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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 1 Sa 133/07
Rechtsgebiete: BAT-O, KSchG


Vorschriften:

BAT-O § 54
KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 30.03.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 30.03.2007 wird zurückgewiesen.

3. Die Parteien tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

4. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen und verhaltensbedingten Kündigung.

Der am 20.01.1949 geborene Kläger war seit dem 24.08.1992 als Lehrer beim beklagten Land kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme im Anwendungsbereich des BAT-O zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.600,00 EUR beschäftigt. Der Kläger ist geschieden und einem mehrfach schwerbehinderten Sohn gegenüber unterhaltsverpflichtet. Das Arbeitsverhältnis wurde zuletzt als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Teilzeitmodell mit einer vereinbarten Beendigung zum 31.07.2010 vollzogen (Blatt 7, 8 d. A.).

Der Kläger verfasste unter dem 01.07.2006 einen offenen Brief an den Schulamtsleiter des Staatlichen Schulamtes Nxxxxxxxxxxxx Herrn Stxxx (Blatt 48, 49 d. A.) und sandte diesen mit der Bitte um vollständige und baldige Veröffentlichung (Blatt 74 d. A.) an die Lokalredaktionen Altentreptow, Friedland, Malchow und Neubrandenburg der Tageszeitung "Nordkurier".

Zu dem offenen Brief an den Schulamtsleiter Stxxx hatte sich der Kläger vor allem durch dessen Stellungnahme im "Nordkurier" vom 01./02.07.2006 (Blatt 73 d. A.) zu der kommissarischen Besetzung der Schulleiterstelle der neu einzurichtenden Kooperativen Gesamtschule Altentreptow (KGS) veranlasst gesehen.

Der "Nordkurier" veröffentlichte den offenen Brief des Klägers nicht im Wortlaut, berichtete darüber jedoch am 5. Juli 2006 im Treptower Tageblatt (Blatt 50 d. A.) und in der Neubrandenburger Zeitung (Blatt 99 d. A.) sowie am 6. Juli 2006 in der Neustrelitzer Zeitung (Blatt 100 d. A.) jeweils unter der Überschrift "Schulamt wird Klüngelei vorgeworfen".

Nachdem der Kläger festgestellt hatte, dass der "Nordkurier" seinen offenen Brief nicht vollständig veröffentlicht hatte, sandte er diesen an das Schulamt Nxxxxxxxxxxxx sowie an die aufzulösenden Gymnasien in Friedland, Altentreptow und Malchow.

Mit Schreiben vom 05.07.2006 beantragte daraufhin der Leiter des Schulamtes Nxxxxxxxxxxx bei dem zuständigen Bezirkspersonalrat die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger (Blatt 51 - 54 d. A.). Nach Zustimmungserklärung durch den Bezirkspersonalrat vom 13.07.2006 kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 14.07.2006 das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos (Blatt 9 d. A.).

Gegen diese am 14.07.2006 zugegangene fristlose Kündigung richtet sich die am 03.08.2006 beim Arbeitsgericht Nxxxxxxxxxxx eingegangene Kündigungsschutzklage des Klägers.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 14.07.2006 nicht zum 14.07.2006 aufgelöst worden ist.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 30.03.2007 hat das Arbeitsgericht Neubrandenburg der Klage teilweise stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei gemäß § 54 Absatz 1 BAT-O nicht rechtmäßig. Zwar stelle das Verhalten des Klägers eine schuldhafte Arbeitspflichtverletzung dar und unterliege nicht dem verfassungsmäßig geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung. Diesbezüglich sei auch der Ausspruch einer vorangegangenen Abmahnung entbehrlich gewesen. Zudem scheitere die fristlose Kündigung nicht an einer fehlerhaften Beteiligung des Bezirkspersonalrates.

