Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.07.2005
Aktenzeichen: 9 TaBV 5/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 76
1. Über einen Antrag auf Vertagung der Sitzung hat die Einigungsstelle mit Mehrheit zu beschließen.

2. Es liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn der Vorsitzende der Einigungsstelle allein über den Vertagungsantrag entscheidet.

3. Es ist ermessensfehlerhaft, wenn die Sitzung einer Einigungsstelle mit Schlussberatung und Abstimmung über den zunächst verabredeten Endzeitpunkt hinaus fortgesetzt wird, obwohl für einen Beisitzer die weitere Teilnahme an der Sitzung zumutbar ist und auch kein Ersatzbeisitzer geladen worden ist. Ein in Abwesenheit des Beisitzers gefasster Spruch der Einigungsstelle ist wegen Verstoßes gegen elementare Verfahrensgrundsätze unwirksam.

4. Eine Pairing-Regelung bedarf der Zustimmung aller Mitglieder der Einigungsstelle.


Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 17. November 2004 - 6 BV 26/04 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 11. Februar 2004 betreffend einer Regelung betrieblicher Arbeitsschutzmaßnahmen über Arbeitsmittel (Tasche, Karren und Taschenlampe), Schutzkleidung (Jacke, Handschuhe und Spikes)und persönliche Schutzausrüstung (Reflektoren und Warnhilfsmittel) unwirksam ist.

2. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs. Die Beteiligten verhandelten seit längerer Zeit über die den Zeitungszustellern zur Verfügung zu stellenden Arbeitsschutzmittel, seit März 2001 in der hierfür eingesetzten Einigungsstelle. Sitzungen der Einigungsstelle fanden statt am 20. Juli 2001, 13. September 2001, 6. Dezember 2001 und nach längerem Stillstand am 22. Januar 2004. Am 22. Januar 2004 vertagte sich die Einigungsstelle auf den 11. Februar 2004, 14.30 Uhr, wobei der Vorsitzende darum bat, dass an diesem Tag die Betriebsräte sich ab etwa 17.30 Uhr für den Beschluss über eine Betriebsvereinbarung im Betrieb bereit halten sollten. Vor der Sitzung am 11. Februar 2004 teilte der Vorsitzende mit, aufgrund der Stellungnahmen der Beteiligten zu einem von ihm übermittelten Entwurf einer Betriebsvereinbarung bezweifele er, dass eine Einigung erzielt werden könne, er werde seinen Entwurf zur Abstimmung stellen und bei einer Ablehnung dem Regelungsvorschlag der Beteiligten zustimmen, der seinen Vorstellungen am nächsten komme. Am 11. Februar 2004 erschien der Vorsitzende aufgrund einer Verkehrsstörung erst um 15.30/15.40 Uhr im Sitzungsraum. Er versuchte sodann in mehreren getrennten Gesprächen mit jeweils den Beisitzern einer Seite und dem betreffenden Verfahrensbevollmächtigten eine mehrheitsfähige Beschlussvorlage zu finden. Gegen 18.00 Uhr erklärte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats, dass er gegen 22.15 Uhr den Betrieb verlassen müsse, um nach Berlin zurückzureisen. Auch danach führte der Vorsitzende die getrennten Gespräche weiter. Die Betriebsräte, die sich für eine Beschlussfassung bereit gehalten hatten, verließen den Betrieb. Gegen 22.00 Uhr überreichte der Vorsitzende jeder Seite den Entwurf einer Betriebsvereinbarung. Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer baten ihn um einen Teilspruch, der einige zu regelnde Gegenstände zunächst ausnehme. Zudem baten sie ihn um Vertagung der Verhandlung, da der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats am nächsten Morgen in B sein müsse und ein vom Betriebsrat bestellter Beisitzer, Herr A , am nächsten Morgen einen Termin in der Nähe der tschechischen Grenze habe. Der Vorsitzende lehnte den Vertagungsantrag mit der Begründung ab, er strebe eine abschließende Regelung an und sehe keinen hinreichenden Vertagungsgrund. Als der Vorsitzende um 22.15 Uhr alle Einigungsstellenmitglieder zusammenrufen wollte, stellte er fest, dass die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer und der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats nicht