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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.07.2002
Aktenzeichen: 8 (6) Ta 94/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 2
1. Ist eine im Rechtstreit zuerkannte Abfindung aufgrund von Gegenansprüchen des Arbeitgebers im Wege der Aufrechnung gekürzt, so ist nur der tatsächlich dem Arbeitnehmer zugeflossene Abfindungsbetrag der Bewertung der Frage der Auferlegung einer Rate aus Vermögen zugrunde zu legen. (wie hier LAG Köln, Beschluss vom 03.11.1999 -2 Ta 253/99-).

2. Ein das sog. Schonvermögen übersteigender Teil einer Abfindung kann regelmäßig in den Grenzen der Zumutbarkeit als einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO zur Deckung der Prozesskosten mit herangezogen werden. Die Obergrenze der Zumutbarkeit liegt dabei im Regelfall bei 10 % der Abfindung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass stets schematisch ein Betrag in Höhe von 10 % der vom Arbeitnehmer realisierten Nettoabfindung als Unkostenbeitrag festzusetzen sei. Zu berücksichtigen sind immer die Umstände des Einzelfalles (zum Ganzen: z.B. LAG Köln vom 17.11.1995 - 10 Ta 200/95 - AnwBl. 1997, 238; LAG Köln vom 22.08.1997 - 10 Ta 201/97 - und LAG Köln vom 30.01.2002 - 7 Ta 220/01 -).

3. Unterschreiten die verbleibenden Einkünfte des Arbeitnehmers die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine das Schonvermögen nur geringfügig überschreitende Abfindung der Existenzsicherung dient; in derartigen Fällen ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe keine Einmalzahlung aus Vermögen aufzuerlegen.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 8 (6) Ta 94/02

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 09.07.2002 - ohne mündliche Verhandlung - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Jüngst als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 12.12.2001 abgeändert:

Die ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt ohne eine Auflage einen einmaligen Betrag aus dem Vermögen aufzubringen.

Gründe:

Mit der fristwahrend eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 12.12.2001 hat der Kläger dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihm entgegen der Entscheidung durch das Arbeitsgericht eine Auflage zu einem Beitrag aus Vermögen nicht zu machen ist.

Die Geltendmachung dieser Gesichtspunkte im Rahmen des Beschwerdevorbringens war gem. § 571 Abs. 2 F. 1 ZPO gestattet.

Das Arbeitsgericht ist zunächst von dem Grundsatz ausgegangen, dass eine Partei eine aufgrund eines Rechtsstreits gezahlte Abfindung im Regelfall als Vermögen einzusetzen hat, soweit sie das Schonvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 der DVO zu § 88 BSHG überschreitet. Danach ist für den Prozesskostenhilfe beantragenden Kläger eine Schongrenze von 4.500,- DM = 2.301,- € anzunehmen, die sich für jeden Unterhaltsberechtigten um 500,- DM entsprechend 256,- € erhöht.

Der Abfindungsbetrag des gerichtlichen Vergleichs mit 20.000,- DM übersteigt diese Schongrenze. Allerdings ist dieser Abfindungsbetrag dem Kläger nicht zugeflossen. Vielmehr hat die Beklagte als Arbeitgeberin die Abfindung aufgrund bestehender Gegenansprüche aus Mietnebenkosten im Wege der Aufrechnung in Höhe von 13.149,74 DM gekürzt, so dass an den Kläger lediglich der Differenzbetrag in Höhe von 6.850,26 DM zur Auszahlung gelangt ist.

Für die Auferlegung einer Einmalzahlung aus Vermögen hätte daher allenfalls dieser tatsächlich dem Kläger zugeflossene Abfindungsbetrag zugrunde gelegt werden können (wie hier LAG Köln, Beschluss vom 03.11.1999 -2 Ta 253/99-). Auch aus diesem dem Kläger tatsächlich zugeflossenen Teil der Abfindung war unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu Lasten des Klägers kein Anteil zur Leistung eines einmaligen Betrages aus vorhandenem Vermögen aufzuerlegen.

Der das sog. Schonvermögen übersteigende Teil einer Abfindung kann regelmäßig in den Grenzen der Zumutbarkeit als einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO zur Deckung der Prozesskosten mit herangezogen werden. Die Obergrenze der Zumutbarkeit liegt dabei im Regelfall bei 10% der Abfindung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass stets schematisch ein Betrag in Höhe von 10% der vom Arbeitnehmer realisierten Nettoabfindung als Unkostenbeitrag festzusetzen sei. Zu berücksichtigen sind immer die Umstände des Einzelfalles (zum Ganzen: z.B. LAG Köln vom 17.11.1995 - 10 Ta 200/95 - AnwBl. 1997, 238; LAG Köln vom 22.08.1997 - 10 Ta 201/97 - und LAG Köln vom 30.01.2002 - 7 Ta 220/01 -).

Diese Umstände des Einzelfalles bedingen, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der ihm zugeflossene Abfindungsbetrag das Schonvermögen um 1.850,26 DM übersteigt, nicht verpflichtet werden kann, einen Teilbetrag aus der zugeflossenen Abfindung für die bewilligte Prozesskostenhilfe aufzuwenden.

Der Kläger ist mit Wirkung zum 30.09.2001 durch die Kündigung der Beklagten arbeitslos geworden und erhält seither zuzüglich zum Arbeitslosengeld Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger und seiner schwerbehinderten Ehefrau aus den Einkünften an Arbeitslosengeld und Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abzug entstehender Mietaufwendungen monatlich 516,40 € verbleiben. Dieser Betrag unterschreitet die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO für den Kläger und seine Ehefrau um monatlich rd. 190,- €.

Damit ist zur Erzielung eines derartigen Mindestbedarfs der das Schonvermögen übersteigende Betrag der Abfindung zwischenzeitlich verbraucht. Im übrigen hat erkennbar die dem Kläger zugeflossene Abfindung auch bei der Bewilligung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG keine Anrechnung gefunden. Damit bleibt festzustellen, dass die Existenzsicherung des Klägers und seiner Ehefrau zwingend durch den Verbrauch der tatsächlich zugeflossenen Abfindungssumme aufgebessert werden musste. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es angebracht, den Kläger insgesamt aus der Verpflichtung zur Prozesskostenhilfe einen Beitrag aus Vermögen zu leisten auszunehmen.

Damit war der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 12.12.2001 abzuändern und der Beschwerde stattzugeben.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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