Jedoch sei die fristlose Kündigung deshalb unwirksam, weil die durchzuführende Interessenabwägung mit Blick auf die fristlose Kündigung zugunsten des Klägers ausfalle. Dieser Umstand resultiere daraus, dass zugunsten des Klägers seine äußerst schwierige persönliche Situation zu berücksichtigen sei, die sich aus der Pflege des mehrfach schwerbehinderten Sohnes ergebe. Zudem sei auf Grund der ausgesprochenen Suspendierung seitens des beklagten Schulamtes Nxxxxxxxxxxx eine Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zu erwarten gewesen.

Auf Grund der nach § 140 BGB vorzunehmenden Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine fristgemäße Kündigung habe das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007 seine Beendigung gefunden. Diesbezüglich sei die Klage ohne Erfolg geblieben, weil die auch insoweit durchzuführende Interessenabwägung in diesem Falle zugunsten des beklagten Landes ausfalle.

Gegen das am 10.04.2007 zugestellte Urteil hat das beklagte Land - anwaltlich vertreten - Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 25.04.2007, die Berufungsbegründung - nach gerichtlicher Fristverlängerung - am 15.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Auch der Kläger hat - ebenfalls anwaltlich vertreten - gegen die ihm am 05.04.2007 zugegangene Entscheidung Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 04.05.2007, die Berufungsbegründung - nach gerichtlicher Fristverlängerung - am 05.07.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

In der Berufungsbegründung hält das beklagte Land im Wesentlichen an der erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Angesichts des Fehlverhaltens des Klägers sei die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu beanstanden. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei dem beklagten Land nicht mehr zumutbar gewesen. Sowohl die Bezugnahme im Rahmen der Interessenabwägung auf den schwerbehinderten Sohn als auch auf die vorgenommene Suspendierung des Klägers bewege sich jeweils außerhalb der Norm des § 626 BGB. Auch unter Berücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzips folge kein anderes Ergebnis. In der angefochtenen Entscheidung selbst sei der erhebliche Pflichtverstoß des Klägers festgestellt worden. Dieser habe das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien derart nachhaltig gestört, dass ein Zuwarten der - ohnehin sehr langen - Kündigungsfrist für das beklagte Land nicht zumutbar gewesen sei.

Das beklagte Land beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007 (5 Ca 977/06), dem beklagten Land zugegangen am 05.04.2007, wird abgeändert, soweit hierdurch die gegenüber dem Kläger ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 14.07.2006 in eine ordentliche Kündigung umgedeutet wurde.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Kläger beantragt, die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg habe im Rahmen der Interessenabwägung zutreffend die Pflege des mehrfach schwerbehinderten Sohnes berücksichtigt. Dieser Umstand folge bereits daraus, dass gerade auch das beklagte Land im Rahmen der Personalratsanhörung diesen Gesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung bedacht habe. Auch der Umstand der Suspendierung sei in die Interessenabwägung einzubeziehen, da damit deutlich gemacht worden sei, dass auf die Arbeitsleistung des Klägers verzichtet worden sei.

Im Übrigen sei das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007 zugunsten des Klägers abzuändern. Der Klage sei vollumfänglich stattzugeben. Eine Pflichtverletzung durch den Kläger liege nicht vor. Die Darstellungen des Klägers in dem offenen Brief seien Bestandteil seiner Meinungsäußerungsfreiheit. Dieser Umstand liege insbesondere auch darin begründet, dass seine Ausführungen lediglich durch die unschlüssigen Darstellungen des Schulamtsleiters im Zeitungsartikel vom 01./02. Juli 2006 hervorgerufen worden seien.

Der Kläger beantragt seinerseits:

Das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007 - 5 Ca 977/06 - wird insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 14.07.2006 nicht zum 31.03.2007 beendet wurde.

Das beklagte Land beantragt insoweit, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Sowohl die zulässige Berufung des beklagten Landes als auch die zulässige Berufung des Klägers sind jeweils unbegründet.

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat in der angefochtenen Entscheidung zum einen rechtsfehlerfrei die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung festgestellt und ist zum anderen im Wege der Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung rechtsbeanstandungsfrei im Ergebnis zu einer fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.03.2007 gelangt.

