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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 13.05.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 15/09
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 615
KSchG § 1
Eine personenbedingte Kündigung gegenüber einer Altenpflegerin ist grundsätzlich gerechtfertigt, wenn diese aufgrund eines medizinischen Gutachtens zu schweren körperlichen Arbeiten krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - 1 Ca 53/08 - vom 28.10.2008 wie folgt abgeändert.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei personenbedingten und einer verhaltensbedingten Kündigung sowie um die Ansprüche der Klägerin auf Weiterbeschäftigung und Verzugslohnansprüche. Hinsichtlich des Sachverhaltes heißt es im unstreitigen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 28.10.2008 - 1 Ca 53/08 - wie folgt:

Die am 18.08.1953 geborene, verheiratete, keinen Kindern mehr zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist ein mit einem Grad von 50 % schwerbehinderter Mensch. Sie steht seit dem 01.09.1973 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die in Grimmen ein Pflegeheim betreibt, bzw. deren Rechtsvorgängerin. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin beträgt zuletzt 2.222,52 EUR brutto. Über die Aufgaben der Klägerin existiert eine Stellenbeschreibung vom März 1998, wegen deren Inhalts auf Blatt 7 bis 9 d. A. Bezug genommen wird.

Die Klägerin war seit dem 17.11.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 05.03.2007 (Bl. 85 d. A.) wurde der Klägerin eine berufliche Integrationsmaßnahme "TOP" als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit vom 03.04.2007 bis 01.11.2007 bewilligt. Die Klägerin nahm an dieser Integrationsmaßnahme teil. Für den Zeitraum vom 14.03.2007 bis zum 31.10.2007 erhielt die Klägerin Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 38,67 EUR. Mit Schreiben vom 27.11.2007 (Bl. 12 d. A.) machte die Klägerin die auch klagweise verfolgte Differenz zu dem monatlichen Nettoarbeitsentgelt von insgesamt 3.770,98 EUR gegenüber der Beklagten erfolglos geltend.

Unter Datum vom 26.02.2007 stellte die MedDir'in Dr. Annette Seiter vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit Stralsund "nach Aktenlage" fest, dass die Klägerin aufgrund einer durch verschiedene Erkrankungen am Stütz- und Bewegungssystem deutlich limitierten Belastbarkeit sowie eines Bandscheibenvorfalls, einer Implantation einer Gelenksendoprothese im linken Hüftgelenk sowie Beschwerden an der Lendenwirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen nur noch ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus der Arbeitshaltung unter Beachtung bestimmter Einschränkungen erfüllen kann. Es sei von einer bleibenden Behinderung auszugehen und aus ärztlicher Sicht ein Einsatz in der Altenpflege nicht mehr realisierbar. Wegen des Wortlauts und Inhalts dieses Gutachtens wird auf Bl. 87 d. A. Bezug genommen.

Nachdem die Parteien in der Folgezeit keine Einigung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin bei der Beklagten erreichen konnten, wandte die Klägerin sich mit Schreiben vom 23.09.2007 (Bl. 10 d. A.) an die Beklagte und bot ihre Arbeitsleistung an. Dabei wies sie darauf hin, dass eine Tätigkeit durch sie nur noch eingeschränkt ausgeübt werden könne, da sie nicht mehr als 5 kg heben dürfe. Unter Datum vom 22.10.2007 antwortete die Beklagte der Klägerin, dass man ihr keinen Schonarbeitsplatz anbieten könne, wie er im Rahmen ihrer Wiedereingliederung als Pflegehelferin angeboten werde. Ein solcher Einsatz der Klägerin kam in der Folgezeit nicht zustande, wobei zwischen den Parteien streitig ist, inwieweit ein betriebliches Eingliederungsmanagement gem. § 84 Abs. 3 SGB IX durchgeführt wurde.

