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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 266/08
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 22
BAT § 23
Eingruppierung einer Leiterin eines Behindertenzentrums in die Entgeltgruppe 12 auf Basis einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II Fallgruppe 1e der Vergütungsordnung zum BAT / BAT-O (VkA). - Vorgehend LAG Mecklenburg-Vorpommern 30. Janaur 2007 (5 Sa 180/06), aufgehoben durch BAG 7. Mai 2008 (4 AZR 303/07 - ZTR 2008, 668). - Das Landesarbeitsgericht hat die begehrte Eingruppierung verneint.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage in einem zum 31. August 2007 beendeten Arbeitsverhältnis um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die im Jahre 1944 geborene Klägerin, die den Abschluss eines "Agraringenieurs für den Bereich Finanzen" erworben hat, war bei dem beklagten Landkreis und dessen Rechtsvorgänger seit dem 11. März 1991 beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

Seit 1992 leitete die Klägerin bis zu ihrem Ausscheiden das Behindertenzentrum Zxxxxxx "Am kleinen Oderhaff", das der beklagte Landkreis als Eigenbetrieb führt. Sie wurde seit dem 1. Januar 1995 nach VergGr. III BAT-O vergütet. Zum 1. Oktober 2005 erfolgte die Überleitung in die Entgeltgr. 11 TVöD.

Gegenstand des von der Klägerin geleiteten Behindertenzentrums ist nach § 1 der Satzung dieses Eigenbetriebes "die ganzheitliche Betreuung, Versorgung und Pflege, insbesondere behinderter Menschen entsprechend aktueller Erkenntnisse und Standards mit dem Ziel der Erhaltung, Förderung und Wiedergewinnung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Aufrechterhaltung eines weitgehend selbständigen und sinnerfüllten Lebens in einem anregenden und unterstützenden Umfeld". In der Satzung sind auch die Aufgaben und die Zuständigkeit der Betriebsleitung geregelt. Danach hatte die Klägerin unter anderem den Stand der Kostendeckung durch Pflegevergütung, Entgelt für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionsförderung laufend zu überwachen und erforderlichenfalls den Abschluss neuer Vergütungsvereinbarungen von den Kostenträgern zu verlangen. Die Klägerin war für die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebes verantwortlich. In den letzten zehn Jahren führte die Klägerin die Pflegesatzverhandlungen selbständig und ohne Unterstützung der Kreisverwaltung.

Die Betriebsleitung trifft nach der Satzung auch die Entscheidungen über die Personalangelegenheiten der Beschäftigten mit Ausnahme der Beschäftigten ab der VergGr. Vb, KR VII und Lohngr. 6, für die nach der Satzung der Landrat im Einvernehmen mit der Betriebsleitung zuständig ist. Tatsächlich hatte die Klägerin die volle Personalverantwortung für das gesamte Personal, ausgenommen die Stelle der Pflegedienstleiterin und die Stelle ihres Stellvertreters. Die Klägerin hatte rein tatsächlich das gesamte Personal selbständig eingestellt. Für die Klägerin als Heimleiterin ist unter dem 1. September 2004 eine Stellenbeschreibung erstellt worden, die der von der Klägerin im Jahre 1992 entworfenen Arbeitsplatzbeschreibung hinsichtlich der auszuübenden Tätigkeiten nahezu vollständig entspricht.