mehr im Betrieb anwesend waren. Der Vorsitzende ließ in Abwesenheit des Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin zunächst über seinen Entwurf und sodann über den Entwurf der von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer abstimmen, wobei er nicht mitstimmte. Sein Entwurf wurde einstimmig abgelehnt, während dem Entwurf der von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer einstimmig zugestimmt wurde. Sodann stellte er fest, dass die Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt sei. Am 8. März 2004 erhielt der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats das Protokoll der Sitzung vom 11. Februar 2004 sowie den Spruch der Einigungsstelle. Mit dem am 20. April 2004 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenen Antrag begehrt der Betriebsrat Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam ist. Er ist der Ansicht, der Spruch sei am 11. Februar 2004 unter Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Der Vorsitzende hätte gemäß dem Antrag der vom Betriebsrat bestellten Beisitzer die Verhandlung vertagen müssen. Denn am 22. Januar 2004 sei nach einem Hinweis des Beisitzers A und des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auf ihre terminlichen Verpflichtungen am 12. Februar 2004 verabredet worden, dass die Sitzung der Einigungsstelle am 11. Februar 2004 spätestens zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr beendet werden solle. Der Vorsitzende der Einigungsstelle habe es am 11. Februar 2004 nach 19.00 Uhr trotz mehrmaliger Aufforderung durch die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer abgelehnt, die getrennten Verhandlungen über mehrfach an diesem Tag veränderte Beschlussvorlagen zu beenden und mit der gemeinsamen Beratung und Abstimmung zu beginnen. Schließlich hätten die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer dem Vorsitzenden erklärt, aus ihrer Sicht sei jetzt Schluss, die Mitglieder des Betriebsrats hätten bereits nach Hause geschickt werden müssen, weil sie aufgrund ihrer Zustellertätigkeit gegen 2.00 Uhr nachts aufstehen müssten. Zudem hätten sie den Vorsitzenden daran erinnert, dass er dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats versprochen habe, ihn um 22.00 Uhr zum Nachtzug nach Düsseldorf zu bringen, und dass Herr Altenburg noch eine lange Autofahrt nach Thüringen bei schlechten Witterungsverhältnissen vor sich habe. Der Vorsitzende habe darauf nicht reagiert, sondern sich auf den Weg zur Arbeitgeberseite gemacht. Es sei sowohl Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden als auch gegen das Gebot der mündlichen Verhandlung verstoßen worden. Der Betriebsrat hat beantragt, festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 11. Februar 2004 betreffend einer Regelung betrieblicher Arbeitsschutzmaßnahmen über Arbeitsmitteln (Tasche, Karren und Taschenlampe), Schutzkleidung (Jacke, Handschuhe und Spikes) und persönliche Schutzausrüstung (Reflektoren und Warnhilfsmittel) unwirksam ist. Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie trägt vor, am 22. Januar 2004 sei keine besondere Zeitabsprache getroffen worden. Der Vorsitzende sei sichtlich irritiert gewesen, als er am 11. Februar 2004 die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer und den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nach 22.00 Uhr nicht mehr angetroffen habe und vom Pförtner erfahren habe, dass sie den Betrieb verlassen hätten. Da die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer der gemeinsamen Sitzung ferngeblieben seien, habe ohne sie der die Einigung der Betriebspartner ersetzende Beschluss gefasst werden können. Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Beschluss vom 28. Oktober 2004 den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 76 Abs. 5 S. 2 BetrVG habe der Beschluss in Abwesenheit der vom Betriebsrat bestellten Beisitzer gefasst werden können. Diese Beisitzer hätten sich am 11. Februar 2004 ohne triftigen Grund entfernt, nachdem der Vorsitzende vor dem Hintergrund der jahrelangen Dauer der Einigungsstelle berechtigterweise eine Vertagung abgelehnt habe. Zu dem Zeitpunkt sei die Angelegenheit bereits hinreichend mündlich beraten gewesen. Für eine abschließende Beratung habe Gelegenheit bestanden, nachdem der Vorsitzende beide Seiten zusammengerufen habe. Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 17. Dezember 2004 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 16. Januar 2005 Beschwerde einlegen und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist - am 16. März 2005 begründen lassen. Er trägt vor, der Vorsitzende habe es trotz einer am 21. Januar 2004 getroffenen Vereinbarung, die Sitzung am 11. Februar 2004 spätestens um 18.45 Uhr zu beenden, bis 22.00 Uhr unterlassen, die gemeinsame Sitzung der Einigungsstelle zu eröffnen. Es sei nach 22.00 Uhr über Gegenstände abgestimmt worden, über die bis dahin nicht gemeinsam verhandelt worden sei. Der Betriebsrat beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Aachen vom 17. November 2004 - 6 BV 26/04 - entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen. Die Arbeitgeberin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie trägt vor, eine Zeitabsprache für die Sitzung am 11. Februar 2004 habe es nicht gegeben und hätte ohnehin der Zustimmung der von ihr bestellten Beisitzer bedurft. Die Angelegenheit sei in den vorangegangenen Sitzungen ausführlich erörtert worden. Am 11. Februar 2004 hätte nach der vom Vorsitzenden um 22.00 Uhr bestimmten Zusammenkunft aller Beisitzer binnen kurzer Zeit der Spruch der Einigungsstelle gefasst werden können. Der Beisitzer A sei nicht auf ein minutengenaues Ende der Einigungsstelle angewiesen gewesen. Im Übrigen wäre die Arbeitgeberseite bereit gewesen, auf die Teilnahme eines von ihr bestellten Beisitzers zu verzichten, wenn ihr mitgeteilt worden wäre, Herr A müsse aus zwingenden Gründen die Verhandlung verlassen. Da der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats ohnehin nicht bei der Beschlussfassung habe anwesend sein dürfen, könne auf seine Terminverpflichtung nicht abgestellt werden. Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung gewesen sind. II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG in Verbindung mit § 87 Abs. 2 S. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet. 2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der am 11. Februar 2004 durch die Einigungsstelle gefasste Spruch ist aufgrund eines Verfahrensfehlers unwirksam. a) Das Verfahren der Einigungsstelle ist gesetzlich nur in Grundzügen geregelt. Von der in § 76 Abs. 4 BetrVG vorgesehenen Möglichkeit, die weiteren Einzelheiten in einer Betriebsvereinbarung zu regeln, haben die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens keinen Gebrauch gemacht. Das Gesetz schreibt in § 76 Abs. 3 BetrVG lediglich die mündliche Beratung, die Abstimmung durch den Spruchkörper, den Abstimmungsmodus, die schriftliche Niederlegung und die Zuleitung der Beschlüsse vor. Der damit gewährte Freiraum für das Einigungsstellenverfahren wird allerdings durch allgemein anerkannte elementare Grundsätze begrenzt. Zu diesen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts u. a. die rechtzeitige und ordnungsgemäße Unterrichtung der Einigungsstellenmitglieder über Ort und Zeit der Sitzungen, die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Beschlussfassung auf Grund nichtöffentlicher mündlicher Beratung (vgl. BAG, Beschluss vom 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 -). b) Die Notwendigkeit, dass die Einigungsstellenmitglieder über Zeit und Ort der Sitzung durch ordnungsgemäße Einladung oder aufgrund gemeinsamer Verabredung unterrichtet sind, ergibt sich aus der Funktion der Einigungsstelle als eines beschlussfassenden Gremiums. Werden Entscheidungsbefugnisse mehreren