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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 13.01.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 200/08
Rechtsgebiete: BAT, BGB, TVöD


Vorschriften:

BAT § 24
BGB § 315
TVöD § 14
Die Entscheidung des beklagten Landkreises, den Mitarbeitern, die zur Sachbearbeitung in der ARGE an die ARGE abgestellt werden, die dortige höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend im Sinne von § 24 BAT/BAT-O bzw. im Sinne von § 14 TVöD zu übertragen, genügt noch dem Gebot, bei dieser Entscheidung billiges Ermessen walten zu lassen. Denn der Vertrag zwischen dem beklagten Landkreis und der Bundesagentur für Arbeit über die Gründung der ARGE war auf 6 Jahre befristet. Außerdem war bereits zum Zeitpunkt der ARGE-Gründung absehbar, dass dieses Modell der Zusammenarbeit zwischen einer Bundesanstalt und dem örtlichen Träger der Sozialhilfe wegen der zahlreichen damit verbundenen Rechtsprobleme nicht auf Dauer angelegt sein kann. Wegen der fehlenden Planungssicherheit über den zukünftigen Stellenbedarf in diesem Bereich durfte die Tätigkeit daher noch vorübergehend übertragen werden.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit 1986 beim beklagten Landkreis bzw. bei vergleichbaren Einheiten des öffentlichen Dienstes zu DDR-Zeiten tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung.

Bis 2004 hat die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT-O erhalten. Mit Schreiben vom 13. August 2004 (Anlage A1, Bl. 11 d. A.) hat der Beklagte der Klägerin mit Wirkung vom 13. September 2004 "vorübergehend bis zur Gründung der ARGE, spätestens bis zum 10. Dezember 2004, Aufgaben in Verbindung mit der Einführung des SGB II übertragen." Weiter heißt es in diesem Schreiben: "Die Ihnen übertragenen Arbeitsaufgaben entsprechen den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe Vb der Anlage 1a zum BAT-O. Derzeit erhalten Sie Vergütung aus der Vergütungsgruppe VII. Somit wird Ihnen für die Zeit der Aufgabenübertragung eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe Vb und der Vergütungsgruppe VII gezahlt."

Unter dem Datum 30. November 2004 haben der Beklagte und die Bundesagentur für Arbeit einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Wegen dessen Inhalt wird auf die Anlage 1 (Bl. 34 ff. d. A.) Bezug genommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die für die Gründung von Arbeitsgemeinschaften maßgebliche Bestimmung des § 44b SGB II politisch und rechtlich umstritten.

Neben dem öffentlich-rechtlichen Vertrag haben der Beklagte und die neu gegründete ARGE einen Personalgestellungsvertrag abgeschlossen (vgl. Anlage 3, Bl. 48 ff. d. A.), nach dem der Beklagte der ARGE zunächst 14 Mitarbeiter/innen stellen sollte. Diese Zahl ist aufgrund von zwei Änderungsverträgen später auf 15 bzw. 16 Personen erhöht worden.

Nach der Gründung der ARGE hat der Beklagte mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 (Anlage A2, Bl. 13 ff. d. A.) die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2005 vorübergehend gemäß § 12 BAT-O der ARGE zugewiesen. Zugleich hat er der Klägerin mitgeteilt, dass sie ab 1. Januar 2005 als Bürosachbearbeiterin im Leistungsbereich eingesetzt werde und weiterhin eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen VII und V b BAT-O erhalte.

Im Laufe des Jahres 2006 hat die Klägerin für ihre Tätigkeit eine Stellenbeschreibung (Anlage A6, Bl. 63 ff. d. A.) erstellt. Eine Bewertung der Stelle ist bislang allerdings nicht erfolgt.

Mit der Einführung des TVöD zum 1. Oktober 2005 ist die Klägerin aufgrund ihrer ursprünglichen Tätigkeit in die Entgeltgruppe 5 des TVöD überführt worden. Dementsprechend hat die Klägerin gemäß § 10 TVÜ-VKA bis zum 30. September 2007 weiterhin eine Zulage erhalten, die sich aus der Differenz der Vergütung nach den Entgeltgruppen 9 und 5 TVöD bemisst.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 zahlt der Beklagte nach § 14 Absatz 3 TVöD nur noch eine Zulage in Höhe von 4,5 % des individuellen Entgeltes der Klägerin, wobei der Beklagte die Entgeltgruppe 5 des TVöD zugrunde legt. Dadurch hat sich die Vergütung der Klägerin ab Oktober 2007 um monatlich rund 370,00 EUR brutto verringert.

