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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 1445/07
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG, AGG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
TzBfG § 4 Abs. 1
AGG § 7 Abs. 1
1. Eine arbeitsvertragliche Klausel, nach der zukünftige Tarifregelungen den Vertragsbestimmungen vorgehen, auch wenn die einzelvertragliche Vereinbarung günstiger ist, ist nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

2. Sofern ein Arbeitnehmer geltend macht, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Bezugnahmeklausel unwirksam ist, ist der Arbeitgeber berechtigt, ihn anders zu stellen als die Arbeitnehmer, die eine Anwendbarkeit auch verschlechternder tariflicher Regelungen gegen sich gelten lassen.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.10.2007 - 1 Ca 1301/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Ausgleich für eine tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeitverkürzung zu zahlen hat.

Die Klägerin ist bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18./23. Mai 2005 seit dem 1. Juli 2005 als Medizinische Dokumentationsassistentin beschäftigt.

Die Klägerin ist nicht Mitglied der Gewerkschaft v .

Nach dem Arbeitsvertrag beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden. Die monatliche Bruttovergütung beträgt EUR 2.100,00. Zudem hat die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf eine Sondergratifikation in Höhe von 2,5 % der Jahresvergütung, wobei die monatliche Bruttovergütung in Höhe von EUR 2.100,00 zugrunde zu legen ist.

Unter § 13 des Arbeitsvertrages ist Folgendes bestimmt:

"Öffnung für Betriebsvereinbarungen und Haustarifverträge

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die mit dem Betriebsrat zukünftig abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen den Regelungen in diesem Vertrag oder anderen einzelvertraglichen Absprachen auch dann vorgehen, wenn die einzelvertragliche Regelung günstiger ist.

2. Zukünftige Haustarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Vertrages oder anderer einzelvertraglicher Absprachen und Regelungen in Betriebsvereinbarungen auch dann vor, wenn die einzelvertragliche Regelung oder die Betriebsvereinbarung günstiger ist."

Die Beklagte hatte in der Vergangenheit einen Haustarifvertrag mit der Gewerkschaft v über die Anwendung des BAT und der ihn ergänzenden tariflichen Regelungen abgeschlossen, den die Beklagte zum 31. Dezember 2004 gekündigt hatte.

Am 17. Mai 2006 schloss sie mit der Gewerkschaft v einen neuen Haustarifvertrag (TV-HKSI) mit einer Übergangsregelung für nach dem 31. Dezember 2004 neu eingestellte Arbeitnehmer, die wie folgt lautet:

"1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird mit Wirkung ab dem 1. Juni 2006 angepasst auf die nach §§ 1, 2 maßgeblichen 38,5 Stunden. Arbeitnehmer mit Teilzeitbeschäftigung, deren Arbeitsvertrag die Vereinbarung einer festen Wochenstundenzahl enthält, können mit der HKS GmbH individuell vereinbaren, die Wochenstundenzahl so zu verringern, dass das Verhältnis der neu vereinbarten Wochenstundenzahl zur regelmäßigen Wochenarbeitszeit dem Verhältnis zwischen ihrer bisherigen Wochenstundenzahl und ihrer früher geltenden Wochenarbeitszeit entspricht. Die Reduzierung der festen Wochenstundenzahl nach Satz 2 ist bis zum 31. Dezember 2006 zu vereinbaren.

2. Eine Anpassung der Entgelte für Neueintritte an das nach §§ 1, 2 maßgebliche Entgelt erfolgt erstmals mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 und dies mit der Maßgabe, dass für die Bemessung des Weihnachtsgeldes in 2007 (statt der nach §§ 1,2 maßgeblichen 82,14 %) ein Prozentsatz von 50 % anzusetzen ist."

Die Beklagte zahlte der Klägerin ab dem 1. Juni 2006 EUR 2.181,82 brutto, wobei die Erhöhung wegen der tariflichen Arbeitszeitverkürzung erfolgte. Bei einer vorherigen Arbeitszeit von 40 Stunden für eine Vollzeitkraft und einer nunmehrigen von 38,5 Stunden ergab die Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitverkürzung bei einer Teilzeitbeschäftigten mit 30 Stunden pro Woche eine anteilige Reduzierung um 1,168 Stunden (77,92 % von 1,5 Stunden). Die Klägerin arbeitete weiterhin 30 Stunden pro Woche.

Mit der Verdienstabrechnung für Januar 2007 zeigte die Beklagte der Klägerin an, dass sie künftig nach der Vergütungsgruppe V c BAT vergütet werde und sich danach eine Gesamtvergütung in Höhe von EUR 1.791,01 brutto ergebe plus einer ZV-Umlage, die der Klägerin auch zuvor schon gewährt worden war (Bl. 18 d. A.).

Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende Klage vor dem Arbeitsgericht Siegburg erhoben und geltend gemacht, die Regelung über den Vorrang künftiger Haustarifverträge unter § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages verstoße gegen AGB-Recht insoweit, als das Tarifrecht einzelvertraglichen Regelungen auch dann vorgehen solle, wenn die vertraglichen Regelungen günstiger seien.

Durch Urteil vom 16. Oktober 2007 hat das Arbeitsgericht Siegburg die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Differenz zwischen der gewährten tariflichen Vergütung und dem einzelvertraglich in Höhe von EUR 2.100,00 festgelegten Gehalt für die Monate Januar 2007 bis August 2007 (8 x EUR 308,99) zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Regelung unter § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sei nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, da sie auf noch nicht abgeschlossene Haustarifverträge verweise und damit für die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht überschaubare Änderungen der Arbeitsbedingungen ermögliche. Dies könne nicht mit einer dynamischen Verweisung auf einen bei Abschluss des Arbeitsvertrages bereits existenten Tarifvertrag und dessen jeweilige künftige Fassung verglichen werden.

Zugleich hat das Arbeitsgericht die Klage auf weitere Zahlung der Erhöhung des Gehalts in Höhe von EUR 81,82 pro Monat für die Zeit von Januar 2007 bis August 2007 abgewiesen mit der Begründung, die Regelung unter § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrag sei insgesamt unwirksam und könne nicht insoweit aufrechterhalten werden, als das Tarifrecht nicht ungünstiger sei als die einzelvertraglichen Regelungen. Da mithin die tariflichen Regelungen keine Anwendung fänden und auch nicht dargelegt worden sei, dass die Beklagte anderen Arbeitnehmer mehr gewähre, als sie ggf. unter Anwendung des Tarifrechts schulde, fehle es an einem Anspruch auf weitere Gewährung.

Das Urteil ist der Klägerin am 23. Oktober 2007 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 21. November 2007 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Januar 2008 - am 22. Januar 2008 begründen lassen.

Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, an sie für die Zeit ab Januar 2007 bis August 2007 weiterhin monatlich den erhöhten Betrag von EUR 81,82 zu zahlen. Die Regelung unter § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sei nur insoweit unwirksam, als einzelvertragliche Bestimmungen günstiger als tarifrechtliche Vorschriften seien. Im Übrigen verstoße die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auf die Arbeitsverhältnisse aller anderen Arbeitnehmer finde das Tarifrecht Anwendung. Nur noch bei zwei anderen männlichen Arbeitnehmern sei bei Inkrafttreten der tariflichen Entgeltordnung am 1. Januar 2007 - wie bei ihr - das einzelvertragliche Gehalt höher als das Tarifgehalt gewesen. Diesen vollzeitbeschäftigten Männern gewähre die Beklagte zusätzlich zu dem neuen Tarifgehalt den Differenzbetrag als übertarifliche Zulage. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern diskriminiere sie zudem wegen ihres Geschlechts.

In der Berufungsverhandlung am 22. April 2008 hat die Klägervertreterin behauptet, die beiden vollzeitbeschäftigten Männern arbeiteten nunmehr statt 40 Stunden nur noch 38,5 Stunden und erhielten neben ihren Tarifgehalt den Differenzbetrag zum einzelvertraglich vereinbarten Gehalt als übertarifliche Zulage.

Mit Klageerweiterung vom 21. Januar 2008 verlangt sie den erhöhten Betrag von EUR 81,82 auch für die Monate September 2007 bis einschließlich Dezember 2007.

Die Klägerin beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16. Oktober 2007 - 1 Ca 1301/07 - die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere EUR 654,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von monatlich EUR 81,82 ab dem 1. des Folgemonats, beginnend mit dem 1. Februar 2007 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie darüber hinaus EUR 327,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von monatlich EUR 81,82 ab dem 1. des Folgemonats, beginnend mit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der neue Haustarifvertrag finde insgesamt keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin, nachdem diese die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel geltend gemacht habe. Es sei der Klägerin verwehrt, im Sinne einer Rosinentheorie nur die für sie günstigen tariflichen Regelungen für anwendbar zu erklären. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Auf die Arbeitsverhältnisse der anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern finde, anders als auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin, das neue Tarifrecht kraft beiderseitiger Tarifbindung oder einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Sie gewähre die Vergütung in Vollzug des auf diese Arbeitsverhältnisse anwendbaren Tarifrechts. Diese gelte auch für die beiden Männer, die lediglich einen Ausgleich für die Vergütungsminderung erhielten, die sich durch die Anwendung der neuen Tarifregelung ergebe. Bei der Klägerin wirke sich die niedrigere Tarifvergütung mangels Anwendbarkeit des Tarifrechts überhaupt nicht aus. Sie erhalte das, war ihr einzelvertraglich geschuldet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist aber nicht begründet.

Mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht Siegburg einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines um EUR 81,82 auf EUR 2.181,82 erhöhten Gehalts für die Zeit ab Januar 2007 verneint.

1. Die Klägerin hat nach §§ 3, 4 des Arbeitsvertrages vom 18./23. Mai 2005 einen Anspruch auf EUR 2.100,00 brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden.

2. Aus dem Umstand, dass nach § 3 Abs. 1 S. 1 TV-HKSI die regelmäßige Arbeitszeit für Vollzeitkräfte mit Wirkung ab dem 1. Juni 2006 von 40 Stunden auf 38,5 Stunden pro Woche reduziert worden ist, und Teilzeitbeschäftigte nach § 3 Abs. 1 S. 2 TV-HKSI eine anteilige Reduzierung ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bis zum 31. Dezember 2006 verlangen konnten, ergibt sich ebenfalls kein Anspruch der Klägerin auf ein erhöhtes Gehalt.

a. Der TV-HKSI findet weder kraft beiderseitiger Tarifbindung noch kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

aa. Da die Klägerin nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, liegt keine beiderseitige Tarifbindung an diesen Haustarifvertrag vor.

bb. Zwar sollten nach § 13 Abs. 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 18./23. Mai 2005 später abgeschlossene Haustarifverträge Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden.

Jedoch hat das Arbeitsgericht Siegburg zutreffend ausgeführt, dass diese Bezugnahmeklausel insgesamt nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Bei der Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv § 305 Abs. 1 BGB, so dass die §§ 305 ff. BGB anzuwenden sind (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 -). Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der Anwendbarkeit der Vorschriften steht § 310 Abs. 4 BGB nicht entgegen, da diese Ausnahmeregelung nicht arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel betrifft, durch die auf Tarifverträge verwiesen wird (vgl. BAG, Urteil 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 -).

Zutreffend hat das Arbeitsgericht Siegburg ausgeführt, dass die Bezugnahmeklausel die Klägerin unangemessen benachteiligt im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

aaa. Zwar führt eine Verweisung auf ein anderes Regelungswerk für sich genommen nicht zur Intransparenz. Besteht aber die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB vor. Dies folgt nicht bereits daraus, dass die Regelung dynamisch ausgestaltet ist. Auch dynamische Bezugnahmeklauseln entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien, was sich aus der Zukunftgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses ergibt (vgl. BAG, Urteil vom 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 -).

Die im letzten Teil des Arbeitsvertrages unter der Überschrift "Öffnung für Betriebsvereinbarungen und Haustarifverträge" abgefasste Klausel ist unklar, weil sie nicht in der erforderlichen Weise klar stellt, welchen Regelungsinhalt die späteren Haustarifverträge haben sollten, insbesondere ob mit ihnen und ggf. in welchem Umfang in die im ersten Teil des Arbeitsvertrages festgelegten Hauptpflichten eingegriffen werden konnte. Dass mit der Klausel sogar die individualrechtliche Gehaltsabsprache durch eine Einstufung in eine kollektivrechtliche Vergütungsregelung mit verschlechterndem Inhalt ersetzt werden konnte, war für die Klägerin nicht überschaubar.

bbb. Die sich daraus ergebende Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, die auch von der Beklagten nicht mehr bestritten wird, führt dazu, dass die Anwendung des TV-HSKI insgesamt nicht mehr als einzelvertraglich wirksam vereinbart gilt.

Eine geltungserhaltende Reduktion in der Weise, dass nur der Satzteil "auch wenn die einzelvertragliche Regelung günstiger ist" gestrichen wird, kann nicht erfolgen. Denn die Vertragsklausel ist nicht teilbar.

Eine Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in Betracht, wenn der unzulässige Teil sprachlich und inhaltlich eindeutig abtrennbar ist. Die Zerlegung einer ihrem Wortlaut nach eindeutig einheitlichen Regelung in mehrere selbständige Regelungen ist nicht zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - und Urteil vom 12. März 2008 - 10 AZR 152/07).

Mit der Bezugnahmeklausel sollte inhaltlich und sprachlich der Vorrang des Tarifrechts einheitlich für begünstigende und verschlechternde Regelungen begründet werden.

b. Abgesehen davon sieht § 3 Abs. 2 TV-HKSI für die Zeit ab 1. Januar 2007 (nur) eine Anpassung des Entgelts "an das nach §§ 1, 2 maßgebliche Entgelt" vor, d. h. an das Tarifentgelt. Soweit bei Teilzeitbeschäftigten die tarifliche Arbeitszeitverkürzung nicht durch Verringerung der bisherigen Wochenstundenzahl umgesetzt wird (§ 3 Abs. 1 S. 2 TV-HSKI) bedeutet dies, dass ihr tarifliches Entgelt unter Berücksichtigung eines erhöhten Anteils an der Arbeitszeit eines Vollzeitangestellten zu berechnen ist. Es ergibt sich dagegen auch bei ungekürzter Arbeitszeit kein Anspruch auf eine Erhöhung des individualrechtlich vereinbarten Gehalts, solange dies über dem so berechneten tariflichen Entgelt liegt.

