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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 199/08
Rechtsgebiete: BAT, BGB, TVöD


Vorschriften:

BAT § 24
BGB § 315
TVöD § 14
Parallelsache zum Urteil der Kammer vom 13. Januar 2009 (5 Sa 200/08), die vollständig dokumentiert ist.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit August 1987 beim beklagten Landkreis tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich zumindest aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Der beklagte Landkreis hat mit der Bundesagentur für Arbeit (zukünftig als Bundesagentur bezeichnet) unter dem 30. November 2004 einen öffentlichrechtlichen Vertrag über die gemeinschaftliche Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II auf Basis einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) nach § 44b SGB II abgeschlossen (Kopie Blatt 61 ff). Der Vertrag ist auf den 31. Dezember 2010 befristet. Auf Basis dieses Vertrages haben die Bundesagentur und der Beklagte sodann noch unter dem 30. Dezember 2004 einen Personalgestellungsvertrag abgeschlossen, der vorsieht, dass der Beklagte der Arbeitsgemeinschaft Personal zur Erfüllung der dortigen Aufgaben zuweist. Dieser Vertrag ist ebenfalls auf den 31. Dezember 2010 befristet (Kopie Blatt 75 ff).

Auf dieser Basis ist die Klägerin mit ihrem Einverständnis - nach vorläufiger Zuweisung in der Gründungsphase 2004 - seit dem 1. Januar 2005 auf Basis der Zuweisung vom 20. Dezember 2004 (Kopie Blatt 12, es wird Bezug genommen) bei der ARGE beschäftigt.

Die Klägerin ist beim Beklagten eingruppiert in die Vergütungsgruppe VIb der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O. Welche Tätigkeit sie beim Beklagten vor der Zuweisung verrichtet hat, ist nicht aufgeklärt. In der Zuweisung heißt es zu dem künftigen tarifrechtlichen Status der Klägerin:

"Mit Wirkung vom 1. Januar 2005 werden Sie vorübergehend gem. § 12 BAT-O der Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ... zugewiesen.

...

Sie werden mit Wirkung zum 1. Januar 2005 als Bürosachbearbeiter im Leistungsbereich ... eingesetzt. Ihnen wird ... eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe VIb und der Vergütungsgruppe Vb gezahlt. ..."

Im Laufe des Jahres 2006 ist der Klägerin sodann innerhalb der ARGE ein Dienstposten "Unterhalt/Erstattungs- und Ersatzansprüche" übertragen worden.

Die Klägerin hat sich schon im Jahre 2005 schriftlich darum bemüht, auf Dauer in die Vergütungsgruppe Vb der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O eingruppiert zu werden. Eine Neueingruppierung der Klägerin auf Basis des derzeit bekleideten Dienstpostens ist bis heute nicht erfolgt. Auch eine förmliche Bewertung ihres Dienstpostens bei der ARGE ist bis heute nicht erfolgt.

Mit der Einführung des TVöD zum 1. Oktober 2005 ist die Klägerin aufgrund ihrer ursprünglichen Tätigkeit in die Entgeltgruppe 6 des TVöD überführt worden. Dementsprechend hat die Klägerin gemäß § 10 TVÜ-VKA bis zum 30. September 2007 weiterhin eine Zulage erhalten, die sich aus der Differenz der Vergütung zwischen den Entgeltgruppen E6 und E9 des TVöD bemisst.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 zahlt der Beklagte gem. § 14 TVöD nur noch eine Zulage von 4,5 % des individuellen Entgeltes der Klägerin, wobei der Beklagte die Entgeltgruppe E6 TVöD zu Grunde legt. Dadurch hat sich die Vergütung der Klägerin ab 1. Oktober 2007 um monatlich rund 220,00 EUR brutto verringert.

Mit ihrer im Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der tarifgerechten Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb des BAT/BAT-O bzw. in die Entgeltgruppe E9 des TVöD.

