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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 8 Sa 405/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
1. Vertragsverletzungen eines Angestellten in gehobener Stellung (Vollmachtsüberschreitung, Loyalitätsverletzung) beim Vorarbeitgeber schlagen auf ein Folgearbeitsverhältnis im Konzern durch, wenn die Konzernzugehörigkeit im Folgearbeitsverhältnis volle Anrechnung findet und dies zur Unkündbarkeit des Arbeitsverhältnisses mit Beginn dieser Tätigkeit führt.

2. Überschreitet ein Arbeitnehmer in gehobener Stellung offensichtlich seine Vollmachten in Wahrnehmung eigener - gegenüber seinem Arbeitgeber nicht schützenwerter Interessen - und bringt er hierdurch seinen Arbeitgeber in Misskredit ( hier Einbindung in polizeiliche Ermittlungen ) so sind schwerwiegende Gründe gesetzt, die grundsätzlich geeignet sind, die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

In derartigen Fällen ist eine Abmahnung ungeeignet, die Vertrauensbasis für das Arbeitsverhältnis wiederherzustellen und daher nicht geboten. Auch die gebotene Interessenabwägung führt in diesen Fällen in der Regel nicht dazu, dass ausnahmsweise von der grundsätzlich möglichen außerordentlichen Kündigung abzusehen wäre.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 8 Sa 405/00

Verkündet am: 28.03.2001

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2001 durch der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Jüngst als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Piechowski und Fiegler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.10.1999 - 9 Ca 5863/99 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

(nach § 543 ZPO)

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund einer seitens der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung und Anfechtung des Arbeitsvertrages.

Die Klägerin war zunächst langjährig bei der Muttergesellschaft der Beklagten, der D L , beschäftigt. In den Jahren 1994 bis 1997 war sie Leiterin des Vertriebs D ; ab 15.03.1997 waren ihr die Aufgaben der Leitung des Referats "Qualitätsrevision" zugewiesen.

Nach einer Bewerbung bei der Beklagten, einem Beratungsunternehmen, kam es zu einem Aufhebungsvertrag mit der D L vom 23.01.1999 und der Begründung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten ab dem 24.01.1999. Dieser Arbeitsvertrag war verbunden mit der Übertragung der Projektleitung in einem für voraussichtlich zwei Jahre befristeten Auslandsprojekts auf Grund Beratungsvertrages der Beklagten mit der F G , I . Im Anstellungsvertrag ist der Klägerin die Anrechnung der L Konzernzugehörigkeit seit dem 01.07.1982 zugesichert; diese Festlegungen des Anstellungsvertrages verstehen beide Vertragsparteien dahingehend, dass sich dieses Vertragsverhältnis unter Berücksichtigung der anrechnungsfähigen Vordienstzeiten im Konzern als von Beginn an unkündbar darstellt.

Die Jahresvergütung weist der Vertrag mit 156.000,00 DM aus.

Der Arbeitsvertrag sichert der Klägerin die Weiterbeschäftigung bei der Beklagten nach Ablauf des Auslandseinsatzes zu.

Die D L zeigte im Jahre 1994 Interesse an einem Kulturprojekt "O E " und stellte der dieses Projekt betreibenden Gesellschaft mit Absichtserklärung vom 07.12.1994 eine Beteiligung ab dem Tourneestart 1996 in Aussicht.

Die Klägerin beteiligte sich an dieser Gesellschaft mit einer Einlage von 100.000,00 DM.

Nach Vortrag der Beklagten war die Deutsche Lufthansa bereits Ende 1995 an dem Projekt "O " nicht mehr interessiert.

Auf Geschäftspapier der D L teilte die Klägerin mit Schreiben vom 27.11.1997 an den Europäischen O folgendes mit:

"Absichtserklärung

Die D L AG beabsichtigt, sich an dem neuen Kulturprojekt "E O " ab dem Tourneestart 1998 zu beteiligen.

Die D L AG hat vor, den E O als Marketing- und Verkaufsplattform zu nutzen, durch die Gestaltung des Präsentationszeltes sowie sonstiger Präsentations- und Verkaufsaktivitäten. Die D L AG hat auch Interesse, die Räumlichkeiten des E O und der Aufführungen für Vertriebspartner und Kunden zu nutzen.

