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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.04.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1623/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Die wiederholte Erklärung eines Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, es sei "als Chef ein Ass, aber als Mensch ein Arschloch", ist an sich als Grund für eine fristlose Kündigung geeignet.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 14. Oktober 2005 - 2 Ca 5021/04 - abgeändert:

a) Die Klage wird abgewiesen.

b) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung vom 28. September 2004 mit sofortiger Wirkung oder nur unter Einhaltung der Kündigungsfrist von mindestens 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonats beendet worden ist.

Der Kläger war bei der Beklagten zunächst seit dem 19. April 1993 als Helfer beschäftigt. Im Jahr 1996 kam es zu einer Unterbrechung von 30 Tagen. Danach wurde der Kläger mit schriftlichen Arbeitsvertrag vom 3. Juni 1996 für die Zeit ab dem 10. Juni 1996 erneut als Helfer eingestellt. Er erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von EUR 1.700,00 brutto.

Am 27. September 2004 hielt der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten (im Weiteren: Geschäftsführer) auf einer Baustelle dem Kläger und anderen Arbeitnehmern vor, sie hätten die Pause um 5 Minuten verfrüht begonnen, er könne dies nicht dulden. Der Kläger entgegnete, die Pause sei nur um eine Minute verfrüht begonnen worden. Die Arbeitnehmer erklärten schließlich, sie würden vor dem planmäßigen Pausenende die Arbeit wieder aufnehmen, um den verfrühten Pausenbeginn wieder auszugleichen.

Am 28. September 2004 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer über die zu verrichtende Arbeit. Im Verlauf des Gesprächs, das im Büro des Geschäftsführers stattfand und bei dem nur die beiden anwesend waren, wies der Geschäftsführer den Kläger darauf hin, er solle die Pausenzeiten korrekt einhalten. Darauf erklärte der Kläger dem Geschäftsführer: "Als Chef sind Sie ein Ass, als Mensch ein Arschloch!" Auf Aufforderung des Geschäftsführers verließ der Kläger das Büro. Der Geschäftsführer ging hinter dem Kläger her in die Fahrzeughalle, wo die Auseinandersetzung fortgeführt wurde. In Anwesenheit des kaufmännischen Angestellten V wiederholte der Kläger die ehrverletzende Erklärung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob dies auf eine entsprechende Aufforderung des Geschäftsführers hin erfolgte. Danach fuhr der Kläger zusammen mit dem Zeugen V in einem Firmenfahrzeug zu einer nicht weit entfernten Baustelle. Als Herr V zurückkehrte, forderte ihn der Geschäftsführer auf, den Kläger wieder in den Betrieb zurückzuholen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich der Kläger nach der Ankunft im Betrieb bei dem Geschäftsführer für die Ehrkränkung entschuldigte. Der Kläger erhielt sodann das Schreiben vom 28. September 2004, mit dem das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt wurde.

Mit der vorliegenden Klage, die am 30. September 2004 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, hat sich der Kläger sowohl gegen die fristlose als auch gegen die hilfsweise fristgerechte Kündigung gewandt.

Er hat vorgetragen, der Geschäftsführer sei im Umgang mit seinen Mitarbeitern nicht zimperlich, vielmehr sehr ungehalten und schreie sie an. Auch am 27. September 2004 habe der Geschäftsführer den Mitarbeitern schreiend vorgehalten, sie hätten die Pause um 5 Minuten verfrüht begonnen, und dabei erklärt, sie seien "Ausbeuter". Er - der Kläger - habe richtig gestellt, dass es sich nur um eine Minute gehandelt habe. Als ihn der Geschäftsführer am 28. September 2004 im Büro erneut angeherrscht habe, er solle die Pausenzeiten korrekt einhalten und nicht die Pause um fünf Minuten verfrüht beginnen, habe er die ehrverletzende Erklärung abgegeben. Der Geschäftsführer habe ihn danach als "Analphabeten" beschimpft. In der Fahrzeughalle habe er in Anwesenheit des Zeugen V die beleidigende Erklärung wiederholt, aber nur nach vorheriger Aufforderung des Geschäftsführers.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose noch durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 28. September 2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ihr Geschäftsführer behandle die Mitarbeiter stets korrekt. Der Kläger sei von dem Geschäftsführer nicht aufgefordert worden, die beleidigende Erklärung in Anwesenheit des Zeugen V zu wiederholen.

Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 14. Oktober 2005 der Klage stattgegeben, soweit sie gegen die fristlose Kündigung gerichtet ist. Dagegen hat es die Klage abgewiesen, soweit sie die hilfsweise fristgerechte Kündigung betrifft.

Zur Begründung hat es ausgeführt, es handle sich um eine schwerwiegende Beleidigung, die auch dann nicht gerechtfertigt sei, wenn der Geschäftsführer mit seinen Mitarbeitern rau umgehe. Angesichts der schwerwiegenden Folgen, die sich für den Kläger bei einer fristlosen Kündigung ergeben würden, und angesichts des beanstandungsfreien Verlaufs des Arbeitsverhältnisses bis zu dem Vorfall am 28. September 2004, müsse das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurücktreten. Es sei für sie zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Kündigungsfrist fortzuführen.

Das Urteil ist der Beklagten am 25. November 2005 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 21. Dezember 2005 Berufung einlegen und diese am 25. Januar 2006 begründen lassen.

Sie ist der Ansicht, auch unter Würdigung der beiderseitigen Interessen sei die fristlose Kündigung als wirksam anzusehen. Zu Recht habe ihr Geschäftsführer den verfrühten Pausenbeginn gerügt. Da regelmäßig Arbeitnehmer ihrer jeweiligen Auftraggeberin auf dem Gelände anwesend seien, auf dem sich die Baustelle befinde, habe sie ein besonderes Interesse an der strikten Einhaltung der Arbeitszeiten. Auf die berechtigte Rüge habe der Kläger mit einer groben Beleidigung reagiert. Die beleidigende Erklärung habe er in Anwesenheit des Zeugen V wiederholt, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Sie habe befürchten müssen, dass der Kläger auch während der Kündigungsfrist sich weiter abfällig über ihren Geschäftsführer gegenüber anderen Arbeitnehmern oder auch gegenüber ihren Auftraggebern äußern werde.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 14. Oktober 2005 - 2 Ca 5021/04 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiterhin behauptet er, er habe die Erklärung in Anwesenheit des Zeugen V nur wiederholt, weil der Geschäftsführer ihn dazu aufgefordert habe. Danach habe sich der Geschäftsführer umgedreht und ihm erklärt, er werde die Kündigung bekommen. Er habe sich bei dem Geschäftsführer entschuldigt, nachdem er von der Baustelle in den Betrieb zurückgeholt worden sei. Der Geschäftsführer habe nach der Entschuldigung erklärt: "Ich weiß, dass ich ein Arschloch bin, aber Sie haben das nicht zu sagen!" Anschließend habe er die schriftliche Kündigung erhalten. Da sich der Vorfall nicht auf einer Außenbaustelle ereignet habe, habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, er werde sich bei Auftraggebern abfällig über ihren Geschäftsführer äußern. In der mündlichen Verhandlung am 18. April 2006 hat er vorgetragen, der Geschäftsführer habe ihn aufgefordert, die beanstandete Erklärung zu wiederholen, als er mit dem Zeugen V am Kraftfahrzeug gestanden habe.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

Das Berufungsgericht hat Beweis darüber erhoben, ob der Kläger die beleidigende Erklärung in Anwesenheit des Zeugen V wiederholt hat, ohne dazu von dem Geschäftsführer der Beklagten aufgefordert worden zu sein, durch Vernehmung des Zeugen V . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 18. April 2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat in der Sache auch Erfolg.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 28. September 2004 beendet worden.

Das Verhalten des Klägers stellt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar.

a. Da der Kläger binnen der Klagefrist nach §§ 4 S. 1, 13 Abs. 1 S. 2 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat, ist die Wirksamkeit der Kündigung nach den Maßstäben des § 626 BGB zu prüfen.