Nach vergeblichen außergerichtlichen Bemühungen begehrt die Klägerin mit der am 6. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die gerichtliche Feststellung, dass der beklagte Landkreis ihr Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 des TVöD zu zahlen habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. April 2008 abgewiesen und den Streitwert auf 13.320,00 EUR festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht verwiesen.

Das Urteil ist der Klägerin am 22. Mai 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete klägerische Berufung ist beim Landesarbeitsgericht am 20. Juni 2008 eingegangen und nach rechtzeitig gestelltem Fristverlängerungsantrag innerhalb der verlängerten Frist begründet worden.

Die Klägerin verfolgt ihr ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei eingruppiert in die Entgeltgruppe E9 des TVöD, denn ihre Tätigkeit erfülle die Merkmale der Vergütungsgruppe Vb der Anlage 1a zum BAT/BAT-O (Vergütungsordnung). Dies ergebe sich bereits aus den Schreiben des Beklagten vom 13. August 2004 und 20. Dezember 2004. Demzufolge sei die Klägerin in diese Entgeltgruppe einzugruppieren, da ihr die Tätigkeit bei der ARGE nicht mehr nur vorübergehend übertragen worden sei. Die Klägerin übe ihre Tätigkeit bei der ARGE nunmehr seit vier Jahren aus. Deshalb gäbe es keinen rechtlichen und sachlichen Grund für eine nur vorübergehende Zuweisung. Im Übrigen gäbe es auch für die Tätigkeit in der ARGE keine zeitliche Einschränkung.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1. Oktober 2007 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD habe. Zum einen stehe noch gar nicht fest, welcher Entgeltgruppe die Tätigkeit der Klägerin entspreche. Insbesondere habe die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen, weshalb ihre Tätigkeit gerade der Entgeltgruppe 9 TVöD entspreche. Dabei könne sich die Klägerin auch nicht auf die Schreiben des Beklagten aus dem Jahre 2004 berufen, da der Beklagte eine tarifliche Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb nur angenommen, aber nicht ermittelt habe.

Zum anderen habe die Klägerin selbst dann, wenn ihre Tätigkeit bei der ARGE die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 TVöD erfüllte, keinen Anspruch auf eine entsprechende Eingruppierung, da ihr die Aufgabe bei der ARGE nur vorübergehend übertragen worden sei. Dies entspreche auch billigem Ermessen und sei sachlich gerechtfertigt.

Aufgrund des Streits um die Wirksamkeit des § 44 b SGB II sei aus der Sicht des Beklagten bei Abschluss des Gestellungsvertrages die Dauerhaftigkeit des Arbeitsplatzes bei der ARGE nicht gewährleistet gewesen. Deshalb sei dieser Vertrag auch nur auf sechs Jahre befristet abgeschlossen worden.

Des Weiteren habe bei der Gründung der ARGE der Arbeitskräftebedarf noch nicht festgestanden. Dieser habe erst noch ermittelt werden müssen.

Schließlich sei der Beklagte verpflichtet, bei Auflösung der ARGE bzw. bei einer von der ARGE verlangten Rückführung der Klägerin diese wieder in seinem Bereich aufzunehmen. Dort seien aber nur zu einem geringen Teil Aufgaben, wie sie die Klägerin bei der ARGE wahrnimmt, zu erledigen.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die der Beschwer nach statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg. Die begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin eingruppiert ist in die Entgeltgruppe E9 des TVöD, denn es kann weder festgestellt werden, dass sie in ihrer derzeitigen Tätigkeit die dazu erforderlichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt, noch ist ihr ihre derzeitige Tätigkeit auf Dauer übertragen.

I.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit in die Entgeltgruppe E9 einzugruppieren wäre, wenn sie ihr auf Dauer übertragen wäre.

Der TVöD enthält bis heute keine eigenen Regelungen zur Eingruppierung der Tarifunterworfenen. Nach dem im Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebenden § 17 Absatz 1 TVÜ-VKA sind bis zum Inkrafttreten eigener Eingruppierungsvorschriften im TVöD die §§ 22, 23 und 25 des BAT/BAT-O weiter anzuwenden. Es gilt daher die Anlage 1a und 1b zum BAT/BAT-O (Vergütungsordnung) fort. Die Klägerin hat zwar nicht angegeben, welche der Vergütungsordnung Vb zugeordnete Fallgruppe sie für sich als gegeben erachtet. In Betracht kommt aber vorliegend allein eine Fallgruppe aus dem Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung, da die Klägerin als allgemeine Verwaltungsangestellte tätig ist. In Betracht kommt insoweit nur die Fallgruppe 1a zur Vergütungsgruppe Vb. In diese Fallgruppe wäre die Klägerin eingruppiert, wenn die ihr übertragene Arbeitsaufgabe "gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen" erfordern würden.

