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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 1333/08
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG §§ 7 ff.
Eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, für die der Beklagte gem. § 7 Abs. 1 BetrAVG einzustehen hätte, liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden. Wesentliches Kennzeichen sind der Versorgungszweck und der Umstand, dass der Leistungsfall durch ein biologisches Ereignis ausgelöst wird (vgl. HWK/Schipp, 3. Aufl., § 1 BetrAVG Rz. 1).

Die dem Kläger zugestandene Energiebeihilfe diente nicht Altersversorgungszwecken und war auch nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst. Vielmehr stellt sie sich als eine bedarfsorientierte Fürsorgeleistung des Arbeitgebers dar, die unter vielfältigen Vorbehalten steht. Sie gehört somit nicht zum insolvenzgeschützten Versorgungsanspruch des Klägers.


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.05.2008 - 15 Ca 6554/07 - abgeändert:

Die Klage wird im Umfang der Klageerweiterung vom 01.12.2008 abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Einstandspflicht des Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für eine Energiebeihilfe als Ersatz für die Gewährung von Deputatkohle.

Der am 08.05.1936 geborene Kläger war als so genannter AT-Angestellter bei der D -H GmbH beschäftigt.

Das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien endete nach Maßgabe einer Vereinbarung vom 26.07.1993 mit Ablauf des 30.04.1994. Der Kläger erhielt im beendeten Arbeitsverhältnis eine Zusage der D -H GmbH auf Zahlung einer Betriebsrente. Der Kläger ist Knappschaftsrentner und bezieht darüber hinaus eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.273,00 €.

In dem seit 1978 bestehenden Arbeitsverhältnis sicherte die D -H GmbH dem Kläger mit undatiertem Schreiben aus November 1981 einen Zuschuss zum Krankengeld bis zur Höhe der Nettovergütung gestaffelt nach Dienstjahren bis zum Ablauf einer 12-monatigen Erkrankung und die Zahlung von Sterbegeld an die versorgungsberechtigten Angehörigen zu.

Daneben heißt es in dem Schreiben aus November 1981 wie folgt:

"Scheiden Sie nach Erhalt des Altersruhegeldes oder infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus unseren Diensten aus, so haben Sie einen Anspruch auf Hausbrandabgeltung, unter den entsprechenden Voraussetzungen der tarifvertraglichen Bestimmungen für Angestellte des Rheinisch-Westfälischen-Steinkohlebergbaus in Höhe von jährlich 3 Tonnen, wobei der Abgeltungsbetrag pro Tonne auf DM 220,00 festgesetzt wird. In den o. a. Fällen hat Ihre Witwe den gleichen Anspruch. Dies gilt auch, wenn Ihr Dienstvertrag durch Tod beendet wird.

Diese Leistung ist von Ihnen bzw. Ihrer Witwe zu versteuern."

In der Ausscheidungsvereinbarung vom 26.07.1993 heißt es unter Ziffer 6.:

"Ab dem 01.05.1994 hat Herr Anspruch auf Abgeltung von Deputatkohle gemäß den Richtlinien der D -H GmbH über Hausbrandabgeltung für ausgeschiedene AT-Angestellte. Zur Auszahlung der Barabgeltung bedarf es jeweils einer Antragstellung durch Herrn ."

Der Kläger erhielt von der D -H GmbH zuletzt eine Energiebeihilfe in Höhe von jährlich 368,13 €.

Die Einstandspflicht für diesen Betrag hat der Beklagte abgelehnt. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass sein Energiebeihilfeanspruch den Betriebsrentenansprüchen zuzuordnen sei, so dass der Beklagte einstandspflichtig sei.

Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die einzelvertragliche Zusage aus November 1981 i.V.m. den Regelungen des Tarifvertrages für Angestellte des Rheinisch-Westfälischen Steinkohlebergbaus.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger bisher von der D -H GmbH gewährte Energiebeihilfe zu übernehmen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der geltend gemachte Anspruch sei nicht dem Betriebsrentenanspruch des Klägers zuzuordnen sei, für den der Beklagte einstandspflichtig sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und die Rechtsauffassung des Klägers bestätigt.

Auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz Blatt 67 bis 71 der Gerichtsakten wird Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags geltend macht, dass die streitbefangene Energiebeihilfe als Ersatz für die Gewährung von Deputatkohle nicht dem Betriebsrentenanspruch des Klägers zuzuordnen sei, für den der Beklagte einstandspflichtig sei.

Der Kläger hat im Berufungsrechtsstreit seine Klage um die Energiebeihilfeleistungen der Jahre 2007 und 2008 erweitert und hierzu beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 736,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 368,13 € seit dem 01.10.2007 sowie 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 368,13 € seit dem 01.10.2007 sowie 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.05.2008 - 15 Ca 6554/07 - abzuändern und die Klage in dem klageerweiterten Umfang insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt.

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

Der Kläger verteidigt unter Vertiefung seines Sachvortrags das Urteil erster Instanz und vertritt weiter den Standpunt, dass sein Anspruch auf Zahlung der Energiebeihilfe seinem zugesagten Betriebsrentenanspruch zuzuordnen sei.

