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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 03.03.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 128/08
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 1
1. Von einer Ausgangskasse im Sinne von § 2 Ziffer 8 des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ETV MV), an der die Kassenzulage zu zahlen ist, kann man nur sprechen, wenn durch die Kasse ein Bereich des Ladenlokals so abgeschlossen wird, dass alle Kunden, die den Bereich betreten, ihn nur durch diese Kassenzone wieder verlassen können.

2. In äußerlicher Hinsicht ist dafür weniger die örtliche Lage der Kasse im Verkaufsraum kennzeichnend; entscheidend kommt es vielmehr auf die bauliche Gestaltung der Kassenanlage an. Eine Ausgangskasse im tariflichen Sinne liegt nur vor, wenn alle Kunden, die den Bereich betreten, ihn nur über die Ausgangskassenanlage wieder verlassen können. Erst diese Kanalisierung des Kundenstroms im - häufig auch räumlich verengten - Ausgangsbereich, hebt diese Kassenform von der Abteilungs- oder Sammelkasse ab. Kennzeichnend für die Arbeit an der Ausgangskasse ist daher einerseits die völlige Trennung des Verkaufsgesprächs mit dem Kunden von dem Vorgang des Inkassos und andererseits die nur an der Ausgangskasse anfallende zusätzliche Aufgabe, Kunden auch darauf zu kontrollieren, ob sie versuchen, unberechtigt Waren aus dem Verkaufslokal zu verbringen.


Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Arbeitnehmerin verlangt von dem beklagten Möbelhaus die Zahlung der Kassenzulage nach § 2 Ziffer 8 des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (ETV MV).

Die Klägerin ist seit 1997 bei der Beklagten in deren Möbelhaus in Neubrandenburg als Kassiererin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die der Einzelhandelsverband Nord e.V. mit der Gewerkschaft ver.di ausgehandelt hat, aufgrund beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Die Klägerin ist eingruppiert in die Gehaltsgruppe 2 gemäß § 3 ETV MV und erhält Vergütung nach der höchsten dort vorgesehenen Stufe (nach dem 7. Tätigkeitsjahr). Das Gehalt beträgt seit Dezember 2006 monatlich 1.947,00 EUR brutto.

Ursprünglich verrichtete die Klägerin ihre Tätigkeit als Kassiererin an den Kassen im Ausgangsbereich des Möbelhauses. In dieser Position ist ihr die Kassenzulage nach § 2 Ziffer 8 ETV MV gewährt worden. Seit März 2005 und auch gegenwärtig erfüllt sie ihre Arbeitsaufgabe an der Kasse in der hauseigenen Cafeteria. Die Cafeteria befindet sich im Obergeschoss mitten im Verkaufslokal. Man kann die Cafeteria nur über das Verkaufslokal betreten und wenn man sie verlässt, ist man notwendig wieder im Verkaufslokal des Möbelhauses. In der Cafeteria erfolgt der Verkauf von Speisen und Getränken an Kunden und Mitarbeiter des Hauses in kantinenüblichem Umfang. In dem Warenhaus der Beklagten in Neubrandenburg sind außer der Einzelkasse in der Cafeteria nur Kassen im Ausgangsbereich des Ladenlokals eingerichtet.

Auf ihrem neuen Arbeitsplatz hat die Klägerin zunächst weiterhin die Kassenzulage erhalten. Seit Dezember 2006 hat die Beklagte die Zahlung der Kassenzulage an die Klägerin allerdings eingestellt, weil sie meint, die Klägerin hätte in ihrer Position als Kassiererin in der Cafeteria keinen Anspruch auf diese Zulage. Die Klägerin meint, ihr stehe die Kassenzulage weiterhin zu.

Die Klägerin hat ihre auf die Gewährung der Kassenzulage gerichtete Zahlungsklage im Juli 2007 anhängig gemacht. Die Klage umfasst, so wie sie hier zur Entscheidung ansteht, die Kassenzulage für die Monate Dezember 2006 bis einschließlich Juli 2007. Die Höhe der geltend gemachten Zulage ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Die Klägerin hat ihre Forderung vergeblich außergerichtlich geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die unstreitige Darstellung in der Klageschrift verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die am 22. Juni 2007 anhängig gemachte und bei der Beklagten am 28. Juni 2007 zugestellte Klage mit Urteil vom 31. März 2008 abgewiesen und den Streitwert auf 622,24 EUR festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil ist der Klägerin am 2. April 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 29. April 2008 ist hier noch am selben Tag per FAX eingegangen. Aufgrund eines Antrages, der hier am 1. Juni 2008 eingegangen war, ist sodann die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 2. Juli 2008 verlängert worden. Die Berufungsbegründung vom 29. Juni 2008 hat das Gericht per FAX noch am selben Tag erreicht.

