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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 9 (11) Sa 891/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 612
Wer aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages die Leitung eines Zeitschriftenstandes und einer Lottoannahmestelle in einem Verbrauchermarkt übernimmt, ist nicht Arbeitnehmer, wenn er nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet ist, sondern Personal einstellen und entlassen darf, das nach seinen Weisungen tätig wird.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 25.05.2005 - 4 Ca 917/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung für geleistete Arbeit sowie eine Mankoabrede und hierbei über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Der Kläger übernahm aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages seit dem 15. März 1997 die Leitung des im Globus SB-Markt in B -P befindlichen Einzelhandelsgeschäfts, das die Beklagte und ihr Ehemann zunächst unter der H R K betrieben. Darin wurden Tabakwaren, Zubehör und Zeitschriften verkauft. Zudem war eine Lottoannahmestelle eingerichtet, die der Kläger in Übereinstimmung mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag als Vertragspartner der W L G & C . KG betrieb.

Nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag war der Kläger Selbständiger. Es war darin bestimmt, dass er über die Art und den Umfang seiner Tätigkeit in der Betriebsstätte frei verfügen konnte und zur Bewältigung der Tätigkeit Personal einstellen oder entlassen konnte.

Der Kläger hatte die Waren im Namen und auf Rechnung der Beklagten zu verkaufen und erhielt dafür eine Beteiligung in Höhe von 4 % des Umsatzes zu Bruttoverkaufspreisen zuzüglich Mehrwertsteuer. Zudem erhielt er ein Mankogeld in Höhe von 0,5 % des Umsatzes zuzüglich Mehrwertsteuer. Für Überstunden wurde ihm eine Pauschalvergütung in Höhe von EUR 255,00 pro Monat gewährt. Schließlich erhielt er eine Fahrtkostenerstattung in Höhe von EUR 153,00 pro Monat. Es war ein Kautionskonto zur Sicherung aller Forderungen der Beklagten eingerichtet worden, auf das die Beklagte das vereinbarte monatliche Mankogeld überwies. Sie konnte über das Guthaben verfügen.

Von den Einnahmen aus dem Lottogeschäft, die in einer gesonderten Kasse zu verwalten waren, hatte der Kläger an die Beklagte 60 % plus Mehrwertsteuer als Kostenbeitrag abzuführen. Die Beklagte war berechtigt, Inventuren durchzuführen und Einsicht in die Abrechnungsunterlagen der W L G & C . K zu nehmen. Für Fehlbeträge hatte der Kläger einzustehen, wobei diese mit Provisionen verrechnet und über das Kautionskonto ausgeglichen werden konnten.

Die Betriebskosten und Personalkosten der Filiale hatte der Kläger zu tragen. Er beschäftigte einen festangestellten Arbeitnehmer und 2 Aushilfskräfte. Im Jahr 2001 beschäftigte er zeitweise bis zu 7 Angestellte.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den nach klägerischem Vorbringen gleichlautenden Geschäftsbesorgungsvertrag verwiesen, der ab dem 1. Januar 2003 zwischen der R K bzw. der Beklagten und der Ehefrau des Klägers galt (vgl. Bl. 44 - 50 d.A.).

Auf Veranlassung der Beklagten gründete der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau eine Kommanditgesellschaft, die ab 1. Januar 2000 Vertragspartnerin der Beklagten war. Der Kläger war Kommanditist dieser Gesellschaft, seine Ehefrau die Komplementärin. Die Kosten der Gründung übernahm die Beklagte.

Das Vertragsverhältnis endete zum 31. Dezember 2002. Ab dem 1. Januar 2003 bis zum 31. Oktober 2003 führte die Ehefrau des Klägers aufgrund des genannten Geschäftsbesorgungsvertrages als Komplementärin der Kommanditgesellschaft die Filiale.

Mit der vorliegenden Klage, die am 26. März 2005 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangen ist, begehrt der Kläger von der Beklagten zuletzt Zahlung von EUR 121.138,50 als Restvergütung für den gesamten Vertragszeitraum sowie von EUR 58.592,90 als zu Unrecht von ihm verlangte Mankobeteiligung.