Als Sponsorpackage interessiert die D L AG das Haupt-Sponsoring Package in Höhe von 2 Mio. DM. Eine Aufteilung in Barter-Leistungen und Cash-Zahlungen wird noch vereinbart.

Die konkrete Art der Zusammenarbeit wird in einer gesonderten Vereinbarung festgelegt.

Das Interesse besteht an einer mehrjährigen Zusammenarbeit. Wir freuen uns auf eine attraktive und erfolgreiche Zusammenarbeit."

Die Beklagte erfuhr hiervon über ihre Muttergesellschaft, die D L , auf Grund eines an diese gerichteten Schreibens der Kriminalpolizei-Inspektion Stuttgart folgenden Inhalts:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Beschuldigte C befasste sich seit mehreren Jahren mit der Planung und Realisierung eines E O . ...

Mit Kapital von Anlegern, die sich an dieser Gesellschaft beteiligten, einem Sponsorbeitrag von mindestens 1,5 Mio. DM und weiteren Mitteln sollten die Vorlaufkosten zur Realisierung des Projektes abgedeckt werden.

Der Investitionsplan der Gesellschaft unterlag einer Mittelfreigabekontrolle einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Eine der Auflagen als Voraussetzung für die Mittelfreigabe war das Vorliegen grundsätzlicher Zusagen über die Förderung des O (Sponsoring) in Höhe von mindestens 1,75 Mio. DM. Diese Auflage wurde durch Vorlage des in Kopie beigefügten Schreibens der L vom 27.11.1997 erfüllt.

Auffällig ist, dass in dem Schreiben weder ein Verfasser noch ein Unterzeichner namentlich benannt ist, und dass auch nicht erkennbar ist, welcher Geschäftsbereich innerhalb der L verantwortlich zeichnet.

Ich bitte um Überprüfung ob dieses Schriftstück tatsächlich in ihrem Haus verfasst wurde.

..."

Zu diesem Vorfall wurde die Klägerin am 20.04.1999 angehört. In dem Gespräch räumte sie ein, hier ohne Kompetenzen eigenmächtig gehandelt zu haben.

Daraufhin erklärte die Beklagte unter dem 21.04.1999 die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses und gleichzeitig die Anfechtung des Arbeitsvertrages.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Kündigung erweise sich als rechtswirksam. Es lägen Gründe vor, die den Vertrauensbereich beträfen und die es der Beklagten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und bei Abwägung der Interessen beider Parteien unzumutbar mache, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aufrecht zu erhalten. Die Klägerin habe in besonders schwerwiegender Weise gegen ihre Treuepflicht gegenüber der D L - der Muttergesellschaft der Beklagten - verstoßen und so Störungen im persönlichen Vertrauensbereich verursacht, in dem sie, damals Mitarbeiterin der Führungsebene und Leiterin einer nicht in das Projekt O involvierten Abteilung (Qualitätsrevision), ohne Information und ohne Absprache oder Rücksprache mit einer zuständigen Person der D L in bewusster Kompetenzüberschreitung eine Absichtserklärung im Namen der D L gegenüber der O GmbH & Co. KG abgegeben habe, zudem unter Nennung von beabsichtigten Sponsoringgeldern in Millionenhöhe.

Der Klägerin sei zwar zuzugeben, dass das ihr zur Last gelegte Vorgehen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zur D L geschehen sei und nicht das in der Folgezeit mit der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis unmittelbar betreffe. Dennoch sei die fristlose Kündigung berechtigt, da sich gleichwohl Beeinträchtigungen und Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis zur Beklagten ergäben. Im Streitfall zeige sich die Verknüpfung beider Arbeitsverhältnisse der Beklagten durch die Anrechnung der L Konzernzugehörigkeit im Arbeitsvertrag der Beklagten.

Das Vorgehen der Klägerin habe das erforderliche Vertrauen zerstört, zumal das Handeln der Klägerin auch zu ihrem eigenen persönlichen Vorteil als Teilhaberin an der betroffenen Gesellschaft anzusehen sei. Im Übrigen und ergänzend wird auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils Blatt 110 bis 115 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 15. Februar 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin unter dem 14.03.2000 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.04.2000 am 25.04.2000 (Dienstag nach Ostern) begründet.