Personen gemeinsam zugewiesen, so geschieht dies, um zu ermöglichen, dass unterschiedliche Interessen und Auffassungen in den Entscheidungsprozess einfließen. Dies gilt für die Einigungsstelle nicht anders als für den Betriebsrat, die Mitgliederversammlung eines Vereins oder den Aufsichtsrat einer Handelsgesellschaft. Der Zweck würde verfehlt, wenn ein Teil der Mitglieder des Beschlusskörpers von der gemeinsamen Meinungsbildung und Entscheidung ausgeschlossen wäre und auf diese Weise ihre Mitwirkung unmöglich gemacht werden könnte (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 -). c) Zwar lagen keine Mängel bei der Einladung der Einigungsstellenmitglieder vor. Am 22. Januar 2004 war verabredet worden, die Sitzung am 11. Februar 2004 ab 14.30 Uhr im Betrieb der Arbeitgeberin fortzusetzen. Die Sitzung ist an diesem Tag auch zunächst ordnungsgemäß durchgeführt worden. Mit der Eröffnung ist bis zum Erscheinen des Vorsitzenden um 15.30 Uhr gewartet worden. In allseitigem Einverständnis hat der Vorsitzende zunächst versucht, in getrennten Verhandlungen mit den Beisitzern und Verfahrensbevollmächtigten jeder Seite einen mehrheitsfähigen Beschlussentwurf zu finden, über den sodann ab 17.30 Uhr sowohl die Arbeitgeberin als auch der im Betrieb anwesende Betriebsrat hätten befinden können. d) Jedoch ist gegen elementare Verfahrensgrundsätze verstoßen worden, als der Vorsitzende um 22.00 Uhr über den Antrag der vom Betriebsrat bestellten Beisitzer auf Vertagung der Sitzung keinen Beschluss der Einigungsstelle herbeiführte, sondern den Antrag mit der Begründung ablehnte, er strebe eine abschließende Regelung an und sehe keinen hinreichenden Vertagungsgrund. aa) Zutreffend weist die Arbeitgeberin darauf hin, dass über einen Zeitrahmen oder die Vertagung die Einigungsstelle zu entscheiden hat. Wird zu Beginn der Sitzung kein Zeitrahmen festgelegt, kann jederzeit eine Vertagung beantragt worden, über die in der Einigungsstelle mit Mehrheit abgestimmt wird (vgl. Pünnel/Isenhardt, Die Einigungsstelle des BetrVG 1972, 4. Aufl., Rdn. 98; Friedemann, Das Verfahren der Einigungsstelle für Interessenausgleich und Sozialplan, 1997, S. 247). Als Begründung für eine Vertagung können die persönlichen Bedürfnisse der Beisitzer oder auch die Grenzen der Belastbarkeit herangezogen werden (vgl. Hase u.a., Handbuch für die Einigungsstelle, 3. Aufl., S. 112). bb) Es kann dahinstehen, ob am 22. Januar 2004 der vom Betriebsrat vorgetragene Zeitrahmen für die Sitzung am 11. Februar 2004 gemeinsam festgelegt worden war, also eine Beendigung gegen 18.45 Uhr. Diese Absprache war dadurch überholt, dass im Verlauf der Verhandlung eine spätere Beendigung auch von den vom Betriebsrat bestellten Besitzern durch Erklärung gegenüber dem Vorsitzenden akzeptiert worden war. Nunmehr sollte die Sitzung so rechtzeitig geschlossen werden, dass der Beisitzer Altenburg und der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats noch in der Nacht nach Thüringen bzw. nach Berlin reisen konnten. cc) Als gegen 22.00 Uhr eine Vertagung der Sitzung von den vom Betriebsrat bestellten Beisitzern beantragt wurde, hätte der Vorsitzende eine Mehrheitsentscheidung in der Einigungsstelle herbeiführen müssen. Stattdessen hat er ausweislich des Sitzungsprotokolls - verfahrensfehlerhaft - allein entschieden. Zudem hat er die angeführten Vertagungsgründe (Verhinderung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats und des Beisitzers Altenburg) insgesamt als nicht hinreichend beurteilt. Soweit es bei dieser Beurteilung um die Verhinderung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ging, mag es noch angehen, darauf zu verweisen, bei der gemeinsamen Schlussberatung und Abstimmung habe dieser ohnehin nicht anwesend sein dürfen. Damit wird allerdings das Vorbringen des Betriebsrats außer Acht gelassen, der Vorsitzende habe zugesagt, auf der Heimreise den Verfahrensbevollmächtigten um 22.00 Uhr