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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.08.2007
Aktenzeichen: 9 TaBV 27/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 21 b
BetrVG § 98 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 112
BetrVG § 112 a
1. Der Prüfungsmaßstab der offensichtlichen Unzuständigkeit gemäß § 98 Abs. 1 S. 2 BetrVG gilt auch für die Frage, ob das vom Betriebsrat geltend gemachte Mitbestimmungsrecht Inhalt eines Restmandats gemäß § 21 b BetrVG sein kann.

2. Stellt ein Insolvenzverwalter in einem wegen eines Personalabbaus abgeschlossenem Interessenausgleich dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Sozialplan für den Fall in Aussicht, dass er bei der Veräußerung des Betriebes einen Übererlös erzielt, und wird 2 Jahre später der Betrieb von dem zwischenzeitlich ebenfalls notleidend gewordenen Erwerber stillgelegt, kann der Betriebsrat im Rahmen seines nach der Stilllegung noch bestehenden Restmandats von dem Insolvenzverwalter den Abschluss eines Sozialplans zum Ausgleich bzw. zur Milderung der Nachteile für die 2 Jahre zuvor im Zuge des Personalabbaus gekündigten Arbeitnehmer verlangen.


Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 09. Mai 2007 - 5 BV 57/07 - wird zurückgewiesen.

I. Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Der ehemals 9-köpfige Antragsteller und Beteiligte zu 1) wurde im Jahr 2002 als Betriebsrat der F GmbH & Co. K - mit Sitz in O gewählt.

Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 01. August 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner und Beteiligte zu 2) ist der Insolvenzverwalter, der mit Schreiben vom 11. August 2003 dem zuständigen Amtsgericht Köln die Masseunzulänglichkeit anzeigte.

Am 21. August 2003 schlossen die Beteiligten einen Interessenausgleich wegen eines Personalabbaus, der 73 der damals etwa 220 Arbeitnehmer betraf, wobei 70 betriebsbedingt gekündigt wurden. Die zu entlassenden Arbeitnehmer waren darin namentlich benannt. Unter Ziff. 4 des Interessenausgleichs heißt es, aufgrund der Masseunzulänglichkeit sei der Abschluss eines Sozialplans zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die zu kündigenden Arbeitnehmer zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich. Der Insolvenzverwalter stelle dem Betriebsrat im Falle einer Veräußerung der insolventen Gesellschaft und Erzielung eines Übererlöses durch die Kaufpreiszahlung des Käufers Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans in den gesetzlichen Grenzen gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 2 InsO in Aussicht. Die konkrete Dotierung eines möglichen Sozialplans werde ausdrücklich von deren wirtschaftlicher Realisierbarkeit abhängig gemacht. Insoweit habe der Insolvenzverwalter den Betriebsrat fortlaufend über den Stand der Verhandlungen mit Kaufinteressenten zu informieren. Damals bestand der Betriebsrat aus folgenden Mitgliedern: A , B , B , H , K (Betriebsratsvorsitzender), K , N , S und Q . Erstes Ersatzmitglied war Herr V , zweites Herr K .

Der Antragsgegner veräußerte mit Wirkung zum 01. Dezember 2003 den Betrieb der F GmbH & Co. K - i. I. an die F H - und T GmbH. Es fand ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB statt mit der Folge, dass der Betriebsrat im Amt blieb.

Über das Vermögen der Betriebsübernehmerin wurde am 01. Juli 2005 ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. R aus K zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter legte den Betrieb zum 31. Oktober 2005 still. Aus Anlass der Betriebsschließung vereinbarte er mit dem Betriebsrat am 21. Juli 2005 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zum Ausgleich bzw. zur Milderung der Nachteile für die damals im Betrieb noch beschäftigten Arbeitnehmer. Damals bestand der Betriebsrat aus folgenden Mitgliedern: A , B , B , K , K , N , Q , S und V (Betriebsratsvorsitzender). Erstes Ersatzmitglied war Herr K .

Der Antragsteller verlangte unter Hinweis auf sein nach der Betriebsschließung bestehendes Restmandat von dem Antragsgegner mit Schreiben vom 16. Juni 2006 den Abschluss eines Sozialplans zum Ausgleich bzw. zur Milderung der Nachteile für die im Jahr 2003 betriebsbedingt gekündigten 70 Arbeitnehmer. Der Antragsgegner wies mit Schreiben vom 27. Juni 2006 auf die fortbestehende Masseunzulänglichkeit hin, die eine Zahlung von Sozialplanabfindungen ausschließe. Daran könne sich nur etwas ändern, wenn Anfechtungsansprüche gegenüber zwei 2 Kreditinstituten durchgesetzt und die Betriebsimmobilie verwertet werden könnten. Dies könne frühestens nach Ablauf von weiteren 2 Jahren beantwortet werden. Nachdem der Antragsteller unter Hinweis auf sein nur noch bestehendes Restmandat einen Aufschub ablehnte, vertrat der Antragsgegner die Ansicht, das Restmandat berechtige den Betriebsrat nicht, den Abschluss eines Sozialplans für die bereits im Jahr 2003 durchgeführte Betriebsänderung zu fordern.