Er hat vorgetragen, tatsächlich sei das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Er sei als Filialleiter weisungsgebunden und rechenschaftspflichtig gewesen. Das Warensortiment habe die Beklagte vorgegeben. Sie habe die Waren bestellt und sowohl die Preise als auch die Verkaufsstrategie bestimmt. Sie habe sowohl Schlüssel zu dem Geschäftslokal als auch zu dem Tresor gehabt. Er habe Personal einstellen müssen, weil mindestens 2 Personen erforderlich gewesen seien, um sowohl den Verkauf von Waren als auch die Lottostelle zu betreiben. Auch für die Angestellten habe das Weisungsrecht der Beklagten gegolten, soweit es um das Warensortiment, die Preisgestaltung und die Präsentation der Waren gegangen sei. Aufgrund einer schweren Erkrankung habe er im Jahr 2001 bis zu 7 Angestellte beschäftigen müssen. Die Beklagte habe ihn zur Gründung der Kommanditgesellschaft genötigt, um dem Verdacht zu begegnen, er werde als Scheinselbständiger von ihr beschäftigt. Er habe am 31. Dezember 2002 die Leitung der Filiale aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.

Nach Abzug aller Betriebs- und Personalkosten seien ihm monatlich im Durchschnitt EUR 2.055,81 bei einer Arbeitszeit von 329 Stunden verblieben. Als Tariflohn hätte ihm als Arbeitnehmer nach dem Einzelhandelstarifvertrag demgegenüber ein monatliches Nettogehalt in Höhe von EUR 3.798,36 zugestanden. Somit errechne sich ein monatlicher Differenzbetrag in Höhe von EUR 1.743,00 netto, was bei einer Gesamtvertragsdauer von 69,5 Monaten einen Betrag in Höhe von EUR 121.138,50 zuzüglich entgangener Sozialabgaben (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge) ergebe.

Zudem hat er vorgetragen, die Beklagte habe von dem Kautionskonto insgesamt EUR 58.592,90 zur Abdeckung von unberechtigten Forderungen abgehoben. Nach den Grundsätzen über die beschränkte Mankohaftung von Arbeitnehmern könne er von der Beklagten verlangen, ihm diesen Betrag zurückzuzahlen.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 121.138,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2005 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 58.592,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe das Filialgeschäft als selbständiger Unternehmer betrieben. Das Warensortiment sei nicht von ihr vorgegeben worden, sondern habe sich aus dem Mietvertrag mit der Eigentümerin des G -M ergeben. Auch habe sie auf die Preisgestaltung keinen Einfluss nehmen können, da sowohl die Zeitschriften als auch die Tabakwaren einer Preisbindung unterlegen hätten. Der Kläger habe selbständig die Waren bei den Lieferanten bestellt. Auf Wunsch der Ehefrau des Klägers sei ein Schlüssel für die Geschäftsräume bei ihr hinterlegt gewesen. Der Kläger habe selbständig Personal eingestellt, das ausschließlich seinen Weisungen unterlegen habe. Der Kläger habe nicht nur die Filiale geleitet, sondern daneben noch als selbständiger Software-Betreuer gearbeitet und dabei nicht unwesentliche Einkünfte erzielt. Sie habe die Gründung einer Kommanditgesellschaft angeregt, um die ohnehin gegebene Selbständigkeit der Tätigkeit noch besonders zu verdeutlichen.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und eingewandt, etwaige Ansprüche wären auch nach dem allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag für den Einzelhandel NRW verfallen. Zudem sei im Geschäftsbesorgungsvertrag ausdrücklich bestimmt gewesen, dass eventuelle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses per Einschreiben geltend zu machen seien.

Das Arbeitsgericht Bonn hat durch Urteil vom 25. Mai 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei für beide Klageanträge gegeben, da die geltend gemachten Ansprüche voraussetzten, dass ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Der Kläger sei aber nicht als Arbeitnehmer von der Beklagten beschäftigt worden. Wesentlich sei für einen Arbeitnehmer, dass er die Dienstleistung in Person zu erbringen habe. Der Kläger habe aber Arbeitnehmer eingestellt und zur Erledigung der ihm nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag obliegenden Aufgaben beschäftigt. Er habe deshalb auch selbst bestimmten können, wann er sich innerhalb der Öffnungszeiten selbst in der Filiale aufgehalten habe. Soweit er Weisungen von der Beklagten erhalten habe, seien diese nicht über das hinausgegangen, was bei freien Geschäftsbesorgungsverträgen üblich sei. Sie hätten sich auf das Arbeitsergebnis, nicht aber auf die persönliche Arbeitsdurchführung bezogen. Wenn er auch hinsichtlich des Warensortiments und der Gestaltung des Geschäftsraums gebunden gewesen sei, so habe er doch ansonsten über die Gestaltung der Arbeit frei entscheiden können. Er habe nicht konkretisiert, inwiefern die Beklagte auf die Verkaufsstrategie Einfluss genommen habe. Gegen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses spreche auch, dass es dem Kläger erlaubt und auch tatsächlich möglich gewesen sei, neben seiner Tätigkeit in der Filiale einer weiteren Beschäftigung als Software-Betreuer nachzugehen. Im Übrigen sei die Berechnung des Differenzvergütungsanspruchs nicht nachvollziehbar. Als übliche Vergütung bei unterstellter Arbeitnehmereigenschaft könne nur der Lohn nach dem Tarifvertrag für den Einzelhandel NRW herangezogen werden und nicht ein Gehalt von EUR 5.876,00 brutto. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch auf Rückzahlung von Mankogeldern zu, da die Grundsätze über die Mankohaftung von Arbeitnehmern nicht anwendbar seien.