Die Beklagte macht geltend, das Arbeitsgericht habe den zugrundeliegenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht zutreffend gewürdigt, so dass das Urteil keinen Bestand haben könne. Dem erstinstanzlichen Urteil sei insoweit zwar zuzustimmen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Absichtserklärung vom 27. November 1997 nicht berechtigt gewesen sei, eine solche Erklärung abzugeben. Hierdurch habe sie allerdings nicht in besonders schwerwiegender Weise gegen ihre Treuepflichten der D L gegenüber verstoßen, da sie bewusst nur eine unverbindliche Absichtserklärung abgegeben habe und gerade keine verbindliche Zusage über eine definitive Unterstützung in einer bestimmten Höhe. Im Übrigen sei die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung davon ausgegangen, dass ein generelles Interesse der D L an der Förderung des Projekts nach wie vor bestanden habe. Dies habe die Klägerin daraus geschlussfolgert, dass sie bis Anfang 1997 in der Abteilung Vertrieb tätig war und es zum damaligen Zeitpunkt im Zeitraum September 1996 bis März 1997 noch Treffen mit dem Geschäftsführer der den Opernzirkus betreibenden GmbH und der D L gegeben habe. Nach ihrem Wechsel von der Abteilung Vertrieb zur Abteilung Qualitätsrevision im Jahr 1997 habe die Klägerin keine gegenteiligen Informationen erhalten, dass ein generelles Interesse an dem Kulturprojekt E O nicht mehr bestehe. Im Übrigen sei nicht geklärt, ob es auf der Grundlage des Schreibens der Klägerin durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Freigabe von Mitteln des Projekts O gekommen sei.

Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass der D L in keiner Weise irgendein Schaden entstanden sei.

Soweit das erstinstanzliche Urteil das Vergehen der Klägerin im Arbeitsverhältnis zur D L als anrechenbares Vergehen im Vertragsverhältnis zur Beklagten bewerte, stehe dem schon die von der D L gewählte vertragliche Gestaltung der Auflösung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses entgegen. Jedenfalls wiege die Tatsache, dass die Beklagte im neuen Arbeitsverhältnis die Zeiten der Konzernzugehörigkeit bei der D L berücksichtigt habe im Verhältnis zur Aufhebung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses wesentlich weniger. Dies führe auch dazu, dass im Gegensatz zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts das Vorgehen der Klägerin gerade nicht das erforderliche Vertrauen der Beklagten zur Klägerin habe zerstören können.