Die Klägerin verfolgt im Berufungsrechtszug ihr Klageziel im vollen Umfang weiter.

Die Klägerin meint, allein der Umstand, dass sich eine Kasse am Ausgang befinde, mache sie noch nicht zur "Ausgangskasse" im Tarifsinn. Unter Berücksichtigung des Sinns der Funktionszulage müsse ein Zusammenhang mit den an einer derartigen Kasse zu verrichtenden Aufgaben hergestellt werden. Prägend für den Begriff sei mithin nicht, dass der Kunde nach dem Passieren dieser Kasse das Geschäft verlasse, sondern vielmehr, dass an einer derartigen Kasse ein den Einkauf beendender Kassiervorgang vorgenommen werde. Ein solcher den Einkauf beendender Kassiervorgang könne auch einen in einer abgeschlossenen Abteilung erfolgten Einkauf erfassen.

Bei der Cafeteria im Obergeschoss des Möbelhauses handele es sich um eine derartige abgeschlossene Abteilung. Sie wäre dort an der Kasse für die abschließende Kassierung sämtlicher in dieser Abteilung getätigten Einkäufe verantwortlich.

Dass die Kassenzulage auch an ihrem Arbeitsplatz zu zahlen sei, werde auch durch einen Vergleich der Tätigkeiten an ihrer Kasse und an den Kassen im Ausgangsbereich des Möbelhauses deutlich. An der Ausgangskasse sei zwar das gesamte umfangreiche Warensortiment zu kassieren, während sie nur die Speisen und Getränke in der Cafeteria zu kassieren habe. Dennoch würden unter Bezugnahme auf die Kassiervorgänge und die damit einhergehenden Bearbeitungen gravierende Unterschiede in der Wahrnehmung der Tätigkeiten nicht bestehen. Auch sie habe mit unterschiedlichen Bezahlformen zu tun, denn auch sie müsse unterschiedlichste Gutscheine kassentechnisch verarbeiten. Außerdem habe auch sie gegebenenfalls Kundenreklamationen und Preisanfragen zu klären sowie die Kontrolle auszuüben. Diese beziehe sich zwar nicht auf Einkaufswagen, Verpackungen oder größere Artikel, aber immerhin darauf, ob Beilagen, die zum Gericht nur einmal abgereicht würden, nicht in übermäßiger Zahl eingesteckt oder auf dem Tablett versteckt seien.

Da die Tätigkeit an den unterschiedlichen Kassen sich nicht wesentlich unterscheiden, habe die Beklagte die streitgegenständliche Funktionszulage bis November 2006 mit Recht an sie weiter gezahlt. Hinzu komme, dass im Fall ihrer Vertretung an die vertretenden Kassiererinnen - was unstreitig ist - die Kassenzulage ebenfalls weiter gezahlt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Beklagte zu verurteilen, an sie 622,24 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte geht davon aus, dass es sich bei der Kasse in der Cafeteria nicht um eine Ausgangskasse im tariflichen Sinne handele. Von einer Ausgangskasse könne man nur sprechen, wenn sich die Kasse tatsächlich im Ausgangsbereich eines Geschäftes befinde. Der Kunde müsse sich also nach dem Durchschreiten der Kasse außerhalb des Ladenlokals befinden. Das sei an der Kasse in der Cafeteria nicht der Fall. Die Kantine befinde sich räumlich in dem Geschäft als integrierter Servicebereich, der die gastronomische Versorgung von Kunden ermögliche.

Außerdem sollten von dem Tarifvertrag des Einzelhandels nur Kassen erfasst werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Einzelhandel stehen würden. Nur auf diese Gruppe erstrecke sich der Tarifvertrag. Das Restaurant hingegen wäre dem gastronomischen Bereich zuzuordnen. Zwar werde das Restaurant von ihr betrieben, was allerdings nicht zwangsläufig dazu führe, dass es zum Einzelhandel gehöre. Erst recht stelle es keine Abteilung eines Einzelhandelsgeschäftes dar.

