurchschnittliches Sicherheitsrisiko bewältigen muss, ist erkennbar, dass der Arbeitsalltag in höherem Maße als bei anderen Arbeitgebern von Sicherheitsvorkehrungen begleitet wird, die auch zu einer gewissen Beeinträchtigung der eigenen Person führen können. Es kann dann tendenziell auch Inhalt einer arbeitnehmerseitigen Rücksichtspflicht sein, sinnvolle Maßnahmen, die im objektiv begründbaren Sicherheitsinteresse des Arbeitgebers liegen, mitzutragen. l. Wägt man somit die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls ab, so hat die Einigungsstelle durch ihren Spruch vom 16.10.2003 noch nicht in nicht mehr hinnehmbarer Weise in die Persönlichkeitsrechte der Belegschaft des K Betriebes der Arbeitgeberin eingegriffen. Die in dem Einigungsstellenspruch zugelassenen Sicherheitsmaßnahmen der Videoüberwachung können noch als angemessen und damit auch verhältnismäßig im engeren wie auch im weiteren Sinne angesehen werden. C. Die vorliegende Einzelfallentscheidung folgt den Grundsätzen der Entscheidung des BAG vom 29.06.2003 in Sachen 1 ABR 21/03. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt nicht vor.

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