Auch gebe es keinerlei Nachweise dafür, dass der Ruf der D L AG durch das Verhalten der Klägerin gelitten oder hierdurch gar der D L AG wirtschaftlicher Schaden zugefügt worden sei. Die Klägerin arbeite im Projekt mit der i F G nach wie vor engstens mit der Beklagten zusammen. Die Klägerin erhalte keine Bezahlung von G . Die Klägerin werde durch den Projektleiter der Beklagten, Herrn P , bezahlt. Die Klägerin sei auf Grund eines "Appointment Letters" als Vice President Network Management der G berufen, der ausdrücklich auf den zwischen der G und der Beklagten bestehenden Managementvertrag Bezug nehme. d. h. bei Wegfall des Managementvertrages sei auch die Berufung der Klägerin als Vice President Network Management hinfällig. Die Teilnahme der Klägerin an sog. Steering Comittee Meetings könne nicht bestritten werden. Aus alle dem werde deutlich, dass die Klägerin von G nach wie vor als Mitarbeiterin der Beklagten angesehen werde, die Klägerin sei faktisch nach wie vor im Team auf Seiten der Beklagten für den Managementvertrag mit G tätig. Darüber hinaus werde das Know-How und die L der Klägerin wie selbstverständlich von der Beklagten auch für andere Projekte in Anspruch genommen. Insgesamt leite daraus her, dass das Vertrauen in die Person der Klägerin nicht erschüttert seien könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.10.1999 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. April 1999 noch durch die Anfechtung vom 21. April 1999, beide zugegangen am 21.04.1999 aufgelöst worden ist und über den 21.04.1999 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hält mit der dortigen Begründung die Weiterbeschäftigung der Klägerin für unzumutbar. Die tatsächliche Außenwirkung des Fehlverhaltens der Klägerin zeige sich zumindestens insoweit, als durch die streitgegenständliche Absichtserklärung eine Mittelfreigabe habe veranlasst werden sollen, die zu Verlusten der Anleger habe führen müssen und zumindest die Gefahr in sich getragen habe, dass der Ruf der D L AG dadurch geschädigt werden konnte. Dementsprechend komme es nicht darauf an, ob die eingeschaltete Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Gelder auf Grund der streitgegenständlichen Absichtserklärung freigeben durfte oder nicht. Im Fehlverhalten der Klägerin liege danach eine Missachtung ihrer Treuepflicht und somit eine schwerwiegender Verletzung im Vertrauensbereich. Bei der Bewertung ihres Verhaltens vergesse die Klägerin in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass sie selbst an dem Opernprojekt mit einer Einlage von 100.000,00 DM beteiligt gewesen sei, ein Betrag, der in Anbetracht der Vergütung der Klägerin eine nicht unbeträchtliche Summe darstelle und auch auf eine persönliche Beziehung zum Betreiber des Projekts schließen lasse. Die Beklagte nehme auch nicht etwa im Projekt mit der L G Tätigkeiten der Klägerin in Anspruch. Die Beklagte habe eindeutig und unmissverständlich eine Weiterbeschäftigung der Klägerin nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung abgelehnt. Die Klägerin werde nicht zu den Steering Comittee eingeladen bzw. nehme nicht an diesen teil. Die Klägerin nehme lediglich in ihrer Eigenschaft als Projektmitarbeitern der G an Meetings des Steering Comittee teil. Es könne nicht der Beklagten angelastet werden, wenn auf Grund der Tätigkeit der Klägerin für die G weiterhin Kontakte zur Beklagten bestünden, die auf dem zwischen der Beklagten und der G abgeschlossenen Beratungsvertrag beruhten.

Ob - wie von der Klägerin behauptet - Herr P an die Klägerin Gehaltszahlungen erbringe, entziehe sich deren Kenntnis. Herr P sei nicht Angestellter der Beklagten, die Beklagte erbringe an diesen keinerlei Gehaltszahlungen und beschäftige auch Herrn P nicht.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten vorgetragenen Inhalt der Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

Die Klägerin hat binnen Monatsfrist nach Zustellung des Urteils erster Instanz gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.04.2000 fristwahrend am 25.04.2000 (Dienstag nach Ostern) begründet.

Die Berufung setzt sich mit dem erstinstanzlichen Urteil und seiner rechtlichen Bewertung im Einzelnen auseinander und erfüllt damit die Anforderungen gemäß § 519 ZPO.

II. In der Sache ist die Berufung nicht begründet.

Die Kündigung der Beklagten vom 21.04.2000 erweist sich auch als außerordentliche Kündigung als wirksam, da ein schwerwiegender Vertragsverstoß vorliegt, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt und der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, § 626 Abs. 1 BGB.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der streitbefangenen Kündigung unkündbar gewesen. Dies ergibt sich aus der arbeitsvertraglich vereinbarten Anrechnung der Konzernbeschäftigungszeiten seit dem 01. Juli 1982 und den in Bezug genommenen tarifvertraglichen Bestimmungen.

Hieraus leitet her, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien grundsätzlich nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

1. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung einen schwerwiegenden Vertragsverstoß im Verfassen des Schreibens vom 27.11.1997 durch die Klägerin gesehen.

Für die Bewertung dieses Fehlverhaltens ist dabei mit der Begründung des Arbeitsgerichts von besonderer Bedeutung, dass die Klägerin ein Schreiben verfasst hat, welches - entgegen den der Klägerin bekannten Üblichkeiten - weder einen Verfasser bzw. Unterzeichner des Schreibens namentlich benennt noch deutlich macht, welcher Geschäftsbereich innerhalb der L für dieses Schreiben verantwortlich zeichnet. Hinzu kommt, dass die Klägerin auf Grund einer eigenen Einlage erheblichen Umfangs in Höhe von 100.000,00 DM an dem Projekt O beteiligt war, dessen Unterstützung offenkundig das Schreiben vom 27.11.1997 diente.