Auch sei die Tätigkeit an dieser Kasse nicht mit der Tätigkeit an den Kassen im Ausgangsbereich des Möbelmarktes zu vergleichen. Die Zahl der Artikel sei sehr überschaubar und es wären keine kassenübergreifenden, weiteren verantwortungsvollen Arbeiten zu verrichten, auf die das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 10. April 1996 (10 AZR 758/95) abgehoben habe. Die Klägerin kassiere die Speisen und Getränke über eine Scannerkasse, wobei lediglich die nach Angebot wechselnden Speisen mit Kennnummern eingegeben werden müssten. Diese Arbeiten gehörten zu den allgemein üblichen Tätigkeiten einer Kassiererin. Eine Kassiererin an einer der Kassen im Ausgangsbereich habe hingegen das gesamte sehr umfangreiche Warensortiment zu kassieren und dabei diverse Zahlungsmittel wie Bargeld, ec-Karten, verschiedene Kreditkarten, Gutscheine, Bezugsscheine von Ämtern etc. entgegenzunehmen. Mögliche Kundenreklamationen wären gleich an der Kasse zu bearbeiten, Preisanfragen vorzunehmen, Kontrollen von Einkaufswagen, Verpackungen oder größeren Artikeln mit Hohlräumen auf gestohlene Waren vorzunehmen (als tatsächlicher Umstand insgesamt unstreitig). Damit sei die Verantwortung einer Kassiererin an einer der Kassen im Ausgangsbereich eine wesentlich höhere als die der Klägerin an der Kantinenkasse, an welche die Gäste mit ihrem bestückten Tablett herantreten.

Der Zweck der Funktionszulage bestehe im Ausgleich besonderer Belastungen an der Ausgangskasse. Die Klägerin sei keinen besondern Belastungen ausgesetzt. Im Gegenteil könnte man hier eher die Überlegung anstellen, ob das Kassieren an der Kantinenkasse nicht sogar ein "einfaches Kassieren" entsprechend der Gehaltsgruppe 1 des ETV MV wäre. Auf jeden Fall bestehe keinerlei Veranlassung eine "Belastungszulage" zu zahlen. Die Tätigkeiten der Klägerin wären nach Intensität, Stärke und Ausmaß nicht mit denen an der Ausgangskasse vergleichbar.

In der Vergangenheit sei die Zahlung der Funktionszulage an die Klägerin erfolgt, weil sie früher an einer Ausgangskasse tätig gewesen sei. Erst Ende November 2006 habe eine Überprüfung und Bewertung der Tätigkeit an der Kantinenkasse stattgefunden mit dem Ergebnis, dass diese nicht zulagefähig wäre. Lediglich aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen habe man davon abgesehen, die zuviel gezahlte Vergütung von der Klägerin zurückzuverlangen. Im Weiteren habe die Zentrale in Oberhausen erst im November 2006 Kenntnis davon erlangt, dass die Versetzung der Klägerin zum 1. März 2005 aus krankheitsbedingten Gründen von den Kassen im Ausgangsbereich im Erdgeschoss zur Restaurantkasse im 2. Obergeschoss erfolgt sei.

Bei den beiden als Vertretung für die Klägerin eingesetzten Mitarbeiterinnen handele es sich um Stammkräfte für die Kassen im Ausgangsbereich (unstreitig); durch die gelegentlichen Vertretungstage würden bei ihnen die tariflichen Voraussetzungen zur Gewährung der Zulage nicht in Frage gestellt. Außerdem habe man ihnen die Kassenzulage auch während der Vertretungszeit weiter gewähren wollen, damit nicht indirekt noch ihre besondere Flexibilität durch das Streichen der Zulage bestraft werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die der Beschwer nach statthafte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der Kassenzulage nach § 2 Ziffer 8 ETV MV zusteht, da sie derzeit an ihrem Arbeitsplatz als Kassiererin in der Cafeteria nicht an einer Ausgangskasse (check-out) tätig ist. Die tarifliche Regelung lautet wörtlich:

"SB-Kassierer/innen erhalten in den Monaten, in denen sie auf Anweisung der Geschäftsleitung im Wochendurchschnitt mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen (check-out) tätig sind, eine Funktionszulage von 4 % ihres Tarifentgeltes."

