Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 19.07.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 1073/04
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1073/04

Verkündet am: 19.Juli 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Haidacher und Leicht für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers vom 23. September 2004 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18. August 2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der im Mai 1964 geborene, ledige Kläger absolvierte bei der Beklagten ab 1. September 1979 eine Berufsausbildung als Papiermacher und wurde nach deren Abschluss in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Danach war er in unterschiedlichen Abteilungen der Beklagten mit Papiermachertätigkeiten beschäftigt; von 1993 bis 2000 u.a. als Laborant in der Abteilung Qualitätssicherung, ab 1. November 2000 als Schleifereigehilfe in der Abteilung Faserstoffe. Hier wird im Schichtbetrieb mit 8 Arbeitsstunden pro Schicht und Tag gearbeitet.

Am 12. September 2001 hatte sich ein Arbeitsunfall ereignet, bei dem der Kläger mit dem rechten Fuß umgeknickt und gestürzt war sowie sich beim Abstützen die linke Hand geprellt hatte. Daraufhin war der Kläger zunächst einmal bis zum 3. März 2002 durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen. Nach Wiederaufnahme seiner Arbeit im März 2002 fehlte er krankheitsbedingt am 9. März 2002, vom 22. März bis 21. April 2002, vom 29. April bis 2. Mai 2002, vom 6. Mai bis 15. Mai 2002, am 27. Mai 2002, am 4. Juni 2002 und vom 10. Juni bis 9. August 2002. Ab 10. August 2002 nahm er seine Arbeit zwar wieder auf, arbeitete in der Folgezeit aber nur zwischen 2 bis 4,75 Stunden pro Tag und verließ anschließend seinen Arbeitsplatz unter Hinweis auf Schmerzen.

Sämtliche den Kläger nach seinem Arbeitsunfall im September 2001 behandelnden Ärzte hielten ihn ab 10. August 2002 wieder voll arbeitsfähig.

Einen Antrag des Klägers, ihn per "Ringtausch" wieder in die Abteilung Qualitätssicherung zu versetzen, weil er dort seiner Einschätzung nach keine gesundheitlichen Probleme hätte, lehnte die Beklagte ab, nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 27. September 2002 (vergleiche Blatt 40/41 der Akte) seine Zustimmung dazu nach § 99 BetrVG verweigert hatte.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 hörte die Beklagte nunmehr den Betriebsrat zu einer beabsichtigten verhaltensbedingten, hilfsweise krankheitsbedingten ordentlichen Kündigung des Klägers an und sprach mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 eine solche zum 31. Mai 2003 dann auch aus unter Freistellung des Klägers von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung ab 17. März 2003.

Der Kläger hat dagegen mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 23. Dezember 2002 Kündigungsschutzklage verbunden mit einem hilfsweise gestellten Weiterbeschäftigungsantrag erheben lassen, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 18. August 2004 wird Bezug genommen.

Mit der am 24. September 2004 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 26. August 2004 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seinen Kündigungsschutzantrag weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 24. November 2004 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, unter Bezugnahme auf das eingeholte medizinische Gutachten vom 2. April 2004 die Ansicht vertreten zu haben, dass der Kläger subjektiv aufgrund seines Gesundheitszustandes auf Dauer außer Stande sei, die geschuldete Arbeitsleistung im geschuldeten Umfang zu erbringen. Richtig ist zwar, dass der Kläger die Arbeit als Schleifereigehilfe nicht mehr ganztägig verrichten könne, der Grund dafür liege nach dem vom Erstgericht eingeholten Gutachten in seiner psychosomatischen Erkrankung.