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat die Klage mit Urteil vom 9. April 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 7.920,00 EUR festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihre Tätigkeit bei der ARGE den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe Vb BAT-O bzw. heute der Entgeltgruppe E9 TVöD entspreche. Dies ergebe sich bereits aus den eigenen Einschätzungen des Beklagten im Rahmen der vorläufigen Zuweisungen 2004 und der endgültigen Zuweisung ab 2005. Ergänzend verweist die Klägerin auf die von ihr gefertigte Arbeitsplatzbeschreibung aus August 2006 sowie auf die späteren Ergänzungen (Blatt 21 bis 25 und Blatt 27). Die Tätigkeit in der ARGE sei ihr auch auf Dauer übertragen, da das Zuweisungsschreiben keine Befristung enthalte. Da ihr ihre derzeitige Tätigkeit dauerhaft übertragen sei, sei sie entsprechend ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit eingruppiert.

Hilfsweise argumentiert die Klägerin, die nur vorübergehende Übertragung der Aufgabe entspreche jedenfalls nicht mehr billigem Ermessen. Ihre Tätigkeit bei der ARGE sei nämlich eine Daueraufgabe des Beklagten, da er gemäß § 6 Absatz 1 SGB II auch Träger der Leistungen nach dem SGB II sei. Schließlich sei auf Grund von § 9 Absatz 3 des öffentlichrechtlichen Vertrages von einer dauerhaften Übertragung auszugehen. Nach dieser Regelung werden Mitarbeiter von kreisangehörigen Städten und Ämtern für zwei Jahre bei der ARGE beschäftigt. Da die Klägerin bereits länger als zwei Jahre bei der ARGE tätig sei, sei ihr die dortige Aufgabe auf Dauer übertragen worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 9. April 2008 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin rückwirkend ab 1. Januar 2005 in die Vergütungsgruppe Vb der Anlage 1a zum BAT-O bzw. ab 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe E9 des TVöD einzugruppieren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe E9 TVöD habe. Zum einen stehe noch gar nicht fest, welcher Entgeltgruppe die Tätigkeit der Klägerin entspreche. Insbesondere habe die Klägerin nichts bzw. nicht ausreichend vorgetragen, weshalb ihre Tätigkeit gerade der Entgeltgruppe E9 TVöD entspreche. Dabei könne sich die Klägerin auch nicht auf die Schreiben des Beklagten aus dem Jahre 2004 berufen, da der Beklagte eine tarifliche Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb nur angenommen, aber nicht ermittelt habe.

Zum anderen habe die Klägerin selbst dann, wenn ihre Tätigkeit bei der ARGE die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe E9 TVöD erfüllte, keinen Anspruch auf eine entsprechende Eingruppierung, da ihr die Aufgabe bei der ARGE nur vorübergehend übertragen worden sei. Dies entspreche auch billigem Ermessen und sei sachlich gerechtfertigt.

Aufgrund des Streits um die Wirksamkeit des § 44 b SGB II sei aus der Sicht des Beklagten bei Abschluss des öffentlichrechtlichen Vertrages die Dauerhaftigkeit des Arbeitsplatzes bei der ARGE nicht gewährleistet gewesen. Deshalb sei der ARGE-Vertrag auch nur auf 6 Jahre befristet abgeschlossen worden. Des Weiteren habe bei der Gründung der ARGE der Arbeitskräftebedarf noch nicht festgestanden. Dieser habe erst noch ermittelt werden müssen.

Schließlich sei der Beklagte verpflichtet, bei Auflösung der ARGE bzw. bei einer von der ARGE verlangten Rückführung der Klägerin diese wieder in seinem Bereich aufzunehmen. Dort seien aber nur zu einem geringen Teil Aufgaben, wie sie die Klägerin bei der ARGE wahrnimmt, zu erledigen. Jedenfalls sei noch nicht absehbar, wie die Bewältigung dieser Aufgabe bei ihrer Zurückführung auf den Beklagten organisiert werde; es sei daher auch noch nicht absehbar, welcher Stellenbedarf sich dann daraus ergeben würde.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die der Beschwer nach statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg. Die begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin eingruppiert ist in die Entgeltgruppe E9 des TVöD, denn es kann weder festgestellt werden, dass sie in ihrer derzeitigen Tätigkeit die dazu erforderlichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt, noch dass ihr ihre derzeitige Tätigkeit auf Dauer übertragen ist.