Danach steht der Klägerin die streitige Kassenzulage nicht zu, denn sie ist derzeit nicht an einer Ausgangskasse im tariflichen Sinne beschäftigt. Die weiteren Voraussetzungen der Kassenzulage sind zwischen den Parteien nicht in Streit. Dies betrifft vor allem auch die zusätzliche Voraussetzung, dass die Kassiererin eine "SB-Kassiererin" sein müsse. Das Gericht sieht daher keinen Anlass, das Vorhandensein dieses Merkmals weiter zu begründen.

1.

Von einer Ausgangskasse im tariflichen Sinne kann man nur sprechen, wenn durch die Kasse ein Bereich des Ladenlokals so abgeschlossen wird, dass alle Kunden, die den Bereich betreten, ihn nur durch die Kassenzone wieder verlassen können. Diese Auslegung des Begriffs ergibt sich aus dem Tarifvertrag.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 17. März 2004 - 10 AZR 294/03 - AP Nr. 83 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; 20. April 1994 - 10 AZR 276/93 - AP Nr. 11 zu BAT §§ 22, 23 Zulagen, dort mit weiteren Nachweisen).

a)

Der Wortlaut des Tarifvertrages ermöglicht noch keine Klärung der Streitfrage; das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

Der Begriff Ausgangskasse gehört bis heute nicht zur deutschen Schriftsprache. Er ist weder im Duden noch in den einschlägigen Lexika verzeichnet. Der Klammerzusatz mit dem englischen Begriff check-out ist ebenfalls wenig hilfreich, denn im Englischen bezeichnet check-out bzw. checkout auch die Kasse an sich und nicht nur eine bestimmte Art der Kasse.

Umgangssprachlich findet sich der Begriff der Ausgangskasse immer wieder. Soweit ersichtlich, hat er in der Umgangssprache ausschließlich eine örtliche Bedeutung im Sinne einer "Kasse am Ausgang". Ausgangskassen sind Kassen am Ende des Ladengeschäfts oder Kassen am Ende einer Dienstleistungseinrichtung, zum Beispiel eine Kasse in einem Erlebnisbad, an der man beim Verlassen des Bades zuvor in Anspruch genommenen Leistungen (zum Beispiel Essen) zu bezahlen hat. Der Begriff ist aber nicht sehr trennscharf. So bereitet es keine Schwierigkeiten ihn umgangssprachlich auch auf eine Kasse zu beziehen, die in einem Kaufhaus den Einkauf in einer bestimmten Abteilung, zum Beispiel in einer Musikabteilung mit CDs etc., abschließt. Auch solche Kassen kann man umgangssprachlich als Ausgangskassen bezeichnen, weil sie am Ausgang der CD-Abteilung angebracht sind und man nur über diesen Bereich die Abteilung verlassen kann.

Auch die Tarifhistorie leistet vorliegend keinen Beitrag zur Erkenntnis. Soweit sich die Entwicklung des Entgelttarifvertrags MV in die Vergangenheit der frühen 90er Jahre zurückverfolgen lässt, hatte die Norm zur Bestimmung der Kassenzulage stets denselben Wortlaut. Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass die Formulierung aus einem vergleichbaren Tarifvertrag aus einer anderen Tarifregion übernommen wurde.

b)

Soweit sich die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung mit der Kassenzulage des Einzelhandels befasst hat, lagen dem Tarifnormen zu Grunde, die anders formuliert waren.

aa)

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner von der Beklagten herangezogenen Entscheidung vom 10. April 1996 (10 AZR 758/95 auf juris.de verfügbar) mit der Kassenzulage aus dem Gehaltstarifvertrag Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen befasst, die als "Belastungszulage" gezahlt werden musste für Kassiererinnen, die "ständig an Sammel- oder Check-out-Kassen tätig" sind.

Da die seinerzeitige Klägerin unstreitig nicht an einer Ausgangskasse im örtlichen Sinne tätig war, sondern allenfalls an einer Sammelkasse, hat sich das BAG in der Entscheidung nur mit dem Begriff der Sammelkasse auseinandergesetzt.