Unter Datum vom 06.11.2007 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt Mecklenburg-Vorpommern die Erteilung zur Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin, die mit Bescheid vom 17.01.2008, der Beklagten am 21.01.2008 zugestellt, erteilt wurde (Bl. 88 d. A.). Mit Schreiben vom 22.01.2008, dem bei ihr gebildeten Betriebsrat noch am selben Tag zugegangen, hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin an. Wegen Wortlauts und Inhalts dieses Anhörungsschreibens wird auf Bl. 95 - 98 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat gab hierzu keine Stellungnahme ab. Unter Datum vom 31.01.2008, der Klägerin am 01.02.2008 zugegangen, erklärte die Beklagte schließlich eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2008 (Bl. 27 d. A.). Mit am 21. Februar 2008 als Telekopie vorab bei Gericht eingegangenem Schriftsatz wendet die Klägerin sich gegen diese Kündigung.

An der der Klägerin unter Datum vom 18.02.2008 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist (Bl. 28 d. A.) hält die Beklagte mittlerweile nicht mehr fest.

Eine weitere Kündigung sprach die Beklagte der Klägerin unter Datum vom 20.02.2008, zugegangen am 21.02.2008, zum 30.09.2008 aus (Bl. 29 d. A.).

Bereits im November 2007 hatte die Klägerin in der in etwa 25 km von Grimmen entfernten Seniorenwohnresidenz der MediGreif GmbH Greifswald eine Tätigkeit an der Rezeption aufgenommen. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine Einrichtung, die neben Krankenhäusern und Rehabilitationszentren auch eben diese Seniorenwohnresidenz in Greifswald betreibt. Hiervon erfuhr die Beklagte am 15.02.2008. Nachdem der Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 29.02.2008 die Möglichkeit gegeben worden war, zu dem ihr gegenüber erhobenen Vorwurf einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit Stellung zu nehmen und bestimmte Auskünfte zu erteilen, diese aber nicht vollständig erteilt worden waren, sprach die Beklagte unter Datum vom 11.03.2008 gegenüber der Klägerin eine Abmahnung aus, wegen deren Wortlauts und Inhalts auf Bl. 110 d. A. Bezug genommen wird.

Auch an der der Klägerin unter Datum vom 19.03.2008, zugegangen am 20.03.2008, ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung (Bl. 45 d. A.) wegen der Klägerin vorgeworfener unerlaubter Konkurrenztätigkeit hält die Beklagte zwischenzeitlich nicht mehr fest.

Bereits unter Datum vom 29.02.2008 hatte die Beklagte bei dem Integrationsamt Mecklenburg-Vorpommern die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin wegen ihr vorgeworfener unerlaubter Konkurrenztätigkeit beantragt. Mit Bescheid vom 11.04.2008, bei der Beklagten am 15.04.2008 eingegangen, erteilt das Integrationsamt seine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin (Bl. 208 d. A.).

Bereits unter Datum vom 15.03.2008, beim Betriebsrat noch am selben Tag eingegangen, hatte die Beklagte das Anhörungsverfahren des Betriebsrats über die erneute beabsichtigte außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist und hilfsweisen ordentlichen Kündigung der Klägerin eingeleitet (Bl. 118 - 122 d. A.). Eine Stellungnahme des Betriebsrats hierauf war nicht erfolgt. Unter Datum vom 16.04.2008, dem Betriebsrat am Folgetag zugegangen, informierte die Beklagte den Betriebsrat darüber, dass das Integrationsamt Mecklenburg-Vorpommern nunmehr die Zustimmung zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung der Klägerin erklärt hat. Auch hierzu gab der Betriebsrat keine Stellungnahme ab. Unter Datum vom 25.04.2008 erklärte schließlich die Beklagte gegenüber der Klägerin die (fünfte) Kündigung mit Ablauf des 31.12.2008 (Bl. 137 d. A.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigungen der Beklagten vom 31.01.2008, 20.02.2008 noch 25.04.2008 aufgelöst ist.

2. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Altenpflegehelferin zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.252,52 EUR weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.770,98 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 293,99 EUR netto ab dem 01.04.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.05.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.06.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.07.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.08.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.09.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.10.2007 und auf 480,14 EUR ab dem 01.11.2007 zu zahlen und der Klägerin entsprechende Lohnabrechnungen für den Zeitraum zwischen dem 14.03.2007 und dem 31.10.2007 zu erteilen.

Das Arbeitsgericht hat dann in der vorgenannten Entscheidung für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2008, 20.02.2008 noch vom 25.04.2008 aufgelöst ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt 2/3 der Kosten des Rechtsstreits, die Klägerin 1/3.

