Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 43/08
Rechtsgebiete: SchulG


Vorschriften:

SchulG § 100
Sogenannte Ganztagsstunden, in denen auf Grund von Lehrplänen Fähigkeiten vermittelt werden, sind wie sonstiger Unterricht zu vergüten.
Tenor:

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 28.11.2007 - 5 Ca 1351/06 - in Ziffer 1 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die von der Klägerin im Schuljahr 2006/2007 geleisteten 40 Ganztagsstunden im Umfang von 120 Minuten wöchentlich mit 1,67 Unterrichtswochenstunden zusätzlich zu der vom beklagten Land erbrachten Vergütung zu vergüten sind.

Im Übrigen wird die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem beklagten Land auferlegt.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten Landes, von der Klägerin geleistete Stunden im Rahmen der Ganztagsbetreuung zu vergüten. Hierzu heißt es im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 28.11.2007 - 5 Ca 1351/06 - wie folgt:

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgänger seit dem 01. August 1986 als Lehrerin mit Lehrbefähigung für die Fächer Musik und Deutsch an ihrer Stammdienststelle, dem Goethe-Gymnasium Demmin, tätig.

Für das Goethe-Gymnasium Demmin ist eine besondere Ausrichtung kennzeichnend. Zum einen handelt es sich um ein anerkanntes Musikgymnasium zur gezielten Förderung musikalisch begabter Kinder, zum anderen trägt das Goethe-Gymnasium seit dem 01. September 2005 den Status einer Ganztagsschule.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich unstreitig nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung, seit dem 01. November 2006 mithin nach dem Tarifvertrag-Länder (TV-L) sowie den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte SR 2 l I BAT-O/Beschäftigte als Lehrkräfte gem. § 44 Nr. 1 TV-L.

Derzeit unterrichtet die Klägerin ausschließlich das Fach Musik. Seit dem Schuljahr 2005/2006 nimmt sie auch am Lehrerpersonalkonzept, Maßnahme Teilzeit teil.

Im Schuljahr 2006/2007 betrug der klägerische Beschäftigungsumfang 20/27 Unterrichtswochenstunden. Die zu erteilenden Unterrichtsstunden gliederten sich in 18 Wochenstunden Klavierunterricht und eine weitere Wochenstunde Musikunterricht. Darüber hinaus war die Klägerin verpflichtet, im Rahmen des Ganztagsangebotes der Schule zwei Zeitstunden den Schülern die "Grundlagen des Spiels" für die Instrumente Schlagzeug und Keyboard zu vermitteln. Hierfür wurde der Klägerin eine weitere Unterrichtswochenstunde angerechnet.

Die Klägerin leistete im Schuljahr 2006/2007 unstreitig insgesamt 40 Ganztagsstunden im Umfang von 120 Minuten. In dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht Neubrandenburg festgestellt, dass die von der Klägerin von dem beklagten Land im Schuljahr 2006/2007 angewiesenen Ganztagsstunden im Umfang von 120 Minuten wöchentlich mit 1,67 Unterrichtsstunden zusätzlich zu der von dem beklagten Land erbrachten Vergütung zu vergüten sind. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Begriff "Unterricht" sei gesetzlich oder tariflich nicht definiert. Die Klägerin habe den ihr anvertrauten Schülern auf der Grundlage eines vom Schulleiter des Goethe-Gymansiums bestätigten Stoffverteilungsplanes umfangreiche Kenntnisse und Fertigkeiten im Schlagzeug- und Keyboardspiel vermittelt. Sie habe damit Unterricht erteilt. Dieser sei auch zu vergüten. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 09.01.2008 zugestellt worden. Es hat dagegen Berufung eingelegt, die am 07.02.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem auf Grund eines fristgerecht eingegangenen Antrages die Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.04.2008 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 07.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Das beklagte Land ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig. Die Feststellungsklage sei nicht geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen. Die vom Arbeitsgericht abgeleitete Definition von Unterricht als planmäßiges regelmäßiges Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten durch einen Lehrenden, sei keine sachgerechte Unterscheidung zwischen Unterricht und Betreuungsangebot. Entscheidend sei, ob die von der Klägerin geleisteten Ganztagsstunden Unterricht im Sinne der Stundentafelverordnung sind. Die Besonderheit von Ganztagsschulen sei, dass sie den Schülern über das Lehrangebot hinaus ein Angebot von sinnvoller Freizeitgestaltung bieten würden. Dabei handelt es sich nicht um Unterricht, da weder nach einem Lehrplan gearbeitet noch Noten verteilt werden.

Die hier streitigen Ganztagsstunden seien Tätigkeiten außerhalb des Unterrichtes.

Das beklagte Land beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgserichts Neubrandenburg - 5 Ca 1351/06 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die von der Klägerin im Schuljahr 2006/2007 geleisteten 40 Ganztagsstunden im Umfang von 120 Minuten wöchentlich mit jeweils 1,76 Unterrichtswochenstunden zusätzlich zu der vom beklagten Land erbrachten Vergütung zu vergüten sind.

Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klage ist als Feststellungsklage jedenfalls in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung des Klageantrages zulässig. Die Klägerin erstrebt nunmehr Überstundenvergütung für unstreitig geleistete 40 Ganztagsstunden, wobei sie die Art und Weise der Berechnung der Vergütung auch dargestellt hat. Bei dieser Fassung des Klagantrages ist eine endgültige Lösung des Konfliktes zu erwarten.

Das Arbeitsgericht hat auch mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die von der Klägerin geleisteten Ganztagsstunden Unterricht sind. Die Klägerin hat in dem fraglichen Zeitraum auf Grund eines Lehrplanes (vgl. Anlage K 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 06.08.2007 Blatt 99 d. A.) Schülern Fertigkeiten im Schlagzeug- und Keyboardspiel vermittelt. Bei diesem Lehrplan handelt es sich auch nicht um eine freiwillige Leistung der Klägerin. Er ist ihr vielmehr vom Schulleiter abgefordert und von diesem genehmigt worden. Derartige schulinterne Lehrpläne sind auch in der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 15. März 2006 über die Arbeit an der Ganztagsschule vorgesehen (vgl. Abschnitt 1 Ziffer 2.2). Dies reicht aus, um von Unterricht ausgehen zu können.

Das beklagte Land kann sich nicht darauf berufen, dass es sich um andere schulische Aufgaben im Sinne von § 100 Abs. 4 Satz 3 Schulgesetz handelt. Es wäre willkürlich, den Schlagzeug- und Keyboardunterricht nur deshalb den sonstigen Betreuungsaufgaben zuzuordnen, weil es an einer Stundentafel gem. § 9 Schulgesetz fehlt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeitsbelastung für die hier streitige Maßnahme geringer ist als für normalen Musikunterricht. Angesichts der weiteren Parallelen zum normalen Musikunterricht (Lehrplan, Vermittlung von Fähigkeiten) ist er auch wie ein solcher zu vergüten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

Zur Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

Zurück