I.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit in die Entgeltgruppe E9 des TVöD einzugruppieren wäre, wenn sie ihr auf Dauer übertragen wäre. Das hat das Arbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig erkannt.

Der TVöD enthält bis heute keine eigenen Regelungen zur Eingruppierung der Tarifunterworfenen. Nach dem im Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebenden § 17 Absatz 1 TVÜ-VKA sind bis zum Inkrafttreten eigener Eingruppierungsvorschriften im TVöD die §§ 22, 23 und 25 des BAT/BAT-O weiter anzuwenden. Es gilt daher die Anlage 1a und 1b zum BAT/BAT-O (Vergütungsordnung) fort. Die Klägerin hat zwar nicht angegeben, welche der Vergütungsgruppe Vb zugeordnete Fallgruppe sie für sich als gegeben erachtet. In Betracht kommt aber vorliegend allein eine Fallgruppe aus dem Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung, da die Klägerin als allgemeine Verwaltungsangestellte tätig ist. In Betracht kommt insoweit nur die Fallgruppe 1a zur Vergütungsgruppe Vb. In diese Fallgruppe wäre die Klägerin eingruppiert, wenn die ihr übertragene Arbeitsaufgabe "gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen" erfordern würden.

Dazu hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Die von ihr eigenständig erstellte Arbeitsplatzbeschreibung (Anlage K11, Blatt 21 ff. d. A.) lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob sie bei der Bearbeitung und Geltendmachung von Ersatzansprüchen (nach eigener Einschätzung ein Arbeitsvorgang, der 50 Prozent der Arbeitszeit in Anspruch nimmt), gründliche und umfassende Fachkenntnisse benötigt und dabei selbständige Leistungen erbringt.

Darauf hat das Arbeitsgericht bereits in seinem Urteil mit ausreichender Klarheit hingewiesen; eines gesonderten Hinweises durch das Berufungsgericht bedurfte es dazu daher nicht mehr, zumal den Parteien des Rechtsstreits die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 13. Januar 2009 (5 Sa 200/08) bekannt ist.

Für eine eingruppierungsrechtliche Entscheidung des Gerichts ist es auch unerheblich, wenn der beklagte Landkreis der Klägerin eine Zulage gewährt, die tarifrechtlich nur zu zahlen ist, sofern die der Klägerin übertragene Arbeitsaufgabe, wenn sie denn auf Dauer erfolgt wäre, eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb des BAT/BAT-O zur Folge gehabt hätte. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Zulage nicht auf Basis einer tarifrechtlichen Bewertung des Dienstpostens erfolgt ist, sondern auf Basis einer oberflächlichen Abschätzung der richtigen Höhe der Zulage. Das bedeutet aber, auch für die Klägerin erkennbar, dass damit noch nicht klargestellt war, dass die Tätigkeit bei der ARGE nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O bzw. später nach Entgeltgruppe 9 TVöD zu bewerten ist. Bei der Zulagenfestsetzung im August und Dezember 2004 war nämlich noch gar nicht klar, wie sich die ARGE intern organisiert und welche Dienstposten in welcher Wertigkeit sich daraus ergeben. Daher bedeutet die Angabe in der Zuweisung, dass sich die Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O richten solle, nur eine vorläufige Bewertung der Tätigkeit, um so eine Grundlage für die Bezahlung der Personen, die sich für die ARGE gemeldet hatten, zu haben.

Der Vollständigkeit halber wird auch festgehalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die tarifgerechte Eingruppierung weder darauf ankommt, wie Arbeitnehmer mit gleicher oder ähnlicher Funktionsbezeichnung in anderen Behörden oder Dienststellen vergütet werden, noch darauf, wie andere Arbeitnehmer mit ähnlicher oder gleicher Funktionsbezeichnung in der eigenen Dienststelle vergütet werden. Entscheidend ist allein, ob sich das Vorliegen der tariflichen Merkmale feststellen lässt. Der Hinweis auf die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 30. Januar 2003 (22 Sa 31/02) ist daher ebenso wenig hilfreich wie die Mitteilung einer Einschätzung der Tariflage durch den Landesrechnungshof Schleswig-Holstein bezogen auf die dortigen Verhältnisse.