Es hat seinerzeit angenommen, eine Sammelkasse liege nur dann vor, wenn an der Kasse neben dem Inkasso gegenüber dem Kunden auch noch eine "übergreifende Kassenfunktion" wahrgenommen werde. Es hat die Zulage damit mehr wie eine tarifliche Zwischenstufe zur Gehaltsgruppe 3 angesehen, in der die Kassierer der "Hauptkasse" eingruppiert sind und hat gemeint, eine Sammelkasse liege nur vor, wenn an dieser Kasse auch einzelne Tätigkeiten, die man funktional der Hauptkasse zuzuordnen hat, mit ausgeübt werden.

Das erkennende Gericht hat Zweifel, ob diese Auslegung der seinerzeitigen Tarifnorm, die im Tarifvertrag immerhin als "Belastungszulage" bezeichnet war, gerecht wird. Einzelheiten dazu können jedenfalls dahinstehen, da der hier zu erschließende Begriff der Ausgangskasse mit dem seinerzeitigen Begriff der Sammelkasse nur wenig Gemeinsamkeiten aufweist. Es deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit an einer Ausgangskasse als eine Tätigkeit angesehen haben, die wegen der zusätzlichen Wahrnehmung zentraler Kassenfunktionen die Zahlung einer Zulage rechtfertigt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff das Bild der häufig parallel nebeneinander angeordneten Kassen vor Augen hatten, wie man sie heute regelmäßig im Lebensmitteleinzelhandel, im Drogerieeinzelhandel, auf dem Sektor der Baumärkte und der Elektronikmärkte wiederfindet. Mit diesen Kassen wird das Massengeschäft des Alltags erledigt, zusätzliche Funktionen sind damit regelmäßig nicht verbunden.

bb)

Das Bundesarbeitsgericht hat sich sodann in seiner Entscheidung vom 17. März 2004 (a.a.O.) mit der Kassenzulage aus dem Gehaltstarifvertrag des bayerischen Einzelhandels befasst, die gezahlt werden musste für Kassiererinnen, die "überwiegend an SB-Kassen tätig" sind.

Das Bundesarbeitsgericht hat erkannt, dass eine SB-Kasse immer dann vorliege, wenn die ganze Verkaufsstelle als Selbstbedienungsladen, Selbstbedienungsmarkt oder Selbstbedienungswarenhaus organisiert sei. Der Begriff sei unabhängig von der örtlichen Lage der Kasse innerhalb des Verkaufslokals, so dass auch eine Abteilungskasse eine SB-Kasse sei, wenn jedenfalls das ganze Geschäft auf der Selbstbedienung durch die Kunden aufbaue.

Zum Sinn der Zulage führt das Bundesarbeitsgericht dann noch aus:

"Die Erschwernisse des SB-Kassenpersonals im Verhältnis zu den übrigen unter die Beschäftigungsgruppe II fallenden Angestellten liegen vielmehr darin, dass die Mitarbeiter - jedenfalls bei normalem bis starkem Kundenandrang - ständig unter relativ hoher Konzentration Waren bewegen, Preise erfassen und eingeben, ggf. Diebstähle aufdecken und Geld kassieren müssen und dabei stets im Blickpunkt der Kundenöffentlichkeit stehen. Sie üben eine monotone Tätigkeit mit dennoch hoher finanzieller Verantwortung aus und sind dem Druck in vielen Fällen eiliger oder drängelnder Kunden ausgesetzt, denen sie geduldig und freundlich gegenübertreten müssen. Diesen Erschwernissen unterliegen die übrigen Mitarbeiter der Beschäftigungsgruppe II wie beispielsweise Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit in Warenannahme, Lager, Versand, Warenausgabe mit Kontrolltätigkeit und Verkäufer im Allgemeinen, typischerweise nicht dauerhaft."

