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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 03.07.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 90/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
KSchG § 2
Eine Änderungskündigung zum Zwecke der Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit ist aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitsanfall in einer Küche nicht mehr von einer Vollzeitkraft allein bewältigt werden kann und stattdessen zwei Teilzeitkräfte mit 70 % und 60 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft beschäftigt werden.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.11.2006 - 8 Ca 12271/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

Der Kläger, geboren am 24. April 1951, alleinstehend, keine Unterhaltspflichten, ist bei dem Beklagten, der u. a. Kindertagesstätten betreibt, seit dem 1. Oktober 2003 als Koch aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6. Oktober 2003 beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag ist die Arbeitszeit auf 41 Stunden pro Woche festgelegt worden. Gemäß einer im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Stellenbeschreibung ist der Kläger zuständig für das Zubereiten des täglichen Mittagessens für 4 Kindertagesstätten sowie der Speisen für Sonder- und Privatveranstaltungen. Weiterhin obliegt ihm die Kalkulation für den Küchenbereich, der Einkauf und die Bestandsüberwachung, das Erstellen der Speisepläne für das tägliche Mittagsessen und von Menu- und Buffetkarten für Sonderveranstaltungen, das Sicherstellen der pünktlichen Essensauslieferung, die Verwaltung und Kontrolle der Kühlhäuser und Magazine, die Säuberung der Küche und das Einhalten der Hygienevorschriften sowie das Einarbeiten von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seine Vergütung betrug zuletzt EUR 2.340,96 brutto.

Nachdem der Kläger zunächst diese Arbeiten alleine verrichtet hatte, wurde er ab dem Frühjahr 2005 durch eine ABM-Kraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden unterstützt. Diese zusätzliche Kraft, die montags bis freitags regelmäßig von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr arbeitet, wird von dem Beklagten nunmehr unbefristet weiterbeschäftigt.

Am 8. Dezember 2005 beschloss der Vorstand des Beklagten, künftig nicht mehr in der eigenen Küche Speisen für Sonder- und Privatveranstaltungen herzustellen, sondern externe Caterer damit zu beauftragen.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 15. Januar 2006 (später korrigiert auf den 31. Januar 2006). Zugleich bot er ihm an, nach Ablauf der Kündigungsfrist mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 Stunden bei entsprechend reduzierter Vergütung weiterzuarbeiten.

Der Kläger nahm die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung nicht sozial ungerechtfertigt ist.

Mit der vorliegenden Klage, die am 30. Dezember 2005 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sich der Kläger gegen die Änderung seiner Arbeitsbedingungen.

Er hat bestritten, dass aufgrund der unternehmerischen Entscheidung Arbeit weggefallen sei. Wie auch in der Vergangenheit würden in unregelmäßigen Abständen Speisen für Sonderveranstaltungen hergestellt. Allerdings seien ihm Befugnisse und Aufgaben entzogen und auf die ABM-Kraft übertragen worden.

Der Beklagte hat vorgetragen, er könne den Kläger nur noch mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 Stunden beschäftigen, nachdem Speisen für Sonderveranstaltungen nicht mehr in der eigenen Küche hergestellt würden. Die ABM-Kraft sei im Frühjahr 2005 eingestellt worden, nachdem sich herausgestellt habe, dass der Kläger als einzige Küchenkraft überfordert gewesen sei. Der Kläger arbeite nunmehr montags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr und freitags von 9.00 Uhr bis 15.15 Uhr, jeweils mit einer 45-minütigen Pause.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 16. November 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund der unternehmerischen Entscheidung, die Speisen für Sonderveranstaltungen nicht mehr in der eigenen Küche zubereiten zu lassen, sei es dem Beklagten nicht mehr möglich, den Kläger arbeitstäglich über 15.30 bzw. 15.15 Uhr hinaus zu beschäftigen. Auch der Kläger habe nicht dargelegt, dass Arbeiten anfielen, die eine Beschäftigung wie früher bis 17.45 Uhr ermöglichten.

Das Urteil ist dem Kläger am 29. Dezember 2006 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 24. Januar 2007 Berufung einlegen und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31. März 2007 - am 28. März 2007 begründen lassen.

