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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.06.2006
Aktenzeichen: 8 Ta 307/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 78 a
ZPO § 139
Aus § 139 ZPO leitet nicht uneingeschränkt die gerichtliche Verpflichtung ab, zu unschlüssigem Vortrag einer Partei rechtliche Hinweise zu geben. Gerichtlich wird einer Partei das rechtliche Gehör vielmehr nur versagt, wenn Anforderungen an den Sachvortrag gestellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abgestellt wird, mit denen auch ein gewissenhaft und kundiger Verfahrensbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen braucht.
Tenor:

Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20.01.2006 - 8 Ta 307/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

I. Im Rechtsstreit der Parteien hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 20.01.2006 über die Streitfrage der Parteien betreffend die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit entschieden und die Beschwerde der Klägerin gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.06.2005 - 6 Ca 4001/05 - zurückgewiesen sowie die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist den Parteien unter dem 26.01.2006 formlos zugeleitet und nicht förmlich zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer Anhörungsrüge vom 8. Februar 2006.

Mit ihrer Anhörungsrüge beantragt die Klägerin das Verfahren wieder in das Verfahrensstadium zurückzuversetzen, in dem es sich vor der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2006 befunden hat.

Die Anhörungsrüge macht geltend, dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unter Verletzung der Hinweispflichten nach § 139 Abs. 2 ZPO ergangen sei. Für das Landesarbeitsgericht sei die Rechtsauffassung der Klägerin erkennbar verdeutlicht gewesen, dass aufgrund des Inhalts des schriftlichen Vertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei.

Dabei sei für das Gericht weiter erkennbar gewesen, dass die Klägerin ausgehend von dieser ihrer Rechtsauffassung keinerlei Veranlassung gehabt habe, zu einer vom Vertrag abweichenden Durchführung des Vertrages Vortrag zu halten. Die weisungsgebundene Abhängigkeit in der Aufgabenwahrnehmung leite zweifelsfrei aus § 3 Abs. 4 des Anstellungsvertrages ab; die Satzung des Beklagten zu 1) regele zudem zweifelsfrei, dass der/die Geschäftsführer (in) der Beklagten zu 1) nicht Organ der Beklagten zu 1) sei, § 10 S. 3 der Satzung.

Ergänzend sei auf § 3 Abs. 6 des Vertrages hinzuweisen, nach welchem die Klägerin ihre Arbeitskraft in den Dienst der Stiftung zu stellen habe.

Die Beklagte macht geltend, dass eine Verletzung rechtlichen Gehörs schon allein deshalb nicht anzunehmen sei, weil für die Beklagtenseite bereits mit Schriftsatz vom 10.06.2005 darauf hingewiesen worden sei, dass die vertraglichen und satzungsgemäßen Bestimmungen, die für das Vertragsverhältnis zur Beklagten zu 1) gelten und das dabei ausgewiesene unternehmerische Weisungsrecht der Annahme eines freien Dienstverhältnisses nicht entgegenstünden. Der Hinweis auf § 3 Abs. 6 des Anstellungsvertrages zur Beklagten zu 1) führe nicht weiter. Die Beklagte vermeide es aufzuzeigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neben dem aufgezeigten Hinweis, dass nach privatrechtlichem Vertrag die Klägerin als eine zur Arbeit verpflichtete Person anzusehen sei kumulativ zusätzliche Kriterien hinzukommen müssten, um in Abgrenzung von einem freien Dienstvertrag die Arbeitnehmereigenschaft zu begründen.

Die Beklagte regt daher die Zurückweisung der Anregungsrüge an.

II.

1. Die Anhörungsrüge ist zulässig.

Nach § 78 a Abs. 1 ArbGG ist auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Nach § 78 a Abs. 2 ArbGG muss die Rüge innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben werden; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen.

Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten dabei mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs leitet die Klägerin aus dem ergangenen Beschluss selbst her, da zuvor gerichtliche Hinweispflichten nicht gewahrt worden seien.

Der Beschluss ist formlos am 26. Januar 2006 zur Post gegeben worden. Damit erweist sich die formwirksame Anhörungsrüge vom 8. Februar 2006, die am 9. Februar 2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist als fristwahrend im Sinne des § 78 a Abs. 2 S. 1 ArbGG.

Nach § 78 Abs. 2 ArbGG muss die Rüge des Weiteren das Vorliegen der in § 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ArbGG genannten Voraussetzungen darlegen.

Die Klägerin rügt, dass der Beschluss ohne Ausübung gerichtlicher Hinweispflichten ergangen sei, obwohl für das Landesarbeitsgericht erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin der Rechtsauffassung war, dass ihr Vertrag nach Inhalt und unter Berücksichtigung satzungsgemäßer Bestimmungen als Arbeitsverhältnis zu bewerten sei.

Hiernach ist die Anhörungsrüge als zulässig anzusehen.

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgericht vom 26.01.2006 war nicht gegeben; die Anhörungsrüge macht die Verletzung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise geltend.

2. Die Anhörungsrüge ist nicht begründet.

Die Entscheidung hatte durch den Vorsitzenden allein zu ergehen, § 78 a Abs. 6 S. 2 ArbGG.

Die Anhörungsrüge rügt ohne ausreichende Berechtigung die Verletzung rechtlichen Gehörs.

Aus § 139 ZPO leitet nicht uneingeschränkt die gerichtliche Verpflichtung ab, zu unschlüssigem Vortrag einer Partei rechtliche Hinweise zu geben. Gerichtlich wird einer Partei das rechtliche Gehör vielmehr nur versagt, wenn Anforderungen an den Sachvortrag gestellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abgestellt wird, mit denen auch ein gewissenhaft und kundiger Verfahrensbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - FamRZ 2005, 700-701; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - NJW 2003, 3687 - 3689).

Schon nach Maßgabe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 16.06.2005 - 8 Ca 4101/05 - gerade aber auch unter Berücksichtigung der Einlassung der Beklagtenseite bereits im Schriftsatz vom 10.06.2005 hätte für die anwaltlich vertretene Klägerin Veranlassung bestanden zur Bewertung ihres Vertragsverhältnisses zur Beklagten zu 1) als Arbeitsvertrag schlüssig vorzutragen. Keinesfalls vermag die Klägerin unter Berücksichtigung dieser Umstände in Anspruch zu nehmen, die Erforderlichkeit ergänzenden Sachvortrags im Sinne von § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten zu haben.

Nach alledem war das Landesarbeitsgericht nicht verpflichtet, weitergehende Hinweise zu geben.

Die Entscheidung vom 26.01.2005 beruht somit nicht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs.

Die Anhörungsrüge war somit zurückzuweisen.

III. Die Kosten der erfolglos gebliebenen Anhörungsrüge fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

Ende der Entscheidung

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