3. Der Streitwert wird auf 17.356,10 EUR festgesetzt.

In den Gründen hat es ausgeführt, die Kammer hätte erhebliche Zweifel, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 31.01.2008 in der Lage war bzw. zukünftig sein wird, ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen in vollem Umfang zu erbringen. Die Klägerin könne jedoch eine der zahlreichen in der Stellenbeschreibung vom März 1998 genannten Tätigkeiten ohne Einschränkung ausführen. Es sei insoweit lediglich von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Klägerin auszugehen. Sie hätte daher den Arbeitsvertrag leidensgerecht, gegebenenfalls mit reduzierter Stundenzahl, einschränken müssen. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 23.12.2008 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 23.01.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem aufgrund eines rechtzeitig eingegangenen Antrages die Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.03.2009 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 09.03.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Zahlungsantrag sei vom Arbeitsgericht zu Unrecht abgewiesen worden. Während der Integrationsmaßnahme sei sie arbeitsfähig und leistungsfähig gewesen. Durch eine schlichte Organisationsänderung im Rahmen des Schichtenplanes wäre eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung ohne Weiteres möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt:

Unter Abänderung des am 28.10.2008 verkündeten und am 23.12.2008 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund, Az. 1 Ca 53/08, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.770,98 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 293,99 EUR netto ab dem 01.04.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.05.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.06.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.07.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.08.2007, auf 480,14 EUR ab dem 01.09.2007, auf 518,81 EUR ab dem 01.10.2007 und auf 480, 14 EUR ab dem 01.11.2007 zu zahlen und der Klägerin entsprechende Lohnabrechnungen für den Zeitraum zwischen dem 14.03.2007 und dem 31.10.2007 zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin sei während der Integrationsmaßnahme objektiv außer Stande gewesen, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Eine Integrationsmaßnahme nach § 33 SGB IX diene nicht dazu, die weitere Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber sicherzustellen. Auch sei die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkung nicht leistungsfähig gewesen.

Der Beklagten ist das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund am 23.12.2008 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 21.01.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist aufgrund eines fristgerecht eingegangenen Antrages bis zum 23.03.2009 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 20.03.2009 beim Landesarbseitsgericht eingegangen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei aufgrund der existierenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, ihre arbeitsvertraglichen Leistungen zu erfüllen. Dies ergebe sich auch aus den Aussagen der Klägerin selbst. Die Klägerin könne ihre vertraglichen Hauptaufgaben, die einen Anteil von mindestens 70 Prozent erfassten, nicht mehr erfüllen. Eine Mithilfe bei Grundpflege und Behandlungspflege, bei der Durchführung prophylaktischer Maßnahmen, bei der Pflege und Betreuung Pflegebedürftiger etc. sei aus körperlichen Gründen nicht mehr möglich. Schwere körperliche Belastungen einer Altenpflegerin seien auch nicht planbar, sondern würden sich teilweise überraschend während einer leichten Tätigkeit ergeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 28.10.2008 - 1 Ca 53/08 - abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hätte nicht erklärt, dass sie in der Altenpflege nicht mehr einsetzbar wäre. Es sei kein Grund ersichtlich, aus welchen Gründen die Klägerin nicht Mithilfe bei diversen Tätigkeiten leisten könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die unter dem 31.01.2008 ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2008 ist wirksam. Auf die Frage der Wirksamkeit der weiteren ausgesprochenen Kündigungen vom 20.02. und 25.04.2008 kommt es nicht mehr an, da diese zu einem späteren Zeitpunkt wirksam geworden wären, so dass sie aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Kündigung vom 31.01.2008 ins Leere gingen.

Die Kündigung vom 31.01.2008 ist sozial gerechtfertigt, da in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer krankheitsbedingten Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage ist, ihren wesentlichen arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nachzukommen.

Mit der Berufungsbegründung geht das Gericht davon aus, dass die Haupttätigkeit einer Altenpflegerin untrennbar mit der Erbringung schwerer körperlicher Arbeit (z. B. Heben und Wenden der Bewohner) verbunden ist, und dass diese schwere körperliche Arbeit vielfach auch nicht planbar ist, sondern sich überraschend während einer leichteren Tätigkeit ergeben kann. Eine Altenpflegerin kann ihren Beruf daher nur ausüben, wenn sie jederzeit in der Lage ist, auch körperlich schwere Tätigkeiten vorzunehmen.

