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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 13.04.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 599/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 241 Abs. 2
BGB § 242
Einzelfallentscheidung zu einer treuwidrigen Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 599/06

Verkündet am: 13. April 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Josef Stegmann und Elmar Koehn für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 22.2.2006, Az.: 7 Ca 11820/05, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 46.457,60 Euro an den Kläger.

Der Kläger war seit 01.11.1991 im S. Der Kläger war dabei zuletzt in die USA zur Tochter der Beklagten, der S. C. (...), delegiert. Das Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten ruhte während der Zeit der Delegation. Zwischen dem Kläger und der S. C. war ein gesonderter Vertrag für den Zeitraum der Entsendung geschlossen worden.

Im Frühjahr 2004 zahlte die S. C. an den Kläger auf dessen Privatkonto eine Bonusleistung in Höhe von 80.148 US-Dollar. Auf Wunsch des Klägers wurde derselbe Betrag auf ein Konto des Klägers bei seiner Versicherung für die eigene Altersversorgung, ähnlich einer Gehaltsumwandlung im deutschen Recht, nochmals überwiesen. Nach Angabe des Klägers erfolgte diese Gutschrift am 30. April 2004. Im Gegenzug dazu versicherte der Kläger gegenüber der S. C., den an ihn überwiesenen Betrag in Höhe des Nettobetrages von 56.000 US-Dollar an die S. C. zurückzuerstatten. Am 18.6.2004 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Aufhebungsvertrag zum 30.6.2004 mit folgender Einleitung:

Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass alle bestehenden arbeitsvertraglichen Beziehungen mit S. AG und deren Konzerngesellschaften auf Veranlassung der Firma (Arbeitgeber) nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen mit Wirkung zum 30.06.2004 aufgelöst werden.

In der Auflösungsvereinbarung ist unter anderem geregelt:

14. Mit diesem Aufhebungsvertrag sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich welchen Rechtsgrundes sie sein mögen, bekannt oder unbekannt, abgegolten. Dies gilt auch für die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehenden Erfindungen. Davon ausgenommen sind die Anwartschaften zur betrieblichen Altersversorgung, sowie die jährlichen Bonuszahlungen als Bestandteil des Gehaltes.

15. Von dieser Ausgleichsklausel sind alle beiderseitigen Verpflichtungen, die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauern, ausgenommen. Insbesondere bleibt die jährliche Bonus- und DSU-Zahlung, die anteilig im Januar 2005 zur Auszahlung kommt, bestehen und ist ebenfalls von Ziffer 13 nicht erfasst.

Der Kläger kam seiner ursprünglich eingegangenen Verpflichtung zur Rückzahlung des ihm doppelt zugewendeten Bonusbetrags nicht nach. Daraufhin hat die S. C. gegenüber dem Finanzdienstleister des Klägers Rückzahlungsansprüche geltendgemacht, die von diesem erfüllt wurden. Die dortigen Guthaben des Klägers wurden aufgelöst, die eingezahlten Beträge zurückerstattet.

Bei der Beklagten und den Konzerngesellschaften ist es nicht erlaubt, sich rechtlich untereinander zu vertreten. Einer schriftlichen Aufforderung des Klägers an die S. C. vom 23.11.2004, den Aufhebungsvertrag vom 18.6.2004 zu genehmigen, kam diese nicht nach.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 4. August 12.005 eingegangenen Klage vom 3. August 2005 hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 46.457,60 € verlangt.

Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagte habe pflichtwidrig den Aufhebungsvertrag für die S. C. aber ohne deren Vollmacht abgeschlossen und dadurch ihm, dem Kläger, einen Schaden in der eingeklagten Höhe verursacht. Aus dem Umstand, dass die Beklagte mit dem Aufhebungsvertrag vom 18. Juni 2004 auch die Beziehungen zwischen ihren Konzerngesellschaften und dem Kläger habe regeln wollen, ergebe sich, dass sie diesbezüglich als Vertreterin der S. C. aufgetreten sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, mit der S. C. keine weiteren Vereinbarungen über die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses getroffen habe oder dass sich die S. C. ihm gegenüber im Sinne einer Beendigung einseitig geäußert hätte. In Ziffer 14 der Aufhebungsvereinbarung hätten die Parteien eine Abgeltungsklausel vereinbart, von der sie die jährlichen Bonuszahlungen ausgenommen hätten. Bonuszahlungen seien ausschließlich von der S. C. zu erwarten gewesen. Auch hieraus ergebe sich, dass die Abgeltungsklausel auch die Rechtsbeziehungen mit der S. C. habe erfassen sollen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags habe er der S. C. 56.000 $ geschuldet. Diese Rückzahlungsverpflichtung wäre - so der Kläger weiter - erloschen, wenn die Beklagte wirksam im Namen der S. C. gehandelt hätte. Die S. C. habe jedoch den Aufhebungsvertrag nicht genehmigt. Die S. C. habe inzwischen ihren Rückzahlungsanspruch auf andere Weise realisiert. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Nebenpflichten aus den §§ 280 Absatz 1, 611 Absatz 1 BGB verletzt, indem sie vor Abschluss des Vertrags nicht ihre Vertretungsverhältnisse mit der S. C. geklärt habe. Ihr Handeln als Vertreterin ohne Vertretungsmacht verletze vertragliche Nebenpflichten der Beklagten. Hätte die Beklagte mit Vertretungsmacht für die S. C. gehandelt - so der Kläger -, wäre der Verzicht auf den Rückzahlungsanspruch rechtswirksam und er hätte gegenüber der S. C. Ansprüche entsprechend einer Eingriffskondiktion bzw. aus unerlaubter Handlung geltend machen können.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger 46.457,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21. April 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Regelung in der Aufhebungsvereinbarung, dass alle arbeitsvertraglichen Beziehungen mit der Beklagten und deren Konzerngesellschaften auf deren Veranlassung endeten, bedeute nicht, dass hier rechtliche Vereinbarungen mit den Konzerngesellschaften in abwicklungstechnischer Hinsicht betroffen seien. Vielmehr habe lediglich klargestellt werden sollen, dass sämtliche den Arbeitsvertrag mit der Beklagten betreffenden Vereinbarungen im Hinblick auf die Beschäftigung bei Konzerngesellschaften damit abgewickelt würden. Deshalb sei die Bezeichnung "Beziehung" gewählt worden und nicht die Bezeichnung Verpflichtung. Eine Vertretung der amerikanischen Gesellschaft sei jedenfalls nicht erfolgt. Das sei dem Kläger auch bekannt gewesen. Bei der Beklagten und den Konzerngesellschaften sei es nicht erlaubt, sich rechtlich untereinander zu vertreten. Der Kläger habe an einer Einführungsveranstaltung teilgenommen, in der dieses Prinzip kommuniziert worden sei. In einem Gespräch mit Herrn R. der S. C. im Juli 2004 habe der Kläger auch bestätigt, ihm sei bekannt, dass die Beklagte nicht im Namen der S. C. gehandelt habe. Die Beklagte habe keine Vereinbarungen zulasten der S. C. treffen können, zumal ihr auch keine aktuellen Zahlungsverpflichtungen oder Zahlungsforderungen hätten bekannt sein können.

Zudem sei - so die Beklagte weiter - in § 14 explizit geregelt, dass Bonuszahlungen von dieser Abgeltung ausgenommen sind. Damit sei auch die Rückforderung nicht ausgeschlossen. In § 15 sei außerdem geregelt, dass die beiderseitigen Verpflichtungen, die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauerten, ausgenommen seien. Der Kläger gehe selbst davon aus, dass die Abgeltungsklausel in § 14 auch die Rückzahlungsverpflichtung erfasse. Dieses habe er gegenüber Herrn R. noch nach dem Aufhebungsvertrag mehrfach bestätigt.