zum Nachtzug nach Düsseldorf zu bringen, was bedeutete, dass er angekündigt hatte, selbst ab diesem Zeitpunkt nicht mehr der Einigungsstelle zur Verfügung zu stehen. Jedenfalls war die Entscheidung ermessensfehlerhaft, soweit sie die Verhinderung des Beisitzers A betraf. Herr A hatte als Beisitzer an der gemeinsamen Schlussberatung und Abstimmung teilzunehmen. Wann dieser Verfahrensteil abgeschlossen war, war nicht absehbar. An diesem Tag hatte der Vorsitzende ausschließlich getrennte Verhandlungen geführt. Eine Einigung war nicht erkennbar. Vielmehr hatte Betriebsrat zuletzt zum Ausdruck gebracht, er strebe im Hinblick auf die Meinungsverschiedenheiten zunächst nur eine Teilregelung durch Spruch an. Zwar hatte der Vorsitzende dazu erklärt, er strebe eine abschließende Regelung an. Dies bedeutete aber nicht, dass die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer in der zwingend vorgesehenen Schlussberatung (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Januar 1994 - 1 ABR 43/93 -) nicht diese Auffassung vorbrachten, begründeten und darüber diskutieren wollten. Für Herrn Altenburg war es nicht zumutbar, seine Abreise von Aachen nach Thüringen weiter hinauszuschieben, wobei es nicht nur um (wenige) Minuten, sondern angesichts der Erfahrungen gerade in dieser Einigungsstelle um eine viel längere Zeit gehen konnte. Er hatte sich seit 14.30 Uhr für die Sitzung bereit gehalten und ab 15.30 Uhr, also während 6 1/2 Stunden, für die Gespräche des Vorsitzenden mit den vom Betriebsrat bestellten Beisitzern zur Verfügung gestanden. Bei seinen Planungen für die Abreise nach Thüringen hatte er davon ausgehen dürfen, dass gegen 17.30 Uhr geklärt war, ob es - ggf. nach einer Schlussberatung der Arbeitgeberin und des Betriebsrats - zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung kam oder ob durch den Spruch der Einigungsstelle zu entscheiden war. Wenn er gleichwohl bis 22.00 Uhr gewartet hatte, war damit die äußerste Grenze dessen erreicht, was er sich selbst zumuten konnte. Er durfte nicht übermüdet die mehrstündige Reise bei schlechten Witterungsverhältnissen antreten. Die Ladung eines Ersatzbeisitzers für Herrn A ist von dem Vorsitzenden nicht in Erwägung gezogen worden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Ersatzbeisitzer zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stand. Ebenso hat der Vorsitzende nicht die von der Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Pairing-Regelung angesprochen, wonach bei der Schlussberatung und Abstimmung auf einen von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer bei Abwesenheit von Herrn A hätte verzichtet werden können. Eine solche Regelung hätte im Übrigen der Zustimmung aller Mitglieder Einigungsstelle bedurft, also auch der vom Betriebsrat bestellten Beisitzer (vgl. Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 21. Aufl., § 76 Rdn. 51). Nach alledem war zwingend die Vertagung der Einigungsstellensitzung geboten, so dass auch die Einigungsstelle als zuständiges Gremium dem Antrag der vom Betriebsrat bestellten Beisitzer hätte stattgeben müssen. e) Die fehlende Vertagung führt zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs. Verstößt die Einigungsstelle gegen Verfahrensgrundsätze, die für ihre Tätigkeit unabdingbar sind, so ist ihr Vorgehen nicht mehr von der im Betriebsverfassungsgesetz enthaltenen Ermächtigung gedeckt. Dabei ist unerheblich, ob Herr A durch Teilnahme an der Abstimmung den von der Einigungsstelle gefassten Spruch hätte verhindern können. Nach dem in § 76 Abs. 3 BetrVG für die Beschlussfassung vorgeschriebenen Verfahren soll die Entscheidung der Einigungsstelle möglichst das Ergebnis eines Willensbildungsprozesses sein, der auf gemeinsamer Betratung beruht. Dabei kommt es auf die Teilnahme jedes einzelnen Mitgliedes an (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juni 1995 - 1 ABR 3/95 -).

Ende der Entscheidung

Zurück