Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.06.2007
Aktenzeichen: 9 Ta 104/07
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 S. 2
1. Macht der Betriebsrat in einem Beschlussverfahren mehrere Unterlassungsansprüche geltend, mit denen die Sicherung verschiedener Mitbestimmungsrechte erreicht werden soll, so ist jeder Unterlassungsanspruch mit dem Ausgangswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (EUR 4.000,00) zu bewerten, sofern keine besonderen Verfahrensumstände vorliegen, die eine höhere oder niedrigere Bewertung erfordern können.

2. Im Beschlussverfahren führt eine Antragshäufung in aller Regel zu einer Streitwertaddition, es sei denn, dass sich der eine Antrag nur als rechtliche oder natürliche Folge aus dem anderen darstellt oder beide Anträge im wesentlichen denselben Gegenstand haben (Anschluss an LAG Köln, Beschluss vom 7. November 1997 - 8 Ta 283/97 -).


Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29. März 2007 - 13 BV 141/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Betriebsrat (Antragsteller) hat in dem nach außergerichtlicher Einigung übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahren von der Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) verlangt, die Anordnung von Überstunden und die Versetzung von Arbeitnehmern ohne seine vorherige Zustimmung zu unterlassen (Anträge zu 1 und 2). Zudem hat er von ihr verlangt, künftig nicht mehr Arbeitnehmern die in einer Betriebsvereinbarung festgelegten Pausen zu verweigern (Antrag zu 3) und Verstöße von Mitarbeitern gegen die in einer Betriebsvereinbarung geregelte elektronische Zeiterfassung zu dulden (Antrag zu 4).

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 29. März 2007 den Streitwert auf EUR 16.000,00 festgesetzt und dabei für jeden der vier Anträge EUR 4.000,00 in Ansatz gebracht.

Gegen diese Festsetzung hat die Arbeitgeberin am 11. April 2007 Beschwerde eingelegt. Sie hält es für angemessen, für jeden Antrag EUR 1.000,00 in Ansatz zu bringen und mithin den Gegenstandwert auf EUR 4.000,00 festzusetzen. Bei keinem der Anträge sei die Bearbeitung besonders schwierig gewesen. Es könne auch nicht auf den Zeitaufwand abgestellt werden, der den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats durch Verhandlungen mit Vertretern der Arbeitgeberin entstanden sei.

Der Betriebsrat hält die Festsetzung des Arbeitsgerichts nicht für ermessensfehlerhaft.

Er wiederholt seine erstinstanzlich vorgetragene Ansicht, da die Arbeitgeberin wiederholt gegen seine Mitbestimmungsrechte verstoßen habe, die aufgeworfenen Fragen für alle Arbeitnehmer verbindlich zu klären gewesen seien und es sich bei ihm um einen größeren Betriebsrat handle, habe für jeden Antrag ein Gegenstandswert in Höhe von EUR 12.000,00 in Ansatz gebracht werden können. Zudem habe für einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in einem anderen Verfahren abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich ein Streitwert in Höhe von EUR 4.000,00 angesetzt werden können, so dass sogar ein Verfahrensstreitwert in Höhe von EUR 52.000,00 nicht ermessensfehlerhaft gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 12. April 2007 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat im Rahmen des billigen Ermessens den Streitwert zutreffend auf EUR 16.000,00 festgesetzt.

1. Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Danach ist der Gegenstandswert auf EUR 4.000,00, je nach der Lage des Falles aber auch niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 festzusetzen, sofern es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Davon ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer dann auszugehen, wenn um das Bestehen und die Beachtung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte gestritten wird, weil die Begehren weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind und auch ihre Grundlage nicht in einem Verhältnis haben, dem ein Vermögenswert zukommt (vgl. BAG, Beschluss vom 9. November 2004 - ABR 11/02 (A) - NzA 2005, S. 70 f.; Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rdn. 445).

2. Innerhalb des nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG vorgegebenen Bewertungsrahmens ist der Streitwert nach Lage des Falles zu bestimmen, wobei es neben der Bedeutung der Angelegenheit auch auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ankommt (vgl. LAG Köln, Beschlüsse vom 31. Juli 2003 - 3 Ta 180/03 - und vom 10. Juni 2005 - 9 Ta 34/05 -; Schwab/Weth/Vollstädgt, ArbGG, § 12 Rdn. 220). Dabei ist aber auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die der Arbeitgeberin gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG obliegende Verpflichtung, die außergerichtlichen Kosten zu tragen, nicht zu einer unangemessenen Belastung führen darf (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 17. August 2006 - 13 Ta 179/06 -; Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rdn. 443 f.).

3. Nach diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht zutreffend für jeden der vier Anträge EUR 4.000,00 in Ansatz gebracht.

Der Betriebsrat bezweckte mit jedem Antrag, seine Beteiligungsrechte zu sichern. Es handelte sich um Unterlassungsansprüche, mit denen zukünftigen Verstößen gegen gesetzliche Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG und gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 3. November 2004 (Überstunden sowie Pausen), gegen § 99 Abs. 1 BetrVG (Versetzungen) und gegen die Betriebsvereinbarung elektronische Zeiterfassung (Erfassungspflicht) vorgebeugt werden sollte. Jeder Anspruch ist mit dem Ausgangswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu bewerten, da keine besonderen Verfahrensumstände vorliegen, die eine höhere oder niedrigere Bewertung der einzelnen Anträge erfordern können. Eine besondere Schwierigkeit der Angelegenheit ist nicht erforderlich, um den Ausgangswert in Ansatz zu bringen. Schon angesichts der mehrstündigen Verhandlungen zwischen den Beteiligten, die die Beilegung des vorliegenden Beschlussverfahrens betrafen, kann zudem keine Rede davon sei, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei so geringfügig gewesen, dass eine Herabsetzung angezeigt sei.

4. Im Beschlussverfahren führt eine Antragshäufung in aller Regel zu einer Streitwertaddition (vgl. Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rdn. 447, 173). Etwas anderes kann gelten, wenn sich der eine Antrag nur als rechtliche oder natürliche Folge aus dem anderen darstellt oder beide Anträge im wesentlichen denselben Gegenstand haben (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 7. November 1997 - 8 Ta 283/97 -). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es handelte sich bei den Anträgen zu 1) - 4) um verschiedene Anträge mit verschiedenen Sachverhalten.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

Zurück