Nach § 626 Abs. 1 BGB ist zu prüfen, ob der Sachverhalt unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. Zudem sind bei der erforderlichen Interessenabwägung alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles daraufhin zu prüfen, ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zur ordentlichen Beendigung fortzusetzen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: z. B. BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 -).

b. Zutreffend hat das Arbeitsgericht das Verhalten des Klägers als einen an sich geeigneten Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nach § 626 Abs. 1 BGB angesehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten einerseits oder von Arbeitskollegen andererseits, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw. die Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen. Der Arbeitnehmer kann sich dann nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen (vgl. BVerfG, 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 -). Zwar können die Arbeitnehmer unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen, ggf. auch überspitzt oder polemisch, äußern. Im groben Maße unsachliche Angriffe, die u. a. zur Untergrabung der Position des Arbeitgebers oder eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber nicht hinnehmen. Dabei ist die strafrechtliche Beurteilung kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend. Auch eine einmalige Ehrverletzung ist kündigungsrelevant und umso schwerwiegender, je unverhältnismäßiger und je überlegter sie erfolgte (vgl. BAG, Urteile vom 17. Februar 2000 - 2 AZR 927/98 - und vom 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 -).

aa. Ausgehend davon ist die wiederholte Erklärung des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer, er sei als Chef ein Ass, aber als Mensch ein Arschloch, an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um eine schwerwiegende Beleidigung handelte. Mit ihr wertete der Kläger nicht nur in Bezug auf eine einzelne Handlung die Person des Geschäftsführers ab, sondern gab ein generelles vernichtendes Urteil über dessen (menschliches) Verhalten im Umgang mit anderen ab. Dabei vermittelte er durch die gleichzeitige Hervorhebung der unternehmerischen Fähigkeiten des Geschäftsführers den Eindruck, es handle sich um ein wohl überlegtes Werturteil und nicht um den Ausdruck einer momentanen Verärgerung.

bb. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger nur kurze Zeit später die beleidigende Erklärung in Anwesenheit eines Angestellten der Beklagten wiederholte und damit die Position des Geschäftsführers in dessen Gegenwart untergrub.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger in Gegenwart des Zeugen V die Äußerung wiederholte, ohne zuvor von dem Geschäftsführer dazu aufgefordert worden zu sein. Der Zeuge V hat glaubhaft bekundet, in seiner Gegenwart habe der Geschäftsführer den Kläger nicht dazu aufgefordert, eine vorher abgegebene Erklärung zu wiederholen. Er hat vielmehr das Geschehen wie folgt geschildert: Er sei zunächst zu dem Fahrzeug gegangen, als er die Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer bemerkt habe. Beide seien hinter ihm hergekommen, wobei sie die lautstarke Auseinandersetzung fortgeführt hätten. Schließlich hätten sie 2 bzw. 5 m von ihm gestanden, als der Geschäftsführer dem Kläger erklärt habe, er solle gucken, dass er zur Baustelle komme. Daraufhin habe der Kläger die beleidigende Erklärung abgegeben. Der Zeuge hat sicher bekundet und seine Aussage bei Vorhalten stets überzeugend präzisiert. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er in irgendeinem Punkt unrichtig oder unvollständig ausgesagt hat, um die Beklagte zu begünstigen.

Für die Richtigkeit spricht auch das weitere Geschehen nach dem Vorfall. Wenn der Geschäftsführer es nur darauf anlegte, die beleidigende Äußerung vor einem Zeugen wiederholen zu lassen, um sodann eine Kündigung auszusprechen, muss sich die Frage stellen, weshalb er dann den Kläger zunächst noch zur Baustelle fahren ließ. Ohnehin stellt sich die Frage, was ihn überhaupt bewegt haben soll, den Kläger in Anwesenheit eines jungen Mitarbeiters zur Wiederholung seiner Äußerung aufzufordern, sich dabei erneut beleidigen zu lassen und zugleich auch seine Autorität untergraben zu lassen. Diese Ungereimtheiten sprechen ebenfalls dafür, dass die vom Zeugen bestätigte Schilderung der Beklagten über den Vorfall am 28. September 2004 zutrifft.