Ob die Gewährung der Zulage ohne vorausgehende Bewertung der übertragenen Tätigkeit in der ARGE wie von der Klägerin gewünscht dann als eine Zusicherung im Sinne einer übertariflichen Vergütung zu bewerten ist, kann dahinstehen. Denn wenn es tatsächlich eine Zusicherung gewesen sein sollte - woran es freilich erhebliche Zweifel gibt -, könnte sich diese Zusicherung nur wie in den Zuweisungsschreiben ausgewiesen auf die Zulage und ihre Höhe beziehen. Sie würde der Klägerin für die hier angestrebte Feststellung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe E9 TVöD damit nicht weiterhelfen.

Sollte die Klägerin gemeint haben, ihr sei dann aber jedenfalls die Zulage auch in ihrer Höhe auf Dauer übertariflich zugesichert worden, ist auch ihr dahingehender Vortrag unschlüssig. Nach der Tariflage zum Zeitpunkt der Zuweisung Ende 2004 musste die Zulage unbefristet für die gesamte Zeit der Übertragung in der vollen Höhe gewährt werden. Die Verschlechterung der Tariflage im Zuge der Einführung des TVöD war seinerzeit noch nicht abzusehen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb in der Zusage der Zulage im seinerzeitigen tariflichen Umfang zugleich eine Zusicherung liegen soll, diese Zulage unabhängig von künftigen Änderungen der Tariflage stets weiter zahlen zu wollen. Auch aus dem Schreiben des Beklagen vom 21. August 2006 lassen sich weitergehende Ansprüche nicht herleiten. Denn dort wird der Klägerin nur bestätigt, dass die "Zulagenzahlung" bis zur endgültigen Bewertung der jetzt bekleideten Stelle fortgeführt wird. Damit hat sich der Beklagte nicht festgelegt, in welcher Höhe er die Zulage weiter zu zahlen gedenkt. Hinweise darauf, dass er übertariflich über die tariflich verabredete Übergangszeit die Zulage in alter Höhe weiter zahlen will, lassen sich daraus nicht entnehmen.

II.

Aber selbst dann, wenn das Gericht feststellen könnte, dass die Wertigkeit der Tätigkeit der Klägerin bei der ARGE der Entgeltgruppe E9 zum TVöD entspricht, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf eine entsprechende Eingruppierung, da ihr ihre derzeitige Tätigkeit bei der ARGE nur vorübergehend übertragen worden ist. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen.

1.

Der nach § 17 Absatz 1 TVÜ-VKA weiter anzuwendende § 22 Absatz 2 BAT-O lautet:

"Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht."

Die Wendung "nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit" weist darauf hin, dass die Eingruppierung sich nach dem Stammarbeitsplatz des Beschäftigten richtet und nicht nach der jeweiligen nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit. Zum Ausgleich der damit manchmal einhergehenden Gerechtigkeitsdefizite wurde und wird dem Angestellten eine Zulage gewährt, wenn die ihm vorübergehend übertragene Arbeit höherwertig ist.

In Grenzbereichen kann es dazu kommen, dass es nicht ganz klar ist, ob dem Angestellten eine andere Tätigkeit auf Dauer oder nur vorübergehend übertragen worden ist.

Da die Übertragung einer anderen Tätigkeit eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts in seiner Ausprägung durch § 12 BAT-O (heute § 4 TVöD) darstellt, hängt die Entscheidung von der Willensrichtung des Arbeitgebers ab. Überträgt er die andere Aufgabe nur vorübergehend, scheidet eine erneute Eingruppierung aus; es kommt allenfalls die Zahlung der Zulage in Betracht. In diesem Sinne steht für das Gericht fest, dass der beklagte Landkreis der Klägerin hier die Aufgabe nur vorübergehend übertragen wollte. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Zuweisung mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 (Kopie Blatt 12).

