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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 30.05.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 62/08
Rechtsgebiete: BUrlG, RTV Gebäudereinigung


Vorschriften:

BUrlG § 11
RTV Gebäudereinigung § 14 Ziff. 2.1
1. Bei der Bemessung der Höhe des Urlaubslohnes (Geldfaktor) gemäß § 14 Ziff. 2.1 Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (RTV) bleiben Mehrarbeitsstunden unberücksichtigt.

2. Bei der Bemessung des Urlaubsentgelts nach § 11 BUrlG (Geldfaktor) bleiben Mehrarbeitsstunden sowohl hinsichtlich der Zuschläge als auch bezüglich der Grundvergütung unberücksichtigt.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.01.2008 - 22 Ca 2755/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zuletzt noch um die korrekte Berechnung des Urlaubsentgelts.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 07.08.1995 bei einer Arbeitszeit von 39 Wochenstunden zu einem Stundenlohn von 7,19 EUR brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemein verbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (künftig: RTV) Anwendung.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines erhöhten Urlaubsentgelts, und zwar unter zusätzlicher Berücksichtigung der geleisteten und bezahlten Überstunden nebst der gezahlten Zuschläge.

Das Arbeitsgericht Schwerin hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen argumentiert, dass Überstunden bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nicht zu berücksichtigen seien. § 14 Ziff. 2.1 RTV regele die Zahlung des durchschnittlichen Lohnes für die regelmäßige Arbeitszeit während des Urlaubes. Der Begriff der regelmäßigen Arbeitszeit werde in § 3 RTV definiert. Danach sei Mehrarbeit gerade nicht Bestandteil der regelmäßigen Arbeitszeit.

Gegen diese am 22.01.2008 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 11.03.2008 nebst Begründung beim Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung der Klägerin.

Die Klägerin hält an ihrer Rechtsauffassung fest. In den in § 14 Ziff. 2.1 RTV genannten Ausnahmetatbeständen sei die Frage der Mehrarbeit nicht enthalten, so dass im Umkehrschluss davon ausgegangen werden müsse, dass bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes auch die in den letzten zwölf Monaten geleisteten Mehrarbeitsstunden nebst der gezahlten Zuschläge zu berücksichtigen seien. Die dort verwendete Formulierung "regelmäßige" stehe dem nicht entgegen. Damit sei nämlich nicht die regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 3 RTV gemeint, sondern diese Formulierung beziehe sich lediglich auf den sogenannten "Zeitfaktor". Jedenfalls resultiere der geltend gemachte Zahlungsanspruch aber aus § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG, denn danach verliere der Arbeitnehmer nur die als Zuschläge bezeichneten Zusatzleistungen, nicht jedoch den Anspruch darauf, dass ihm ausfallende Überstunden in gleicher Weise wie die sonstigen ausfallenden Arbeitsstunden zu vergüten seien.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.02.2008 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 36,05 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin verfügt gegenüber der Beklagten weder über einen tariflichen Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe gemäß § 14 Ziff. 2.1 RTV noch über einen gesetzlichen Zahlungsanspruch gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG.

1.

§ 14 Ziff. 2.1 RTV scheidet als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch der Klägerin aus. Zur Begründung kann diesbezüglich zunächst auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Schwerin in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden, zumal in der Berufungsinstanz insoweit keine entscheidungserheblichen neuen Tatsachen vorgetragen worden sind.

Der Rechtsauffassung der Klägerin, die Formulierung "regelmäßige" in § 14 Ziff. 2.1 RTV beziehe sich ausschließlich auf den sogenannten "Zeitfaktor" und könne für die Frage der Ermittlung des Geldfaktors nicht herangezogen werden, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen.

Die zwingende Berücksichtigung des sogenannten "Zeitfaktors" folgt zunächst aus der Formulierung "auf bezahlten Erholungsurlaub" in § 1 BUrlG (BAG vom 22.02.2000, 9 AZR 107/99, Juris). Danach ist der Arbeitnehmer hinsichtlich der Stundenvergütung im Urlaub so zu stellen, als hätte er in dieser Zeit gearbeitet. Wären also im Urlaubszeitpunkt Überstunden angefallen, so hätten diese bei der zu ermittelnden Anzahl der im Urlaub zu vergütenden Stunden berücksichtigt werden müssen.

Dass die Tarifvertragsparteien in § 14 Ziff. 2.1 RTV mit der Formulierung "regelmäßige" eine entsprechende eigenständige Regelung zum sogenannten "Zeitfaktor" in Ergänzung oder gar in Abweichung zu § 1 BUrlG regeln wollten, lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung bzw. der Tarifsystematik entnehmen. Vielmehr regelt § 14 Ziff. 2.1 RTV ausschließlich den sogenannten "Geldfaktor" und bezeichnet abweichend von § 11 Abs. 1 BUrlG u. a. mit der Festlegung von zwölf Monaten einen abweichenden Referenzzeitraum.

Dieser Umstand folgt bereits aus der Überschrift "Urlaubslohn" in § 14 Ziff. 2 RTV, während der Urlaubsanspruch der Höhe nach als solcher selbst in § 14 Ziff. 1 RTV geregelt ist. Daraus folgt, dass die "regelmäßige Arbeitszeit" in § 14 Ziff. 2.1 RTV diejenige ist, die aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung - unter Berücksichtigung der Obergrenze in § 3 RTV - üblicherweise vom Arbeitnehmer geschuldet wird. "Unregelmäßige" Arbeitszeiten wie etwa die Ableistung nicht planmäßiger Mehrarbeit fallen nicht darunter.

Da - wie eben ausgeführt - § 14 Ziff. 2 RTV lediglich der Bestimmung des sogenannten "Geldfaktors" dient, ist - dem Wortlaut entsprechend und dem Arbeitsgericht Schwerin insoweit folgend - der Formulierung "regelmäßige" in der genannten Tarifnorm der Hinweis auf die regelmäßige Arbeitzeit gemäß Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 3 RTV zu entnehmen. Daraus wiederum folgt unmittelbar, dass bei der Ermittlung des sogenannten "Geldfaktors" gemäß § 14 Ziff. 2.1 RTV Mehrarbeit nebst entsprechender Zuschläge nicht zu berücksichtigen ist.

2.

§ 11 Abs. 1 BUrlG scheidet als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin ebenfalls aus. Die vorgenannte gesetzliche Regelung beinhaltet - insoweit unstreitig (BAG vom 22.2.2000, a. a. O.) - die Bemessung des sogenannten "Geldfaktors", das heißt, in welcher konkreten Höhe das Urlaubsentgelt zu bemessen und zu vergüten ist. Maßgeblich sind danach die letzten dreizehn Wochen, jedoch ohne Überstunden, und zwar sowohl hinsichtlich des Grundbetrages als auch bezüglich der Zuschläge (BAG vom 09.11.1999, 9 AZR 771/98, Juris Rn. 25; Erfurter Kommentar, 8. Auflage 2008/Dörner, Rn. 9 zu § 1 BUrlG).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Diese Entscheidung befindet sich im Einklang mit den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 22.02.2000 (a. a. O.) sowie vom 09.11.1999 (a. a. O.). Zudem beinhaltet diese Entscheidung keine Tarifauslegung, sondern es geht "lediglich" um eine konkrete Tarifanwendung.

Ende der Entscheidung

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