Der Kläger trägt schriftsätzlich vor, da bereits in der Vergangenheit nur wenige Sonderveranstaltungen zu betreuen gewesen seien, habe die Entscheidung des Beklagten, künftig nicht mehr die eigene Küche mit der Herstellung der Speisen zu beauftragen, nicht dazu geführt, dass sich der Arbeitsanfall für ihn verringert habe. Allerdings habe ihm der Beklagte fortbestehende Aufgaben entzogen und auf die ABM-Kraft übertragen. Der Beklagte sei gehalten, diese Aufgabenübertragung wieder rückgängig zu machen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2007 vorgetragen, bis Frühjahr 2005 habe er sämtliche Arbeiten allein verrichtet und dabei festgestellt, dass es von ihm allein nicht zu schaffen gewesen sei. Er habe erhebliche Überstunden leisten müssen. Mit seinem Einverständnis sei die ABM-Kraft zu seiner Entlastung eingestellt worden, die von Anfang an 25 Wochenstunden gearbeitet habe. Auch nach der Einstellung der Aushilfskraft sei er bei einer Arbeitszeit von 41 Wochenstunden voll ausgelastet gewesen. Die Sonderveranstaltungen seien während seiner Beschäftigungszeit zurückgegangen. Zwischen Frühjahr 2005 und Dezember 2005 habe es nur noch 3 oder 4 Sonderveranstaltungen gegeben. Lediglich aufgrund einer Vereinfachung des Speiseplans sei es möglich, dass auch nach der Reduzierung seiner Wochenarbeitszeit die Aufgaben noch erledigt werden könnten. Er sei nicht in der Lage, die nunmehr anfallenden Arbeiten ohne Unterstützung durch die ABM-Kraft zu verrichten. Allerdings könne der Beklagte seine Arbeitszeit wieder erhöhen und gleichzeitig die Arbeitszeit der ABM-Kraft reduzieren.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16. November 2006 - 8 Ca 12271/05 - festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 15. Dezember 2005 sozial ungerechtfertigt ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Arbeitsanfall könne von beiden Kräften mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 bzw. 25 Stunden erledigt werden. Die Speisen würden morgens zubereitet und gegen 12.00 Uhr von der weiteren Küchenkraft ausgeliefert. Dem Kläger stünden dann noch mehr als 3 Stunden für die weiteren Arbeiten, insbesondere die Reinigung der Küche und der Küchengeräte, zur Verfügung.

In der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2007 hat der Geschäftsführer des Beklagten erklärt, auch der weitere Arbeitnehmer werde gleichrangig mit dem Kläger als regulärer Koch eingesetzt, obwohl er nicht als Koch ausgebildet sei. Er sei vor allem eingestellt worden, um die Arbeitsspitzen am Vormittag abzudecken. Zudem habe sich nach der Einstellung des Klägers herausgestellt, dass für den Fall einer Verhinderung des Klägers aufgrund von Krankheit oder Urlaub eine zweite Kraft benötigt werde. Es entstünden erhebliche Mehrkosten, wenn bei einem Ausfall des Klägers die Speisen bei fremden Anbietern eingekauft werden müssten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist aber nicht begründet.

Die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 15. Dezember ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, § 2 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt.

Der Kläger ist länger als 6 Monate bei dem Beklagten beschäftigt (§ 1 Abs. 1 KSchG). Für den Beklagten sind in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer tätig (§ 23 Abs. 1 KSchG). Da der Kläger auch binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben hat (§ 4 S. 1 KSchG), ist die Wirksamkeit der Kündigung nach den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu überprüfen.

1. Die eine ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Dies kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen. Führt die unternehmerische Entscheidung nicht zu einer Reduzierung des Arbeitsvolumens, so kann eine gleichwohl ausgesprochene Änderungskündigung als Austauschkündigung unwirksam sein. Allerdings kann das anders sein, wenn betriebliche Gründe eine organisatorische Veränderung bedingen, die zu einer anderen zeitlichen Lage der Arbeitszeit und darüber hinaus auch zu einer Herabsetzung der Dauer der Arbeitszeit führt. Die Bestimmung, ob ein umfangmäßig konkretisierter Dienstleistungsbedarf nur mit Volltags- oder mit Halbtagsbeschäftigungen abgedeckt werden soll, gehört zum Bereich der Unternehmerentscheidung, die nur einer Missbrauchskontrolle unterliegt. Sie ist lediglich dahingehend zu überprüfen, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf ist (vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 -; ErfK/Ascheid, 5. Aufl., § 2 KSchG Rdn. 52; HWK-Molkenbur, Arbeitsrechtskommentar, 2. Aufl., § 2 Rdn. 52).