Das Urteil ist dem Kläger am 19. Juli 2005 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 1. Juli 2005 und nochmals am 1. August 2005 Berufung einlegen lassen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. Oktober 2005 - am 21. September 2005 begründen lassen.

Er trägt vor, die Beklagte habe ein eindeutig arbeitnehmerartig ausgerichtetes Vertragsverhältnis als Geschäftsbesorgungsvertrag verschleiert. Der Arbeitnehmereigenschaft stehe nicht entgegen, dass Geschäftsgegenstand die Ausübung eines Gewerbes unter Hinzuziehung von Hilfskräften sei. Er sei weisungsgebunden und absolut von der Beklagten - wirtschaftlich - abhängig gewesen. Das Warensortiment nebst Preis sei vorgegeben gewesen. Er habe sich in jeder Hinsicht den Anordnungen der Beklagten beugen müssen. Dies zeige auch die vereinbarte Mankohaftung. Ein wirtschaftlich Selbständiger unterliege keiner Mankohaftung, also einer Haftung für einen Waren- oder Kassenfehlbestand. Nicht er müsse vortragen, welcher konkrete Arbeitslohn ihm als Arbeitnehmer zugestanden habe und welche Abzüge vorzunehmen gewesen seien. Vielmehr müsse dies die Beklagte. Er sei berechtigt, einen Bruttolohn einzuklagen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 25. Mai 2005 - 4 Ca 917/05 - entsprechend den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil an. Weder sei der Kläger weisungsgebunden noch von ihr absolut abhängig gewesen. Die Bindung an das Warensortiment habe aufgrund des Mietvertrages bestanden, die Preisbindung aufgrund gesetzlicher Vorschriften. Bei einer selbständigen Tätigkeit sei es typisch, dass der Betreiber für Warenfehlbestände hafte. Der Kläger habe weiterhin nicht dargelegt, inwiefern er den ihm - bei unterstellter Arbeitnehmereigenschaft - zustehenden Tariflohn bei der Differenzberechnung in Ansatz gebracht habe. Die Berufung sei mutwillig.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist bereits unzulässig, weil die Berufungsbegründung des Klägers nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung über die Berufungsanträge hinaus die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Das bedarf einer auf den Einzelfall abgestimmten Auseinandersetzung. Bezweckt ist damit eine Zusammenfassung und Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens. Gericht und Gegner sollen möglichst schnell und sicher erkennen können, wie der Rechtsmittelführer den Streitfall beurteilt wissen will. Sie sollen sich auf den Angriff erschöpfend vorbereiten können. Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (vgl. BAG, Urteil vom 17. August 2005 - 7 AZR 553/04 -). Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden. Die bloße Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen reicht auch dann nicht aus, wenn der Streit nur eine einzelne Rechtsfrage betrifft (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 -).

Diesen Anforderungen genügt die auf die Abweisung der beiden Klageanträge bezogene Berufungsbegründung nicht. Der Kläger hat sich mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Abweisung der Zahlungsanträge nicht hinreichend auseinandergesetzt.

Das Arbeitsgericht hat einen Anspruch auf Zahlung der für einen Arbeitnehmer üblichen Vergütung aus zwei Gründen verneint. Zum Einen sei der Kläger nicht Arbeitnehmer gewesen, zum Anderen sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Kläger den für Arbeitnehmer üblichen Tariflohn bei der Berechnung des Klageanspruchs in Ansatz gebracht habe.