cc. Die Äußerung war völlig unverhältnismäßig, selbst wenn es zutrifft, dass der Geschäftsführer am Vortag die Arbeitnehmer lautstark wegen des verfrühten Pausenbeginns gerügt hatte und dabei zum Ausdruck gebracht hatte, er werde von ihnen ausgebeutet. Nach der berechtigten Rüge wegen des vorzeitigen Pausenbeginns hatten sich die Arbeitnehmer und der Geschäftsführer darauf verständigt, dass der vorzeitige Pausenbeginn durch eine vorgezogene Arbeitsaufnahme wieder ausgeglichen wurde. Auch durfte sich der Geschäftsführer für berechtigt halten, am nächsten Tag den Kläger nochmals an die Einhaltung der Pausenzeiten zu erinnern. Selbst wenn dies in einem unfreundlichen Ton erfolgte, berechtigte dies keinesfalls den Kläger, die Person des Geschäftsführers in der geschehenen Weise zu bewerten. Erst dann soll die von der Beklagten bestrittene Erklärung des Geschäftsführers erfolgt sein, der Kläger sei ein "Analphabet". Abgesehen davon, dass es sich um eine Erklärung aus dem Affekt heraus gehandelt haben dürfte, kommt ihr bei weitem nicht das Gewicht zu wie der überlegten Abwertung der Person des Geschäftsführers. Im Übrigen müsste es doch für den Kläger nahe gelegen haben, auch eine solche Beschimpfung zu erwähnen, wenn ihn der Geschäftsführer in Gegenwart eines Zeugen zur Wiederholung einer Erklärung aufforderte. Konnte sie doch gerade als Beleg dafür gelten, was sich Mitarbeiter gefallen lassen mussten. Dass der Kläger sie nicht wiederholte und sie auch nicht dem Zeugen V auf der anschließenden Fahrt schilderte, spricht eher gegen eine solche Erklärung des Geschäftsführers.

c. Die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist auch nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte brauchte den Kläger vor Ausspruch der Kündigung nicht abzumahnen. Bei besonders schwerwiegenden Vertragsverletzungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom Erfordernis einer Abmahnung abzusehen, da durch das pflichtwidrige Verhalten das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört wird (vgl. BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 2 AZR 418/01 -). Der Kläger konnte nicht ernsthaft damit rechnen, dass die Beklagte es tolerieren werde, wenn er den Geschäftsführer wiederholt schwerwiegend beleidigte.

d. Auch unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erweist sich die fristlose Kündigung als wirksam. Die Äußerung des Klägers schloss eine weitere Zusammenarbeit zwischen dem Geschäftsführer und dem Kläger aus. Die Beklagte musste zudem davon ausgehen, dass der Kläger bei nächster Gelegenheit seine negative Bewertung der Person des Geschäftsführers wiederholte, und zwar auch vor Dritten. Insbesondere musste sie befürchten, dass er gegenüber Arbeitskollegen den Standpunkt vertrat, als Mensch verhalte sich der Geschäftsführer in einer Weise, die nur noch mit dem ehrverletzenden Begriff beschrieben werden könne. Welche Folgen dies für die Autorität des Geschäftsführers haben konnte, braucht nicht ausgeführt zu werden. Sie musste auch befürchten, dass sie mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung aus der Sicht der anderen Arbeitnehmer deren Risiko verringerte, wegen schwerwiegender Beleidigungen sofort den Arbeitsplatz zu verlieren. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger nicht etwa von sich aus auf den Gedanken kam, sich bei dem Geschäftsführer umgehend zu entschuldigen. Nach Angaben des Zeugen V hat dieser den Kläger darauf hingewiesen, er solle sich bei dem Geschäftsführer doch wenigstens entschuldigen. Zudem hat sich der Kläger auch nach eigenem Vorbringen erst zu einer Entschuldigung entschlossen, nachdem ihm der Ausspruch einer Kündigung als Sanktion aufgezeigt worden war. Angesichts der gewichtigen Interessen der Beklagten an einem ungestörten Betriebsablauf muss das Interesse des Klägers an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer einer mindestens 3-monatigen Kündigungsfrist zurücktreten. Es ist nicht zu verkennen, dass die Kündigung den bereits älteren Kläger nach langjähriger Betriebszugehörigkeit und ohne Aussicht auf eine (baldige) anderweitige Erwerbstätigkeit hart trifft. Es ist auch zu würdigen, dass offensichtlich das Arbeitsverhältnis bis dahin ohne (wesentliche) Beanstandungen verlaufen war. Der Kläger muss sich allerdings vorhalten lassen, dass er selbst mit der Erklärung jede weitere Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer der Beklagten unmöglich gemacht hat in Kenntnis der Lage auf dem heutigen Arbeitsmarkt.

Da andere Unwirksamkeitsgründe nicht ersichtlich sind, muss nach alledem die außerordentliche fristlose Kündigung vom 28. September 2004 als wirksam gelten.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die sich dabei stellenden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden.



Ende der Entscheidung

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