2. Nach der Anhörung der Parteien in der Berufungsverhandlung am 3. Juli 2007 ist nicht mehr streitig, dass der mit Ablauf der Kündigungsfrist veränderte Arbeitsanfall von dem Kläger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 Stunden und der weiteren Küchenkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden zusammen erledigt werden kann. Dies beruht sowohl auf der unternehmerischen Entscheidung des Beklagten, Speisen für Sonderveranstaltungen nicht mehr in der eigenen Küche zubereiten zu lassen, als auch auf einer Umstellung beim Speiseplan. Es steht damit ein Arbeitszeitvolumen von insgesamt 53,5 Stunden für die Erledigung der Arbeiten zur Verfügung, also weit mehr als bei der Einstellung des Klägers. Damals war er die einzige Küchenkraft mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 41 Wochenstunden.

3. Es kann nicht beanstandet werden, dass der Beklagte die in der Küche und bei der Auslieferung der Speisen anfallenden Arbeiten von zwei Teilzeitkräften mit einer Arbeitszeit von 28,5 Wochenstunden und 25 Wochenstunden verrichten lässt. Es sind auch vom Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass die entsprechende Organisationsentscheidung des Beklagten unvernünftig oder willkürlich war. Im Gegenteil hat der Kläger selbst bei seiner Anhörung am 3. Juli 2007 erklärt, er sei auch nach Wegfall der Speisenzubereitung für Sonderveranstaltungen und nach der Vereinfachung des Speiseplans nicht in der Lage, ohne Unterstützung durch die weitere Kraft die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Er beanstandet lediglich, dass die Reduzierung des Gesamtarbeitszeitvolumens nur bei ihm zu einer Veränderung der Arbeitszeit geführt hat, dagegen nicht bei der erst später eingestellten weiteren Küchenkraft. Dabei übersieht er, dass nach der Planung des Beklagten beim Ausfall einer Küchenkraft die andere in der Lage sein soll, die anfallenden Arbeiten vorübergehend allein zu erledigen. Dies muss voraussetzen, dass beide Arbeitnehmer in etwa im gleichen zeitlichen Umfang arbeiten. Zudem soll die weitere Kraft nicht nur die zubereiteten Speisen ausliefern, sondern auch bei der Zubereitung der Speisen zusammen mit dem Kläger arbeiten. Schließlich muss der Beklagte befürchten, dass er zumindest auf Dauer eine Küchenkraft mit nur 12,5 Wochenstunden und entsprechend geringem Verdienst nicht halten kann. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung beklagt, er müsse sich bereits bei einer verbliebenen Arbeitszeit von 28,5 Wochenstunden und entsprechend reduziertem Lohn um eine zusätzliche Beschäftigung bemühen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei der von der Beklagten veränderten Arbeitsstruktur die Arbeit sinnvoll nur von 2 Teilzeitkräften mit in etwa gleicher Arbeitszeit erledigt werden kann (vgl. dazu: ErfK-Ascheid, 5. Aufl., § 2 KSchG Rdn. 61 m.w.N.).

4. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, dem Kläger nur solche Änderungen vorzuschlagen, die von dem Kläger billigerweise hinzunehmen sind (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: z. B. Urteile vom 23.11.2000 - 2 AZR 617/99 -, vom 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 -und vom 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 -). Der Beklagte hat die Vergütung des Klägers der verringerten Arbeitszeit angepasst. Andere Änderungen als die durch die Umorganisation bedingten hat sie dem Kläger nicht vorgeschlagen. Der Kläger hat insoweit auch keine Beanstandungen erhoben.

Nach alledem ist Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die sich dabei stellenden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet.

Ende der Entscheidung

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