Darauf beschloss der Betriebsrat am 08. Dezember 2006, die Verhandlungen über einen Sozialplan mit dem Antragsgegner für gescheitert zu erklären, die Einigungsstelle anzurufen, als Vorsitzenden den früheren Direktor des A K , Herrn T , zu benennen und die Anzahl der zu benennenden Beisitzer für jede Seite mit 2 vorzuschlagen sowie bei fehlender Zustimmung des Antragsgegners durch die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten ein gerichtliches Einigungsstellenbesetzungsverfahren einzuleiten.

Mit dem vorliegenden Antrag, der am 05. April 2007 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, begehrt der Betriebsrat die Besetzung der Einigungsstelle für einen Sozialplan wegen Personalabbaus auf der Grundlage des Interessenausgleichs vom 21. August 2003.

Er ist der Ansicht, der im Jahr 2003 durchgeführte Personalabbau stehe in einem funktionalen Zusammenhang mit der im Jahr 2005 erfolgten Betriebsschließung. Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der einzurichtenden Einigungsstelle könne jedenfalls nicht die Rede sein.

Der Antragsteller hat beantragt,

1. Herrn F -J T - Direktor des A K a. D. - zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Sozialplan wegen Personalabbaus auf Basis des Interessenausgleichs vom 21. August 2003" zu bestellen,

2. die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, es fehle offensichtlich der erforderliche funktionale Zusammenhang zwischen dem Personalabbau im Jahr 2003 und der Betriebsstilllegung im Jahr 2005. Die Restrukturierung im Jahr 2003 habe gerade der Fortführung des Betriebes gedient. Zudem spreche der Zeitraum von mehr als 2 Jahren gegen einen funktionalen Zusammenhang. Es bestehe nur noch ein Restmandat und nicht ein allgemeines Abwicklungsmandat.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Beschluss vom 09. Mai 2007 den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben mit der Begründung, der Personalabbau im Jahr 2003 stelle eine sozialplanpflichtige Maßnahme dar. Der Betriebsrat könne aufgrund seines aus der damaligen Insolvenz abzuleitenden Restmandats auch jetzt noch den Abschluss eines Sozialplans für die 70 gekündigten Arbeitnehmer verlangen.

Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 21. Mai 2007 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 24. Mai 2007 Beschwerde einlegen und diese am 04. Juni 2007 begründen lassen.

Er ist weiterhin der Ansicht, das nach der Betriebsstilllegung im Jahr 2005 noch bestehende Restmandat berechtige den Betriebsrat nicht, den Abschluss eines Sozialplans wegen des bereits im Jahr 2003 durchgeführten Personalabbaus zu verlangen.

Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 09. Mai 2007 - 5 BV 57/07 - die Anträge zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Sofern er nicht unmittelbar kraft seines Restmandats den Abschluss eines Sozialplans verlangen könne, müsse jedenfalls die Berechtigung aufgrund einer entsprechenden Anwendung von § 21 b BetrVG bestehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

A. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist binnen der Frist nach § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG eingelegt und begründet worden.

B. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und die begehrte Einigungsstelle eingerichtet.

1. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

a. Das Bestellungsverfahren ist aufgrund eines Beschlusses des Betriebsrats, der in ordentlichen Sitzung vom 8. Dezember 2006 durch die dem Betriebsrat angehörenden Mitglieder gefasst worden ist, anschließend durch Frau Rechtsanwältin G -K eingeleitet worden.

Zu diesem Zeitpunkt bestand ein Restmandat des Betriebsrats. Dessen originäres Mandat, das im Jahr 2002 entstanden war und nach § 21 BetrVG regulär im Jahr 2006 enden sollte, hatte mit der Stilllegung des Betriebes zum 31. Oktober 2005 geendet. Das nach § 21 b BetrVG mit der Stilllegung entstandene Restmandat war von den damals im Amt befindlichen Betriebsratsmitgliedern auszuüben (vgl. BAG, Beschluss vom 06. Dezember 2006 - 7 ABR 62/05 -). Diese Betriebsratsmitglieder haben am 08. Dezember 2006 die Einleitung des vorliegenden Verfahrens und die Beauftragung von Frau Rechtsanwältin G -K beschlossen.