Auch dieser Entscheidung lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, was man sich unter einer Ausgangskasse vorzustellen hat. Da die hier streitige Kassenzulage allerdings nur an "SB-Kassiererinnen" an Ausgangskassen zu zahlen ist, hält es das Gericht für möglich, die Erkenntnisse des Bundesarbeitsgerichtes zum Sinn und Zweck der Kassenzulage auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen.

cc)

Das Bundesarbeitsgericht hat sich außerdem jüngst in der Entscheidung vom 18. März 2009 (10 AZR 338/08) mit der Kassenzulage aus dem Gehaltstarifvertrag Einzelhandel Sachsen-Anhalt befasst, die mit der Kassenzulage im hiesigen Tarifvertrag wortgleich ausgestaltet ist. Streitig war in diesem Rechtsstreit allerdings nur die Frage, ob teilzeitbeschäftigte Kassiererinnen, die aufgrund der Teilzeit die im Tarifvertrag geforderten Einsatzzeiten im Umfang von 24 Stunden pro Woche gar nicht erreichen können, dennoch die Zulage zusteht, wenn sie gemessen an ihrer persönlichen Teilzeitquote verhältnismäßig gleich lange an einer Ausgangskasse arbeiten.

Das Bundesarbeitsgericht hat der Arbeitnehmerin Recht gegeben und dabei darauf abgestellt, dass die Kassenzulage keine Erschwerniszulage sei, die nur für die Einsatzzeiten unter erschwerten Bedingungen gezahlt werde, sondern eine Funktionszulage, die eine zusätzliche Vergütung darstelle.

c)

Die tarifliche Bedeutung des Begriffs der Ausgangskasse erschließt sich für das Gericht aus den Besonderheiten des Geschäftsmodells, das zu solchen Kassen führt. Der Begriff der Ausgangskasse ist zwar historisch mit dem Begriff der Selbstbedienung verbunden, weil Ausgangskassen zunächst in Selbstbedienungsgeschäften eingerichtet wurden. Kennzeichnend ist diese Verbindung allerdings nicht. Es ist denkbar, dass Ausgangskassen in Verkaufslokalen mit Fremdbedienung eingerichtet sind. Kennzeichnend für die Ausgangskasse sind vielmehr einerseits die völlige Trennung des Verkaufsgesprächs mit dem Kunden von dem Vorgang des Inkassos und andererseits die nur an der Ausgangskasse anfallende zusätzliche Aufgabe, Kunden auch darauf zu kontrollieren, ob sie versuchen, unberechtigt Waren aus dem Verkaufslokal zu schmuggeln.

Kennzeichnend ist daher zwar einerseits die örtliche Lage der Kasse. Gleichzeitig kommt es aber auch auf die bauliche Gestaltung der Kassenanlage an. Alle Kunden, die den Bereich betreten, können nur über die Ausgangskasse den Bereich wieder verlassen. Erst diese Kanalisierung des Kundenstroms in einen räumlich verengten Bereich, der gelegentlich Merkmale einer Personenvereinzelungsanlage, die zu Kontrollzwecken eingerichtet wird, aufweist, hebt diese Kassenform von der Abteilungs- oder Sammelkasse ab. Daher mag zwar die Rezeption in einem Hotel, auf die das Arbeitsgericht erläuternd eingegangen ist, auch im Ausgangsbereich liegen, sie würde jedoch nicht die Merkmale einer Ausgangskasse erfüllen können, da sie nicht baulich so gestaltet ist, dass alle Hotelgäste an ihr in einem verengten Gang vorbeigehen müssen.

Die Zulage wird in diesem Sinne einerseits für die zusätzliche Kontrollaufgabe der Kassiererin an der Ausgangskasse gezahlt, anderseits aber auch als Ausgleich für die besondere Belastung, die mit dieser Tätigkeit verbunden ist. Die vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 17. März 2004 (a. a. O.) hervorgehobenen Belastungen treten bei der Tätigkeit an einer Ausgangskasse sogar besonders intensiv auf. Es ist eine monotone Arbeit, die wegen des ständigen Umgangs mit Geld und anderen Zahlungsmitteln dennoch eine gleichbleibend erhöhte Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert. Gleichzeitig können sich aus dem Verhältnis zu den in der Warteschlange stehenden Kunden sehr leicht Spannungen aufbauen, denen die Kassiererin "geduldig und freundlich gegenübertreten" (BAG a. a. O.) können muss.