Mit den unter Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung getroffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts zur fehlenden Arbeitnehmereigenschaft setzt sich der Kläger auch nicht ansatzweise argumentativ auseinander. Sein Hinweis auf eine "hinlänglich vorgetragene Weisungsgebundenheit" und eine "absolute Abhängigkeit von der Beklagten" stellt nicht mehr als eine pauschale Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen dar. Mit seinem Vorbringen, er sei "wirtschaftlich" von der Beklagten vollkommen abhängig gewesen, geht er nicht auf die zutreffenden Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil ein, wonach es gerade nicht auf die wirtschaftliche Abhängigkeit, sondern auf die persönliche ankommt. Mit seinem Vortrag, es gehöre gerade zum typischen Charakter eines Gewerbes, auch Hilfskräfte hinzuziehen, bestätigt er sogar die Bewertung seiner Tätigkeit durch das Arbeitsgericht. Denn ein Gewerbetreibender ist kein Arbeitnehmer. Sein Vorbringen, Selbständige hätten nicht für ein Manko, d. h. einen Waren- oder Kassenfehlbestand, zu haften, ist geradezu abwegig.

Auch mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts, die Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf eine für Arbeitnehmer übliche Vergütung habe er anhand des Tarifvertrages für den Einzelhandel NRW darzulegen, setzt er sich nicht ansatzweise argumentativ auseinander. Statt vorzutragen, inwiefern der von ihm in Ansatz gebrachte Bruttolohn als übliche Vergütung zutrifft, oder aber auf eine Berechnung nach einem von ihm darzulegenden Tariflohn abzustellen, meint er, die Beklagte müsse seine Klage hinsichtlich der Anspruchshöhe begründen.

Den Anspruch auf Erstattung der Beträge, die die Beklagte zur Abdeckung von Forderungen von dem Kautionskonto abgehoben hat, hat das Arbeitsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Grundsätze über die Mankohaftung von Arbeitnehmern fänden keine Anwendung, weil der Kläger kein Arbeitnehmer gewesen sei. Auch dazu fehlt die erforderliche argumentative Auseinandersetzung mit den Feststellungen des Arbeitsgerichts über die fehlende Arbeitnehmereigenschaft.

2. Die Berufung ist aber auch nicht begründet.

a. Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine für ein Arbeitsverhältnis übliche Vergütung zu.

aa. Legen die Parteien ihrer Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zugrunde, ob die Dienste abhängig oder selbständig erbracht werden, bedarf es einer (ergänzenden) Auslegung. Die Vergütung kann unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrages gewollt oder gerade an diese geknüpft sein. Maßgebend ist der erklärte Parteiwille, wie er nach den Umständen des konkreten Falls aus der Sicht des Erklärungsempfängers zum Ausdruck kommt (§§ 133, 157 BGB). Für die Beurteilung, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, ist ebenso wie für die Feststellung des gewöhnlich nicht ausdrücklich geäußerten Willens die spezifische Fallgestaltung entscheidend. Trifft der Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen, spricht dies dafür, dass eine Vergütung nach Pauschalen gerade auf die konkrete Arbeitsleistung des Verpflichteten abstellt und im Hinblick auf den angenommenen Status nur (teilweise) die "Ersparnis" der Arbeitgeberanteile berücksichtigt (vgl. BAG, Urteil vom 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 -).

Lässt sich ein derartiger Parteiwille nicht feststellen, so führt die irrige Annahme der Parteien, zwischen ihnen bestehe ein freier Dienstvertrag oder ein Geschäftsbesorgungsvertrag, nur dann zu einer Abänderung der Vergütungsvereinbarung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wenn das Festhalten für den Arbeitnehmer ein unzumutbares Opfer darstellt. Ein solches unzumutbares Opfer kann allerdings noch nicht allein darin gesehen werden, dass der Arbeitgeber auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung Beiträge zur Sozialversicherung entrichten muss. Dies ist die gesetzliche Rechtsfolge einer Vergütungsvereinbarung, die allein nicht die Unzumutbarkeit begründen kann (vgl. BAG, Urteil vom 12. Dezember 2001 - 5 AZR 257/00 -).

Ergibt sich ein (höherer oder niedrigerer) Vergütungsanspruch unmittelbar und zwingend aus Tarifverträgen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind, dann ist dieser zugrunde zu legen.

bb. Da der Kläger nicht als Arbeitnehmer tätig war, kann dahinstehen, ob ihm nach diesen Grundsätzen ein höherer Vergütungsanspruch zugestanden hätte.

Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist namentlich der Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist und nicht die Modalitäten der Zahlung oder die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder die Überbürdung vertraglicher Risiken. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z. B. Urteil vom 12. Dezember 2001 - 5 AZR 253/00 -).

cc. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, die sich das Berufungsgericht zu Eigen macht, festgestellt, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Es ist auf folgende rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nochmals hinzuweisen:

Zwar hatte der Kläger nach Ziff. 5 des Geschäftsbesorgungsvertrages die Waren (Tabakwaren, Zubehör und Zeitschriften) im Namen und auf Rechnung der Beklagten zu verkaufen. Er erhielt eine Umsatzprovision. Das Warensortiment war vorgegeben. Die Preise konnte er nicht selbst bestimmen, was allerdings überwiegend auf dem Umstand beruhte, dass es sich um preisgebundene Artikel handelte. Die Pflicht, Inventuren durchzuführen, besteht auch für selbständig Tätige. Gleiches gilt für die vereinbarte Haftung des Klägers für unaufgeklärte Fehlbestände bei Waren und beim Bargeld. Schließlich sind Berichts- und Abrechnungspflichten für einen Selbständigen nicht ungewöhnlich. Soweit dem Kläger die Gestaltung des Geschäftsraums und die Anbindung an die Öffnungszeiten des Einkaufszentrums vorgegeben waren, handelte es sich um standortbezogene Rahmenbedingungen, die für jeden Betreiber gelten mussten.

Entscheidend ist, dass der Kläger gemäß Ziff. 2 Satz 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens über Art und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen konnte. Er konnte nicht nur entscheiden, wann er selbst welche Arbeiten in dem Geschäft verrichtete, sondern auch Personal einstellen und entlassen, das nach seinen Weisungen tätig wurde. Von diesem Recht hat er ständig Gebrauch gemacht und zeitweise sogar bis zu 7 Angestellte beschäftigt. Gerade der Umstand, dass er nicht zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet war, spricht gegen eine Arbeitnehmereigenschaft (vgl. BAG, Urteil vom 16. Juli 1997 - 5 AZR 312/96 -).

Die Lottoannahmestelle führte der Kläger ohnehin im eigenen Namen aufgrund eines von ihm selbst mit der Lotteriegesellschaft abgeschlossenen Vertrages. Soweit Vorgaben bestanden, ergaben sie sich aus dem Umstand, dass der Verkauf der Tabakwaren und Zeitschriften sowie die Führung des Lottogeschäfts in demselben Geschäftsraum erfolgten und folglich einer Koordination bedurften. Dabei hatte der Kläger allein darüber zu entscheiden, ob und wie viele Hilfskräfte eingestellt wurden, um beiden Geschäftszweigen zu genügen. Die Beteiligung der Beklagten an den Umsätzen der Lottoannahmestelle als Entgelt für die Überlassung der Geschäftsräume ist eine Regelung, die in Verträgen zwischen Selbständigen nicht ungewöhnlich ist. Aus dieser Vereinbarung ergab sich zwangsläufig, dass der Beklagten Kontroll- und Inventurrechte zustehen mussten, um die Erfüllung des Vertrages abzusichern.

Es kommt hinzu, dass der Kläger auch noch anderen Tätigkeiten nachgehen konnte. Dies hat er genutzt, um als selbständiger Software-Betreuer Verdienst zu erzielen. Auch dieser Umstand zeigt, dass ihm die Zeitsouveränität erhalten blieb. Welche wirtschaftlichen Überlegungen ihn dazu veranlassten, dieser weiteren Tätigkeit nachzugehen, ist in diesem Zusammenhang nicht von rechtlicher Bedeutung.

Bei Berücksichtigung dieser Umstände kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger als Arbeitnehmer, also in persönlicher Abhängigkeit, für die Beklagte tätig geworden ist. Eine (bloße) wirtschaftliche Abhängigkeit von der anderen Vertragspartei führt nicht zur Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft.

b. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Erstattung der Beträge zu, die die Beklagte von dem Kautionskonto abgehoben hat.

aa. Zunächst ist festzustellen, dass das Kautionskonto zur Sicherung aller Forderungen der Beklagten gegen den Kläger diente, also insbesondere auch der Forderung auf Einzahlung der Erlöse aus dem Verkauf der Waren (Zeitschriften, Tabakwaren und Zubehör) und die Forderung auf Beteiligung an den Umsätzen der Lottoannahmestelle. Es handelte sich nicht um eine Sicherheit ausschließlich für unaufgeklärte Waren- und Kassenfehlbestände.