Das Schreiben bringt nämlich zum Ausdruck, dass die D L AG das Haupt-Sponsoring Package in Höhe von 2 Mio. DM interessiere, das zwar die Art der Zusammenarbeit noch in einer gesonderten Vereinbarung festzulegen sei, allerdings das Interesse an einer mehrjährigen Zusammenarbeit bestehe.

Die Klägerin hat - wie sie im Übrigen bei ihrer Anhörung zum Zustandekommen des Schreibens zugegeben hat - auch bei Abfassen des Schreibens gewusst und eindeutig erkannt, dass sie hiermit unter Überschreitung jeglicher Kompetenzen eigenmächtig gehandelt hat.

Das Schreiben war auch geeignet, die D L AG in Misskredit zu bringen und deren Ruf zu schädigen, wie sich bereits durch den Umstand ergibt, dass dieses Schreiben zu den polizeilichen Ermittlungsakten gegen den Beschuldigten C gelangt ist.

Die Einlassung der Klägerin, sie habe im Zeitpunkt des Verfassens des Schreibens am 27.11.1997 keinerlei Kenntnisstand darüber gehabt, dass die D L AG am Projekt O kein Interesse mehr gehabt habe, sie habe die Deutsche Lufthansa mit dem Schreiben im Verhandlungsgeschäft für das Projekt Operncircus halten wollen, muss unter Berücksichtigung der Stellung der Klägerin im Arbeitsverhältnis bei der L AG und unter Berücksichtigung der offenkundigen eigenen Interessen an der Fortführung des Projekts O als schlichte Schutzbehauptung gewertet werden.

Die Einlassung ist im Übrigen auch in der Sache ungeeignet, das Verhalten der Klägerin zu entschuldigen. Der Klägerin war nach ihrer Stellung im Arbeitsverhältnis bei der L AG die Bedeutung derartiger Schreiben sehr wohl bekannt und daher auch ihre Kompetenzüberschreitung und die darin liegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten offensichtlich bewusst.

Damit liegt im Verhalten der Klägerin aus Anlass des Abfassens des Schreibens vom 27.11.1997 eine mit ihren arbeitsvertraglichen Aufgaben nicht in Einklang zu bringende Wahrnehmung eigener - im Verhältnis zur Lufthansa AG nicht schützenswerter - Interessen, eine erhebliche Vollmachtsüberschreitung und eine Verletzung von Loyalitätspflichten, die für ein Arbeitsverhältnis mit einem Angestellten in leitender Funktion unverzichtbare Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien ist.

Damit ist das Fehlverhalten der Klägerin grundsätzlich geeignet, um die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen.

2. Diese Vertragsverletzung schlägt auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten durch. Die Beklagte ist zwar nicht die Arbeitgeberin des Arbeitsverhältnisses am 27.11.1997, dem Zeitpunkt des Verfassens des Schreibens an den Operncircus, gewesen; durch die Verknüpfung dieses Arbeitsverhältnisses infolge der Anrechnung aller Dienstzeiten im Konzern und die hieraus abgeleitete Unkündbarkeit des Arbeitsverhältnisses ist allerdings ein derartiges Fehlverhalten auch für die Kündigung des sodann begründeten Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten grundsätzlich als ausreichend anzusehen.

3. Die festzustellende Wahrnehmung eigener Interessen verknüpft mit Vollmachtsüberschreitung und Loyalitätsverletzung zerstört das notwendige Vertrauen auch der Beklagten in die Fortsetzung des Arbeitverhältnisses. a. Die Beklagte war auch nicht auf das mildere Mittel einer Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung zu verweisen. Zwar ist auch bei Störungen im Vertrauensbereich das Abmahnerfordernis stets zu prüfen. Dies ist jedenfalls dann erforderlich und gilt auch im Falle grundsätzlich in Betracht zu ziehender fristloser Kündigungen eines Arbeitsverhältnisses, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass erwartet werden kann, dass das Vertrauen durch eine derartige Abmahnung wieder hergestellt werden kann (BAG Urteil vom 04. Juni 1997 - 2 AZR 526/96 - AP Nr. 137 zu § 626 BGB; BAG Urteil vom 11. März 1999 - 2 AZR 507/98 - NZA 1999, 587; BAG Urteil vom 11. März 1999 - 2 AZR 51/98 - RzK I 10 g Nr. 10).

