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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.10.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 215/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 313 Abs. 1 |
2. Bei einer vertragsimmanenten Risikoübernahme (hier: höherer prozentualer Anstieg der Vergütung der aktiven Arbeitnehmer als der Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung) kann eine nachträgliche Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur in Betracht kommen, wenn durch Umstände außerhalb des Einfluss- und Risikobereichs des Schuldners ein so krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, dass ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zumutbar ist.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.10.2004 - 12 Ca 5253/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Höhe der an den Kläger zu zahlenden betrieblichen Altersversorgung.
Der Kläger, geboren am 10. Dezember 1934, war vom 1. Februar 1967 bis zum 31. August 1996 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1998 bezieht er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung und erhält seit diesem Zeitpunkt eine vorgezogene Altersrente von der Beklagten.
Das betriebliche Ruhegeld wird gezahlt auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 25. Juni 1976, geändert durch Betriebsvereinbarungen vom 4. Juni 1993 und vom 17. November 1995. Diese beinhalten eine sogenannte Gesamtversorgung. Der Ruhegeldanspruch beträgt nach 10-jähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit 35 % und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um je 2 %, danach um je 1 % bis zum Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Auf den derartig berechneten Versorgungsprozentsatz wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet.
Die dem Kläger nach der Erstfestsetzung geschuldete monatliche Betriebsrente in Höhe von DM 1.332,18 wurde von der Beklagten jährlich wie folgt dynamisiert: Die der Erstfestsetzung der Versorgungsbezüge zugrunde liegenden ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (Versorgungsgrundlage) wurden im Rahmen der Gesamtrentenfortschreibung bislang jährlich zeitgleich nach Maßgabe des Anstiegs der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach der Besoldungsordnung für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen fortgeschrieben. Hieraus wurde unter Zugrundlegung der individuellen Versorgungsdaten der Betrag der Gesamtversorgung jährlich neu berechnet. Auf den so berechneten Gesamtversorgungsbetrag wurde der anrechnungsfähige Teil der aktuellen, um die jährliche Anpassung erhöhten individuellen Sozialversicherungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zeitgleich mit deren Anpassungstermin angerechnet.
Seit dem 1. April 2004 wird der Versorgungsbezug für den Kläger - ebenso wie bei den anderen Versorgungsempfängern der Beklagten mit einer Gesamtversorgungszusage - in einer von der Entwicklung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente losgelösten Art wie folgt dynamisiert: Der auf der Grundlage der Gesamtrentenfortschreibung im Jahr 2003 für den Kläger berechnete und von der Beklagten geschuldete Versorgungsbezug wird als Nominalbetrag zugrundegelegt und ab 2004 ausschließlich nach dem jeweils sich ergebenden Erhöhungsprozentsatz der Tabellen der Landesbesoldungsordnung für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen dynamisiert, und zwar zeitgleich zu dem für die Besoldung der Beamten festgelegten Erhöhungstermin. Eine Berücksichtigung der Veränderungen der Sozialversicherungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt seit diesem Zeitpunkt für den monatlichen Versorgungsbezug und die Sonderzuwendung nicht mehr.
Danach erhöhte die Beklagte ab 1. April 2004 die zuletzt gezahlte monatliche Betriebsrente in Höhe von EUR 803,37 entsprechend der Erhöhung nach der Tabelle der Landesbesoldungsordnung für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen um 1 % auf EUR 811,40. Die monatliche Erhöhung fiel damit im Vergleich zu einer Erhöhung auf der Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt praktizierten Dynamisierungsregelung um EUR 14,24 niedriger aus.
