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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: 9 Ta 51/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 5
1. Im Verfahren auf nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage ist nicht zu klären, wann die Kündigung tatsächlich zugegangen ist. Gegenstand ist allein die Prüfung, ob die - ggf. unterstellte - verspätete Klageerhebung vom Arbeitnehmer verschuldet ist oder nicht.

2. Kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der während eines im Ausland verbrachten Erholungsurlaubs erkrankt, durch ein an die inländische Anschrift gerichtetes Schreiben, so ist dem Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Erkrankung erst nach Ablauf der Klagefrist zurückkehrt, jedenfalls dann nachträgliche Klagezulassung zu gewähren, wenn er dem Arbeitgeber seine Faxanschrift und Postanschrift im Ausland mitgeteilt hatte und der Arbeitgeber ihm dennoch keine Mitteilung über die Kündigung im Ausland hatte zukommen lassen.


Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2006 - 3 Ca 6142/06 - abgeändert:

Die Kündigungsschutzklage wird nachträglich zugelassen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf EUR 7.200,00 festgesetzt.

Gründe:

I. Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch eine mit Schreiben vom 4. Juli 2006 erklärte fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung beendet worden ist.

Der Kläger, geboren am 14. November 1948, ist bzw. war seit dem 27. Juli 1998 bei dem Beklagten als Arbeitnehmer zu einem Monatslohn von zuletzt EUR 2.400,00 brutto beschäftigt.

Er hatte in der Zeit vom 19. Juni 2006 bis zum 2. Juli 2006 Erholungsurlaub, den er in Tunesien, seinem Heimatland, verbrachte.

Am 21. Juni 2006 erhielt der Beklagte per Telefax eine ärztliche Bescheinigung, nach der der Kläger vom 19. Juni 2006 bis einschließlich 18. Juli 1006 arbeitsunfähig erkrankt war. Noch am 21. Juni 2006 forderte der Beklagte den Kläger per Telefax auf, ihm mitzuteilen, ob er stationär behandelt werde und nicht transportfähig sei. Er forderte ihn auf, sich bis zum 3. Juli 2006 in Deutschland einem Arzt vorzustellen, und ihn sofort anzurufen, damit ihm keine fristlose Kündigung drohe. Dieses Schreiben versandte er zudem an den Kläger per Einschreiben unter einer Anschrift in Tunesien, unter der an den Kläger nicht zugestellt werden konnte. Der Brief wurde aus dem Grund an den Beklagten zurückgeleitet. Der Kläger führte nach Erhalt des Telefaxschreibens vom 21. Juni 2006 am 22. Juni 2006 ein telefonisches Gespräch mit dem Beklagten. Der Beklagte trägt vor, in dem Gespräch habe er dem Kläger angekündigt, er werde das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.

Der Beklagte behauptet, am 4. Juli 2006 gegen 10.30 Uhr habe der Zeuge K das Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Klägers in dessen Kölner Wohnung eingeworfen.

Der Kläger gibt unter Vorlage eines Briefkuverts an, der Beklagte habe das Kündigungsschreiben am 11. Juli 2006 bei der Post aufgegeben. Er habe das Schreiben nach seiner Rückkehr aus Tunesien am 30. Juli 2006 von einem Bekannten erhalten, der während seiner Abwesenheit die Post aus dem Briefkasten entnommen habe und sie verwahrt habe, ohne sie jedoch zu öffnen.

Mit der vorliegenden Klage, die am 1. August 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sich der Kläger sowohl gegen die fristlose als auch gegen die ordentliche Kündigung. Vorsorglich beantragt er nachträgliche Klagezulassung.

