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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 361/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2
Die Rechtmäßigkeit einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG setzt zum einen dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 KSchG voraus und muss zum anderen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen.

D. h., die angestrebten Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um das angestrebte Ziel der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zu erreichen.


Tenor:

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 13.11.2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Die am 09.01.1965 geborene Klägerin ist seit dem 01.08.1988 bei dem beklagten Land als Lehrerin mit der Lehrbefähigung bzw. Fachlichkeit für die Fächer Deutsch, Englisch und Russisch tätig.

Die hier im Streit befindliche Änderungskündigung vom 24.06.2008 beinhaltet eine Reduzierung der wöchentlichen Stundenzahl von 18 auf 16 von 27 Stunden. Die Klägerin hat das Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen.

Hintergrund der hier im Streit befindlichen Änderungskündigung ist ein von dem beklagten Land behaupteter fortgesetzter Rückgang der Schülerzahlen in der Schulartgruppe 2 (Hauptschulen, Realschulen, verbundene Haupt- und Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien). Die konkrete Bedarfsberechnung selbst erfolgt dabei auf der Grundlage des am 08.12.1995 zwischen der Landesregierung, den Gewerkschaften und Berufsverbänden vereinbarten Lehrerpersonalkonzeptes (LPK) in Anwendung eines mathematischen Iterationsverfahrens (zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die grundsätzlichen Ausführungen in dem Schriftsatz des beklagten Landes vom 22.09.2008; Blatt 61 bis 65 d. A.).

Die Klägerin selbst nimmt am Lehrerpersonalkonzept nicht teil (künftig: Nichtteilnehmer). Aus persönlichen Gründen hatte die Klägerin bei der Einführung des Lehrerpersonalkonzeptes das Teilnahmeangebot des beklagten Landes nicht angenommen. In der Folge hat die Klägerin als Nichtteilnehmerin Änderungskündigungen unter dem 29.06.2005, 27.06.2006 und 05.07.2007 jeweils mit dem Inhalt einer Arbeitszeitreduzierung erhalten. Erneute Angebote zur Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept sind jeweils durch das beklagte Land nicht unterbreitet worden. Auch hinsichtlich der hier streitigen Änderungskündigung vom 24.06.2008 ist der Klägerin ein Angebot zur Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept durch das beklagte Land nicht gemacht worden. Vielmehr ist der Antrag der Klägerin vom 26.08.2008 auf Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept durch das beklagte Land abgelehnt worden.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung des beklagten Landes vom 24.06.2008 sozial ungerechtfertigt ist und dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2008 unverändert fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages wird auf das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 13.11.2008 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Rostock hat der Klage mit der benannten Entscheidung im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern vom 15.07.2008 - 1 Sa 528/05 - stattgegeben. Die Änderungskündigung verstoße gegen das ultima-ratio-Prinzip, da dem beklagten Land mit einem Angebot der Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept an die Klägerin ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden habe. Im Übrigen verstoße die Änderungskündigung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Gegen diese am 25.11.2008 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 15.12.2008 eingegangene Berufung des beklagten Landes nebst der - nach entsprechender Fristverlängerung - am 25.02.2009 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Berufungsbegründung.

Das beklagte Land ist weiterhin der Auffassung, die Änderungskündigung gegenüber der Klägerin sei sozial gerechtfertigt, weil der Beschäftigungsumfang unter Berücksichtigung der hier in Rede stehenden Fachlichkeit für die Klägerin nicht mehr vorhanden gewesen sei. Unter Bezugnahme auf das erstinstanzlich vorgetragene Berechnungsmodell (Schriftsatz vom 22. September 2008; Blatt 58 bis 74 d. A.) wird ausgeführt, das LPK bestehe aus einer unternehmerischen Entscheidung sowie den dazugehörigen Anlagen in denen die einzelnen Maßnahmen und die Anwendungsregelungen näher beschrieben seien. Für die Klägerin habe sich bezogen auf ihre Fachlichkeiten für das Schuljahr 2008/2009 ein Bedarf von 62,8 Prozent ergeben. Die Klägerin habe keinen Anspruch nach dem LPK auf Zuordnung von Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden, so dass sich der Beschäftigungsumfang nicht erhöhe. Auch eine Verteilung der sich ergebenden Differenz nach dem fünften Rechenschritt von 4,033 Stellenanteilen zu Gunsten der Klägerin komme nicht in Betracht, da es an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage im LPK zu Gunsten der Klägerin fehle. Außerdem sei das Rechenergebnis dem LPK-System immanent.