Die Kläger hat auch erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die einseitige Änderung der Anpassungsregelung sei nicht zulässig. Die Ankündigung der Beklagten vom 15. April 2004, die Änderung auch dann durchzuführen, wenn er nicht zustimme, stelle einen Widerruf dar. Die Erhöhungsregelung sei nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzupassen. Der Beklagten sei seit Jahrzehnten bekannt, zu welchen Belastungen die Gesamtversorgungszusagen führten. Sie befinde sich nicht in einer wirtschaftlichen Notlage. Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch die Streichung des Sicherungsfalles der wirtschaftlichen Notlage im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. zu erkennen gegeben, dass selbst eine wirtschaftliche Notlage nicht zu einer Anpassung berechtige, geschweige denn eine angebliche Mehrbelastung, deren Ausmaß nicht einmal vorhersehbar sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass seine Betriebsrentenansprüche aufgrund der Versorgungsregelung 1993 fortbestehen und durch den Widerruf vom 15. April 2004 nicht geändert wurden,
2. die Beklagte zu verurteilen, an in als restliche Betriebsrente für Mai 2004 EUR 14,24 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Mai 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auch erstinstanzlich die Ansicht vertreten, sie sei nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt gewesen, die bisherige Gesamtrentenfortschreibung durch eine andere Dynamisierungsregelung zu ersetzen.
Die Beklagte hat dazu ausgeführt, die Geschäftsgrundlage sei gestört, weil die Vergütung der aktiven Beschäftigen inzwischen wesentlich geringer steige als die zu zahlenden Betriebsrenten. Die Änderungen der gesetzlichen Regelungen über die Sozialversicherungsrenten seien nicht vorhersehbar gewesen.
Zudem liege ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Äquivalenzstörung vor.
Die Sozialversicherungsrenten hätten sich aufgrund gesetzlicher Änderungen wesentlich geringer erhöht als die Bruttobesoldung der Beamten. Die von ihr zu zahlenden Betriebsrenten seien aus dem Grund höher angestiegen als dies zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusagen habe erwartet werden können. Dieser Trend werde durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz noch wesentlich verstärkt.
Die sich daraus ergebende Mehrbelastung sei für sie nicht mehr zumutbar. Leistung und Gegenleistung stünden nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis. Die sozialversicherungsrechtlichen Änderungen, insbesondere durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz, führten je nach Höhe des früheren monatlichen Verdienstes zu Mehrbelastungen zwischen 13,1 % und 24,7 %. Die Beklagte hat hierzu erstinstanzlich auf ein Gutachten der Unternehmensberatung Dr. Dr. H GmbH vom November 2003 verwiesen, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 75 ff. d.A.).
Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 13. Oktober 2004 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Störung der Geschäftsgrundlage, die die Beklagte zu einer Änderung der Dynamisierungsregelung berechtige, liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 139 - 142 d. A. verwiesen. Es hat den Streitwert auf EUR 3.000,00 mit der Begründung festgesetzt, er richte sich nach dem 36-fachen Differenzbetrag bezogen auf die wirtschaftliche Gesamtbelastung. Nach den Berechnungen der Beklagten betrage diese 40 Mio. EUR in 25 Jahren bei 1600 betroffenen Arbeitnehmern.
Gegen das am 13. Januar 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. Februar 2005 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 14. April 2005 am 12. April 2005 begründet.
Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass die Änderung der Dynamisierungsregelung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt sei.
Der mit der ursprünglichen Versorgungszusage verfolgte Zweck werde verfehlt, da die Eingriffe in die gesetzliche Sozialversicherungsrente dazu geführt hätten, dass die Brutto-Betriebsrente weit stärker ansteige als die Brutto-Vergütung der aktiven Mitarbeiter.