Die Vorstellung der Klägerin, mit der Zuweisung sei ihr die Aufgabe auf Dauer übertragen worden, weil die Zuweisung keine Befristung enthält, hat das Gericht nicht überzeugt. Denn in der Zuweisung ist von einer "vorübergehenden" Übertragung die Rede. Damit hat der Beklagte den Begriff verwendet, der auch im Tarifvertrag (§ 22 BAT und §§ 24 BAT, 4 TVöD) verwendet wird; an dem Sinngehalt der Aussage kann daher kein Zweifel bestehen.

2.

Mit der nur vorübergehenden Übertragung hat der Beklagte auch sein Entscheidungsermessen nicht überschritten. Weder der BAT noch der TVöD schränken die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer dauerhaften oder einer nur vorübergehenden Zuweisung der Aufgabe ein. Allein die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat hier versucht, den Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers etwas einzuschränken. Danach ist der Arbeitgeber gezwungen, bei seiner Entscheidung billiges Ermessen walten zu lassen. Dies betrifft nicht nur die Frage, ob er dem Bediensteten überhaupt eine andere Beschäftigung zuweist, sondern auch die weitergehende Frage, ob er ihm die andere Aufgabe auf Dauer oder nur vorübergehend zuweist (BAG 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - BAGE 101, 91 = AP Nr. 23 zu § 24 BAT = NZA 2003, 159). Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind.

Wendet sich der Arbeitnehmer - wie vorliegend - nicht gegen die Tätigkeitsübertragung an sich, sondern nur gegen deren zeitliche Begrenzung, so sind das Interesse des Arbeitnehmers, die höherwertige Tätigkeit auf Dauer zu erhalten, und das Interesse des Arbeitgebers, die Tätigkeit nicht auf Dauer zu übertragen, gegeneinander abzuwägen (BAG, aaO). Mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht indirekt jedoch auch den Gedanken verworfen, für das Merkmal der "nur vorübergehenden Übertragung" starre oder flexible zeitliche Höchstgrenzen festzusetzen. Diese zu § 24 BAT/BAT-O ergangene Rechtsprechung ist auf § 14 TVöD übertragbar, da auch § 14 TVöD keinerlei Begrenzung für die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers vorsieht.

Die nur vorübergehende Übertragung der Aufgabe der Klägerin bei der ARGE genügt vorliegend noch billigem Ermessen im Sinne von § 315 BGB, da sachlichen Gründe, die gegen eine dauerhafte Übertragung der Tätigkeit sprechen, das Interesse der Klägerin an einer dauerhaften Übertragung überwiegen.

Die Interessen der Klägerin an einer dauerhaften Übertragung der Tätigkeit liegen auf der Hand. Aufgrund der gegenüber § 24 BAT sehr viel schlechteren Zulagenregelung nach § 14 Absatz 3 TVöD würde die Klägerin bei einer Höhergruppierung im von ihr begehrten Umfang entgeltlich derzeit sehr viel besser stehen; der Unterschiedsbetragbetrag beträgt wohl derzeit monatlich rund 220,00 EUR. Außerdem gibt die echte Höhergruppierung mehr Planungs- und Bestandssicherheit für den Arbeitnehmer als die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

Diese Interessen sind nicht ohne Gewicht. Sie können sich hier jedoch nicht durchsetzen, da es auf Seiten des beklagten Landkreises sachliche Gesichtspunkte für eine nur vorübergehende Übertragung gibt, die für das Gericht vorliegend mehr Gewicht haben, als die Interessen der Klägerin.

Der beklagte Landkreis war zum Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung Ende 2004 objektiv gar nicht in der Lage, eine auf Dauer angelegte Stellenplanung vorzunehmen, aus der man dann im Rahmen einer Personalplanung den Bedarf und die Wertigkeit der Stellen für Tarifbeschäftigte hätte ableiten können. Denn der Gesetzgeber hatte seinerzeit im Zuge der Einführung des Sozialgesetzbuches II (umgangssprachlich "Hartz IV") auch die Zuständigkeiten im Bereich Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe (nunmehr Grundsicherung für Arbeitssuchende) und Sozialhilfe neu geordnet.