I.

Die Berufung des beklagten Landes bleibt ohne Erfolg.

Dabei kann zu Gunsten des beklagten Landes an dieser Stelle eine schwerwiegende Pflichtverletzung durch den Kläger im Rahmen der Veröffentlichung des offenen Briefes unterstellt werden. Jedenfalls scheitert die Rechtswirksamkeit der im Streit befindlichen außerordentlichen Kündigung im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzips. Diesen Umstand hat das Arbeitsgericht Neubrandenburg in der angegriffenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht festgestellt.

In Abwägung der Interessen des beklagten Landes an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu den Interessen des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist überwiegen die des Klägers.

Dem beklagten Land ist zwar zuzugeben, dass die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eng mit der Tragweite des Pflichtverstoßes des Arbeitnehmers verbunden ist. Andererseits ist dieser Umstand nicht das ausschließliche Kriterium. Vielmehr sind die Zumutbarkeitserwägungen auch in Abhängigkeit von der Dauer des beanstandungsfrei geführten Arbeitsverhältnisses einerseits und vor dem Hintergrund der persönlichen Auswirkungen für den Arbeitnehmer andererseits zu beurteilen (BAG vom 13.12.1984, NZA 1985, Seite 288; BAG vom 07.906.1973, NJW 1973, Seite 1819).

Unterhaltsverpflichtungen des gekündigten Arbeitnehmers können hinsichtlich der finanziellen Folgen des Arbeitsplatzverlustes ebenso in die Interessenabwägung einbezogen werden (BAG vom 15.11.1995, NZA 1996, Seite 419) wie dessen individuelle Arbeitsmarktchancen (BAG vom 29.01. 1997, NZA 1997, Seite 813). Schließlich ist auch das Lebensalter des gekündigten Arbeitnehmers grundsätzlich berücksichtigungsfähig (BAG vom 15.11.1995, a. a. O.).

Auf der Grundlage der vorerwähnten Grundsätze ergibt sich aus dem Zusammenspiel der im vorliegenden Einzelfall konkret zu berücksichtigenden Umstände aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers selbst bei Annahme eines schweren Verstoßes des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nach Auffassung der Kammer insgesamt keine derart einschneidende und gravierende Vertragsverletzungsfolge, die selbst unter Berücksichtigung der langen Kündigungsfrist des Klägers zu einer Bejahung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hätte führen können.

Zweifelsohne enthält der vom Kläger verfasste offene Brief insbesondere bezogen auf den Schulamtsleiter Herrn Stxxx erhebliche herabwürdigende Elemente sowie auch die mittelbare Unterstellung, die jeweils kommissarisch eingesetzten Direktoren seien fachlich nicht hinreichend qualifiziert mit der möglichen Folge negativer Auswirkungen auf einen geordneten Betriebsablauf.

Andererseits dürfen insoweit die gravierenden persönlichen Folgen einer fristlosen Kündigung für den Kläger nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Angesichts des Lebensalters des Klägers, der im Kündigungszeitpunkt im Übrigen immerhin über eine ca. 14jährige Betriebszugehörigkeit verfügte, kann die Wahrscheinlichkeit der Rückkehr in den Schuldienst - mit der Folge des Verlustes seines sozialen Besitzstandes - nahezu ausgeschlossen werden.

Angesichts dieser besonderen Einzelfallumstände hätte ein verständiger und besonnen reagierender Arbeitgeber als milderes Mittel den Ausspruch einer ordentlichen und fristgemäßen Kündigung gewählt, zumal die eigentliche Arbeitsaufgabe des Klägers - nämlich die Vermittlung des Lehrstoffes an die Schüler - durch die in Rede stehenden Vorkommnisse jedenfalls nicht unmittelbar tangiert wurde. Dass im Übrigen auch das beklagte Land zumindest zeitweise den Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung in die Überlegungen als Reaktion auf das Verhalten des Klägers einbezogen hatte, wird am Umstand der Anhörung des Personalrates zu einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung deutlich.