Bezüglich der tarifvertraglichen Bestimmungen betreffend den Hausbrand für ausgeschiedene Angestellte wird auf die vorgelegten tarifvertraglichen Bestimmungen Blatt 8 bis 10 der Gerichtskaten Bezug genommen.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt sowie die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig. Der Beklagte hat gegen das ihm am 19.08.2009 zugestellte Urteil erster Instanz fristwahrend am 03.09.2008 Berufung eingelegt und diese Berufung sodann fristwahrend mit der am 17.09.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründungsschrift begründet.

Die Berufung des Beklagten setzt sich im Einzelnen mit dem Urteil erster Instanz auseinander und erweist sich insoweit als ein ordnungsgemäß eingelgtes Rechtsmittel.

II. Die Berufung ist begründet.

Für den Kläger, der unstreitig im Vertragsverhältnis zur D-H GmbH so genannter AT-Angestellter war, wären ohne einzelvertragliche Inbezugnahme die Regelungen des Tarifvertrages für die Angestellten des Rheinisch-Westfälischen-Steinkohlebergbaus nicht anzuwenden.

Für den streitbefangenen Anspruch ergibt sich dies allerdings aus der mit der Klageschrift vorgelegten Bestätigung des undatierten Schreibens der D-H GmbH aus November 1981, in welchem es in Bezug auf die Hausbrandabgeltung heißt, dass der diesbezügliche Anspruch unter entsprechenden Voraussetzungen der tarifvertraglichen Bestimmungen für Angestellte des Rheinisch-Westfälischen-Steinkohlebergbaus festgesetzt werde.

Demzufolge weist der Kläger selbst zutreffend in der Klageschrift darauf hin, dass die Rechtsgrundlage seines Anspruchs die einzelvertragliche Zusage der D-H GmbH aus November 1981 i. V. m. den Regelungen des Tarifvertrages für Angestellte des Rheinisch-Westfälischen-Steinkohlebergbaus ist.

Damit hat sich der geltend gemachte Anspruch in seiner Fragestellung der Zuordnung zum Betriebsrentenanspruch oder nicht ebenso zu bestimmen, wie dies für Tarifangestellte unter Berücksichtigung der einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen festzulegen ist.

Hiernach ergibt sich, dass der streitbefangene Anspruch dem Betriebsrentenanspruch des Klägers nicht zuzuordnen ist und demzufolge entgegen der Auffassung des Klägers und des Urteils des Arbeitsgerichts die Klage nicht zuerkannt werden kann.

Aus diesen Gründen scheidet für diesen Anspruch der Insolvenzschutz, für den der Beklagte einstandspflichtig ist, aus.

Eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 BetrAVG, für die der Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG einzustehen hätte, liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden. Wesentlich Kennzeichen sind der Versorgungszweck und der Umstand, dass der Leistungsfall durch ein biologisches Ereignis ausgelöst wird (vgl. HWK/Schipp, 3. Auflage, § 1 BetrAVG Rz. 1).

Daran gemessen handelt es sich bei der dem Kläger zugesagten Hausbrandabgeltung nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Die dem Kläger zugestandene Leistung diente nicht Altersversorgungszwecken und war auch nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst. Vielmehr stellt sie sich als eine bedarfsorientierte Fürsorgeleistung des Arbeitgebers dar, die unter vielfältigen Vorbehalten steht.

Hervorzuheben ist hierzu insbesondere die Vorschrift des § 51 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer des Rheinisch-Westfälischen-Steinkohlebergbaus, in welcher es bezogen auf die Regelungen zu den Ansprüchen auf Energiebeihilfe (Deputatkohle) heißt:

Die Bezugsansprüche entstehen vorbehaltlich späterer Regelungen der Tarifparteien.

Damit ist festzuhalten, dass der Manteltarifvertrag gerade kein unbedingtes und dauerhaftes Bezugsrecht garantiert, sondern eine Abänderungsbefugnis den Tarifvertragsparteien gerade vorbehält.

Ein derartiger Vorbehalt ist allerdings mit verbindlich zugesagten Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung grundsätzlich unvereinbar.

Zudem handelt es sich bei diesen Ansprüchen wie die sonstigen Regelungen im Tarifvertrag belegen um Ansprüche, die unter vielfältigen Bedürftigkeitsvorbehalten stehen. Diese Ausgestaltung des Zuwendungsanspruchs spricht gegen einen festen Bestandteil der Altersversorgung, auf die ein Empfänger würde uneingeschränkt vertrauen können.

Dies hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in ihrem Urteil vom 07.04.2008 (5 Sa 430/08) mit Hinweis auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.10.2007 (4 Sa 1269/06) ausführlich begründet. Diese Begründung hat sich die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in ihrem Urteil vom 24.07.2008 (6 Sa 530/08) ausdrücklich zu eigen gemacht.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese den Parteien bekannten Entscheidungen Bezug genommen.

III. Die Kostenentscheidung des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO.

IV. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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