Das Arbeitsgericht hat ohne mündliche Verhandlung am 20. Dezember 2006 den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung sei nicht zu klären, ob die Kündigung tatsächlich bereits am 4. Juli 2006 in den Briefkasten des Klägers in der Kölner Wohnung eingeworfen worden sei. Sollte der Einwurf erfolgt sei, so sei die Kündigung am 4. Juli 2006 dem Kläger zugegangen, obwohl er sich zu dem Zeitpunkt in Tunesien aufgehalten habe und der Beklagte dies gewusst habe. Zwar könne beim Zugang einer Kündigung während eines Auslandsaufenthalts eine nachträgliche Klagezulassung in Frage kommen. Jedoch gelte dies im vorliegenden Fall nicht, da der Kläger mit dem Zugang des Kündigungsschreibens habe rechnen müssen. Der Beklagte habe aufgrund des am 22. Juni 2006 mit dem Kläger geführten telefonischen Gesprächs davon ausgehen müssen, dass der Kläger von Anfang an den Urlaub eigenmächtig habe verlängern wollen. Der Kläger habe in dem Gespräch mitgeteilt, dass er die Rückreise erst für den 28. Juli 2006 gebucht habe. Es habe für den Kläger offensichtlich auf der Hand liegen müssen, dass der Beklagte ein solches Verhalten nicht hinnehmen werde. Er habe deshalb ab diesem Zeitpunkt sicherstellen müssen, dass die in der Kölner Wohnung eingehende Post umgehend geöffnet werde und er über den Inhalt binnen einer Woche unterrichtet werde, um dann aus dem Ausland heraus Entscheidungen zur Wahrung seiner Rechtsposition zu treffen.

Der Beschluss ist dem Kläger am 31. Januar 2007 zugestellt worden. Dagegen wendet er sich mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde, die am 14. Februar 2007 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist.

Er trägt vor, er sei in Tunesien an einem Bandscheibenleiden erkrankt und zunächst nicht transportfähig gewesen. Der tunesische Arzt habe ihn bis zum 18. Juli 2007 und später für weitere 15 Tage arbeitsunfähig geschrieben. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland habe er sich am 2. August 2006 bei Ärzten in Köln vorgestellt, die ihn bis zum 9. August 2006 und dann weiter bis zum 29. August 2006 für arbeitsunfähig befunden hätten. Die zunächst für den 30. Juni 2006 gebuchte Schiffspassage von Tunis nach Genua habe er wegen der Erkrankung am 24. Juni 2006 auf den 28. Juli 2006 umgebucht. Da er sich aus dem Urlaub ordnungsgemäß krankgemeldet habe, habe er mit dem Ausspruch einer Kündigung nicht rechnen müssen. Er habe dem Beklagten bereits vor der Reise seine zutreffende Anschrift in Tunesien mitgeteilt gehabt. Er sei nicht verpflichtet gewesen, seinen Bekannten anzuweisen, die in Köln eingehende Post zu öffnen. Er habe von Tunesien aus ohnehin nicht mehr regeln können.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2006 - 3 Ca 6142/06 - abzuändern und die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor, nachdem das nach Tunesien per Post versandte Schreiben vom 22. Juni 2006 als unzustellbar an ihn zurückgelangt sei, habe er das Kündigungsschreiben vom 4. Juli 2006 an den Kläger unter dessen Kölner Anschrift zugestellt. Mit Schriftsatz vom 5. April 2007 hat er zu dem Vorbringen des Klägers, er habe einen am 11. Juli 2006 bei der Post abgestellten Brief von dem Beklagten enthalten, der das Kündigungsschreiben enthalten habe, vorgetragen, er habe am 12. Juli 2006 einen Brief bei der Post aufgegeben, der ein Zutrittsverbot für den Kläger enthalten habe. Mit Schriftsatz vom 23. April 2007 trägt er vor, er habe mit Schreiben vom 11. Juli 2006 den Kläger aufgefordert, sein im Betrieb eingerichtetes Spind zu räumen.