Der beklagte Landkreis als Träger der Sozialhilfe musste daher erst einmal Erfahrungen sammeln, wie sich die Neuverteilung der Zuständigkeiten auf seinen Stellenbedarf auswirken würde. Es stand jedenfalls zu vermuten, dass er durch den Zuständigkeitsverlust im Bereich der Sozialhilfe hier zukünftig wesentlich weniger Personal benötigen würde. Das dadurch auftretende Problem eines Personalüberhangs konnte zwar durch die Gestellung von Personal für die ARGE zunächst abgewendet werden. Allerdings ist der Personalgestellungsvertrag nach seinem § 12 auf den 31. Dezember 2010 befristet. Diese Befristungsregelung ist Ausdruck der Unsicherheit, die durch die Erfindung der Arbeitsgemeinschaften nach 44b SGB II als wackeligem politischen Kompromiss in der Schlussphase der Gesetzgebung entstanden ist. Es war daher bereits bei Abschluss des Gestellungsvertrages Ende 2004 absehbar, dass seine Verlängerung über den 31.12.2010 hinaus keinesfalls selbstverständlich sein würde. Der beklagte Landkreis konnte daher nicht davon ausgehen, dass die derzeitige Aufgabe der Klägerin von Dauer sein werde.

Diese skeptische Prognose ist inzwischen durch die Realität eingeholt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Konstruktion der ARGE als verfassungswidrig eingestuft und dem Gesetzgeber aufgegeben die Materie bis spätestens 31. Dezember 2010 verfassungskonform neu zu regeln (BVerfG, 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 = NZS 2008, 198).

In einer solchen Situation kann man vom beklagten Landkreis nicht verlangen, dass er die Klägerin auf Dauer von der Entgeltgruppe E6 in die Entgeltgruppe E9 anhebt, obwohl er noch gar nicht weiß, in welchem Umfang er entsprechendes Personal ab 2011 überhaupt benötigen wird und mit welcher Arbeitsorganisation er die dann möglicherweise ihm wieder übertragenen Aufgaben bewältigen wird. Eine solche Anhebung der Stelle könnte nicht einmal im wohlverstandenen Interesse der Klägerin sein, denn mit ihr wäre gerade nicht die übliche Planungssicherheit, die mit einer Höhergruppierung einhergeht, verbunden. Vielmehr müsste die Klägerin auch bei einer Höhergruppierung alsbald mit einer Versetzung und Rückgruppierung rechnen.

Bei der abschließenden Abwägung stellt das Gericht darauf ab, dass der beklagte Landkreis seine Entscheidungen in erster Linie nach dienstlichen Interessen zu treffen hat. Die vergütungsrechtlichen Konsequenzen seiner Entscheidungen kann und muss der Landkreis ausblenden. Die Einkommen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind tariflich geregelt und wenn die Tarifvertragsparteien Einkommensregelungen getroffen haben, darf der Landkreis grundsätzlich davon ausgehen, dass diese angemessen sind, auch wenn dies gelegentlich - wie hier - zu Härten führt. Eine Organisation der Verwaltung nach Maßgabe des größtmöglichen Nutzens für die Beschäftigten ist jedenfalls nicht denkbar. Die Vergütungsnachteile, die die Klägerin hier hinzunehmen hat, könnten daher nach Überzeugung des Gerichts nur dann eine eigenständige Rolle gewinnen, wenn sie im Vergleich zur Behandlung anderer vergleichbarer Arbeitnehmer auffällig sind. Aufgrund der dualen Konstruktion der Arbeitsgemeinschaften kann aber insoweit nur auf die Arbeitnehmer abgestellt reden, die beim beklagten Landkreis unter Vertrag stehen. Da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Klägerin hier gegenüber anderen Arbeitnehmern, die an die ARGE abgestellt sind, benachteiligt wird, kann die Einkommenseinbuße der Klägerin keine eigenständige Bedeutung in der Abwägung haben.