Als Folge gesetzgeberischer Eingriffe in die Sozialversicherungsrente sei es zudem zu einer Äquivalenzstörung gekommen: Das Verhältnis zwischen der vom Kläger erbrachten Leistung (Betriebstreue) zu der von ihr zu erbringenden Gegenleistung (Betriebsrente) sei nicht mehr gleichwertig. Die Beklagte beruft sich dazu auf ein weiteres von der Unternehmensberatung Dr. Dr. H GmbH im Dezember 2004 erstelltes Gutachten, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 197 ff. d.A.). Aus dem Gutachten ergebe sich, dass durch gesetzgeberische Eingriffe in die Sozialversicherungsrente bis Ende 2003 Mehrbelastungen in Höhe von 32,8 % entstanden seien. Dabei seien alle Versorgungsempfänger des Konzerns T R G in die Betrachtung einbezogen worden. Zudem ergebe sich aus dem Gutachten, dass für die Zukunft bei einer Beibehaltung der bisherigen Dynamisierung eine weitere Mehrbelastung in Höhe von 11,5 % zu erwarten sei, wobei eine jährliche Erhöhung der Besoldung der Beamten um 1,75 % und eine jährliche Anpassung der Sozialversicherungsrenten um 1,15 % unterstellt worden sei. Eine darüber hinausgehende Mehrbelastung ergebe sich bei einer Beibehaltung der bisherigen Dynamisierung, wenn wie im Jahr 2004 eine Anpassung der Sozialversicherungsrenten gänzlich unterbleibe (Nullrunde). Insgesamt ergebe sich aufgrund der Entwicklung der Sozialversicherungsrenten in der Vergangenheit und angesichts der zu erwartenden künftigen Erhöhungen der Sozialversicherungsrenten eine Mehrbelastung in Höhe von 46,04 %, wobei die Mehrbelastung aufgrund der Nullrunde bei den Sozialversicherungsrenten im Jahr 2004 mit 1,74 % in die Berechnung eingeflossen sei.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Eingriff in die Dynamisierung sei maßvoll und angemessen. Die Erhöhung knüpfe auch zukünftig an die Entwicklung der Bruttoeinkommen der aktiven Mitarbeiter an.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Oktober 2004 - 12 Ca 5253/04 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, eine Anpassung der Dynamisierungsregelung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) komme nicht in Betracht.
Von einer Zweckverfehlung könne nicht die Rede sein. Auch die Beklagte behaupte nicht, dass eine Überversorgung vorliege.
Auch könne der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht mit einer Äquivalenzstörung begründet werden, nachdem der Gesetzgeber eine wirtschaftliche Notlage als Sicherungsfall im Betriebsrentenrecht nicht mehr anerkenne. Ohnehin gehe es der Beklagten wirtschaftlich ausgezeichnet. Sie hätte auch Rückstellungen bilden können, um ihre Rentenverpflichtungen unverändert erfüllen zu können. Zudem habe er die Rente mit der bisherigen Dynamisierung als Entgelt verdient. Schon bei seiner Einstellung sei für ihn die Sicherung des Lebensstandards im Alter durch die Betriebsrente sehr wichtig gewesen.
Er rügt, die von der Beklagten vorgelegten Gutachten seien unbrauchbar. Zum Einen werde von einer nicht zutreffenden Lebenserwartung der Betriebsrentner ausgegangen. Zum Anderen treffe die Prognose über die künftige prozentuale Steigerung der Besoldung der Beamten nicht zu. Auch fehle eine Darlegung, inwiefern durch die Gewährung seiner Betriebsrente bei unveränderter Dynamisierung eine für die Beklagte nicht mehr zumutbare Mehrbelastung eintrete.
Schließlich habe die Beklagte das Recht verwirkt, mit etwaigen Mehrbelastungen aus der Vergangenheit den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu begründen. Schon in den Jahren 1993 bis 1995 habe die Beklagte gewusst, zu welche Mehrbelastungen es künftig komme. Sie habe den (Teil-)widerruf der Versorgungszusage aber weder damals noch in den Jahren 1999 und 2001, als das Versorgungssystem für die noch aktiven Mitarbeiter geändert worden sei, erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist bereits unzulässig.
1. Zwar ist die Berufung innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet worden.
2. Jedoch ist die Berufung nicht statthaft.
a. Die Berufung ist in dem Urteil des Arbeitsgerichts Köln nicht im Sinne des § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG zugelassen worden. Weder mit Urteilserlass noch nachträglich nach § 64 Abs. 3 a ArbGG hat das Arbeitsgericht entschieden, die Berufung zuzulassen. Ob die Entscheidung über eine Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung, bewusst oder versehentlich unterlassen worden ist, ist nicht entscheidend (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, § 64 Rdn. 42). Die Rechtsmittelbelehrung des Urteils, in der es heißt, die Beklagte könne gegen das Urteil Berufung einlegen, ersetzt nicht die nach § 64 Abs. 3 a ArbGG erforderliche Zulassungsentscheidung, die zwingend in den Urteilstenor aufzunehmen ist. Eine entsprechende Ergänzung konnte nur binnen 2 Wochen ab Verkündung des Urteils beantragt werden (§ 64 Abs. 3 a S. 2 ArbGG).
b. Die Berufung ist auch nicht nach § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft.