Das Behindertenzentrum besteht aus den Bereichen Pflegeheim, Wohnheim und Begegnungsstätte sowie aus der Verwaltung und den gewerblichen Diensten (Küche, Wäscherei, Technik). In dem Bereich Pflegeheim, in dem etwa 2/3 der Heimbewohner untergebracht sind, gibt es sechs Wohnbereiche, die jeweils durch eine Krankenschwester geleitet werden. Die Pflegedienstleiterin ist in die Entgeltgruppe 9d eingruppiert, eine Wohnbereichsleiterin ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 7b, die übrigen in die Entgeltgruppe 8a. Der Bereich Wohnheim, der nicht weiter aufgeteilt ist, wird ebenfalls von einer Krankenschwester geleitet, die in die Entgeltgruppe 9c eingruppiert ist. In dem Pflegeheim und Wohnheim sind im übrigen Krankenschwestern, Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer, Pflegehelfer und Reinigungskräfte beschäftigt. Die Begegnungsstätte mit zuletzt neun Mitarbeitern, wird durch den Stellvertreter der Klägerin geleitet, der als Sozialarbeiter in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert ist. In der Begegnungsstätte sind im Übrigen eine Erzieherin mit der Entgeltgruppe 9 beschäftigt, sowie Heilerziehungspfleger (E8 und E4) und Ergotherapeuten (E6 / E7) sowie Betreuungshelfer und Reinigungskräfte.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 9. März 2005 von der Beklagten vergeblich Vergütung nach VergGr. II BAT-O ab 1. April 2005 verlangt. Mit ihrer Klage verfolgt sie dieses Begehren, das sie zuletzt wegen ihres Ausscheidens in einen Zahlungsantrag für die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 31. August 2007 gefasst hat, weiter.

Das Arbeitsgericht hat die Mitte November 2005 eingegangene Klage mit Urteil vom 24. April 2006 abgewiesen, da das Hervorhebungsmerkmal "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" nicht nachgewiesen sei. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2007 zum damaligen Aktenzeichen 5 Sa 180/06 das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert, die begehrte Feststellung getroffen und die Revision zugelassen. Auf die Revision des Landkreises hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 7. Mai 2008 (4 AZR 303/07 - ZTR 2008, 668 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Allg Verwaltungsdienst VergGr III Nr. 1) die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach hier zurückverweisen.

Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, die Tätigkeit als Heimleiterin mit mehr als 80 Beschäftigten und 152 Heimbewohnern hebe sich auf Grund des in der Satzung beschriebenen Aufgaben- und Tätigkeitsfeldes durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b heraus. Die Anzahl der Mitarbeiter und Heimbewohner sei in den vergangenen Jahren ständig gestiegen.

Die Klägerin meint, sie habe auch einen "großen Arbeitsbereich" im Sinne des BAG-Urteils (aaO RNr. 25) zu leiten gehabt. Dabei müsse beachtet werden, dass die von ihr geleitete Einrichtung eigentlich aus zwei Heimen, nämlich dem Pflegeheim und dem Wohnheim bestanden habe.

Die herausgehobene Verantwortung ergebe sich aber auch schon allein daraus, dass sie ab 1996 Pflegesatzverhandlungen selbständig durchgeführt und den Wirtschaftsplan in eigener Verantwortung aufgestellt habe. Die Pflegesatzverhandlungen seien für das Behindertenzentrum von existentieller Bedeutung, denn durch sie würde über die Absicherung der jährlichen finanziellen Ausstattung des Behindertenzentrums entschieden.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von insgesamt 9.387,84 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. April 2005,

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. Mai 2005,

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. Juni 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. Juli 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. August 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. September 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Oktober 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. November 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Dezember 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Januar 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 28. Februar 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. März 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. April 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Mai 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. Juni 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Juli 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. August 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. September 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Oktober 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. November 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Dezember 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Januar 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 28. Februar 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. März 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. April 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Mai 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. Juni 2007,

einem Betrag in Höhe von 319,02 EUR brutto seit dem 31. Juli 2007,

einem Betrag in Höhe von 319,02 EUR brutto seit dem 31. August 2007

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit entspreche nicht den Voraussetzungen der VergGr. II Fallgr. 1e. Die Führung der Pflegesatzverhandlungen, die Aufstellung der Wirtschaftspläne und die Erstellung der Jahresabschlüsse erfüllten lediglich die Tatbestandsmerkmale der besonderen Schwierigkeit und - herausgehobenen - Bedeutung der VergGr. IVa Fallgr. 1b. Die Personalverantwortung für die ihr unterstellten Beschäftigten und Heimbewohner könnten das herausgehobene Maß der Verantwortung nicht begründen, weil sie bereits bei dem Merkmal der VergGr. IVb Fallgr. 1a "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit" berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei die Klägerin an die Beschlüsse des Kreistages, seiner Ausschüsse und der Entscheidungen der Landrätin gebunden und könne deshalb nicht weitgehend selbständig entscheiden.