Der Kläger hat erwidert, er habe in den Monaten April und Mai 2004 regelmäßig seinen Kontostand bei dem Finanzdienstleister überprüft. Bis zu seiner Abreise nach Deutschland im Juni 2006 habe er keine Auszahlung der Prämie feststellen können. Bis zum Abschluss des Aufhebungsvertrags sei er nicht mehr zu einer Kontrolle seines Kontos bei dem Finanzdienstleister gekommen. Im Zuge des Abschlusses des Aufhebungsvertrags habe er sich keine Vorstellung von etwaigen offenen Zahlungspflichten gegenüber der S. C. gemacht. Es sei auch nicht seine Aufgabe im Zug einer Aufhebungsvereinbarung gewesen, die Interessen des Vertragspartners zu wahren. Er bestreite, in irgendeiner Weise gegenüber Herrn R. Erklärungen über Vertretungsbefugnisse im Konzern der Beklagten abgegeben zu haben. Er habe auch keine Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagte keine Vertretungsbefugnis gehabt habe. Er habe auch an keiner Einführungsveranstaltung teilgenommen, bei der Gegenteiliges erläutert worden sei. Bei den in Ziffer 15 erwähnten beiderseitigen Pflichten, die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses des andauerten, handele es sich lediglich um die wechselseitigen synallagmatischen Leistungsverpflichtungen. Durch diese Regelung sei vermieden worden, dass sich die S. C. auf den Wegfall ihrer Gegenleistungspflicht für den Zeitraum ab 18. Juni 2004 berufen könne. Lege man den Passus weit aus, stünde dies im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach Einschränkungen der Reichweite einer Abgeltungsklausel eng auszulegen sind. Würde man diese Klausel wie die Beklagte auslegen, liefe sie gänzlich leer. In Ziffer 14 sei zunächst eine weitgehende Abgeltung geregelt, die dann im dritten Satz hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung und der Bonuszahlungen eingeschränkt werde. In Ziffer 15 sei diese weite Abgeltung wiederum vollständig aufgehoben worden. Damit würde man den Parteien einen in sich widersprüchlichen Willen unterstellen. Die Beklagte habe es unterlassen, vor Vereinbarung der Abgeltung sorgfältig zu prüfen, ob sie sowie beteiligte Konzernunternehmen durch diese Regelung Ansprüche gegenüber dem Kläger verlören. Durch die nicht gegebene Vertretungsmacht bzw. die fehlende Genehmigung sei ihm ein Schaden entstanden, da die Verzichtswirkung bzw. die Wirkung des negativen Schuldanerkenntnisses tatsächlich nicht eingetreten sei.

Die Beklagte hat hierauf in erster Instanz erwidert, der Kläger sei nach seinen eigenen Angaben zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags davon ausgegangen, dass er den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückerstatten werde, wenn ein Zahlungseingang beim Finanzdienstleister zu verzeichnen sei. Der Kläger habe nur darauf gewartet, dass der Betrag auf sein Konto eingehen werde. Offensichtlich sei er davon ausgegangen, dass der Aufhebungsvertrag nicht im Namen der S. C. habe geschlossen werden sollen, weil er weiterhin davon ausgegangen sei, dass er das zu Unrecht doppelt erhaltene Geld an die S. C. zurückerstatten müsse. Von einer Täuschung oder dem Erwecken eines Vertrauens könne somit nicht ausgegangen werden. Die Rückzahlung sei auch nach der Vorstellung des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages noch zu tätigen gewesen. Also sei er auch offensichtlich nicht davon ausgegangen, dass durch die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages die Rückzahlung erledigt sei. Der Vorwurf an die Beklagte gehe dahin, dass die Beklagte den Kläger nicht über die fehlende Vertretungsmacht informiert habe. Diese fehlende Information müsse aber kausal für den Schaden gewesen sein. Hätte aber die Beklagte auf die fehlende Vertretungsmacht hingewiesen oder den Hinweis auf Konzernunternehmen im Aufhebungsvertrag weggelassen, hätte der Kläger gleichfalls unterschrieben.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 22. Februar 2006, das dem Kläger am 11. April 2006 zugestellt worden ist, die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abgeltungsklausel in Ziffer 14 der Aufhebungsvereinbarung beinhalte keine Abgeltung von Rückzahlungsansprüchen aus Bonuszahlungen. Die Ausnahmeregelung nehme "die jährlichen Bonuszahlungen als Bestandteil des Gehaltes" von der Abgeltung aus. Mit dieser Formulierung seien Aussagen über die Anspruchsrichtung (nur Zahlungen an den Kläger oder Rückzahlungsansprüche) nicht eindeutig möglich. Vom Wortsinn her könne beides erfasst seien. Die nochmalige Erwähnung der Bonuszahlungen in Ziffer 15 mache aber nur dann einen Sinn, wenn die Formulierung in Ziffer 14 Satz 2 weiter gemeint sei. Das Arbeitsgericht schließe aus der weiteren Formulierung in Ziffer 14 Satz 3 des Aufhebungsvertrages, dass damit neben Bonuszahlungen des Klägers auch resultierende Rückzahlungsansprüche erfasst seien.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit seiner beim Landesarbeitsgericht am 11. Mai 2006 eingegangenen Berufung vom selben Tag.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Kläger geltend, für die Herausnahme auch bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers oder seiner Konzerngesellschaften aus der Abgeltungsklausel bestünden keine Anhaltspunkte. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht hier eine Mehrdeutigkeit angenommen. In Ziffer 15 des Aufhebungsvertrages werde - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - eine eigenständige Ausnahme von der Abgeltung für noch nicht fällige Bonuszahlungen geregelt.