Nach dieser Bestimmung kann Berufung nur eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 600,00 übersteigt. Dies hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht (§ 64 Abs. 5 ArbGG).
Die Beschwer ergibt sich nicht aus der Streitwertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteil. Zwar ist das Berufungsgericht grundsätzlich bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes an die Streitwertfestsetzung im Urteil des Arbeitsgerichts gebunden. Jedoch bindet eine offensichtlich fehlerhafte Streitwertfestsetzung weder die Parteien noch das Berufungsgericht. Offensichtlich fehlerhaft ist eine Streitwertfestsetzung, wenn sie in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist und außerdem der zutreffende Streitwert auf den ersten Blick die für den Beschwerdewert maßgebliche Grenze übersteigt oder unterschreitet (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Mai 1994 - 5 AZB 3/94 -).
Der Streitwert ist nach § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG a. F. und § 42 Abs. 3 S. 1 GKG n. F. nach dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen festzusetzen.
Es liegt ein Rechtsstreit über wiederkehrende Leistungen vor. Wiederkehrende Leistungen sind gleichartige Leistungen, die in bestimmten Zeitabschnitten aus demselben Schuldverhältnis fällig werden, wozu auch Betriebsrenten gehören (vgl. BAG, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - 3 AZR 197/02 (A) -; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, § 12 Rdn. 174). Gestritten wird darum, ob die Beklagte die Betriebsrente nach der Gesamtversorgungsregelung auch weiter nach 1. April 2004 anzupassen hat oder ob sie eine veränderte Dynamisierung zugrundelegen kann. Der sich dadurch ergebende Differenzbetrag beträgt ab dem 1. April 2004 monatlich EUR 14,24. Der dreifache Jahresbetrag beträgt folglich EUR 512,64 und liegt folglich unter dem erforderlichen Beschwerdewert.
II. Die Berufung ist aber auch unbegründet.
Das Arbeitsgericht Köln hat zu Recht der Klage stattgegeben.
Die Beklagte ist verpflichtet, auch nach dem 1. April 2004 die Betriebsrente nach der Gesamtversorgungsregelung anzupassen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB vor, der sie berechtigte, einseitig die Anpassung nach der Gesamtversorgungsregelung durch eine neue Dynamisierung zu ersetzen.
1. Zwar findet auch § 313 BGB im Betriebsrentenrecht Anwendung. Gegenteiliges lässt sich nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Juni 2003 - 3 AZR 396/02 - herleiten. Sie betrifft lediglich die Frage, ob dem vom Bundesarbeitsgericht früher anerkannten und mit betriebsrentenrechtlichen Erwägungen begründeten Widerruf insolvenzgeschützter betrieblicher Versorgungsrechte wegen wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers als kodifizierter Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgrund einer Änderung des BetrAVG die Grundlage entzogen worden ist. Grundsätzlich lässt die Rechtsprechung die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu (vgl. BAG, Urteil vom 22. April 1986 - 3 AZR 496/83 - und Beschluss vom 23. September 1997 - 3 ABR 85/96 -; HWK-Schipp, Arbeitsrechtskommentar, § 7 BetrAVG Rdn. 48).
2. Gemäß § 313 Abs. 1 BGB liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Geschäftsgrundlage ist dabei die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretene, dem anderen Teil erkennbar gewordene und von ihm nicht beanstandete Vorstellung der einen Partei, oder die gemeinsame Vorstellung beider Parteien vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, wenn der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 313 Rdn. 4).
3. Eine Störung der Geschäftsgrundlage wegen Zweckverfehlung scheidet aus.
Nach dem Vorbringen der Beklagten soll die Zweckverfehlung vorliegen, weil mit der Versorgungszusage das Ziel verfolgt worden sei, einen Gleichlauf zwischen der Erhöhung der Vergütung der aktiven Mitarbeiter und der Steigerung der Betriebsrenten zu erreichen. Sie hat allerdings nicht näher begründet, woraus ein entsprechender Parteiwille folgt. Der Sinn einer Gesamtversorgungszusage spricht im Gegenteil dafür, dass allein bezweckt werden soll, dem Betriebsrentner eine bestimmte (Gesamt-)versorgungshöhe zu garantieren. Nur diese steht in einer Relation zu den Bezügen der aktiven Beschäftigten, nicht dagegen die Betriebsrente. Die Betriebsrente dient vielmehr dazu, den vorgegebenen Zweck zu erreichen.