Die Gewichtigkeit des Vertragsverstoßes - insbesondere die Verknüpfung mit der Wahrnehmung eigener Interessen - lässt es allerdings als ausgeschlossen erscheinen, dass durch eine Abmahnung das Vertrauen wiederherstellbar wäre. Die Klägerin hat sich zur Abfassung des Schreibens in Wahrnehmung eigener Interessen entschlossen, obwohl sie die Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens erkannt hat. Sie konnte nicht damit rechnen, dass ihr Arbeitgeber ein solches Verhalten billigen könnte. Es ist somit kein Ausnahmetatbestand gegeben, der bei der Schwere des festzustellenden Verstoßes eine Abmahnung an Stelle der außerordentlichen Kündigung erforderlich machte.

Eine solche weitere Warnung der Beklagten kann nicht als erfolgversprechend angesehen werden und war daher der Beklagten wegen der Beeinträchtigung des Vertragsverhältnisses nicht abzuverlangen.

b. Auch in der Berücksichtigung des unbeanstandet bestehenden Arbeitsverhältnisses der Vertragsparteien im Konzern L einerseits und der Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin andererseits vermögen nicht ausreichende Umstände gesehen zu werden, die bei der Interessenabwägung für bzw. gegen die Kündigung ausnahmsweise es für geboten erscheinen ließen, dass die Beklagte von einer Kündigung Abstand nähme. Das Gewicht der Vertragsverletzung verbunden mit der Tatsache, dass ein Arbeitgeber wie die Beklagte bei einem im Ausland eingesetzten leitenden Mitarbeiter auf absolute Loyalität angewiesen ist, führt dazu, dass sofortige Beendigungsinteresse der Beklagten als gewichtiger anzusehen als das Bestandsschutzinteresse der Klägerin.

Gegenteiliges leitet auch nicht daraus ab, dass die Klägerin in ihrer Aufgabenstellung beim Kunden der Beklagten, der i L G , offenkundig fachlich gute Arbeit erbringt und sich dieser für die Fortsetzung der Aufgabenwahrnehmung durch die Klägerin entschieden hat. Dass die Wahrnehmung dieser Aufgaben im Interesse der Beklagten erfolgt oder gar wie die Klägerin im Berufungsverfahren darzustellen versucht, von dieser finanziert sei, ist nicht substantiiert dargestellt oder unter Beweis gestellt.

Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, den Kunden G nach Bekanntwerden der die Kündigung auslösenden Streitumstände auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin hingewiesen zu haben. Die Beklagte weist des Weiteren zutreffend darauf hin, dass es nicht in ihrer Entscheidungssphäre liegt, den Kunden G zu veranlassen, Vertragsbeziehungen mit der Klägerin nicht einzugehen bzw. Tätigkeiten durch die Klägerin im Projekt nicht anzunehmen.

Damit verbleibt es dabei, dass ausreichende Gründe für die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB durch das Verhalten der Klägerin aus Anlass des Verfassens des Schreibens vom 27.11.1997 gesetzt waren.

Die Kündigung der Beklagten vom 21. April 1999 erweist sich somit als außerordentliche Kündigung als begründet und führt zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Zugang dieser Kündigungserklärung.

4. Auf die Frage, ob das Arbeitsverhältnis darüber hinaus durch die Anfechtungserklärung der Beklagten ebenfalls vom 21. April 1999 in seinem rechtlichen Bestand berührt ist, kam es daher für die getroffene Entscheidung nicht an.

5. Das Urteil des Arbeitsgerichts war daher zu bestätigen. Die Vertragsbeziehungen der Parteien sind beendet. Der Klage blieb der Erfolg zu versagen. Die Berufung der Klägerin führt nicht zu einer Abänderung des Urteils erster Instanz.

III. Die Kostenentscheidung des Rechtsstreits beruht auf § 97 ZPO.

IV. Die Entscheidung des Rechtsstreits beruht auf den Umständen des Einzelfalles. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Kammer hat daher die Revision nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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