Die Stellenausschreibung in der Fächerkombination Deutsch/Englisch sei im Rahmen des Einstellungskorridores erfolgt.

Die Rundungsstunden seien entsprechend der Ziffern 13, 14 der Anwendungsregelungen zur Anlage 3 des LPK (Maßnahme Teilzeitbeschäftigung) verteilt worden.

Insgesamt habe keine Möglichkeit bestanden, die Klägerin im bisherigen Umfang weiterzubeschäftigen.

Schließlich verstoße die im Streit befindliche Änderungskündigung weder gegen das ultima-ratio-Prinzip noch gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zum einen sei der Klägerin vor Ausspruch der ersten Änderungskündigung im Jahr 2004 - insoweit unstreitig - die Teilnahme an dem Lehrerpersonalkonzept angeboten worden, was die Klägerin - insoweit unstreitig - abgelehnt habe. Ein nochmaliges Angebot zur Teilnahme an dem Lehrerpersonalkonzept vor dem Ausspruch weiterer Änderungskündigungen bzw. Beendigungskündigungen sehe das LPK nicht vor und sei auch nicht vor dem Hintergrund des ultima-ratio-Prinzips geboten. Zum anderen komme ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bereits deshalb nicht in Frage, weil die beiden Gruppen (Teilnehmer und Nichtteilnehmer) nicht vergleichbar seien. Von den Teilnehmern am Lehrerpersonalkonzept seien im Übrigen "Opfer" zu Gunsten einer solidarischen Lösung des Problems erbracht worden, so dass jedenfalls ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Teilnehmern und Nichtteilnehmern gegeben sei. Schließlich könne von einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aber auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil allen Lehrkräften die freiwillige Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept - insoweit unstreitig - angeboten worden sei.

Das beklagte Land beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock, Aktenzeichen: 2 Ca 1099/08, vom 13.11.2008 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die rechtliche Argumentation in der erstinstanzlichen Entscheidung. Außerdem sei nach wie vor auch nach der aufgezeigten Berechnungsmethode des beklagten Landes völlig unklar, weshalb eine Weiterbeschäftigung im bisherigen Umfange (18 Unterrichts-Wochen-Stunden) nicht möglich sein solle. Das beklagte Land habe sich zu den detaillierten Einwendungen der Klägerin im gesamten Laufe des Verfahrens nicht geäußert. Insbesondere sei unstreitig geblieben, dass das beklagte Land 198,71 sogenannte Rundungsstunden überhaupt nicht verteilt habe, so dass es ohne weiteres möglich sei, die Klägerin im bisherigen Unterrichtsumfang weiterzubeschäftigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Berufungsrechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Rostock hat in der streitbefangenen Entscheidung vom 13.11.2008 im Ergebnis zutreffend die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung vom 24.06.2008 festgestellt.

I.

Dem beklagten Land ist es nicht gelungen, die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung im Sinne der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG darzulegen.

Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung gemäß §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG erfolgt in zwei Schritten. Vorab ist zu klären, ob ein Anlass besteht, das Arbeitsverhältnis abzuändern. Dies setzt voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorhanden sind, die eine Abänderung des Arbeitsverhältnisses erfordern. Ist diese Frage zu bejahen, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG vom 15.03.1991 - 2 AZR 582/90 - NZA 1992, Seite 120).

1.

In mehreren Entscheidungen unterschiedlicher Kammern des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern zu Änderungskündigungen ist bisher davon ausgegangen worden, dass mit der Einführung und Umsetzung der flexiblen Teilzeitarbeit nach dem Lehrerpersonalkonzept ein dringendes betriebliches Erfordernis gegeben ist, die Nichtteilnehmer durch Änderungskündigung auf die Teilzeitquote zu setzen, die auch für Teilnehmer am LPK gilt. Diesbezüglich ist als unangreifbare unternehmerische Entscheidung des beklagten Landes angenommen worden, hinsichtlich des ermittelten Unterrichtsbedarfes für das jeweils bevorstehende Schuljahr auf der Grundlage der von den jeweiligen Schulen eines Schulamtsbezirkes angemeldeten Unterrichtsstunden nur noch - von Ausnahmen z. B. für verbeamtete Lehrkräfte abgesehen - mit Lehrkräften auf Teilzeitbasis zusammenzuarbeiten (z. B. LAG M-V vom 04.04.2006 -5 Sa 243/05-, juris; vom 18.10.2001 - 1 Sa 75/01 -, juris).

Ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt jedenfalls in den Fällen - wie hier - der Änderungskündigung eines Nichtteilnehmers mit einer Teilzeitquote unterhalb der Quote für die Teilnehmer bei gleichzeitiger Feststellung eines an sich höheren Beschäftigungsbedarfes in der gegebenen Fächerkombination festgehalten werden kann, erscheint angesichts der Erläuterungen der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2009 sowie den Ausführungen in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15.07.2008 (1 Sa 528/05; juris) zwar überdenkenswert, ist vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich und kann hier deshalb unentschieden bleiben.

Denn die streitbefangene Änderungskündigung entspricht jedenfalls im zweiten Prüfungsschritt nicht der Billigkeit.

2.

Das beklagte Land hat sich bei dem Angebot, die Klägerin zukünftig mit einer Teilzeitquote von 16/27 zu beschäftigen, nicht auf das beschränkt, was die Klägerin billigerweise hinzunehmen hat.

Ob ein Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber mit einer Änderungskündigung vorgesehenen Änderungen des Arbeitsverhältnisses billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu entscheiden (BAG vom 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - NZA 2007, Seite 855 m. w. N.). D. h., die arbeitgeberseitig angestrebten Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen und zwar hinsichtlich aller in Frage kommenden Vertragsänderungen (BAG vom 3. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - BAGE 107, Seite 56 m. w. N.). Auszugehen ist dabei von den bisherigen vertraglichen Regelungen, wobei die angebotenen Änderungen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen dürfen, als zur Erreichung des angestrebten Zieles - nämlich der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung - erforderlich ist (BAG vom 29.03.2007 - 2 AZR 31/06 - a. a. O.). Dieser Umstand wiederum bedeutet, dass aus dem Vortrag des Arbeitgebers unmittelbar hervorgehen muss, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen besonderen Verpflichtungen alles zumutbare unternommen hat, die durch die unternehmerische Entscheidung notwendig gewordenen Anpassungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (BAG vom 29.03.2007 - 2 AZR 31/06 - a. a. O.). Die benannten Voraussetzungen sind dabei Ausprägung des ultima-ratio-Prinzips. Der Arbeitgeber soll danach dem Arbeitnehmer also das Angebot vorlegen, das zu dem geringstmöglichen Eingriff in das Arbeitsverhältnis führt. Bietet der Arbeitgeber mithin eine reduzierte Teilzeitquote im Rahmen einer zukünftigen Zusammenarbeit an, muss die angestrebte verringerte Teilzeitquote so hoch wie möglich, d. h. so wie sie die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung noch zulässt, ausfallen.

Gemessen an den genannten Vorgaben hält die im Streit befindliche Änderungskündigung einer gerichtlichen Überprüfung unter Berücksichtigung des Vortrages der Parteien nicht stand.

a)

Soweit das beklagte Land die - unstreitig - nicht zur Verteilung an die Teilnehmer notwendigen 4,033 Stellenanteile nicht zu Gunsten der Klägerin in Anwendung bringt, ist die im Streit befindliche Änderungskündigung im Sinne der oben genannten Grundsätze unverhältnismäßig, weil nicht erforderlich, um das von dem beklagten Land angestrebte Ziel zu erreichen.

Das beklagte Land hat auf die - unstreitig - zurückgehenden Schülerzahlen in der Schulartgruppe 2 im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung vom 08.12.1995 in der Weise reagiert, dass in Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes sowie den dazugehörigen Anlagen zur Beschreibung der einzelnen Maßnahmen nebst entsprechender Anwendungsregelungen der vorhandene Unterrichtsbedarf - von Ausnahmefällen abgesehen - mit Teilzeitbeschäftigten, gleich ob Teilnehmer oder Nichtteilnehmer, umgesetzt werden soll (vgl. bereits oben unter I. 1. der Gründe).

Der zu berücksichtigende Lehrerkräftebedarf setzt sich nach den Ausführungen des beklagten Landes (Schriftsatz vom 22.09.2008, Blatt 61 d. A.) dabei zusammen aus:

"a) Bedarf zur Absicherung des Unterrichts gemäß Stundentafeln

b) Bedarf zur Gewährung von Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden."

Bestandteil der unternehmerischen Entscheidung ist mithin ebenfalls der Wille des beklagten Landes, die sich insgesamt ergebenden Unterrichtsbedarfe mit den vorhandenen Lehrkräften uneingeschränkt abzudecken.