4. Auch liegt keine Äquivalenzstörung vor, die zum Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt hat.
a. Bei gegenseitigen Verträgen gehört der Gedanke der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zur Geschäftsgrundlage (BGH NJW 1962, 251; Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 313 Rdn. 32). Wird das Äquivalenzverhältnis durch unvorhersehbare Ereignisse schwerwiegend gestört, ist der Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen, soweit die Störung das von der benachteiligten Partei zu tragende Risiko überschreitet. Dagegen ist § 313 BGB nicht anwendbar, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat. Dabei ergibt sich aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und dem anzuwendenden dispositiven Recht, wie die Risikosphären der Parteien gegeneinander abzugrenzen sind (vgl. BGH NJW 2000, 1714, 1716; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 313 Rdn. 15).
b. Die Beklagte hat mit der Gesamtversorgungszusage von vornherein die Verpflichtung übernommen, eine sich erhöhende Betriebsrente zu zahlen. Zum Einen erhöhte sich der Betriebsrentenbetrag auch dann, wenn die beiden dynamischen Bezugsgrößen (Gesamtversorgung in Abhängigkeit von der Entwicklung der Besoldung der Beamten sowie Sozialversicherungsrente) jährlich um den gleichen Prozentsatz anstiegen. Dies sei wie folgt verdeutlicht: Beträgt der Ausgangsbetrag für die Gesamtversorgung EUR 200,00, der für die Sozialversicherungsrente EUR 100,00 und folglich der für die Betriebsrente EUR 100,00, so führt ein Anstieg um 2 % zu einem Gesamtversorgungsbetrag in Höhe von EUR 204,00, einer Sozialversicherungsrente in Höhe von EUR 102,00 und einer Betriebsrente in Höhe von EUR 102,00. Zum Anderen musste von vornherein damit gerechnet werden, dass die beiden dynamischen Bezugsgrößen nicht jeweils um den gleichen Prozentsatz anstiegen. Zwar war die Sozialversicherungsrente bei der Schaffung des Gesamtversorgungssystems bruttolohnbezogen ausgerichtet. Sie war aber nicht an die Entwicklung der Besoldung der Beamten gekoppelt.
c. Angesichts dieser vertragsimmanenten Risikoübernahme kann eine nachträgliche Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur dann in Betracht kommen, wenn durch Umstände außerhalb des Einfluss- und Risikobereichs des Schuldners ein so krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, dass ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH BB 56, 254; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 313 Rdn. 39). Es muss sich um Ausnahmefälle handeln, in denen nach der früheren Rechtsprechung wirtschaftliche Unmöglichkeit anzunehmen war, z. B. bei übermäßigem Anstieg der Herstellungskosten auf das 15-fache (RGZ 101,81) oder um 60 % (RGZ 102, 273).
d. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass ein solches krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist.
aa. Der Kläger weist zunächst zu Recht darauf hin, dass bei Erteilung der Versorgungszusagen mit Änderungen der gesetzlichen Rente bis zum Eintritt des Versorgungsfalles und auch während des Rentenbezuges gerechnet werden musste. Insbesondere musste dies auch für die Höhe der Rentenanpassungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gelten. Sofern die Beklagte solche Risiken nicht übernehmen wollte, hätte sie von vornherein ihre Zusage um einen entsprechenden Vorbehalt ergänzen können. Stattdessen hat sie bei dem Kläger mit der Zusage das Vertrauen erweckt, er werde im Alter seinen Lebensstandard in dem durch die Gesamtversorgungszusage ausgewiesenen Umfang auf jeden Fall aufrechterhalten können, ohne dass eine Verschlechterung bei der gesetzlichen Rente darauf Einfluss haben könne.