Dazu hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Die von ihr eigenständig erstellte Arbeitsplatzbeschreibung (Anlage A6, Blatt 63 ff. d. A.) kann einen entsprechenden Sachvortrag nicht ersetzen, denn soweit die Klägerin sich dort "selbständige Bearbeitung" und "umfassende leistungsrechtliche Abwägung und Überlegung" bescheinigt, ist das kein Tatsachenvortrag, sondern die Mitteilung von Schlussfolgerungen aus nicht mitgeteilten Tatsachen. Darauf hat das Arbeitsgericht bereits in seinem Urteil mit ausreichender Klarheit hingewiesen; eines gesonderten Hinweises durch das Berufungsgericht bedurfte es dazu daher nicht mehr.

Für eine eingruppierungsrechtliche Entscheidung des Gerichts ist es auch unerheblich, wenn der beklagte Landkreis der Klägerin eine Zulage gewährt hat, die tarifrechtlich nur zu zahlen war, sofern die der Klägerin übertragene Arbeitsaufgabe, wenn sie denn auf Dauer erfolgt wäre, eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb des BAT/BAT-O zur Folge gehabt hätte. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Zulage nicht auf Basis einer tarifrechtlichen Bewertung des Dienstpostens erfolgt ist, sondern auf Basis einer oberflächlichen Abschätzung der richtigen Höhe der Zulage. Das bedeutet aber, auch für die Klägerin erkennbar, dass damit noch nicht klargestellt war, dass die Tätigkeit bei der ARGE nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O bzw. später nach Entgeltgruppe 9 TVöD zu bewerten ist. Bei der Zulagenfestsetzung im August und Dezember 2004 war nämlich noch gar nicht klar, wie sich die ARGE intern organisiert und welche Dienstposten in welcher Wertigkeit sich daraus ergeben. Daher bedeutet die Angabe in den Begleitschreiben zur Aufgabenübertragung, dass sich die Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O richten solle, nur eine vorläufige Bewertung der Tätigkeit, um so eine Grundlage für die Bezahlung der Personen, die sich für die ARGE gemeldet hatten, zu haben.

Der Vollständigkeit halber wird auch festgehalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die tarifgerechte Eingruppierung weder darauf ankommt, wie Arbeitnehmer mit gleicher oder ähnlicher Funktionsbezeichnung in anderen Behörden oder Dienststellen vergütet werden, noch darauf, wie andere Arbeitnehmer mit ähnlicher oder gleicher Funktionsbezeichnung in der eigenen Dienststelle vergütet werden. Entscheidend ist allein, ob sich das Vorliegen der tariflichen Merkmale feststellen lässt.

Ob die Gewährung der Zulage ohne vorausgehende Bewertung der übertragenen Tätigkeit in der ARGE wie von der Klägerin gewünscht dann als eine Zusicherung im Sinne einer übertariflichen Vergütung zu bewerten ist, kann dahinstehen. Denn wenn es tatsächlich eine Zusicherung gewesen sein sollte - woran es freilich erhebliche Zweifel gibt -, könnte sich diese Zusicherung nur wie in den Zuweisungsschreiben ausgewiesen auf die Zulage und ihre Höhe beziehen. Sie würde der Klägerin für die hier angestrebte Feststellung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe E9 damit nicht weiterhelfen. - Sollte die Klägerin gemeint haben, ihr sei dann aber jedenfalls die Zulage auch in ihrer Höhe auf Dauer übertariflich zugesichert worden, ist auch ihr dahingehender Vortrag unschlüssig. Nach der Tariflage zum Zeitpunkt der Zuweisung Ende 2004 musste die Zulage unbefristet für die gesamte Zeit der Übertragung in der vollen Höhe gewährt werden. Die Verschlechterung der Tariflage im Zuge der Einführung des TVöD war seinerzeit noch nicht abzusehen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb in der Zusage der Zulage im seinerzeitigen tariflichen Umfang zugleich eine Zusicherung liegen soll, diese Zulage unabhängig von künftigen Änderungen der Tariflage stets weiter zahlen zu wollen.

II.