Das Gericht folgert daraus, dass eine Ausgangskasse zwar nicht notwendig am äußeren Ausgang des gesamten Ladengeschäfts liegen muss. Sie muss aber jedenfalls am Ende eines Bereiches liegen, der so eingerichtet ist, dass alle Kunden, die den Bereich betreten, ihn nur an dem verengten Kassenbereich vorbei wieder verlassen können. Gibt es in diesem verengten Kassenbereich einen zusätzlichen Durchgang, durch den Kunden, die keine Waren bei sich führen, das Ladenlokal nach Blickkontrolle durch eine Bedienkraft verlassen können ohne kassiert zu werden, würde das den Charakter der Ausgangskasse nicht berühren. Da der so das Lokal verlassende Kunde ebenfalls nur nach Kontakt mit einem Mitarbeiter den Durchlass passieren kann, würde ein solcher gesonderter Durchgang sogar die vom Gericht gesehene Besonderheit der Einrichtung von Ausgangskassen unterstreichen und bestätigen.

2.

Folgt man dieser Deutung des Begriffs der Ausgangskasse, kann nicht festgestellt werden, dass der Klägerin die Kassenzulage zusteht, denn es kann nicht festgestellt werden, dass sie an einer Ausgangskasse tätig ist.

Es fällt bereits schwer sich vorzustellen, dass die Kasse, an der die Klägerin arbeitet, am Ausgang des Bereichs der Cafeteria aufgestellt ist. Denn jedenfalls nach dem zeitlichen Ablauf eines Besuchs der Cafeteria durch einen Kunden, steht das Kassieren in der Mitte und nicht am Ende des Geschehensablaufs. Der Kunde kommt, wählt seine Speisen und Getränke aus, zahlt bei der Klägerin und bleibt dann im Bereich der Cafeteria, um seine Speisen und Getränke zu verzehren. Wenn er nach dem Verspeisen die Cafeteria verlässt, muss er sich nicht nochmals der Prozedur "Vorbeigehen an der Kasse" unterziehen. Das ist der Unterschied zu der Situation an den Kassen im Ausgangsbereich des Möbelmarktes.

Aber selbst dann, wenn man den entscheidungserheblichen räumlichen Bereich, an dessen Ende die Klägerin an der Kasse sitzt, auf den Bereich des Wareneinkaufs in der Cafeteria verengt, lässt sich nicht feststellen, dass die Kasse, die die Klägerin bedient, als Ausgangskasse ausgelegt ist, denn es nicht erkennbar, dass die Kunden den Bereich der Theke, an dem die Speisen und Getränke dargeboten werden, nur über den Weg vorbei an der Klägerin verlassen können. Üblicherweise wird der Zugang zur Warentheke nicht limitiert. Er ist vom Bereich der Sitzplätze aus frei zugänglich. Daher kann man sich üblicherweise auch frei von der Warentheke weg zu einem Sitzplatz bewegen; allenfalls gibt es partiell angelegte Kundenstromlenkungsanlagen, die normalerweise jedoch auch Wege ohne Passieren der Kasse zu den Sitzplätzen eröffnen. Damit hat die Kasse in einer Cafeteria typischerweise mehr Ähnlichkeit mit einer Sammel- oder Abteilungskasse als mit einer Ausgangskasse.

Das Gericht kann nicht mit Gewissheit sagen, wie sich die konkreten Verhältnisse in der Cafeteria im Möbelhaus in Neubrandenburg genau darstellen. Es ist aber von üblichen Verhältnissen in einer solchen Cafeteria auszugehen, da die Klägerin keine Besonderheiten zu der Cafeteria in dem Möbelhaus in Neubrandenburg vorgetragen hat. Einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes dazu bedarf es nicht. Die Klägerin war sowohl bei der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht als auch bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht anwesend. In beiden Verhandlungen waren die örtlichen Verhältnisse Gegenstand der Erörterung. Auch wenn das Landesarbeitsgericht seine Auslegung des Begriffs der Ausgangskasse vielleicht nicht mit der Trennschärfe wie hier bereits in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hatte, hat das Gericht doch immer wieder die besondere Bedeutung der Kanalisierung des Kundenstroms an einer Ausgangskasse als wesentliches Merkmal hervorgehoben. Bei der ausführlichen Erörterung der Aspekte der räumlichen Gestaltung der Cafeteria sind von der Klägerin jedoch keine Gesichtspunkte vorgetragen worden, die auf diese notwendige Flaschenhalsfunktion ihres Kassenbereichs in der Cafeteria schließen lassen.

II

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin, da das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Die Revision ist zuzulassen, da die Auslegung des tariflichen Begriffs der Ausgangskasse grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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