bb. Die Beklagte beruft sich bei ihrem Vorbringen zu der Äquivalenzstörung auf das Gutachten der Unternehmensberatung Dr. Dr. H GmbH vom Dezember 2004. Dieses Gutachten behandelt nicht speziell die Belastung der Beklagten durch die Gesamtversorgungszusagen, sondern verhält sich über die Situation für den gesamten Konzern T R G . Maßgebend können aber wie bei dem früher anerkannten Widerruf einer Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage nur die Verhältnisse bei dem einzelnen Konzernunternehmen sein (vgl. BAG, Urteil vom 25. Januar 2000 - 3 AZR 851/98 -). Zudem sind keine Unterlagen eingereicht worden, anhand derer der Kläger und das Gericht nachvollziehen können, inwiefern z. B. die Angaben über die gesamte Zahl der im Konzern betroffenen Versorgungsempfänger und den Barwert aller Betriebsrenten zum 31. Dezember 2003 zutreffend sind.
cc. Zudem übersieht die Beklagte bei ihren Ausführungen, dass die Sozialversicherungsrenten im Zeitraum 1976 bis 2003 deutlich prozentual stärker angestiegen sind als die Besoldung der Beamten und die Gesamtversorgung. Bei einem gleich hohen Ausgangswert 100 ergibt sich ein Anstieg der Gesamtversorgung bis zum Jahr 2003 auf 224,2 und der Sozialversicherungsrenten auf 247,3 (vgl. Aufstellung: Bl. 124 d.A.). Im Übrigen zeigt die Aufstellung, dass in diesem Zeitraum einer Nullrunde bei den Sozialversicherungsrenten (Jahr 1979) immerhin 3 Nullrunden bei der Besoldung der Beamten (Jahre 1984, 1996, 2000) gegenüberstanden. Weshalb die Gutachter angesichts dessen für die Zukunft einen stärkeren Anstieg der Besoldung der Beamten im Vergleich zu den Sozialversicherungsrenten um im Durchschnitt 0,6 % pro Jahr prognostizieren, kann nicht nachvollzogen werden. Vielmehr spricht zunächst die langjährige Entwicklung beider Bezugsgrößen dafür, dass es aus vielfachen Gründen zu unterschiedlichen prozentualen Erhöhungen kommen kann und keinesfalls ein stärkerer prozentualer Anstieg der Gesamtversorgung im Vergleich zu den Sozialversicherungsrenten gesichert ist.
dd. Auch übersieht die Beklagte, dass ausweislich der von ihr selbst eingereichten Aufstellung (Bl. 124 d.A.) der prozentuale Anteil der Betriebsrente an der Gesamtversorgung im Zeitraum 1976 bis 2003 sogar gesunken ist. Betrug der Anteil im Ausgangsjahr noch 28 %, so betrug er bei Rentenbeginn im Jahr 1998 nur noch 18,8 % und im Jahr 2003 auch nur 20,57 %. Es liegt die Annahme nahe, dass bei Erteilung einer dynamischen Gesamtversorgungszusage die Belastung mit einem gleich hoch bleibenden prozentualen Anteil auf jeden Fall von den Vertragsparteien für zumutbar gehalten worden ist. Zugleich wird mit dieser Betrachtung einer unzulänglichen Bewertung vorgebeugt, die sich nur mit den Verhältnissen zu einem Zeitpunkt - hier: 2003 - befasst, der längere Zeit nach Rentenbeginn liegt, und Vorteile aus früheren, für die Arbeitgeberin damals günstigen Entwicklungen außer Acht lässt.
Nach alledem kann nicht festgestellt werden, dass ein Äquivalenzstörung vorliegt, die eine Anpassung der Erhöhungsklausel gebietet. Die vorliegende Fallgestaltung ist nicht mit dem vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 23. September 1997 - 3 ABR 85/96 - beurteilten Sachverhalt zu vergleichen. Dort war eine bereits eingetretene Mehrbelastung in Höhe von 61,3 % als nicht mehr hinnehmbar bewertet worden. Selbst nach dem Vorbringen der Beklagten soll bislang eine Mehrbelastung von nicht mehr als 32,8 % eingetreten sein. Zudem war in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall eine Übersorgung eingetreten, was hier unstreitig nicht der Fall ist.
Die Berufung war mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung war die Revision nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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