Aber selbst dann, wenn das Gericht feststellen könnte, dass die Wertigkeit der Tätigkeit der Klägerin bei der ARGE der Entgeltgruppe 9 zum TVöD entspricht, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf eine entsprechende Eingruppierung, da ihr ihre derzeitige Tätigkeit bei der ARGE nur vorübergehend übertragen worden ist. Der nach § 17 Absatz 1 TVÜ-VKA weiter anzuwendende § 22 Absatz 2 BAT-O lautet: "Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht."

Die Wendung "nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit" weist darauf hin, dass die Eingruppierung sich nach dem Stammarbeitsplatz des Beschäftigten richtet und nicht nach der jeweiligen nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit. Zum Ausgleich der damit manchmal einhergehenden Gerechtigkeitsdefizite wurde und wird dem Angestellten eine Zulage gewährt, wenn die ihm vorübergehend übertragene Arbeit höherwertig ist.

In Grenzbereichen kann es dazu kommen, dass es nicht ganz klar ist, ob dem Angestellten eine andere Tätigkeit auf Dauer oder nur vorübergehend übertragen worden ist. Da die Übertragung einer anderen Tätigkeit eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts in seiner Ausprägung durch § 12 BAT-O (heute § 4 TVöD) darstellt, hängt die Entscheidung von der Willensrichtung des Arbeitgebers ab. Überträgt er die andere Aufgabe nur vorübergehend, scheidet eine erneute Eingruppierung aus; es kommt allenfalls die Zahlung der Zulage in Betracht. In diesem Sinne steht für das Gericht fest, dass der beklagte Landkreis der Klägerin hier die Aufgabe nur vorübergehend übertragen wollte. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der beiden Zuweisungsschreiben und bedarf daher hier keiner näheren Erörterung.

Weder der BAT noch der TVöD schränken die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer dauerhaften oder einer nur vorübergehenden Zuweisung der Aufgabe ein. Allein die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat hier versucht, den Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers etwas einzuschränken. Danach ist der Arbeitgeber gezwungen, bei seiner Entscheidung billiges Ermessen walten zu lassen. Dies betrifft nicht nur die Frage, ob er dem Bediensteten überhaupt eine andere Beschäftigung zuweist, sondern auch die weitergehende Frage, ob er ihm die andere Aufgabe auf Dauer oder nur vorübergehend zuweist (BAG, 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - BAGE 101, 91 = AP Nr. 23 zu § 24 BAT = NZA 2003, 159). Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind.

Wendet sich der Arbeitnehmer - wie vorliegend - nicht gegen die Tätigkeitsübertragung an sich, sondern nur gegen deren zeitliche Begrenzung, so sind das Interesse des Arbeitnehmers, die höherwertige Tätigkeit auf Dauer zu erhalten, und das Interesse des Arbeitgebers, die Tätigkeit nicht auf Dauer zu übertragen, gegeneinander abzuwägen (BAG, aaO). Mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht indirekt jedoch auch den Gedanken verworfen, für das Merkmal der "nur vorübergehenden Übertragung" starre oder flexible zeitliche Höchstgrenzen festzusetzen. Diese zu § 24 BAT/BAT-O ergangene Rechtsprechung ist auf § 14 TVöD übertragbar, da auch § 14 TVöD keinerlei Begrenzung für die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers vorsieht.

Die nur vorübergehende Übertragung der Aufgabe der Klägerin bei der ARGE genügt vorliegend noch billigem Ermessen, da sachlichen Gründe, die gegen eine dauerhafte Übertragung der Tätigkeit sprechen, das Interesse der Klägerin an einer dauerhaften Übertragung überwiegen.

Die Interessen der Klägerin an einer dauerhaften Übertragung der Tätigkeit liegen auf der Hand. Aufgrund der gegenüber § 24 BAT sehr viel schlechteren Zulagenregelung nach § 14 Absatz 3 TVöD würde die Klägerin bei einer Höhergruppierung im von ihr begehrten Umfang entgeltlich derzeit sehr viel besser stehen; der Unterschiedsbetragbetrag beträgt wohl derzeit monatlich rund 370,00 EUR. Außerdem gibt die echte Höhergruppierung mehr Planungs- und Bestandssicherheit für den Arbeitnehmer als die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

Diese Interessen sind nicht ohne Gewicht. Sie können sich hier jedoch nicht durchsetzen, da es auf Seiten des beklagten Landkreises sachliche Gesichtspunkte für eine nur vorübergehende Übertragung gibt, die für das Gericht vorliegend mehr Gewicht haben, als die Interessen der Klägerin.