3.

Aus der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des BAG vom 16. Januar 1991 (4 AZR 301/90 - BAGE 67, 59 = AP Nr. 3 zu § 24 MTA = DB 1991, 1285) ergibt sich nichts anderes. Das BAG führt dort im Sinne seiner früheren Rechtsprechung aus, eine vom Arbeitgeber nur vorübergehend übertragene höherwertige Tätigkeit gelte als auf Dauer übertragen, wenn es rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) sei, nur vorübergehend zu übertragen.

Rechtsmissbräuchlich sei die nur vorübergehende Übertragung, wenn es für sie keinen sachlichen Grund gebe. Für die Frage, was ein sachlicher Grund sein könne, lehnt sich das BAG in dieser Entscheidung an das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aus der Rechtsprechung des BAG zur Befristung von Arbeitsverhältnissen an, die das BAG seinerzeit auch auf befristete Änderungen im Arbeitsverhältnis angewandt hatte (BAG, 16. Januar 1991 aaO juris-Rz. 28 unter Verweis auf BAG 13. Juni 1986 - 7 AZR 650/84 - BAGE 52, 197 = AP Nr. 19 zu § 2 KSchG 1969 = DB 1987, 1099).

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass diese Rechtsprechung überholt ist. Zum einen stellt das BAG seit der Entscheidung vom BAG 17. April 2002 (4 AZR 174/01 - aaO) nicht mehr auf den Rechtsmissbrauch, sondern auf die Frage des billigen Ermessens ab. Zum anderen ist auch der 7. Senat inzwischen von seiner Gleichstellung des sachlichen Grundes für ein befristetes Arbeitsverhältnis mit den sachlichen Gründen für eine nur befristete Abänderung einzelner Bedingungen des Arbeitsverhältnisses abgerückt. So hat das BAG ausdrücklich entschieden, dass die lediglich befristete Erhöhung der Teilzeitquote einer Teilzeitkraft nicht am Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zu messen sei. Vielmehr sei lediglich ein sachlich billigenswerter Grund erforderlich (BAG, 14. Januar 2004 - 7 AZR 213/03 - BAGE 109, 167 = AP Nr. 10 zu § 14 TzBfG = DB 2004, 1101). Dieses Kriterium ist dann in der Entscheidung vom 27. Juli 2005 (7 AZR 486/04 - BAGE 115, 274 = AP Nr. 6 zu § 307 BGB) noch weiter aufgeweicht worden und die nur vorübergehende Verbesserung einzelner Arbeitsbedingungen lediglich noch der AGB-Kontrolle unterworfen worden.

Aber selbst gemessen an diesem vermutlich nicht mehr gültigen Bewertungsmaßstab aus der Entscheidung des BAG vom 16. Januar 1991 kann ein Rechtsmissbrauch hier nicht festgestellt werden, denn für die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an die Klägerin liegt ein sachlicher Grund vor. Denn für die derzeitige Tätigkeit der Klägerin besteht nur ein vorübergehender betrieblicher Bedarf im Sinne von § 14 TzBfG. Denn die Zusammenarbeit in der ARGE und die Personalgestellung erfolgt befristet für 6 Jahre bis zum 31. Dezember 2010. Der Beklagte konnte der Klägerin in der eigenen Dienststelle weder davor eine entsprechende Tätigkeit anbieten, noch kann er heute eine Aussage dazu treffen, ob er ab 2011 Dienstposten vorsehen muss, auf denen die Klägerin dann weiterbeschäftigt werden könnte. Denn der Beklagte kann auch heute noch nicht für die Zeit nach 2010 planen, denn die dafür auf Bundesebenen benötigten Gesetze sind noch nicht erlassen. Dieses Planungshindernis bestand im Übrigen auch schon 2005 zu Jahresbeginn, so dass sich auch dann kein Rechtsmissbrauch ergibt, wenn man sich in die Situation des Beklagten zu Beginn der Zuweisung zur ARGE hineinversetzt.

III.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 ZPO).

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 72 ArbGG) nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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