Vor dem Hintergrund dieser unternehmerischen Entscheidung hat das beklagte Land zunächst für die Klägerin mit ihren anerkannten Fachlichkeiten Deutsch, Englisch und Russisch auf der Grundlage des Berechnungsmodells des Lehrerpersonalkonzeptes in der Komponente 1 einen fiktiven Beschäftigungsbedarf von 62,800 Prozent (Blatt 66/67 d. A.) errechnet. Fiktiv ist dieser Wert deshalb, weil die Berechnungsgrundlage eine Fachlichkeit mit der maximalen Wochenstundenzahl (27) der diese Fachlichkeit unterrichtenden Lehrkräfte berücksichtigt. D. h., der tatsächliche Bedarf an einer Lehrkraft zur Abdeckung des sich ergebenden Unterrichtsbedarfes ist tatsächlich höher, als nach der Komponente 1 ausgewiesen. Dem trägt das Lehrerpersonalkonzept mit den weiteren Rechenschritten 2 bis 4 Rechnung, als dort - allerdings fachlichkeitsübergreifend - der tatsächliche Beschäftigungsbedarf einer Lehrkraft ermittelt wird. Auf dieser Grundlage gelangt das beklagte Land für die Klägerin im Ergebnis zu einem Beschäftigungsumfang von 78,815 Prozent.

In einem fünften Rechenschritt wird nunmehr ermittelt, in welcher Höhe Stellenanteile erforderlich sind, um alle am Lehrerpersonalkonzept teilnehmenden Lehrkräfte unabhängig nach den tatsächlichen Bedarfen für die jeweiligen Fachlichkeiten auf den Mindestbeschäftigungsumfang (50 Prozent für Lehrkräfte mit einer Fachlichkeit und 66 Prozent für solche mit zwei oder mehr Fachlichkeiten) zu bringen. Diesbezüglich werden zunächst die sich aus dem zweiten bis vierten Rechenschritt ergebenden Unterrichtsstunden und die daraus wiederum resultierenden Stellenanteile ermittelt, um feststellen zu können, ob der ermittelte Wert zur Abdeckung des Mindestbeschäftigungsumfanges der am Lehrerpersonalkonzept teilnehmenden Lehrkräfte ausreicht. D. h., im fünften Rechenschritt werden also auch die sich über den ersten Rechenschritt hinaus ergebenden tatsächlichen Bedarfe zur Abdeckung der vom beklagten Land anerkannt anfallenden Unterrichtsbedürfnisse der nicht teilnehmenden Lehrkräfte genutzt, um für die Teilnehmer den zugestandenen Mindestbeschäftigungsumfang zu sichern, ohne dass die Nichtteilnehmer vom Schutz des Lehrerpersonalkonzeptes (Kündigungsschutz/Garantie eines Mindestbeschäftigungsumfanges unabhängig von der Fachlichkeit/Automatische Erhöhung des Stundenumfanges im Falle eines erhöhten Bedarfes) profitieren und ohne dass sich das beklagte Land in der Verpflichtung sieht, den Nichtteilnehmern vor dem Ausspruch einer jeden weiteren (Änderungs-)Kündigung nochmals die Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept anzubieten.

Diese Vorgehensweise erscheint - wie bereits oben unter I. 1. der Gründe ausgeführt - rechtlich jedenfalls vor dem Hintergrund des dem Kündigungsschutzrecht innewohnenden ultima-ratio-Prinzips zweifelhaft, kann vorliegend aber im Ergebnis dahinstehen.

Denn in dem beschriebenen fünften Rechenschritt hat das beklagte Land zur Sicherung des Mindestbeschäftigungsumfanges einen Unterrichtsbedarf mit einem Beschäftigungsumfang im Gegenwert von 203,533 Stellenanteilen ermittelt und andererseits festgestellt, dass diesbezüglich ein Unterrichtsbedarf mit einem Beschäftigungsumfang im Gegenwert von 207,586 Stellenanteilen zur Verfügung steht.

Hinsichtlich des danach nicht ausgeschöpften Unterrichtsbedarfes mit einem Beschäftigungsumfang im Gegenwert von 4,033 Stellenanteilen hat das beklagte Land in der Personalratsanhörung (Blatt 84 d. A.) - wie in der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2009 erörtert - ausgeführt:

"Die verbleibenden restlichen 4,033 Stellenanteile sind nicht auskömmlich, um die erforderliche Aufstockung gemäß Anwendungsregelungen des Lehrerpersonalkonzeptes umzusetzten."