Nach dem Vorbringen der Beklagten hat der Kläger die Umsatzerlöse aus dem Warengeschäft und den Provisionsanteil der Beklagten am Lottogeschäft teilweise nicht abgeführt. Soweit die Beklagte wegen dieser Ansprüche Beträge von dem Kautionskonto abhob, handelte es sich nicht um die Inanspruchnahme des Klägers wegen eines Mankos.

Angesichts dessen ist allein die Aufstellung über die Einzahlungen auf das Kautionskonto und über die Abhebungen von dem Konto ohne Aussagewert über die tatsächliche Inanspruchnahme des Klägers aufgrund der Mankoabrede.

bb. Zutreffend hat das Arbeitsgericht zudem darauf hingewiesen, dass die Grundsätze über die beschränkte Mankohaftung nur für Arbeitnehmer gelten. Die Grundsätze werden mit der privilegierten Arbeitnehmerhaftung begründet. Es soll nicht zu einer ungerechtfertigten Verlagerung des dem Arbeitgeber zuzurechnenden Risikos kommen (BAG, Urteil vom 17. September 1998 - 8 AZR 175/97 -). Sie sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht (vgl. BAG, Urteil vom 2. Dezember 1999 - 8 AZR 386/98 -).

cc. Im Übrigen sind selbst in einem Arbeitsverhältnis Mankoabreden zulässig, wenn diese eine angemessene Gegenleistung, z. B. in Form eines Mankogeldes oder eines angemessen erhöhten Gehaltes vorsehen und sie für Bereiche getroffen werden, die der Arbeitnehmer kontrollieren kann (vgl. BAG, Urteil vom 17. September 1998 - 8 AZR 175/97 -). Die Begründung einer Erfolgshaftung durch eine Mankoabrede ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer hiernach nur bis zur Höhe einer vereinbarten Mankovergütung haften soll und daher im Ergebnis allein die Chance einer zusätzlichen Vergütung für die erfolgreiche Verwaltung eines Waren- oder Kassenbestandes erhält. Eine Verschärfung der auf Gesetz beruhenden beschränkten Arbeitnehmerhaftung tritt dann nicht ein. Die Mankoabrede kann auch nicht voll beherrschbare Umstände und Risiken wie die Beaufsichtigung von Mitarbeitern und Hilfskräften einschließen (vgl. BAG, Urteil vom 2. Dezember 1999 - 8 AZR 386/98 -).

Ausgehend von dem vom Kläger beispielhaft für das Jahr 2002 ermittelten durchschnittlichen Monatsumsatz durch den Verkauf von Zeitschriften, Tabakwaren und Zubehör in Höhe von EUR 85.258,33, ergibt sich eine monatliche Mankovergütung in Höhe von EUR 426,29 (= 0,5 %).

Der Kläger hat nicht dargelegt, in welchen Monaten der Waren- und Kassenbestand in welcher Höhe über dieser Mankovergütung lag.

dd. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Mankoabrede auch nicht aus anderen Gründen unwirksam ist. Solche Gründe sind vom Kläger auch nicht dargelegt worden.

c. Zudem wären etwaige Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer für ein Arbeitsverhältnis üblichen Vergütung und auf Rückzahlung der Kaution auch verfallen.

Nach Ziff. 10 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages waren Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses schriftlich per Einschreiben geltend zu machen, ansonsten war die Geltendmachung ausgeschlossen. Die Ausschlussfrist galt auch für den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er diese vom Regelungsgehalt klare vertragliche Ausschlussfrist gewahrt hat.

Wenn ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hätte, wäre diese vertragliche Ausschlussfrist zwar nach § 4 Abs. 3 TVG nicht wirksam gewesen, da mit ihr von der Regelung unter § 24 des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für den Einzelhandel NRW zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen worden wäre. Jedoch hätte sodann die Regelung unter § 24 Ziff. 1 c des genannten Manteltarifvertrages gegolten, wonach die Ansprüche binnen 6 Monaten nach Fälligkeit, also spätestens am 30. Juni 2003 hätten schriftlich geltend gemacht werden müssen zur Vermeidung eines Verfalls.

d. Da etwaige Ansprüche verfallen wären, kann dahinstehen ob sie zudem auch verjährt wären.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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