Das Arbeitsgericht habe die rechtlich anerkannten Auslegungsregeln, wonach Ausgleichsklauseln weit und Ausnahmeregelungen eng auszulegen seien, nicht beachtet.

Der Kläger beantragt in zweiter Instanz:

1. Unter Abänderung des am 22.02.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts München, Aktenzeichen 7 Ca 11820/05, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger Euro 46.457,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 21.04.2004 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, zu den Verpflichtungen, die bis zum Beendigungszeitpunkt andauerten und daher von der Abgeltung nicht erfasst würden, zählten selbstverständlich die ordnungsgemäße Abrechnung und die ordnungsgemäße Rückzahlung der Bonuszahlungen und der Kfz-Kosten durch den Kläger. Der Kläger habe auch noch nach Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung gegenüber Herrn R. mehrfach seine Rückzahlungsverpflichtung bestätigt. Außerdem sei er am 23. Juli 2004 seiner Zahlungspflicht hinsichtlich des Kfz nachgekommen und könne sich insoweit nicht auf die Abgeltungsklausel berufen.

Die Berufung des Klägers auf die Ausgleichsklausel sei im Übrigen treuwidrig, nachdem er zugesagt habe, die Überzahlung zurückzuzahlen. Außerdem habe der Kläger keinen Schaden erlitten. Er sei nur zu so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäfts vertraut hätte. Nach seinen eigenen Angaben hätte er in jedem Fall den Aufhebungsvertrag geschlossen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 184 ff., 197 ff., 331 ff., 267 ff., 274 ff., 280 ff.) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG, ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch des Klägers bereits daran scheitert, dass die Verpflichtung des Klägers zur Rückerstattung der von der S. C. doppelt zur Auszahlung gebrachten Bonusleistung - wie vom Arbeitsgericht vertreten - von der Abgeltungsklausel gemäß Ziffer 14. des Aufhebungsvertrages wegen der an dieser Stelle sowie in Ziffer 15. vereinbarten Ausnahmeregelung gar nicht erfasst wird.

Der Kläger kann sich nämlich unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dass im Fall einer Genehmigung des Aufhebungsvertrags gemäß § 177 Abs. 1 BGB durch die S. C. seine Rückzahlungsverpflichtung auf Grund der Abgeltungsklausel erloschen wäre.

Rechtsmissbrauch liegt hier unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens vor. Wer durch seine Erklärung oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat, darf den anderen Teil in seinem Vertrauen nicht enttäuschen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen im Rechtsverkehr untergraben, wenn es erlaubt wäre, sich nach seinem Belieben mit seinen früheren Erklärungen und seinem früheren Verhalten derart in Widerspruch zu setzen.