Im Übrigen ist das beklagte Land der Auffassung, der aufgezeigte Beschäftigungsumfang im Gegenwert von 4,033 Stellenanteilen sei zu Gunsten der Klägerin nicht berücksichtigungsfähig, da die Klägerin über keinen entsprechenden Verteilungsanspruch nach dem Lehrerpersonalkonzept verfüge. Das Rechenergebnis sei dem System des Lehrerpersonalkonzeptes immanent.

Dem kann nach Auffassung des erkennenden Gerichtes unter Berücksichtigung der unter I. 2. der Gründe genannten Vorgaben jedenfalls - wie hier - in den Fällen, in denen der Beschäftigungsumfang einer nicht am Lehrerpersonalkonzept teilnehmenden Lehrkraft unter den Mindestbeschäftigungsumfang einer teilnehmenden Lehrkraft änderungsgekündigt werden soll, nicht gefolgt werden.

Dabei ist es nicht rechtserheblich, dass einer nicht teilnehmenden Lehrkraft kein Aufstockungsanspruch nach dem Lehrerpersonalkonzept zusteht. Im Gegenteil ist es gerade aus sich heraus schlüssig, dass eine Lehrkraft, die sich entschlossen hat, nicht am Lehrerpersonalkonzept teilzunehmen, keine für sich günstige Rechtsposition auf das Lehrerpersonalkonzept stützen kann.

Jedoch ergibt sich die für die Klägerin günstige Rechtsposition in der hier zu behandelnden Fallkonstellation unmittelbar aus den geschilderten kündigungsrechtlichen Vorgaben nach §§ 2 in Verbindung mit 1 Abs. 2 KSchG.

Das beklagte Land hat sich nämlich nach dem eigenen Vortrag zur Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung nicht auf das unbedingt Notwendige beschränkt. Denn im Falle des hier unstreitig noch zur Verfügung stehenden Unterrichtsbedarfes mit einem Beschäftigungsumfang im Gegenwert von 4,033 Stellenanteilen ist nicht ersichtlich und wird von dem gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungs- und beweispflichtigen beklagten Land auch nicht vorgetragen, dass ein Verzicht auf eine Reduzierung des Arbeitsumfanges der Klägerin von 18/27 auf 16/27 die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung gefährdet oder gar unmöglich gemacht hätte. Mithin sind die mit der streitbefangenen Änderungskündigung durch das beklagte Land vorgesehenen Änderungen der Arbeitsbedingungen für die Klägerin im o. g. Sinn billigerweise nicht hinzunehmen.

b)

Dass gleiche Ergebnis folgt - wenn insoweit auch nicht mehr entscheidungserheblich - aus dem Umstand, dass das beklagte Land es versäumt hat, im Einzelnen vorzutragen, in welcher Anzahl sogenannte Rundungsstunden angefallen sind und in welcher Anzahl sie für welche Zwecke nach dem Lehrerpersonalkonzept verteilt worden sind. Ein derartig konkreter Sachvortrag wäre unter Berücksichtigung von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG erforderlich gewesen, da die Klägerin sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich - wie in der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2009 erörtert - die Verteilung der sogenannten Rundungsstunden bestritten hat. Soweit das beklagte Land diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2009 vorgetragen hat, die Rundungsstunden seien entsprechend dem Lehrerpersonalkonzept verteilt worden, so sind diese Ausführungen vor dem Hintergrund der Vorgaben des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG zu pauschal und für das erkennende Gericht nicht überprüfungsfähig. Ein gegebenenfalls gestellter Beweisantritt wäre als Ausforschungsbeweis zu werten.

c)

Auch wenn es darauf entscheidungserheblich ebenfalls nicht ankommt, dürfte entsprechendes für den Vortrag des beklagten Landes gelten, hinsichtlich der Neueinstellungen für die Fächerkombination Deutsch und Englisch sei der Einstellungskorridor nach dem Lehrerpersonalkonzept nicht überschritten worden. Auch hier fehlt es an einer konkreten Schilderung der Einzelheiten durch das beklagte Land.

II.

Das beklagte Land hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben. Diese Entscheidung befindet sich im Einklang mit der Bedarfsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Widersprüche zu Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte bzw. zu Entscheidungen anderer Kammern des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern sind nicht ersichtlich (§ 72 Abs. 1, 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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