Im Ergebnis ist dem Arbeitsgericht Neubrandenburg in der angefochtenen Entscheidung zu folgen.

II.

Soweit sich der Kläger im Rahmen seiner Berufung gegen die festgestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2007 aus Anlass einer fristgemäßen verhaltensgemäßen Kündigung wendet, so bleibt sein Klagebegehren ohne Erfolg. Die im Wege der Umdeutung gemäß § 140 BGB ermittelte fristgemäße Kündigung ist durch verhaltensbedingte Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.

1.

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat mit zutreffender Begründung die rechtsunwirksam fristlose Kündigung gemäß § 140 BGB in eine fristgemäße Kündigung umgedeutet. Der danach bestehende unbedingte Beendigungswille des beklagten Landes ist von den Parteien auch in der Berufungsinstanz nicht in Abrede gestellt worden. Aus diesem Grund kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

2.

Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis unstreitig Anwendung.

3.

Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine fristgemäße Kündigung unter anderem dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG hat der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang die Kündigungsgründe darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Gemessen an den genannten Voraussetzungen ist bereits unter Berücksichtigung des unstreitigen Tatbestandes die Rechtmäßigkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage einer fristgemäßen und verhaltensbedingten Kündigung zum 31.03.2007 nicht in Frage zu stellen. Der durch den Kläger verfasste offene Brief beinhaltet Passagen, die eine derart schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung beinhalten (a), so dass von der Entbehrlichkeit des Ausspruches einer vorhergehenden Abmahnung auszugehen ist (b) und auch die stets gebotene Interessenabwägung hier nicht zugunsten des Klägers zu einem anderen Ergebnis führt (c).

a)

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg ist mit ausführlicher und zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass bestimmte Äußerungen in dem offenen Brief durch den Kläger erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen darstellen, die keineswege mehr von dem Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt waren.

Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann diesbezüglich zunächst vollumfänglich auf die umfassenden und überzeugenden Ausführungen unter Ziffer 1.1.1 in Verbindung mit Ziffer 2.1 in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden, zumal dem klägerischen Vortrag in der Berufungsinstanz insoweit keine neuen und entscheidungserheblichen Tatsachen zu entnehmen sind, welche die zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts anlässlich der Entscheidung vom 30.03.2007 rechtlich in Frage stellen könnten. Vielmehr beharrt der Kläger in Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages auf seinem Rechtsstandpunkt, seine Behauptungen in dem offenen Brief seien von der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

Diese Auffassung ist - dem Arbeitsgericht Neubrandenburg uneingeschränkt folgend - rechtlich nicht haltbar. Der Kläger hat in dem offenen Brief zum einen die Behauptung aufgestellt, der Schulamtsleiter Herr Stxxx habe Schulleiterstellen kommissarisch besetzt, um damit vor allem "Pfründe an CDU-Mitglieder oder dieser Partei nahestehender Personen zu verteilen".

Zum anderen hat er dem Schulamtsleiter vorgeworfen, die Frauenquote nicht beachtet zu haben und außerdem "das Gebot einer entwickelten demokratischen Amtsführung" nicht eingehalten zu haben. Schließlich hat der Kläger seine Vermutung zum Ausdruck gebracht, der Schulamtsleiter werde die endgültige Besetzung der Schulleiterstellen anhand "praktizierter Leerformeln" besetzen, um auf diesem Weg sowohl die Frauenquote als auch abweichende Voten der Schulkonferenz zu umgehen.

Die vorgenannten Behauptungen stellen zum einen - worauf das Arbeitsgericht Neubrandenburg zutreffend hinweist - insbesondere gegenüber Herrn Stxxx Ehrverletzungen in erheblichem Umfang dar. Zum anderen vermag der Kläger diese Behauptungen auch in der Berufungsinstanz nicht ansatzweise substantiell zu belegen. Mithin sind die aufgezeigten ehrverletzenden Behauptungen des Klägers in dem offenen Brief auch nicht von seiner Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, worauf das Arbeitsgericht Neubrandenburg in zutreffender Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls bereits hingewiesen hat.