b. Der Betriebsrat ist auch antragsbefugt.

aa. Der Betriebsrat macht geltend, nach §§ 112, 112 a BetrVG sei ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung gegeben.

bb. Der Antragsbefugnis steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat nur noch ein Restmandat hat, welches sich auf die im Zusammenhang mit der Stilllegung stehenden betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte beschränkt (vgl. BAG, Beschluss vom 06. Dezember 2006 - 7 ABR 62/05 -).

aaa. Gemäß § 98 Abs. 1 S. 2 BetrVG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 07. Juli 2003 - 10 TaBV 85/03 - und vom 21. Dezember 2005 - 10 TaBV 173/05 - m.w.N.; LAG Köln, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 8 TaBV 72/03 -, vom 03. Mai 2005 - 9 TaBV 76/04 - und vom 28. Januar 2007 - 9 TaBV 66/06 -; Schwab/Weth/Walker, ArbGG, § 98 Rdn. 36 ff.).

bbb. Nach Ansicht der Kammer gilt dieser Prüfungsmaßstab grundsätzlich auch, wenn es - wie hier - um den Inhalt des Restmandats des Betriebsrats geht. Auch insoweit gebietet der Beschleunigungsgrundsatz, dass es der Einigungsstelle vorzubehalten ist, ihre Zuständigkeit im Einzelnen zu prüfen.

ccc. Da im vorliegenden Fall nach allen Ansichten, die zum Inhalt des Restmandats in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden, der Betriebsrat den Abschluss eines Sozialplans für die aus Anlass des Personalabbaus im Jahr 2003 gekündigten Arbeitnehmer verlangen kann, braucht diese Rechtfrage hier allerdings nicht geklärt zu werden.

ddd. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt das Restmandat kein allgemeines Abwicklungsmandat für alle zum Zeitpunkt des Betriebsuntergangs noch nicht abgeschlossenen betriebsver-fassungsrechtlichen Aufgaben dar. Sog. "unerledigte Betriebsratsaufgaben", die keinen Bezug zu der Auflösung der Betriebsorganisation aufweisen, aber zum Zeitpunkt der Entstehung des Restmandats noch nicht erledigt sind, werden danach nicht vom Restmandat erfasst. Vielmehr ist ein funktionaler Bezug zu der durch die Stilllegung ausgelösten Aufgaben des Betriebsrats erforderlich (vgl. BAG, Beschluss vom 14. August 2001 - 1 ABR 52/00 -; so auch: Fitting, BetrVG, 23. Aufl., § 21 b Rdn. 16; HWK-Reichold, Arbeitsrechtskommentar, 2. Aufl. § 21 b BetrVG Rdn. 11; Richardi-Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 21 b Rdn. 7; Kreutz in GK-BetrVG, 8. Aufl., § 21 b Rdn. 10).

eee. Demgegenüber wird von einem Teil der Literatur ein weitergehendes Abwicklungsmandat angenommen (vgl. Buschmann in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 10. Aufl., § 21 b Rdn. 21, Richardi/Annuss DB 2001, S. 44).

fff. Im vorliegenden Fall steht das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht dem Betriebsrat auch dann zu, wenn von einem beschränkten Restmandat ausgegangen wird, d. h. ein funktionaler Zusammenhang zu den durch die Stilllegung ausgelösten Aufgaben des Betriebsrats vorliegen muss.

Zunächst ist anerkannt, dass vor allem die Beteiligungsrechte nach § 111 S. 3, § 112 BetrVG in funktionalem Zusammenhang mit einer Betriebsstilllegung stehen, also auch der Abschluss eines Sozialplans (vgl. BAG, Beschlüsse vom 1. April 1998 - 10 ABR 17/97 - und vom 06. Dezember 2006 - 7 ABR 62/05 -; Kreutz in GK-BetrVG, a.a.O., § 21 b Rdn. 12).