Er ist der Ansicht, der Kläger habe die verspätete Erhebung der Kündigungsschutzklage verschuldet. Er habe nach dem telefonischen Gespräch vom 22. Juni 2006 mit einer Kündigung zwingend rechnen müssen und dann seinen Bekannten beauftragen müssen, die in der Kölner Wohnung eingehende Post zu öffnen. Er - der Beklagte - sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger das Kündigungsschreiben nach Tunesien zu übersenden, zumal der Zugangszeitpunkt dann unsicher gewesen wäre. Der Kläger habe bei ihm nicht die zutreffende Anschrift in Tunesien hinterlassen. Laut Auskunft der Betriebskrankenkasse habe die in Tunesien zuständige Gebietskrankenkasse die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nur für den Zeitraum vom 19. Juni 2006 bis zum 28. Juni 2006, nicht aber für die Zeit danach bis zum 1. August 2006 anerkannt. Die Betriebskrankenkasse habe die Arbeitsunfähigkeitszeit vom 19. Juni 2006 bis zum 28. Juni 2006 als Vorerkrankungszeit auf die ab dem 2. August 2006 bestehende Arbeitsunfähigkeit angerechnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verweisen.

II. Die Entscheidung über die statthafte (§ 5 Abs. 4 S. 2 KSchG) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung (§ 78 S. 1 ArbGG, §§ 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO) ergehen und wird vom Vorsitzenden allein getroffen (§ 78 S. 3 ArbGG).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen.

1. Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist zulässig.

a. Vorab ist festzustellen, dass die Frage des Zugangszeitpunktes nicht in dem vorliegenden Verfahren gemäß § 5 KSchG überprüft wird. Gegenstand dieses Verfahrens ist allein die Klärung der Frage, ob die - ggf. unterstellte - verspätete Klageerhebung vom Antragsteller verschuldet war oder nicht (vgl. BAG, Urteil vom 5. April 1984 - 2 AZR 67/83 - AP Nr. 6 zu § 5 KSchG 1969; LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 1997 - 5 Ta 229/97 -; LAG Berlin, Beschluss vom 4. November 2004 - 6 Ta 1733/04 -; Hessisches LAG, Beschluss vom 17. Februar 2005 - 15 Ta 578/04 -; KR-Friedrich, 6. Aufl., § 5 KSchG Rdn. 157 ff. m.w.N.; HWK-Pods/Quecke, Arbeitsrechtskommentar, 2. Aufl., § 5 KSchG Rdn. 16 m.w.N.).

Es sei allerdings angemerkt, dass das Vorbringen des Beklagten über die Zustellung des Kündigungsschreibens am 4. Juli 2006 in der Kölner Wohnung des Klägers zu erheblichen Zweifeln Anlass gibt. So hat er vorgetragen, er habe die schriftliche Aufforderung vom 21. Juni 2006 dem Kläger nicht nur per Telefax übermittelt, sondern auch per Einschreiben mit Rückschein nach Tunesien zugesandt, das Kündigungsschreiben aber unter der Kölner Anschrift zugestellt, weil zuvor das Einschreiben an ihn als unzustellbar zurückgelangt sei. Zu dem Einwand des Klägers, aus den von dem Beklagten überreichten Rückbriefunterlagen mit Datumsvermerken ergebe sich, dass das Schreiben vom 21. Juni 2006 erst nach dem 7. Juli 2006 an ihn zurückgelangt sei, hat er nicht inhaltlich Stellung genommen. Auch das Vorbringen darüber, was Inhalt des am 11. Juli 2006 bei der Post abgestempelten Briefkuverts war, das der Kläger vorgelegt hat, ist widersprüchlich. Obwohl der Kläger im vorliegenden Verfahren von Anfang an vorgetragen hat, er habe in einem auf den 11. Juli 2006 abgestempelten Briefumschlag das Kündigungsschreiben erhalten, hat sich der Beklagte erstmals im Beschwerdeverfahren nach gerichtlichem Hinweis zu dem Inhalt dieses Briefumschlages geäußert. Er hat dabei mit Schriftsatz vom 5. April 2007 ein auf den 12. Juli 2006 datiertes Schreiben vorgelegt, das neben einem Zutrittsverbot auch eine Aufforderung für eine Terminabsprache zum Räumen des Spindes enthält. Nachdem der Kläger darauf hingewiesen hatte, das Schreiben vom 12. Juli 2006 könne sich wohl nicht in dem bereits am 11. Juli 2006 abgestempelten Briefkuvert befunden habe, trägt er mit Schriftsatz vom 23. April 2007 erstmals vor, der Zeuge K habe mit Schreiben vom 11. Juli 2006 den Kläger aufgefordert, sein Spind zu räumen. Eine mit Eidesstattliche Versicherung überschriebene Erklärung des Zeugen K ist vorgelegt worden, nicht aber eine Abschrift des Schreibens.

b. Der Kläger hat binnen der Frist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG nach Behebung des Hindernisses den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt, ihn mit der Klageerhebung verbunden (§ 5 Abs. 2 S. 1 KSchG) und die Tatsachen angegeben, die die nachträgliche Zulassung begründen, sowie zur Glaubhaftmachung eine Versicherung an Eides Statt abgegeben (§ 5 Abs. 2 S. 2 KSchG).

Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er am 4. Juli 2006 ortsabwesend war und erst am 30. Juli 2006 aus dem Urlaub aus Tunesien nach Köln zurückgekehrt ist. Er hat bereits mit der Antragsschrift eidesstattlich versichert, dass er erstmals zu diesem Zeitpunkt von der Kündigung erfahren hat. Seine Versicherung an Eides Statt hat er zulässigerweise durch eine Versicherung an Eides Statt des Zeugen C und eine Umbuchungsbestätigung des Reisebüros zur weiteren Glaubhaftmachung ergänzt (vgl. dazu: HWK-Pods/Quecke, a.a.O., § 5 KSchG Rdn. 9).

Mithin war der Kläger, sollte die Kündigung am 4. Juli 2006 zugegangen sein, durch den Aufenthalt in Tunesien gehindert, von der Kündigung innerhalb der Frist des § 4 S. 1 KSchG Kenntnis zu nehmen und Klage zu erheben. Dieses Hindernis war behoben, als der Kläger am 30. Juli 2006 nach Köln zurückkehrte und Kenntnis von dem Kündigungsschreiben nahm. Die an diesem Tag beginnende Frist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG endete am 14. August 2006 (Montag). Der Antrag des Klägers ist fristgerecht am 1. August 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen.

2. Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist auch begründet.

Der Kläger hat dargetan und glaubhaft gemacht, dass er trotz aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert gewesen ist, die Klage innerhalb von drei Wochen nach einem am 4. Juli 2006 erfolgten Zugang des Kündigungsschreibens zu erheben (§ 5 Abs. 1 KSchG).

Gelangte das Kündigungsschreiben am 4. Juli 2006 in den Briefkasten in der Kölner Wohnung des Klägers, so war ihm mit diesem Zeitpunkt das Kündigungsschreiben zugegangen, obwohl die Beklagte von dem Auslandsaufenthalt des Klägers wusste (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - AP Nr. 16 zu § 130 BGB).

Da der Kläger dem Beklagten seine Telefaxanschrift und seine postalische Anschrift in Tunesien mitgeteilt hatte, durfte er jedoch darauf vertrauen, dass der Beklagte ihn in Tunesien verständigte, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigte.