Die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs liegen hier vor. Nach seinen eigenen Angaben ging der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages davon aus, dass er gegenüber der S. C. im Hinblick auf die erwartete Doppelzahlungen zur Rückzahlung des auf sein Privatkonto eingegangenen Betrags verpflichtet war. Hieraus resultierte für ihn die Verpflichtung, im Rahmen der unstreitig sehr sorgfältig geführten Verhandlungen über den abzuschließenden Aufhebungsvertrag die Beklagte darüber zu informieren, dass zwischen ihm und der S. C. eine Rückzahlungsverpflichtung in der Größenordnung von 50.000 € im Raum stand. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 241 Absatz 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag.

Nach dieser Vorschrift kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Die Beklagte konnte davon ausgehen, dass der Kläger sich hieran halten werde, was er jedoch nicht getan hat.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die Vorschrift des § 241 Abs. 2 BGB die einzelnen Rücksichtspflichten zwar nicht aufzählt und dass deren Umfang und Inhalt von dem jeweiligen Vertragszweck, der Verkehrssitte und den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs abhängen. Es ist jedoch anerkannt, dass hierunter vor allem Aufklärungspflichten, die auch das Leistungsinteresse betreffen können, sowie die Schutzpflicht fallen, das heißt die Pflicht des Vertragspartners sich bei Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden (Palandt-Heinrichs, 66. Auflage, § 241 Randziffer 7).

Gegen die insoweit bestehende Aufklärungspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten hat der Kläger in gröblicher Weise verstoßen. Dabei entlastet ihn auch seine Einlassung nicht, die Beklagte habe sich vergewissern müssen, dass ein Rückzahlungsanspruch der S. C. gegen den Kläger wegen doppelt gezahlter Bonusleistung nicht bestehe. Nach dem der Vorschrift des § 166 BGB zu Grunde liegenden Rechtsgedanken war für den Inhalt und die Auslegung der im Namen der S. C. mit abgeschlossenen Aufhebungsvereinbarung allein der Kenntnis- und Vorstellungshorizont der Beklagten maßgeblich. Nach dieser Bestimmung kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

Diese Grundsätze gelten auch für Verträge. Auch hier ist auf die Verständnismöglichkeiten des Vertreters abzustellen. Welchen Vertragswillen eine Vertragspartei hat, richtet sich, wenn sie bei Abschluss des Vertrages durch einen Dritten vertreten wird, nur nach dem Willen des Vertreters (jurisPK-BGB/Gehrlein, § 166 BGB, Seite 941; BAG, Urt. vom 3.8.61, Az.: 2 AZR 117/60). Die Beklagte konnte nicht mit dem Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung rechnen, von der nicht einmal der Kläger selbst im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags wusste, ob sie bereits zur Entstehung gelangt war oder nicht, nachdem er nach seinem eigenen Vortrag seine Konten vor Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht mehr geprüft hat. Die vorliegende Konstellation - Doppelzahlung einer Bonusleistung auf Veranlassung des Arbeitnehmers verbunden mit dem Versprechen, diese Doppelzahlung anschließend wieder zurückzuführen - ist so ungewöhnlich, dass die Beklagte, die erkennbar bestrebt war, eine Gesamtbereinigung vorzunehmen, nicht damit rechnen konnte und musste.

Im Hinblick auf diese außergewöhnliche Situation ergab sich für den Kläger die Verpflichtung, die Beklagte auf das - mögliche - Bestehen einer nicht unerheblichen Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber der von der Beklagten vertretenen S. C. hinzuweisen.

Wenn der Kläger hierauf verzichtet hat, verhält er sich rechtsmissbräuchlich, wenn er nunmehr von der Beklagten Schadensersatz dafür verlangt, dass diese ihn nicht wirksam durch eine mit Vertretungsmacht für die S. C. vereinbarte Abgeltungsklausel von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber der S. C. befreit habe. Der redliche Geschäftsverkehr zwischen den Parteien hätte es geboten, dass der Kläger angeregt hätte, diesen von ihm seinerzeit als nur möglich eingeschätzten Rückforderungsanspruch der S. C. von der Abgeltungsklausel auszunehmen. Indem er dies unterließ und nunmehr gleichwohl von der Beklagten Schadensersatz verlangt, handelt er grob treuwidrig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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