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, er habe im letzten Absatz des offenen Briefes die von ihm aufgestellten Behauptungen hinreichend relativiert, so ist auch dieser Begründungsansatz rechtlich alles andere als überzeugend. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2008 hat die Kammer ausführlich darauf verwiesen, dass die dort verwandte Formulierung, vielleicht seien die vorgetragenen Einwände nicht oder nicht ganz stimmig, keinesfalls deutlich machen, der Kläger wolle die ehrverletzenden Behauptungen nicht mehr aufrechterhalten.

Ebenso wenig kann der Formulierung ein entschuldigender Charakter beigemessen werden. Zum einen ist nicht ersichtlich, welche der Behauptungen überhaupt nicht und welche lediglich "nicht ganz" stimmig sein sollen. Zum anderen schränkt der Kläger diese Aussage durch Verwendung des Begriffes "vielleicht" ohnehin von vornherein erheblich ein. Schließlich sprechen die weiteren Ausführungen des Klägers im zweiten Satz des letzten Absatzes des offenen Briefes im Gegenteil für ein dahingehendes Verständnis, der Kläger wolle seine Behauptungen bis zu einer widerlegenden Äußerung des Schulamtsleiters in der Öffentlichkeit aufrechterhalten. Eine Relativierung der zuvor aufgestellten ehrverletzenden Behauptungen ergibt sich daraus jedenfalls nicht.

b)

Zudem ist hier von der Entbehrlichkeit des Ausspruches einer vorhergehenden Abmahnung auszugehen. Der Kläger musste sich im Rahmen der Veröffentlichung des offenen Briefes darüber im Klaren sein, dass das beklagte Land darauf nicht unterhalb der Schwelle des Ausspruches jedenfalls einer fristgemäßen Kündigung reagieren würde. Da der Kläger in der Berufungsinstanz den zutreffenden erstinstanzlichen Erwägungen nicht entgegengetreten ist, kann insoweit auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung unter Ziffer 1.2 in Verbindung mit Ziffer 2.2 Bezug genommen werden.

c)

Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus. Die Interessen des beklagten Landes an einer fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegen die des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus.

Unter Bezugnahme auf die bereits erörterten (vergl. oben unter I.) Einzelheiten, die zugunsten des Klägers im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, vermögen diese jedoch die Annahme der Rechtswidrigkeit der fristgemäßen Kündigung nicht zu rechtfertigen, denn zugunsten des beklagten Landes fällt hier die Schwere der Pflichtverletzung deutlich ins Gewicht. Die massiven und durch nichts belegten Angriffe - insbesondere gegen die Person des Schulamtsleiters - im Rahmen des offenen Briefes betreffen sowohl das Außenverhältnis als auch das Innenverhältnis im Schulamtsbereich Nxxxxxxxxxxx.

Die damit verbundene ehrverletzende negative Darstellung der Arbeitsweise des Schulamtsleiters war geeignet, diesen zum einen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren und zum anderen im Innenverhältnis im Hinblick auf die dort beschäftigten Mitarbeiter den ordentlichen Geschäftsablauf empfindlich zu stören.

Angesichts dieser Umstände ist der Ausspruch der fristgemäßen Kündigung trotz der damit verbundenen erheblichen persönlichen Folgen für den Kläger auch unter dem Gesichtspunkt der Vornahme einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzipes nicht zu beanstanden.

4.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der fristgemäßen Kündigung nicht an einer rechtsfehlerhaften Personalratsanhörung scheitert.

Zum einen ist der zuständige Bezirkspersonalrat zu einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung angehört worden. Zum anderen ist die vorgenommen Anhörung inhaltlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung verwiesen werden, zumal diese in der Berufungsinstanz nicht angegriffen worden sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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