Nachdem der Kläger entsprechend § 5 Abs. 2 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz am 21. Juni 2006 dem Beklagten per Telefax seine Arbeitsunfähigkeit und die vorläufige Dauer mitgeteilt hatte, hatte sich der Beklagte an ihn in Tunesien per Telefaxschreiben gewandt. Entsprechend der Aufforderung des Beklagten hatte der Kläger am 22. Juni 2006 bei dem Beklagten angerufen. Daraus ergab sich für den Beklagten, dass er den Kläger in Tunesien erreichen konnte, und für den Kläger, dass der Beklagte ihm Mitteilungen in Tunesien zukommen ließ. Er durfte darauf vertrauen, dass ihm der Beklagte die in ihren Rechtswirkungen bedeutsamere Kündigung zumindest per Telefax nach Tunesien übersenden würde. Es kommt hinzu, dass der Kläger dem Beklagten eine postalische Anschrift in Tunesien für etwaige Mitteilungen bekannt gegeben hatte. Dieser Umstand hatte den Beklagten auch veranlasst, das Telefaxschreiben vom 21. Juni 2006 zusätzlich per Einschreiben mit Rückschein an den Kläger zu versenden. Daraus ergibt sich, dass selbst der Beklagte davon ausging, während des Auslandsaufenthalts seien die Mitteilungen nach Tunesien zu senden. Daran änderte der Umstand, dass bei dem Beklagten eine falsche Anschrift notiert worden war, nichts. Sobald der Beklagte dies festgestellt hatte, konnte er das Kündigungsschreiben unter der Kölner Anschrift des Klägers zustellen und gleichzeitig diese Zustellung dem Kläger unter der nachweislich richtigen Telefaxanschrift in Tunesien anzeigen. In gleicher Weise konnte er verfahren, wenn ihm Bedenken kamen, ob er selbst bei zutreffender Anschrift den Zugang des Kündigungsschreibens in Tunesien überhaupt sicher nachweisen könnte.

Der Kläger war schon angesichts des Umstandes, dass der Beklagte seine Telefaxanschrift erhalten hatte, nicht verpflichtet, einen Nachsendeauftrag bezüglich der in der Kölner Wohnung eingehenden Post zu stellen oder eine andere Person zu beauftragen, seine dort eingehende Post zu öffnen und ihn zu unterrichten. Er durfte davon ausgehen, dass der Beklagte ihm alle wichtigen Mitteilungen per Telefax nach Tunesien übermitteln würde und er dann ggf. das von dort aus Machbare veranlassen konnte.

Da der Beklagte dem Kläger das Kündigungsschreiben am 4. Juli 2006 unter der Kölner Anschrift zugestellt, ohne ihn in Tunesien per Telefax oder auf andere Weise zu verständigen, hat der Kläger schuldlos die Klagefrist versäumt (vgl. dazu auch: KR-Friedrich, a.a.O., § 5 KSchG Rdn. 59 m.w.N.)

Es kann daher dahinstehen, was von dem Kläger hätte verlangt werden können, wenn ihm in Tunesien die Zustellung des Kündigungsschreibens in der Kölner Wohnung angezeigt worden wäre. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass dem Kläger eine frühere Rückkehr nach Deutschland nicht möglich gewesen wäre, wenn er an einem Bandscheibenleiden erkrankt war und bis zum 28. Juli 2006 reiseunfähig war. Wenn bei grundsätzlicher Reisefähigkeit eine Gefahr für die Gesundheit bestand, wäre er ebenfalls nicht gehalten gewesen, die Rückreise anzutreten, um fristwahrend Klage erheben zu können. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst befähigt gewesen wäre, von Tunesien aus eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht in Köln einzureichen, oder er eine andere Person kannte, die geeignet gewesen wäre, für ihn in Köln die Klage zu erheben (vgl. dazu: KR-Friedrich, a.a.O., § 5 KSchG Rdn. 47 m.w.N.).

Nach alledem war dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ausgehend von dem Sachverhalt, der von dem Beschwerdegericht erst aufgeklärt werden musste, stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Streitwert richtet sich nach dem Wert der Kündigungsschutzklage und ist daher in Höhe von 3 Monatsbezügen zu bemessen (vgl. KR-Friedrich, a.a.O., Rdn. 177, 178).

Die Entscheidung ist unanfechtbar. Auch nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderung des Beschwerderechts ist die Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Verfahren der nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG nicht statthaft (vgl. BAG, Beschluss vom 20. August 2002 - 2 AZB 16/02 -; HWK-Quecke/Pods, a.a.O., § 5 KSchG Rdn. 19).

Ende der Entscheidung

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