Es ist der Beklagten entgegen der Auffassung der ersten Instanz nicht zumutbar, der Klägerin lediglich Arbeitsaufgaben zuzuweisen, die keine schweren körperlichen Arbeiten erfordern. Dies wäre mit der Schaffung eines völlig neuen Tätigkeitsbildes verbunden. Hierzu kann die Beklagte aufgrund ihrer unternehmerischen Freiheit nicht gezwungen werden. Die Beklagte hat sich vielmehr entschieden, eine bestimmte Reihe von Tätigkeiten von Altenpflegern durchführen zu lassen und die Klägerin ist zur Erbringung eines wesentlichen Teils dieser Leistungen nicht mehr in der Lage. Mit anderen Worten ist es der Beklagten organisatorisch nicht zuzumuten, dass die Klägerin jedes Mal, wenn sie in der Altenpflege an eine Situation gerät, wo schwere körperliche Arbeit erforderlich ist, einen Kollegen ruft bzw. wenn sie die Arbeit am Patienten mit einem Kollegen zusammen macht, dass dieser Kollege die schwere körperliche Arbeit mit entsprechenden gesundheitlichen Risiken für sich selbst allein verbringen muss. Wenn die Arbeiten gemeinschaftlich durchgeführt werden, dann ist dies gerade darauf zurückzuführen, dass die körperliche Belastung so schwer ist, dass sie zwischen zwei Kollegen aufgeteilt werden muss.

Aus der Schilderung der täglichen Aufgaben der Klägerin in der Berufungsbegründung Blatt 10 und 11 d. A. ergibt sich, dass immer wieder schwere körperliche Arbeiten anfallen, deren Verlagerung auf andere Arbeitnehmer für die Beklagte nicht zumutbar ist.

Es kann dahinstehen, ob gerade bei langandauernden Arbeitsverhältnissen eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit, die mit einer schweren körperlichen Arbeit verbunden war, immer eine arbeitgeberseitige Kündigung rechtfertigen kann. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der sozialmedizinischen Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit vom 26.02.2007 (Anlage B 3 zur Klageerwiderung) davon auszugehen, dass nicht nur eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit vorliegt. In dem Gutachten heißt es u. a. wie folgt:

Die Belastbarkeit von Frau Kröning ist durch verschiedene Erkrankungen am Stütz- und Bewegungssystem deutlich limitiert. An der Halswirbelsäule wurde ein OP wegen Bandscheibenvorfalls mit erforderlicher Spondylodese HWK5 - HWK7 erforderlich. Im November 2005 erfolgte die Implantation einer Gelenksendoprothese linkes Hüftgelenk. Daneben bestehen Beschwerden an der Lendenwirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen.

In der Summe sehen wir nur noch ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus der Arbeitshaltung unter Beachtung oben aufgeführter Einschränkungen. Von einer bleibenden Behinderung ist auszugehen. Aus ärztlicher Sicht ist damit ein Einsatz in der Altenpflege nicht mehr realisierbar.

Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihren Pflichten nach § 84 SGB IX nicht nachgekommen wäre. Das betriebliche Eingliederungsmanagement konnte die Beklagte angesichts des Verlaufes des Gespräches vom 24.10.2007, dessen Richtigkeit die Klägerin durch ihre Unterschrift bestätigt hat, abbrechen. In diesem Gespräch hat die Klägerin ausgeführt, sie könne aufgrund ihrer Erkrankung und der Schwerbehinderung nicht mehr in Pflege/Betreuung arbeiten. Sie biete einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung aufgrund der anzuerkennenden Dienstjahre an (Blatt 207 d. A.)

Angesichts der obigen Ausführungen war die Klägerin in der fraglichen Zeit im Jahre 2007 nicht in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Aus diesem Grunde kann sie auch keinen Anspruch aus Annahmeverzug gem. § 615 BGB geltend machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit den §§ 97,91 ZPO.

Zur Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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