Hier betrifft der abzuschließende Sozialplan zwar nicht die Arbeitnehmer, die aus Anlass der Stilllegung des Betriebes im Oktober 2005 entlassen worden sind. Er soll vielmehr die wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen bzw. mildern, die sich für die Arbeitnehmer ergeben haben, die im Jahr 2003 entlassen worden sind, um den Betrieb zu sanieren und damit übernahmefähig zu machen. Gleichwohl besteht der erforderliche Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung, da der Abschluss des nunmehr verlangten Sozialplans damals von den Betriebspartnern mit der Betriebsfortführung durch einen Erwerber verknüpft worden ist. Ein Sozialplan war nicht abgeschlossen worden, weil Masseunzulänglichkeit bestand. Allerdings bestand die Erwartung, dass im weiteren Verlauf eine Änderung eintrat und ein Sozialplan finanziert werden konnte. Ausdrücklich hatte der Insolvenzverwalter unter Ziff. 4.2 des Interessenausgleichs vom 21. August 2003 in Aussicht gestellt, dass bei einer Veräußerung des Betriebes aus einem etwaigen Übererlös der Sozialplan dotiert werden sollte. Bereits daraus folgt der erforderliche Zusammenhang mit der Fortführung des Betriebes durch einen Erwerber und einer ggf. durch ihn später vorgenommenen Betriebsstilllegung, die sich auf die Vermögenswerte, die für die Dotierung eines Sozialplans zur Verfügung stehen, auswirken konnte. So ergibt sich aus dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 27. Juni 2006 an die jetzige Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats, dass die Betriebsimmobilie verwertet werden soll. Dies kann nach einer Stilllegung des zunächst fortgeführten Betriebs leichter sein als zuvor.

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Bereitschaft des Betriebsrats, den Abschluss eines Sozialplans zurückzustellen, unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt stand, dass der Betrieb dauerhaft fortgeführt und damit der wesentliche Teil der Belegschaft weiterhin beschäftigt wurde. Gerade die Betriebsfortführung konnte als Chance dargestellt werden, bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens einen Sozialplan, dessen Finanzierung gesichert war, zu erreichen. Mit der Betriebsstilllegung und der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Erwerberin war diese Aussicht nicht mehr gegeben. Es bestand kein Grund mehr für ein Stillhalten, zumal die Arbeitnehmer, die übernommen und weiterbeschäftigt worden waren, nunmehr auch noch in den Genuss eines mit der Erwerberin abgeschlossenen Sozialplans gekommen waren.

ggg. Angesichts dieses funktionalen Zusammenhangs ist nicht von Bedeutung, dass zwischen dem Personalabbau im Jahr 2003 und der Betriebsstilllegung im Jahr 2005 ein Zeitraum von zwei Jahren lag. Der Betriebsrat durfte bis zum Abschluss des im Jahr 2003 eröffneten Insolvenzverfahrens mit seinem Verlangen warten, zumal der Insolvenzverwalter ausweislich des Schreibens vom 27. Juni 2006 bis zuletzt eine Verbesserung der für einen Sozialplan zur Verfügung stehenden Masse in Aussicht gestellt hatte. Er war nicht etwa gehalten, vor der Umwandlung des Vollmandats in das Restmandat sein Begehren gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen (vgl. dazu: Richardi/Thüsing, BetrVG, a.a.O., § 21 b Rdn. 9).

Die Mitbestimmungsangelegenheit war ebenso wenig abgeschlossen, wie bei einem Sozialplan, der in der Vergangenheit abgeschlossen worden ist, nunmehr aber im Zusammenhang mit einer Betriebstilllegung an veränderte Umstände anzupassen ist. Für einen solchen Fall hat das Bundesarbeitsgericht ohne weiteres den funktionalen Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung bejaht und es ausdrücklich abgelehnt, das Restmandat auf den Abschluss eines Sozialplans für die unmittelbar aufgrund der Betriebsstilllegung entlassenen Arbeitnehmer zu beschränken (vgl. BAG, Urteil vom 05. Oktober 2000 - 1 AZR 48/00 -).

hhh. In dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist auch zutreffend ausgeführt worden, dass das Restmandat des Betriebsrats bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer erfassen kann. Der mit § 112 BetrVG beabsichtigte Schutzzweck würde leer laufen, wenn man eine Regelungsbefugnis des Betriebsrats, die sich auf die ausgeschiedenen Arbeitnehmer erstreckt, nicht anerkennen würde.

Nach alledem ist die Antragsbefugnis aufgrund des Restmandats gegeben.

c. Es besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Betriebsrat hat vergebens den Antragsgegner aufgefordert, mit ihm einen Sozialplan zur Regelung des Ausgleichs bzw. der Milderung der Nachteile für die damals gekündigten Arbeitnehmer abzuschließen.

2. Der Antrag des Betriebsrats ist auch begründet.

a. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass im Jahr 2003 ein sozialplanpflichtiger Personalabbau stattgefunden hat und der Betriebsrat den Abschluss eines Sozialplan nach § 112 Abs. 4 BetrVG i.V.m. § 112 a Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG durch Spruch der Einigungsstelle erzwingen kann, sofern - wie ausgeführt - sein Restmandat sich darauf erstreckt.

b. Die Eignung des früheren Direktors des A K , Herrn T , zur Übernahme des Einigungsstellenvorsitzes steht außer Frage.

c. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Zahl der Beisitzer auf zwei für jede Seite festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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