Der beklagte Landkreis war zum Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung 2004 objektiv gar nicht in der Lage, eine auf Dauer angelegte Stellenplanung vorzunehmen, aus der man dann im Rahmen einer Personalplanung den Bedarf und die Wertigkeit der Stellen für Tarifbeschäftigte hätte ableiten können. Denn der Gesetzgeber hatte seinerzeit im Zuge der Einführung des Sozialgesetzbuches II (umgangssprachlich "Hartz IV") auch die Zuständigkeiten im Bereich Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe (nunmehr Grundsicherung für Arbeitssuchende) und Sozialhilfe neu geordnet. Der beklagte Landkreis als Träger der Sozialhilfe musste daher erst einmal Erfahrungen sammeln, wie sich die Neuverteilung der Zuständigkeiten auf seinen Stellenbedarf auswirken würde. Es stand jedenfalls zu vermuten, dass er durch den Zuständigkeitsverlust im Bereich der Sozialhilfe hier zukünftig wesentlich weniger Personal benötigen würde. Das dadurch auftretende Problem eines Personalüberhangs konnte zwar durch die Gestellung von Personal für die ARGE zunächst abgewendet werden. Allerdings ist der Personalgestellungsvertrag (hier Blatt 48 ff.) nach seinem § 12 auf den 31.12.2010 befristet. Diese Befristungsregelung ist Ausdruck der Unsicherheit, die durch die Erfindung der Arbeitsgemeinschaften nach 44b SGB II als wackeliger politischer Kompromiss in der Schlussphase der Gesetzgebung entstanden ist. Es war daher bereits bei Abschluss des Gestellungsvertrages Ende 2004 absehbar, dass seine Verlängerung über den 31.12.2010 hinaus keinesfalls selbstverständlich sein würde. Der beklagte Landkreis konnte daher nicht davon ausgehen, dass die derzeitige Aufgabe der Klägerin von Dauer sein werde. Diese skeptische Prognose ist inzwischen durch die Realität eingeholt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Konstruktion der ARGE als verfassungswidrig eingestuft und der Gesetzgeber muss in absehbarer Zeit die Verteilung der Zuständigkeiten für die Gewährung der Grundsicherung nach SGB II neu ordnen.

In einer solchen Situation kann man vom beklagten Landkreis nicht verlangen, dass er die Klägerin auf Dauer von der Vergütungsgruppe VII in die Vergütungsgruppe Vb anhebt, obwohl er noch gar nicht weiß, in welchem Umfang er entsprechendes Personal ab 2011 überhaupt benötigen wird und mit welcher Arbeitsorganisation er die dann möglicherweise ihm wieder übertragenen Aufgaben bewältigen wird. Eine solche Anhebung der Stelle könnte nicht einmal im wohlverstandenen Interesse der Klägerin sein, denn mit ihr wäre gerade nicht die übliche Planungssicherheit, die mit einer Höhergruppierung einhergeht, verbunden. Vielmehr müsste die Klägerin auch bei einer Höhergruppierung alsbald mit einer Versetzung und Rückgruppierung rechnen.

Bei der abschließenden Abwägung stellt das Gericht darauf ab, dass der beklagte Landkreis seine Entscheidungen in erster Linie nach dienstlichen Interessen zu treffen hat. Die vergütungsrechtlichen Konsequenzen seiner Entscheidungen kann und muss der Landkreis ausblenden. Die Einkommen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind tariflich geregelt und wenn die Tarifvertragsparteien Einkommensregelungen getroffen haben, darf der Landkreis grundsätzlich davon ausgehen, dass diese angemessen sind, auch wenn dies gelegentlich - wie hier - zu Härten führt. Eine Organisation der Verwaltung nach Maßgabe des größtmöglichen Nutzens für die Beschäftigten ist jedenfalls nicht denkbar. Die Vergütungsnachteile, die die Klägerin hier hinzunehmen hat, könnten daher nach Überzeugung des Gerichts nur dann eine eigenständige Rolle gewinnen, wenn sie im Vergleich zur Behandlung anderer vergleichbarer Arbeitnehmer auffällig sind. Aufgrund der dualen Konstruktion der Arbeitsgemeinschaften kann aber insoweit nur auf die Arbeitnehmer abgestellt reden, die beim beklagten Landkreis unter Vertrag stehen. Da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Klägerin hier gegenüber anderen Arbeitnehmern, die an die ARGE abgestellt sind, benachteiligt wird, kann die Einkommenseinbuße der Klägerin keine eigenständige Bedeutung in der Abwägung haben.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin, da das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Die Revision wird nicht zugelassen, da dafür die in § 72 ArbGG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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