Der Kläger habe jedoch erklärt, ohne in größerem Umfang zu erkranken, die Arbeit als Laborant in der Abteilung Qualitätssicherung wieder ausführen zu können. Die Beklagte sei dazu jedoch nicht bereit gewesen und sie habe den angesprochenen Ringtausch auch unter Hinweis auf den Widerspruch des Betriebsrats abgelehnt. Dem hält der Kläger entgegen, dass eine solche Umorganisation hinsichtlich des Personaleinsatzes die gegenüber einer krankheitsbedingten Kündigung mildere Maßnahme und deshalb geboten sei, wenn der Arbeitgeber einen leidensgerechten Arbeitsplatz durch Wahrnehmung seines Direktionsrechts freimachen könne. Er bleibe damit gegenüber dem bisherigen Arbeitsplatzinhaber im Rahmen der vertraglichen Abmachungen und greife nicht in dessen Rechtsposition ein. So liege der Fall auch hier: die "Versetzung" des Klägers im Jahre 2000 aus der Abteilung Qualitätskontrolle in die jetzige Abteilung Schleiferei sei ohne Mitwirkung des Betriebsrats erfolgt. Damit wird auch als der Beklagten zumutbar angesehen, den Kläger wieder bei der Qualitätskontrolle einzusetzen, da es sich hier unstreitig um eine körperlich leichte Arbeit handele. Der Kläger habe auch sofort nach seiner Versetzung in die Schleiferei gesundheitliche Bedenken angemeldet. Aus seiner Sicht hätte die Beklagte darauf Rücksicht nehmen müssen, spätestens nach Bekannt werden der gesundheitlichen Folgen seines Arbeitsunfalles.

Gegenüber den in der Qualitätssicherung verbliebenen Arbeitnehmern habe der Kläger schließlich auch eine sozial schutzwürdigere Stellung.

Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18.8.2004 wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.12.2002 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte lässt beantragen:

Zurückweisung der Berufung.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt sie entgegen.

Die Versetzung des Klägers von der Qualitätskontrolle in die Schleiferei im Jahr 2000 sei durchaus mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgt; der Beteiligungsantrag dazu datiere vom 23. Oktober 2000 (Blatt 105 der Akte).

Nötig sei diese Maßnahme gewesen, weil in der Schleiferei damals Bedarf an Fachpersonal (Papiermachern) bestanden habe und es zwischen Kläger und seinen Kollegen sowie Vorgesetzten während seiner Beschäftigung in der Qualitätssicherung zu erheblichen zwischenmenschlichen Spannungen gekommen war, die den Betriebsfrieden und damit auch den ordnungsgemäßen Betriebsablauf gestört hätten.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 24. November 2004 (Blatt 180 bis 184 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 23. Dezember 2004 (Blatt 187 bis 193 der Akte) mit Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Juni 2005 (Blatt 211 bis 213 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Rechtsunwirksamkeit der angegriffenen Kündigung festgestellt zu bekommen, muss erfolglos bleiben. Diese Kündigung ist auch nach Ansicht der Berufungskammer rechtlich nicht zu beanstanden. Zu diesem Ergebnis war bereits das Erstgericht gekommen. Seiner sorgfältigen und zutreffenden Begründung schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Wesentlich ist dabei die Feststellung, dass der Kläger wegen seines übersteigerten Schmerzempfindens jedenfalls subjektiv auf Dauer außer Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung im geschuldeten Umfang zu erbringen. Und da er das nach den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen selbst in Kenntnis des Gutachtens vor der arbeitsgerichtlichen Kammer am 28. Juli 2004 noch einmal ausdrücklich bestätigt hatte, muss er sich das nunmehr auch entgegenhalten lassen.

Zum Wechsel von der Abteilung Qualitätssicherung zur Abteilung Faserstoffe als Schleifereigehilfe Ende 2000 war der Betriebsrat nach Maßgabe von § 99 BetrVG (Versetzung und Umgruppierung) ordnungsgemäß angehört worden und Gleiches ist erforderlich gewesen beim vom Kläger vorgeschlagenen "Ringtausch" zur Vermeidung einer Kündigung. Nur hat der Betriebsrat hier seine Zustimmung verweigert und die Beklagte war - wie vom Erstgericht zutreffend gesehen - zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Absatz 4 BetrVG nicht verpflichtet (vergleiche auch BAG Urteil vom 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96).

Verbleibt es nach alledem bei der angefochtenen Entscheidung, hat der Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Absatz 1 ZPO).

Für eine Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück