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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 361/06
Rechtsgebiete: SGB IX, BetrVG, KSchG
Vorschriften:
SGB IX § 85 | |
BetrVG § 102 | |
KSchG § 1 | |
KSchG § 1 Abs. 2 |
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 28. März 2007
In dem Rechtsstreit
hat die Siebte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2007 durch die Vizepräsidentin Reuss sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Steinberg-Schmid und Bianco für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 03.02.2006 - 3 Ca 8610/05 - abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge trägt der Kläger.
4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung.
Der am 1. Juli 1952 geborene und ledige Kläger war seit dem 23. September 1985 bei der Beklagten als Tankwagenfahrer für Gefahrguttransporte mit der Auslieferung von tiefkalten, hochexposiven Gasen am Produktionsstandort G. im Fuhrpark U./L. beschäftigt. Bei der Beklagten arbeiten am Standort G. etwa 500 Arbeitnehmer, darunter insgesamt etwa 200 Fahrer, die sämtlich im Gefahrguttransport eingesetzt sind. Fuhrparkleiter ist seit Juli 1998 Herr R..
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finden die Bestimmungen der Tarifverträge für die chemische Industrie in Bayern Anwendung.
Der Monatsverdienst des Klägers belief sich auf durchschnittlich Euro 2.550,00 brutto.
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 70.
Der Einsatz der Tankwagenfahrer bei der Beklagten stellt sich wie folgt dar: Die Tankfahrzeuge werden von den Fahrern entsprechend den Vorgaben durch den Disponenten voll bzw. leer in L. nach Tourende abgestellt. Die Einsatzplanung für die Tankfahrer erfolgt durch den Disponenten, der diesen den Arbeitsbeginn und Tourenverlauf mitteilt. Ein entsprechender Tourenplan ist für jeden Fahrer einsehbar. Der Disponent erstellt für jeden Fahrer die erforderlichen Tourenpapiere, bestehend aus einer Tourenübersicht und einem Lieferschein für jeden der zu beliefernden Kunden. Diese Tourenpapiere werden in einem eigenen Fach je Fahrer, zu welchem nur der Fahrer persönlich Zugriff hat, deponiert. Aus diesen Unterlagen ist für den Fahrer der Tourablauf ersichtlich. Er kann somit die Liefertour beginnen, ohne nochmals persönlichen Kontakt mit dem Disponenten aufzunehmen.
Der Fahrer hat die Aufgabe, den in der Tourenübersicht vorgegebenen Tourablauf abzuarbeiten. Diese Vorgabe ist verbindlich und darf nur nach Rücksprache mit dem Disponenten verändert werden. Dies kann bedeuten, dass der Fahrer zunächst das Tankfahrzeug befüllen muss oder mit dem befüllten Fahrzeug sofort eine Kundenversorgung durchführt. Sofern das Fahrzeug befüllt ist, liegt im Führerhaus des Tankfahrzeuges das letzte Wiegeprotokoll der Befüllung und ein entsprechendes Abnahmeprüfzeugnis für die im Tank vorhandene Produktqualität. Anhand dieser Dokumente kann der Fahrer bei Übernahme des Fahrzeugs prüfen, ob das zulässige Gesamtgewicht den Vorschriften entspricht und ob im Vorratstank die für die Kundenversorgung benötigte Produktqualität vorhanden ist. Ist das Fahrzeug leer, so hat der Fahrer das Fahrzeug zunächst zu beladen. Die Beladung des Tankfahrzeugs wird gesteuert über das EDV-Programm "LZAV" (Linde Zentrale Abtankverwaltung). Dieses System wird mit Code-Karten gesteuert, welche für jeden Fahrer und jedes Tankfahrzeug ausgegeben sind. Dieses System dokumentiert den Ablauf der Fahrzeugbefüllung von der Einwiegung des Leerfahrzeuges über die Produktbefüllung/Qualitätskontrolle bis zur Verwiegung des Vollfahrzeuges. Erst nach korrektem Durchlauf der einzelnen Stationen und Bestätigung der Verfahrensabläufe erhält der Fahrer die Ausfahrtgenehmigung durch Öffnen der Schranke gemäß Dokumentnummer 17.04.01 des Fahrerhandbuchs. Entsprechend den Vorgaben des Fahrerhandbuchs hat jeder Kraftfahrer vor Beginn einer Liefertour eine "Abfahrtskontrolle" durchzuführen gemäß Formblatt Dokumentnummer 17.03.01 bis Dokumentnummer 17.03.03 des Fahrerhandbuchs. Für diese "Abfahrtskontrolle" wird durchschnittlich ein Zeitbedarf von 15 - 20 Minuten angesetzt.
Der Kläger war ausschließlich in der Spätschicht (Arbeitsbeginn zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr) eingesetzt. Er belieferte nur den Kunden M. in N..
Mit Schreiben vom 4. April 2000 (Bl. 238/239 d.A.) erhielt der Kläger eine Abmahnung, weil er sich am 27. März 2000 während des Betankens (von 4.45 Uhr bis 6.00 Uhr) in der Zeit von 5.09 Uhr bis 5.25 Uhr im Fahrzeug aufgehalten und Papiere sortiert habe, ohne den Betankungsvorgang zu beobachten. Dazu habe er bei der Fahrzeugkontrolle um 5.22 Uhr keinen Helm und keinen Gesichtsschutz getragen.
Eine weitere Abmahnung sprach die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2002 (Bl. 101/103 d.A.) aus, weil der Kläger am 25. November 2002 ohne die vorgeschriebene Sicherheitskleidung (Helm, Brille, Gehörschutz) um 22.15 Uhr die Betankung vorgenommen und beim Abtankungsvorgang laut Computerprotokoll LZAV in der Zeit von 22.05 Uhr bis 23.15 Uhr das Fahrzeug unbeaufsichtigt gelassen habe. Zudem wurde dem Kläger vorgeworfen, bei der Wiegekontrolle um 23.58 Uhr das Fahrzeuggewicht manipuliert zu haben - das Mindestgewicht von 40 t sei um 0,22 t überschritten gewesen.
Der Kläger bestritt diese Vorwürfe mit Anwaltschreiben vom 17. Januar 2003 (Bl. 76/78 d.A.). Auf dieses Schreiben und auf das Antwortschreiben der Beklagten vom 23. Januar 2003 (Bl. 81/82 d.A.) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22. Januar 2003 (Bl. 104/105 d.A.) wurde der Kläger erneut abgemahnt, weil er am 25. November 2002 auch bei Tourbeginn um 18.02 Uhr das Fahrzeuggewicht manipuliert habe: Er habe beim Wiegevorgang im Betrieb ein Gesamtgewicht von 38 280 kg erzielt, während bei der Eingangsverwiegung beim Kunden M. 40240 kg angezeigt worden seien.
Die Beklagte beantragte beim Integrationsamt mit Schreiben vom 25. August 2003 (Bl. 130/132 d.A.), nach Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 14. August 2003, die Zustimmung zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung zum 31. März 2004. Dabei stützte die Beklagte sich auf Vorfälle vom 6. August 2003: Der Kläger habe bei der Fahrt zum Kunden M. in N. einen Umweg über seine Wohnung in Ha. gemacht, um dort eine nicht genehmigte Pause einzulegen. Er habe in seinem Stundenzettel falsche Zeiten eingetragen und eine Stunde mehr aufgeschrieben als gearbeitet. Er habe keine Abfahrtskontrolle durchgeführt, sondern vorgefertigte fotokopierte Checklisten abgegeben. Dazu habe er keine Sicherheitskleidung getragen und während des Tankvorgangs Zeitung lesend auf dem Beifahrersitz des Tankfahrzeuges gesessen.
Am 4. November 2003 fand vor dem Integrationsamt eine Güteverhandlung statt, an der der Kläger und auch der Fuhrparkleiter R. teilgenommen hatten.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2004 lehnte das Integrationsamt den Antrag der Beklagten ab, wies aber darauf hin, dass die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber bald erreicht sei, wenn sich der Kläger nicht an die Sicherheitsvorschriften halte (Bl. 44/49 d.A.).
Mit Schreiben vom 25. Februar 2004 beantragte die Beklagte erneut die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung zum 15. März 2004 und vorsorglich zur ordentlichen Kündigung des Klägers. Dabei stützte sich die Beklagte auf Vorgänge am 11. und 12. Februar 2004, die von dem Fuhrparkleiter R. beobachtet worden seien: Der Kläger habe weder am 11. Februar 2004 noch am 12. Februar 2004 eine Abfahrtskontrolle durchgeführt, obwohl er die Checkliste ausgefüllt abgegeben habe. Der Kläger habe beim Abtankvorgang bei der Firma M. um 15.09 Uhr den Schutzhelm nicht getragen und nach Beendigung des Abtankvorgangs in der Zeit von 15.49 Uhr bis 16.31 Uhr im Fahrzeug gesessen, ohne diese Zeit als Pause in seinen Unterlagen einzutragen. Am 12. Februar 2004 habe der Kläger wiederum seinen Schutzhelm nicht getragen.
Der Betriebsrat war zu dieser beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 40/43 d.A.) angehört worden.
Das Integrationsamt lehnte den Antrag der Beklagten auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers ab. Über den von der Beklagten gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2004 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt nunmehr die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung, gestützt auf die dem Kläger bisher angelasteten Pflichtwidrigkeiten. Diesem Antrag stimmte das Integrationsamt mit Bescheid vom 4. Mai 2005 (Bl. 6/11 d.A.) zu. Eine Entscheidung über den vom Kläger gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch vom 31. Mai 2005 (Bl. 16/17 d.A.) liegt bisher nicht vor.
Der Kläger ist seit dem 1. April 2004 unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2005, das der Kläger am 3. Juni 2005 erhalten hat, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2005. Der Betriebsrat war zu dieser Kündigung mit Schreiben vom 24. Mai 2005 (Bl. 50/52 d.A.) angehört worden.
Mit der vorliegenden Klage vom 13. Juni 2005 wendet sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.
Er bestreitet die ihm angelasteten Pflichtwidrigkeiten. Er macht geltend, die Sicherheitsvorschriften stets eingehalten zu haben. Richtig sei lediglich, dass er hin und wieder den Schutzhelm nicht getragen habe, zumal dieser unter die Kapuze seiner Dienstjacke nicht gepasst habe. Er habe die Abfahrtskontrolle stets ordnungsgemäß durchgeführt, besonders auch am 11. und 12. Februar 2004, was sich zum einen daraus ergebe, dass er an beiden Tagen einen Mängelbericht (Bl. 18/19 d.A.) ausgefüllt und abgeliefert habe. Auch der Arbeitskollege Z. könne bezeugen, dass er am 11. Februar 2004 eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt habe. Er habe auch immer das Fahrzeug während der Be- und Abtankungsvorgänge unter Kontrolle gehabt und sich allenfalls vom Fahrzeug entfernt, wenn diese Vorgänge noch nicht begonnen hätten oder beendet gewesen seien. Er habe seine Arbeitszeiten stets korrekt aufgeschrieben und auch die Wiegevorgänge zu keinem Zeitpunkt manipuliert, was technisch gar nicht möglich sei. Die Vorwürfe beruhten allein auf den Angaben des Fuhrparkleiters R. und seien in dessen persönliche Abneigung ihm gegenüber begründet. Zuvor habe es niemals Beanstandungen gegeben.
Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe nach Maßgabe des ihm ausgehändigten Fahrerhandbuchs die verschiedenen Sicherheitsvorschriften zu beachten. So müsse er während des gesamten Be- und Abtankungsvorganges das Fahrzeug beaufsichtigten und die vorgeschriebene Schutzkleidung (Helm, Brille, Gehörschutz) tragen. Er sei verpflichtet, bei Tourbeginn eine Abfahrtskontrolle des Fahrzeugs durchzuführen, was in etwa 15 bis 20 Minuten in Anspruch nehme. Der Kläger habe trotz der eindringlichen Ermahnungen im Verfahren vor dem Integrationsamt am 11. und 12. Februar 2004 die erforderliche Abfahrtskontrollen nicht durchgeführt. Der Kläger habe das vorgeschriebene Höchstgewicht für das Tankfahrzeug von 40 t, das er strikt einzuhalten habe, manipuliert und seine Arbeitszeit nicht korrekt aufgeschrieben. Der Kläger sei im Gefahrguttransport eingesetzt und transportiere hochexplosive Gase. Sie, die Beklagte, müsse daher im besonderen Maße auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften achten. Einen unzuverlässigen Fahrer könne sie nicht beschäftigen. Es gehöre zu den Aufgaben des Fuhrparkleiters, die Einhaltung der Bestimmungen zu überprüfen. Mit einer persönlichen Abneigung gegenüber dem Kläger habe dies nichts zu tun. Da alle Fahrer im Gefahrguttransport beschäftigt seien, komme auch eine Umsetzung des Klägers nicht in Betracht.
Auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien in der ersten Instanz wird ergänzend verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 3. Februar 2006 dem Klagebegehren entsprochen und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 2. Juni 2005 nicht beendet worden ist, sondern über den 31. Dezember 2005 hinaus fortbesteht.
Das Arbeitsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob der Kläger die einzelnen, von der Beklagten behaupteten Verfehlungen begangen habe. Denn unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände und Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien sei der Beklagten noch zuzumuten, vor Ausspruch einer Kündigung dem Kläger insbesondere im Hinblick auf die beanstandeten Abfahrtskontrollen, eine konkrete Abmahnung zu erteilen. Dabei hat das Arbeitsgericht den Verstoß des Klägers gegen die Helmtragepflicht als geringe Pflichtwidrigkeit, den Verstoß gegen die Durchführung einer Abfahrtskontrolle zwar als durchaus wesentlich erachtet, aber vorliegend eine vorherige eindeutige Abmahnung vermisst. Der Hinweis des Integrationsamtes im Bescheid vom 4. Mai 2005 sei wegen der Arbeitsfreistellung des Klägers seit dem 1. April 2004 nicht mehr als Warnung und Abmahnung zu bewerten.
Das Urteil wurde der Beklagten am 24. Februar 2006 zugestellt.
Mit ihrer am 21. März 2006 eingereichten und am 24. April 2006 begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Berufung bittet.
Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe zu wenig berücksichtigt, dass der Kläger wegen Nichteinhaltung von Schutzvorschriften bei Be- und Abtankungsvorgängen mit Schreiben vom 17. Dezember 2002 deutlich abgemahnt und im Verfahren vor dem Integrationsamt, insbesondere auch in dem durchgeführten Gütetermin am 4. November 2003 ausführlich die Problematik der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften diskutiert worden sei. Das Integrationsamt sei von der Einsichtfähigkeit des Klägers ersichtlich beeindruckt gewesen und habe daher den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung (noch) abgewiesen. Dennoch habe der Kläger anschließend erneut gegen Sicherheitsbestimmungen verstoßen. Dem Kläger sei im Verfahren vor dem Integrationsamt auch deutlich vor Augen geführt worden, dass die strikte Einhaltung der ordnungsgemäß durchgeführten Abfahrtskontrolle verlangt werde, dass der Kläger sich an das Tragen von Sicherheitskleidung halten müsse und ein Verstoß gegen diese Vorschriften mit einer Kündigung geahndet werden würde.
Der Kläger ist demgegenüber der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend die Kündigung für sozialwidrig erachtet, und sich der Argumentation des Arbeitsgerichts angeschlossen. Der Kläger bezeichnet sich selbst als einen zuverlässigen Mitarbeiter, der in 33 Jahren seiner Tätigkeit als Kraftfahrer noch nie polizeilich aufgefallen sei. Der Kläger bestreitet nach wie vor die ihm angelasteten von der Beklagten behaupteten Pflichtverletzungen und gibt lediglich zu, ab und zu die Helmtragepflicht nicht beachtet zu haben.
Auf das weitere Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz wird ergänzend Bezug genommen.
Die Berufungskammer hat den Arbeitskollegen Z. und den Fuhrparkleiter R. in den Terminen vom 17. Januar 2007 und 28. Februar 2007 (Bl. 298/307 und Bl. 308/313 d.A.) als Zeugen einvernommen. Auf die Sitzungsniederschriften wird ebenfalls Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung ist begründet.
Sie führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Denn die Berufungskammer kommt nach Einvernahme der Zeugen Z. und R. unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände und Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass die ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 2. Juni 2005 aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2005 beendet hat.
II.
Hierfür sind folgende Feststellungen und Bewertungen maßgeblich:
1. Der Kläger ist schwer behindert. Eine Kündigung bedurfte daher der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes gemäß § 85 SGB IX. Das Integrationsamt hat der Kündigung mit Bescheid vom 4. Mai 2005 zugestimmt (§ 88 SGB IX). Die Beklagte hat die Kündigung innerhalb der Monatsfrist (§ 88 Abs. 3 SGB IX) erklärt und die tarifliche Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2005 eingehalten. Dass der Kläger gegen den Zustimmungsbescheid Widerspruch eingelegt hat und über diesen noch nicht entschieden ist, steht einer Entscheidung in diesem Rechtsstreit nicht entgegen.
2. Die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG ist ordnungsgemäß erfolgt. Darüber streiten die Parteien in der Berufungsinstanz nicht mehr.
3. Die Beklagte stützt die Kündigung auf verhaltensbedingte Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.
Sie wirft dem Kläger vor, dieser habe trotz mehrfacher schriftlicher Abmahnungen und einer versuchten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit durchgeführtem, wenn auch erfolglosem Zustimmungsverfahren und ausführlicher Erörterung des klägerischen Verhaltens im Gütetermin vom 4. November 2003 vor dem Integrationsamt erneut im Februar 2004, vor seiner Arbeitsfreistellung, Sicherheitsvorschriften missachtet.
a) Ein die Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertigender Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht - schuldhaft - verletzt, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien billigenswert und angemessen erscheinen (vgl. hierzu für viele: BAG v. 24. Juni 2004 - AP Nr. 49 zu § 1 KSchG 1969 "Verhaltensbedingte Kündigung" mit weiteren Nachweisen).
Bei Pflichtwidrigkeiten im Leistungs- und Verhaltensbereich muss grundsätzlich eine Abmahnung vorausgehen, ehe sie zum Anlass einer Kündigung genommen werden können (Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, 7. Aufl., Rz. 47 230 BGB § 626; BAG v. 07.02.1994, NZA 1994, 656). Auch eine frühere, unwirksame Kündigung erfüllt die Funktion einer Abmahnung jedenfalls dann, wenn der Kündigungssachverhalt feststeht und die Kündigung aus anderen Gründen für unwirksam erachtet worden ist (BAG v. 31.08.1989 - AP Nr. 23 zu § 1 KSchG 1969 "Verhaltensbedingte Kündigung"). Das gilt auch dann, wenn - wie vorliegend - eine Kündigung versucht worden ist, aber wegen Versagung der Zustimmung durch das Integrationsamt nicht ausgesprochen wurde.
b) Die vom Kläger einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften bei Ausübung seiner Tätigkeit als Kraftfahrer im Gefahrguttransport für tiefkalte hochexplosive Gase sind im Fahrerhandbuch im Einzelnen geregelt. Die strikte Einhaltung dieser Vorschriften wird in Dienstbesprechungen immer wieder thematisiert. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass von den etwa 200 im Gefahrguttraansport eingesetzten Kraftfahrern verlangt werde, im Hinblick auf das hohe Gefahrenpotenzial für den Arbeitnehmer selbst, Dritte, eigene und fremde Sachgüter sowie die Umwelt, diese Bestimmungen uneingeschränkt einzuhalten. Das Fahrerhandbuch wird den Fahrern im Gefahrguttransport, so auch dem Kläger, ausgehändigt.
Das Fahrerhandbuch enthält unter anderem Hinweise auf gesetzliche Vorschriften (siehe hierzu Bl. 220/222 d.A.), das Vorgehen beim Befüllen von Tankanlagen (Bl. 84 d.A.) sowie eine Checkliste Abfahrtskontrolle für L.-Tankfahrzeug (Bl. 83 d.A.).
In dieser Checkliste Abfahrtskontrolle sind die, vom Fahrer bei Übernahme des Fahrzeugs vor Beginn der Tour zu überprüfenden Positionen im Einzelnen aufgeführt. Der Fahrer hat die Überprüfung durch Ankreuzen zu bestätigen und die Liste, versehen mit seinem Namen, Fahrzeugkennzeichen, Datum und seiner Unterschrift, abzugeben. Diese Kontrolle nimmt etwa 15 - 20 Minuten in Anspruch.
c) Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe am 11. und 12. Februar 2004 eine solche Abfahrtskontrolle nicht durchgeführt, obwohl er dieses durch Abgabe der ausgefüllten und unterzeichneten Checkliste mit dem Vermerk "Sichtprüfung" (siehe hierzu Bl. 251 u. 252 d.A.) und auch auf Nachfrage durch den Fuhrparkleiter R. bestätigt habe. Der Kläger bestreitet diesen Vorwurf und beruft sich hierzu auf den Arbeitskollegen Z., von dem er das Fahrzeug am 11. Februar 2004 übernommen hat, und die von ihm am 11. und auch am 12. Februar 2004 abgegebenen Mängelberichte (Bl. 253 und 254 d.A.).
Die Berufungskammer hat zum einen den Arbeitskollegen Z. und zum anderen den Fuhrparkleiter R., der den Kläger an beiden Tagen beobachtet hat, als Zeugen einvernommen.
aa) Der Zeuge R., der seit Juli 1998 die Funktion als Fuhrparkleiter am Produktionsstandort G. inne hat, hat seine Beobachtungen am 11. und 12. Februar 2004 präzise geschildert. Der Zeuge hat die Erforderlichkeit dieser Beobachtungen damit erklärt, nach dem eindringlich geführten Gespräch im Gütetermin vor dem Integrationsamt am 4. November 2003 im Zustimmungsverfahren zu einer von der Beklagten beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers wegen Verletzung von Sicherheitsvorschriften, im Hinblick auf die Beteuerungen des Klägers, zukünftig die Sicherheitsbestimmungen zu beachten, insbesondere auch ordnungsgemäße Abfahrtskontrollen vorzunehmen, habe er überprüfen wollen, ob der Kläger sich entsprechend seiner Zusicherungen tatsächlich an die Sicherheitsbestimmungen halten werde. Die Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und Vorgaben bei der Durchführung der Abfahrtskontrolle durch den Kläger hätten im damaligen Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt eine entscheidende Rolle gespielt. Der Kläger habe das Integrationsamt von der Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen überzeugen können, mit der Konsequenz, dass der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung abgelehnt worden sei (was durch den Bescheid vom 4. Mai 2004 auch bestätigt wird). Daher habe er an diesen beiden Tagen den Kläger, insbesondere bei der Übernahme des Fahrzeugs, gezielt beobachtet und seine Beobachtungen unter genauer Zeitangabe aufgezeichnet.
bb) Der Zeuge R. hat bei seiner Einvernahme diese Beobachtungen präzise und mit genauen zeitlichen Feststellungen, in Übereinstimmung mit den vorgelegten Tachoscheiben, geschildert: Der Mitarbeiter Z. sei um 14.18 Uhr in U./L. mit dem Tankwagen eingefahren. Um 14.20 Uhr sei der Kläger auf der Beifahrerseite in das Fahrzeug eingestiegen. Um 14.26 Uhr seien sowohl der Mitarbeiter Z. als auch der Kläger aus dem Fahrzeug ausgestiegen. Der Kläger sei vorne um das Fahrzeug herum gegangen, habe auf den Fahrersitz Platz genommen und sei losgefahren. Eine Abfahrtskontrolle, wie vorgeschrieben, die zwischen 15 und 20 Minuten beanspruche und bei der der Fahrer um das gesamte Fahrzeug herum gehen müsse, könne nach diesen Beobachtungen gar nicht durchgeführt worden sein. Nach den Angaben der Beklagten, basierend auf den vorgelegten Tachoscheiben, hat der Mitarbeiter Z. das Fahrzeug um 14.32 Uhr abgestellt und der Kläger um 14.36 Uhr die Fahrt begonnen (siehe hierzu Bl. 259 und 261 d.A.). Damit werden die zeitlichen Abläufe, wie vom Zeugen R. beobachtet, im Wesentlichen bestätigt.
cc) Die Aussage des Zeugen Z. war dagegen nicht geeignet, die Angaben des Zeugen R. zu widerlegen. Nach der Erinnerung des Zeugen Z. ist der Kläger zu ihm in das Fahrzeug gestiegen. Er habe sein Tachoblatt ausgefüllt und dem Zeugen übergeben und sei wieder aus dem Fahrzeug ausgestiegen, wobei der Zeuge im rechten Spiegel gesehen haben will, dass der Kläger nach rechts, somit zum hinteren Teil des Fahrzeugs, gegangen sei. Er selbst habe noch seine Papiere fertig gemacht, die Tachoscheiben gewechselt und sei ins Büro gegangen, wo er sich fünf bis sieben Minuten aufgehalten habe. Nach der Schätzung des Zeugen Z. hätten zehn bis zwölf Minuten für eine Fahrzeugkontrolle zur Verfügung gestanden. Der Zeuge konnte aber nicht sagen, ob der Kläger eine solche durchgeführt habe. Auf Vorhalt dieser Angaben ist der Zeuge R. ohne jede Irritation bei seiner Schilderung geblieben, dass der Kläger lediglich auf die Fahrerseite gewechselt und anschließend sogleich losgefahren sei.
dd) Die Berufungskammer sieht keinen Anlass, wegen der Aussage des Zeugen Z. an der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Zeugen R., der den Eindruck eines sachkundigen und genauen Beobachters machte und der angab, dass es ihm sogar unangenehm gewesen sei, so vorgehen zu müssen, um sich von der Verlässlichkeit des Klägers bei der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen zu überzeugen, zu zweifeln. Im Gegensatz zu dem Zeugen Z., der keinerlei Veranlassung hatte, auf das Verhalten des Klägers besonders zu achten, hat der Zeuge R. den Kläger gezielt auf die Einhaltung der Vorschriften zur Abfahrtskontrolle beobachtet und seine Beobachtungen in Notizen festgehalten. Zudem schien der Zeuge Z. bemüht, die Vorgänge und zeitlichen Abfolgen so zu beschreiben, dass die Möglichkeit einer Abfahrtskontrolle durch den Kläger nicht auszuschließen war. Der Zeuge Z. musste aber auch zugeben, dass er nicht sagen könne, ob der Kläger eine Abfahrtskontrolle durchgeführt habe. Der Zeuge Z. wollte nach Ansicht der Berufungskammer dem Kläger mit seiner Aussage ersichtlich nicht schaden.
ee) Entgegen der Ansicht des Klägers wird die Aussage des Zeugen R. zur unterbliebenen Abfahrtskontrolle auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger am 11. Februar 2004 einen Mängelbericht "Messgerät defekt (zählt nicht immer)" abgegeben hat. Auf den Hinweis der Beklagten, dass ein solcher Defekt bei einer Abfahrtskontrolle gar nicht festgestellt werden könne, hat sich der Kläger auf einen vorgefundenen Zettel seines Arbeitskollegen Z. berufen und schließlich darauf abgestellt, dass der Zettel an der Messstrecke befestigt gewesen sei. Das wiederum konnte der Zeuge Z. nicht bestätigen, auch wenn er meinte, es sei möglich, dass er einen solchen Zettel hinterlassen habe. Aus diesem Mängelbericht ergibt sich aber nur, dass der Kläger selbst anlässlich einer Abfahrtskontrolle einen solchen Defekt nicht festgestellt haben konnte und dass er sich für seinen Mängelbericht auf die Angaben seines Arbeitskollegen lediglich bezogen hat. Auch wenn der Zeuge Z. einen Zettel mit entsprechenden Hinweis hinterlassen haben sollte - ohne weisungswidrig den Fehler selbst gemeldet zu haben -, steht damit keineswegs fest, dass der Zettel an der Messstrecke befestigt gewesen war und dass der Kläger diesen bei der Abfahrtskontrolle bei der Überprüfung "Transporttank voll/leer" und nicht zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt haben musste. Die Berufungskammer wertet diesen Hinweis auf den Mängelbericht, den der Kläger im Übrigen jeweils nach den Angaben der Beklagten "angepasst" hat, lediglich als Schutzbehauptung. Nachdem der Zeuge Z. dem Kläger das Fahrzeug mit dem Hinweis, es sei alles in Ordnung, übergeben hatte, spricht auch dieser Umstand dafür, dass der Kläger sich auf diese Angaben verlassen und eine Fahrzeugkontrolle gar nicht durchgeführt hat. Die Kammer sieht daher keinen Anlass, die Richtigkeit der Angaben des Zeugen R. aufgrund seiner genauen und gezielten Beobachtungen in Zweifel zu ziehen. Da der Zeuge R. als Fuhrparkleiter, insbesondere nach dem Gütetermin beim Integrationsamt, hinreichenden sachlich begründeten Anlass hatte, das Verhalten des Klägers in Bezug auf die Beachtung der Sicherheitsvorschriften zu kontrollieren, erscheint die Vermutung des Klägers, der Zeuge R. habe sich schikanös verhalten und seine Beobachtungen beruhten auf einer subjektiven Abneigung ihm gegenüber, abwegig.
ff) Ebenso präzise und eindeutig hat der Zeuge R. das Verhalten des Klägers am 12. Februar 2004 bei Übernahme des Fahrzeugs beobachtet und geschildert. Auch für diese Beobachtungen hatte der Zeuge aufgrund seiner Feststellungen vom Vortag sachlich berechtigte Gründe. Der Zeuge R. hat angegeben, dass ein Mitarbeiter des Reparaturbetriebes das Fahrzeug (wegen der Beanstandungen des Klägers vom Vortag) um 13.54 Uhr aus der Werkstatt gebracht habe. Der Kläger sei um 13.55 Uhr aus dem Verwaltungsgebäude gekommen, habe sich mit dem Mitarbeiter unterhalten. Dieser habe auf dem Beifahrersitz gesessen. Der Kläger habe auf dem Fahrersitz Platz genommen. Nachdem der Mitarbeiter das Fahrzeug verlassen habe, sei der Kläger um 13.59 aus dem Hof gefahren. Eine Abfahrtskontrolle habe nicht stattgefunden. Diese Schilderungen des Zeugen werden wiederum durch die vorgelegten Tachoscheiben im Wesentlichen bestätigt. Auch an diesem Tag hat der Kläger die Durchführung einer Abfahrtskontrolle durch Abgabe der ausgefüllten, unterzeichneten Checkliste und auf Nachfrage des Zeugen R. bestätigt.
gg) Die Berufungskammer sieht die detaillierte und überzeugende Darstellung des Zeugen R. durch den vom Kläger abgegebenen Mängelbericht von diesem Tage "ÖlVerlust bei H. T. in der Werkstatt bemerkt. H. Hi. bemerkt" in ihrer Glaubhaftigkeit nicht als erschüttert an. Denn ganz ersichtlich beziehen sich diese Angaben nicht auf eigene Wahrnehmungen anlässlich einer Abfahrtskontrolle "Undichtigkeiten: Öl, Wasser, Diesel ...", sondern auf Angaben des Werkstattmitarbeiters. Daher ist dieser Mängelbericht des Klägers vom 12. Februar 2004 gerade nicht geeignet, die Durchführung einer Abfahrtskontrolle zu belegen und die Darstellung des Zeugen R. in Frage zu stellen. Dies umso mehr, als das Fahrzeug nach einer Überprüfung aus der Werkstatt kam, und demzufolge der Kläger angenommen haben mochte, es sei alles in Ordnung.
d) Der Zeuge R. hat des Weiteren bestätigt, dass der Kläger am 11. Februar 2004 während des Abtankvorgangs bei der Firma M. in N. keinen Schutzhelm getragen habe, was vom Kläger auch nicht in Frage gestellt und von ihm damit erklärt wird, er habe wegen des Nieselregens die Kapuze seiner Dienstjacke über den Kopf gezogen, unter dieser Kapuze habe der Sicherheitshelm keinen Platz. Auch das Tragen von Sicherheitshelmen während des Abtankungsvorgangs gehört zu den Pflichten des Klägers, die dieser nicht beliebig, auch nicht bei schlechter Witterung, außer Acht lassen kann.
e) Am 11. Februar 2004 war der Zeuge R. dem Kläger gezielt zum Kunden M. gefolgt, um den Kläger, nach den Beobachtungen bei der Fahrzeugübernahme, bei seiner weiteren Arbeit zu beobachten und zu überprüfen, ob der Kläger die Sicherheitsvorschriften im Übrigen einhält. Hierzu hat der Zeuge angegeben, dass er den Kläger während des Abtankungsvorgangs in der Zeit von 15.20 Uhr bis 15.30 Uhr nicht am Fahrzeug gesehen habe, obwohl der Kläger verpflichtet gewesen sei, während dieser Zeit sich am rückwärtigen Fahrzeug oder an der Tankanlage des Kunden aufzuhalten. Der Zeuge konnte allerdings insoweit nicht ausschließen, dass sich der Kläger auf der rückwärtigen Fahrerseite, die der Zeuge von seinem Standort aus nicht einsehen konnte, aufgehalten haben könnte. Der Zeuge meinte allerdings, von dort aus, wo sich der Kläger aufgehalten haben könnte, habe er zwar die Tankanlage des Kunden, nicht aber die Rückseite des Fahrzeugs beobachten können. Die Parteien haben zur örtlichen Situation beim Kunden M., zum Standort des Fahrzeugs und zum Beobachtungsplatz des Zeugen Pläne und eine Fotographie vorgelegt. Daraus lässt sich zwar entnehmen, dass der Zeuge R. von seinem Beobachtungsstandpunkt aus das Fahrzeug des Klägers sehen, aber nicht mit letzter Sicherheit feststellen konnte, wo sich der Kläger tatsächlich beim Abtankungsvorgang aufgehalten hatte und ob er seiner Kontrollpflicht nachgekommen ist.
Der Zeuge R. hat noch angegeben, er habe beobachtet, dass der Kläger nach dem Abtankungsvorgang in der Zeit von 15.49 Uhr bis 16.31 Uhr im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz gesessen habe, ohne diese Zeit als Pausenzeit in seinem Stundenverteilungszettel zu vermerken - der Kläger habe als Ende des Abtankungsvorgangs 16.35 Uhr eingetragen.
f) Entgegen der Ansicht des Klägers geht die Berufungskammer davon aus, dass die gezielten Beobachtungen durch den Zeugen R. einer sachlich gerechtfertigten Überprüfung der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen durch den Kläger dienten und daher auch nicht als schikanöses Verhalten abgewertet werden können. Der Kläger stand im Verdacht, die vorgeschriebenen Sicherheitsbestimmungen, insbesondere das Tragen von Sicherheitskleidung oder die Durchführung einer Abfahrtskontrolle nicht ernst zu nehmen. Dem Kläger waren wegen dieses Verhaltens in der Vergangenheit bereits Abmahnungen erteilt worden. Zuletzt war ein Verfahren vor dem Integrationsamt wegen einer beabsichtigten Kündigung des Klägers ergebnislos durchgeführt worden, weil der Kläger überzeugend versprochen hatte, sich künftig an die Sicherheitsbestimmungen und Vorschriften halten zu wollen. Insoweit erscheint es durchaus berechtigt, wenn sich der Fuhrparkleiter über die Arbeitsweise des Klägers ein Bild machen wollte und den Kläger demzufolge gezielt beobachtete. Dieses planmäßige Vorgehen des Zeugen beeinträchtigt dessen Glaubwürdigkeit in keiner Weise, vielmehr ist darauf abzustellen, dass die gezielten Beobachtungen gerade für eine korrekte Wiedergabe des Gesehenen sprechen. Insoweit ist zu bedenken, dass die Transportfahrer - wie der Kläger - bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im Wesentlichen auf sich gestellt und keiner Kontrolle unterzogen sind. Die Beklagte muss sich daher auf die zuverlässige Beachtung der vorgegebenen Sicherheitsbestimmungen verlassen können. Sofern hieran Zweifel bestehen, kann eine Überprüfung nur durch eine bewusste Kontrolle erfolgen.
g) Damit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Kläger am 11. und am 12. Februar 2004 eine Abfahrtskontrolle nicht durchgeführt hat, obwohl er die ausgefüllten Checklisten abgeben hatte. Es steht ferner fest, dass der Kläger -wegen des schlechten Wetters - seinen Schutzhelm beim Abtankungsvorgang entgegen der Anordnung nicht getragen und bei seinen Arbeitszeitaufzeichnungen eine halbstündige arbeitsfreie Zeit nicht als Pausenzeit vermerkt hat.
4. Der Kläger war wegen Nichteinhaltung von Sicherheitsbestimmungen, insbesondere das Tragen der Sicherheitsausrüstung, wegen seiner Zeitaufschreibungen und wegen unkorrekter Durchführung von Abfahrtskontrollen ausreichend vor- und abgemahnt worden.
a) Der Kläger hatte am 4. April 2000 eine Abmahnung erhalten, weil er nach den Feststellungen des Fuhrparkleiters R. am 27. März 2000 - anlässlich einer Überprüfung der Tankwagenfahrer - beim Betanken des Fahrzeugs in der Zeit von 5.09 Uhr bis 5.25 Uhr im Führerhaus seines Fahrzeugs auf dem Beifahrersitz gesessen und Papiere geordnet, bei einer anschließenden Kontrolle weder einen Helm noch einen Gesichtsschutz getragen und damit gegen die Pflichten aus dem Fahrerhandbuch verstoßen habe. Diese Beobachtungen wurden durch den Zeugen R. bei seiner Einvernahme vor dem Berufungsgericht bestätigt. Da der Zeuge sich über seine Beobachtungen jeweils Notizen gemacht hatte und auch zum damaligen Zeitpunkt die Kontrolle bewusst durchgeführt worden war, hält die Berufungskammer eine Bestätigung dieser Beobachtungen durch den Zeugen bei seiner Einvernahme trotz des langen Zeitablaufs für glaubhaft. Damit war der Kläger bereits im Jahre 2000 wegen Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften nach dem Fahrerhandbuch aufgefallen und abgemahnt worden. Dem Kläger war aufgrund dieser Abmahnung bereits klar vor Augen geführt worden, dass die Beklagte die Nichtbeachtung ihrer Anweisungen nicht hinnehmen würde.
b) Eine weitere schriftliche Abmahnung hat der Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2002 erhalten. Diese Abmahnung bezieht sich, wie die Abmahnung vom 22. Januar 2003, auf Vorgänge am 25. November 2002: An diesem Tag habe der Zeuge R. beobachtet, dass der Kläger beim Betanken des Fahrzeugs gegen 23.00 Uhr nicht die vorgeschriebene Schutzkleidung getragen habe (Helm, Brille, Gehörschutz). Ferner wurde gerügt, dass der Kläger sich während des Betankungsvorgangs im Bürogebäude einen Kaffee geholt habe, obwohl während dieses Vorgangs die Anwesenheitspflicht am Fahrzeug besteht und das Fahrzeug nicht unbeaufsichtigt bleiben darf. Schließlich wurde beanstandet, dass der Kläger den Wiegevorgang gegen 24.00 Uhr manipuliert habe.
Diesen letzteren Vorwurf hat der Zeuge R. bei seiner Einvernahme wie folgt bestätigt: Der Kläger sei mit dem Fahrzeug ordnungsgemäß auf die Waage gefahren. Er habe jedoch kein Wiegeprotokoll erhalten, was darauf schließen lasse, dass das Fahrzeug überladen gewesen sei. Das ist dann der Fall, wenn das zulässige Gesamtgewicht von 40 t bzw. 40000 kg überschritten wird. Der Zeuge R. hat geschildert, dass der Kläger erneut auf die Waage, nunmehr gezielt mit dem linken Vorderrad der Zugmaschine auf den Waagenrand gefahren sei. Dass es sich dabei um ein beabsichtigtes Vorgehen gehandelt habe, hat der Zeuge damit begründet, dass er beobachtet habe, wie der Kläger aus dem Fahrzeug herausgeschaut und das Auffahren auf den Waagenrand genau beobachtet habe. Nachdem auch bei diesem Versuch ein Wiegeprotokoll nicht erstellt worden sei, habe der Kläger ein drittes Mal das Fahrzeug auf die Waage und noch weiter mit dem linken Vorderrad auf den Waagenrand gefahren und bei diesem Versuch schließlich ein Wiegeprotokoll erhalten. Die Fahrer können ohne Wiegeprotokoll das Betriebsgelände nicht verlassen. Sie sind nach dem Fahrerhandbuch verpflichtet, das zulässige Gesamtgewicht von 40 t einzuhalten. Bei Überschreitung dieses Gewichts muss abgetankt werden. Der Zeuge R. hat nach seinen Bekundungen den Kläger nach diesem Wiegevorgang direkt angesprochen und ihm eine Manipulation vorgehalten. Bei einer gemeinsamen Verwiegung des Fahrzeugs habe die Anzeige ergeben, dass das Gesamtgewicht des Fahrzeugs 40,22 t betragen habe und somit ein Abtankungsvorgang hätte durchgeführt werden müssen.
Die Berufungskammer hält die Schilderung des Zeugen zu diesem Wiegevorgang ebenfalls für zutreffend und glaubhaft und wertet das Vorgehen des Klägers als eine gezielte Manipulation der Waage, um sich ein Abtanken und ein erneutes Verwiegen des Fahrzeugs zu ersparen. Der Zeuge hat mit nachvollziehbaren Gründen geschildert, dass die Behauptung des Klägers, die Waage sei defekt gewesen, nicht zutreffen könne. Der Kläger habe gewusst, dass er bei Gewichtsüberschreitung ein Wiegeprotokoll nicht erhalten würde und dass es ihm darum gegangen sei, im Bewusstsein der Gewichtsüberschreitung gleichwohl ein Wiegeprotokoll, das ihm die Ausfahrt mit dem Fahrzeug ermöglichte, zu bekommen. Dass der Kläger einer aus seiner Sicht geringfügigen Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts keine besondere Bedeutung beigemessen hat, haben auch seine Einlassungen in diesem Verfahren ergeben. Der Kläger hat sich insoweit vor allem darauf berufen, dass die Polizei eine derartige Gewichtsüberschreitung von 0,22 t nicht geahndet hätte. Darauf kommt es aber gerade nicht an. Es ist Sache der Beklagten, die Sicherheitsstandards, die sie eingehalten wissen will, festzulegen und deren Missachtung zu sanktionieren. Darauf ist der Kläger in der Abmahnung auch eindringlich hingewiesen worden. Gleichwohl ist der Kläger nach wie vor der Meinung, die Anforderungen der Beklagten insoweit seien überzogen.
Ob der Kläger an diesem Tag die Helmtragepflicht verletzt und sich während des Betankungsvorgangs vom Fahrzeug entfernt hat, mag dahinstehen. Jedenfalls ist der Kläger durch diese Abmahnung deutlich darauf hingewiesen worden, dass die Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen strikt verlangt und dass deren Missachtung Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses haben werde.
Insoweit der Kläger, wie in der Abmahnung vom 22. Januar 2003 von der Beklagten beanstandet worden ist, bereits bei Tourbeginn eine Manipulation der Waage durchgeführt haben könnte, was der Zeuge R. anhand der Arbeitsunterlagen des Klägers bei einer Überprüfung am 9. Dezember 2002 festgestellt hat (Fahrzeuggewicht bei Tourbeginn im Betrieb 38,28 t und einer Verwiegung beim Kunden M. 40,24 t) brauchte nicht weiter vertieft zu werden. Es sei lediglich der Hinweis erlaubt, dass es hierbei wiederum um den Vorwurf ging, der Kläger habe das Fahrzeuggewicht bewusst manipuliert, um einen lästigen Abtankungsvorgang und eine erneute Verwiegung zu vermeiden, und damit in Kauf genommen, die Tour unter Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts von 40 t zu fahren. Der Zeuge R. hat klargestellt, dass die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Gesamtgewichts von der Beklagten strikt verlangt werde und Verstöße hiergegen streng geahndet würden. Das Verhalten der Polizei spiele dabei keine Rolle. Gleichwohl ist der Kläger, obwohl er als Fahrer im Gefahrguttransport von hochexplosiven Gasen in Bezug auf seine besondere Verantwortung sensibilisiert sein müsste, nach wie vor der Auffassung, dass es sich bei der ihm angelasteten Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts um eine Geringfügigkeit handle.
c) Anlass für die beabsichtigte außerordentliche und vorsorglich ordentliche Kündigung zum 31. März 2004 mit dem Antrag beim Integrationsamt vom 25. August 2003 waren Feststellungen anlässlich einer Tachoscheibenkontrolle, wobei sich herausstellte, dass der Kläger wiederholt auf seinen Touren einen Umweg über seine Wohnung in Ha. für eine Brotzeitpause gemacht hatte. Ob sich der Kläger zu Recht auf eine diesbezügliche Erlaubnis durch die Disponenten K. oder Sc. berufen kann, was die Beklagte bestreitet, mag dahinstehen. Die Beklagte hat diese Vorwürfe im Kündigungsschutzverfahren nicht weiter thematisiert. Sie hat sich vielmehr auf die Vorwürfe bezogen, der Kläger habe am 6. August 2003 die Abfahrtskontrolle nicht durchgeführt, er habe vorgefertigte Checklisten, bei denen die erforderlichen Kontrollpositionen bereits angekreuzt waren, benutzt, was dadurch aufgefallen sei, dass die Unterschrift des Klägers auf einer dieser Checklisten mit blauem Kugelschreiber, die Kreuze dagegen in schwarzer Schrift (wohl Fotokopien) gefertigt waren. Die Beklagte hat dies ausdrücklich mit dem Hinweis beanstandet, der Kläger habe keine Abfahrtskontrolle durchgeführt. Der Kläger stellt zwar nicht in Abrede, vorgefertigte Checklisten benutzt zu haben und begründet dies, wenig überzeugend, damit, die vorgegebene Zeit für die Abfahrtskontrolle einhalten zu wollen: Er habe die vorgefertigten Listen benutzt, und, soweit die Kontrolle dies ergeben hätte, hätte er ein bereits vorhandenes Kreuz wieder ausgestrichen. Inwieweit sich damit eine Zeitersparnis begründen lässt, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Die Benutzung vorgefertigter Checklisten durch den Kläger begründet zum einen den Verdacht, dass eine Abfahrtskontrolle tatsächlich nicht durchgeführt worden ist, zum anderen ließe sich mit vorgefertigten Checklisten auch für den Fahrer gar nicht gewährleisten, ob die einzelnen Positionen tatsächlich überprüft worden sind. Die ordnungsgemäße Durchführung der Abfahrtskontrolle war Gegenstand des ersten Zustimmungsverfahrens vor dem Integrationsamt. Die Beklagte hatte in diesem Verfahren die Kündigung unter anderem mit dem Verhalten des Klägers anlässlich der Abfahrtskontrolle begründen wollen. Die Notwendigkeit, eine Abfahrtskontrolle ordnungsgemäß durchzuführen, war im Gütetermin vor dem Integrationsamt erörtert worden und der Kläger hatte zugesagt, sich zukünftig an die Vorschriften ordnungsgemäß halten zu wollen. Damit liegt eine ausreichende Abmahnung vor. Es war nicht erforderlich, dass die Beklagte nochmals konkret schriftlich in einem Abmahnungsschreiben diese Vorwürfe wiederholt. Das beanstandete Verhalten des Klägers ist auch einschlägig für die späteren Vorwürfe, die Abmahnungskontrolle überhaupt unterlassen zu haben. Dass der Bescheid des Integrationsamtes vom 4. Mai 2004, in dem ausdrücklich auf die Notwendigkeit künftiger Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen durch den Kläger und die Möglichkeit einer Kündigung bei Nichtbeachtung hingewiesen wird, zu einem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem der Kläger bereits (seit dem 1. April 2004) von der Arbeitsleistung freigestellt war, ist unerheblich, da es insoweit auf die Erörterungen und Beanstandungen der Pflichtwidrigkeiten im Gütetermin vom 4. November 2003 ankommt.
Der Kläger war somit auf die Bedeutung der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften nicht nur durch sein Fahrerhandbuch und die wiederholten Dienstbesprechungen hingewiesen worden, ihm war vor allem auch durch die Abmahnungen und das Verfahren vor dem Integrationsamt eindeutig klar gemacht worden, welchen Wert die Beklagte auf die Einhaltung dieser Vorschriften, auch soweit sie lediglich Firmenintern aufgestellt waren, im Hinblick auf die besondere Verantwortung der Fahrer im Gefahrguttransport, legt und dass sie nicht bereit ist, die Missachtung dieser Vorschriften hinzunehmen.
Damit war der Kläger wegen der am 11. und 12. Februar 2004 beanstandeten Verhaltensweisen deutlich und hinreichend vorgewarnt und abgemahnt worden. Der Kläger musste insbesondere nach dem Gütetermin vor dem Integrationsamt damit rechnen, dass die unbedingte Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen, ebenso die korrekte Aufzeichnung seiner Arbeitzeit, von der Beklagten verlangt werde, dass weitere Pflichtwidrigkeiten dieser Art zu einer Kündigung führen würden und dass auch das Integrationsamt bei erneuten Pflichtwidrigkeiten auf diesem Gebiet die Zustimmung zu einer Kündigung wohl erteilen würde. Gleichwohl hat der Kläger sowohl am 11. als auch am 12. Februar 2004 eine ordnungsgemäße Abfahrtskontrolle unterlassen, den Sicherheitshelm nicht getragen und Arbeitszeitaufzeichnungen unzutreffend ausgeführt.
5. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen geht zu Lasten des Klägers.
Der Kläger war als Fahrer im Gefahrguttransport eingesetzt. Er transportierte tiefkalte, hochexplosive Gase, so dass von daher bereits ein hoher Sicherheitsstandard und eine absolute Zuverlässigkeit und Verantwortungsfähigkeit der mit diesem Transport beauftragten Arbeitnehmer verlangt werden muss. Dieses Verfahren hat zudem gezeigt, dass die Beklagte darauf vertrauen muss, dass die Fahrer die Sicherheitsbestimmungen einhalten und dass eine Verletzung dieser Pflichten nur bei planmäßiger Beobachtung festzustellen ist. Die Beklagte kann verlangen, dass die Fahrer im Gefahrguttransport sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst sind und zuverlässig die vorgegebenen Bestimmungen einhalten. Die Beklagte kann den Einsatz unzuverlässiger Mitarbeiter in diesem Bereich schon aus Rücksicht auf die Gefährdung von Personen und Gütern bei einem möglichen Unfall nicht riskieren.
Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen in diesem Verfahren diese Voraussetzungen nicht und die Beklagte konnte, angesichts seines Verhaltens und seiner mangelnden Einsichtsfähigkeit in die Notwendigkeit strikter Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen auch davon ausgehen, dass sich dies künftig nicht ändern werde.
Somit haben die Interessen der Beklagten an einer Vertragsbeendigung ein entscheidendes Gewicht. Sie haben Vorrang gegenüber den Interessen des Klägers am Erhalt seines Arbeitsplatzes. Dies gilt auch dann, wenn man die Betriebszugehörigkeit des Klägers von 18 Jahren zum Kündigungszeitpunkt, sein Alter und seine Schwerbehinderung sowie die schlechten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt bedenkt.
Eine Umsetzung des Klägers auf einen anderen Arbeitsplatz kam nicht in Betracht. Alle LKW-Fahrer sind im Gefahrguttransport beschäftigt. Da der Kläger wegen seiner Behinderung auf einer Tour eingesetzt war, bei der nur ein Kunde, die Firma M. in N., beliefert wurde, kam auch eine Umsetzung auf eine andere Tour mit der Belieferung mehrerer Kunden nicht in Frage. Ob eine andere Tourenplanung und eine Herausnahme des Klägers aus dem Nachmittags/Abenddienst möglich gewesen wäre, vermag die Kammer nicht zu beurteilen. Allerdings dürfte sich dadurch an der grundsätzlichen Arbeitseinstellung des Klägers und an seinem fehlenden Verantwortungsbewusstsein auch nichts ändern. Ein Einsatz des Klägers im Gefahrguttransport kam daher nicht mehr in Betracht.
6. Damit erweist sich die Kündigung letztlich unter Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der beiderseitigen Interessen als sozial gerechtfertigt.
III.
Das arbeitsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge hat der unterlegene Kläger gem. § 91 ZPO zu tragen.
IV.
Die Berufungskammer hat für den Kläger die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Ende der Entscheidung
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