3. Der Anspruch auf Zahlung des erhöhten Gehalts ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte in der Zeit ab 1. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 die Erhöhung gezahlt hatte.

Dadurch wurde kein Anspruch aus betrieblicher Übung für die Zeit ab Januar 2007 begründet. Vielmehr wollte die Beklagte damit für die Klägerin erkennbar die ab 1. Juni 2006 geltende tarifliche Arbeitszeitverkürzung umsetzen, wobei sie davon ausging, der TV-HKSI finde kraft der einzelvertraglichen Bezugnahme Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien. Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen nicht, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer vermeintlich anderweitigen Anspruchsgrundlage leistet und dies der Arbeitnehmer erkennen konnte (vgl. dazu: ErfK-Preis, 8. Aufl., § 611 BGB Rdn. 221).

4. Der Anspruch kann auch nicht mit einer Verletzung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet werden.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Vergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen erkennbar nach einem generalisierenden Prinzip gewährt (vgl. BAG, Urteil vom 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 -).

Soweit die Klägerin geltend macht, die anderen Arbeitnehmern erhielten aufgrund der tariflichen Arbeitszeitverkürzung ein höheres Entgelt, übersieht sie, dass sich die Anpassung auf die tarifliche Vergütung bezieht.

Nach ihrem Vorbringen erhalten die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer - bis auf sie und zwei vollzeitangestellte Männer - nach der Anpassung ein Tarifentgelt, das über dem früher gezahlten Gehalt liegt. Die Beklagte behandelt die Klägerin nicht schlechter als diese Arbeitnehmer, da die Klägerin eine Vergütung erhält, die auch bei einer Berücksichtigung der tariflichen Arbeitszeitreduzierung über dem sich für sie ergebenden Tarifentgelt liegt. Abgesehen davon findet auf die Arbeitsverhältnisse der anderen Arbeitnehmer der TV-HSKI Anwendung, wohingegen dies nach den vorstehenden Ausführungen für das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht gilt.

Eine Ungleichbehandlung liegt aber auch gegenüber den beiden vollzeitangestellten Männern nicht vor. Diese erhalten wie die Klägerin weiterhin eine Vergütung in Höhe ihres früheren Gehalts, das über dem für sie maßgeblichen Tarifentgelt lag und das sie nach ihrem Arbeitsvertrag beanspruchen konnten. Soweit die Beklagte bei ihnen die tarifliche Arbeitszeitverkürzung durch eine Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit umsetzt, handelt sie in Erfüllung ihrer Verpflichtung nach dem TV-HSKI, die gegenüber der Klägerin gerade nicht besteht.

5. Die Klägerin vermag ihren Anspruch auch nicht mit § 4 Abs. 1 TzBfG zu begründen.

Nach dieser gesetzlichen Bestimmung darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist ein Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

Danach darf es wegen der Teilzeit zu keiner unterschiedlichen Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern kommen, sofern sachliche Gründe nicht die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Unberührt bleibt die individuelle Besserstellung einzelner Arbeitnehmer (vgl. dazu: ErfK-Preis, a.a.O., § 4 TzBfG Rdn. 10).

Die Klägerin hat schon nicht dargetan, inwiefern sie überhaupt mit den beiden männlichen Vollzeitangestellten von der ausgeübten Tätigkeit her vergleichbar ist im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG i.V.m. § 2 Abs. 1 TzBfG. Zudem ist die Höhe der Monatsbezüge der beiden Männer nicht dargetan, so dass ein Vergleich mit den Bezügen der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer verringerten Arbeitszeit nicht möglich ist. Schließlich handelt es sich sowohl bei ihr als auch bei den Monatsbezügen der Männer um individuell vereinbarte Bezüge.

6. Danach kann der Anspruch auch nicht darauf gestützt werden, die Klägerin werde unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG wegen ihres Geschlechts benachteiligt.

Es bestehen keine begründeten Anhaltspunkte für eine Schlechterstellung der Klägerin aus geschlechtsspezifischen Gründen. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, erstrebt die Klägerin im Gegenteil eine Besserstellung gegenüber der weit überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer, die anders als sie keine über dem Tarifentgelt liegende Vergütung erhalten. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zudem, dass eine Schlechterstellung gegenüber den beiden Männern ebenfalls nicht dargetan ist.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die sich dabei stellenden Rechtsfragen sind, soweit sie entscheidungserheblich, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet.

Ende der Entscheidung

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