Der Rechtsstreit ist im Einvernehmen der Parteien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 128 Absatz 2 ZPO in das schriftliche Verfahren überführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die klägerische Berufung ist nicht begründet. Nach der Auslegung der tariflichen Eingruppierungsmerkmale durch das BAG in der Revisionsentscheidung zu diesem Rechtsstreit sieht das Landesarbeitsgericht keine Möglichkeit mehr, die Tätigkeit der Klägerin der von ihr begehrten Vergütungsgruppe zuzuordnen.

I.

Auf das Arbeitsverhältnis fand auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme bis zum Inkrafttreten des TVöD der BAT-O Anwendung. Deshalb richtet sich die Eingruppierung der Klägerin nach § 22 BAT-O. Die danach für die Eingruppierung der Klägerin maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1a zum BAT-O/VKA (Allgemeine Vergütungsordnung) lauten:

"Vergütungsgruppe II

1. e) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren

Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b heraushebt, nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1a.

Vergütungsgruppe III

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b heraushebt.

Vergütungsgruppe IVa

1. b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

Vergütungsgruppe IVb

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.

Vergütungsgruppe Vb

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert."

II.

Die Tätigkeit der Klägerin als Leiterin des Behindertenzentrums stellte einen einheitlichen Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne dar. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Tätigkeiten des Leiters einer Einrichtung idR einen einzigen Arbeitsvorgang darstellen (vgl. zB BAG 26. August 1987 - 4 AZR 146/87 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 138; 11. Februar 2004 - 4 AZR 42/03 - BAGE 109, 308 sowie das BAG in der Revisionsentscheidung zu diesem Rechtsstreit). Das trifft auch für die Tätigkeiten der Klägerin zu, weil alle von ihr auszuübenden Aufgaben ihrer Funktion als Leiterin des Behindertenzentrums zugeordnet werden können.

Die VergGr. III Fallgr. 1a, von der ausgehend die Klägerin den Bewährungsaufstieg nach VergGr. II Fallgr. 1e geltend macht, baut auf den VergGr. IVa Fallgr. 1b, IVb Fallgr. 1a und Vb Fallgr. 1a auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob die Klägerin die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe und anschließend, ob sie diejenigen der qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen erfüllt. Dabei ist eine pauschale Prüfung ausreichend, wenn die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet (BAG 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301).

Die Klägerin erfüllt nicht alle zuvor wiedergegebenen Anforderungen an die ihr übertragene Tätigkeit.

1.

Der Dienstposten der Klägerin setzt "gründliche und umfassende Fachkenntnisse" und "selbstständige Leistungen" im Sinne der Vergütungsgruppe V b zum BAT-O voraus.

Die Besoldungsgruppe, die der Vergütungsgruppe V b entspricht, ist die Eingangsbesoldungsgruppe für den gehobenen Dienst. Der Eintritt in den gehobenen Verwaltungsdienst setzt im Regelfall den erfolgreichen Abschluss eines Fachhochschulstudiums voraus. Das trifft im Regelfall auch für Angestellte zu. Mit gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen sind daher die Kenntnisse und Fähigkeiten gemeint, die ein Beschäftigter nach Abschluss eines Fachhochschulstudiums als Berufsanfänger vorweisen kann. Da der beklagte Landkreis selbst davon ausgeht, dass die Heimleiterstelle im Regelfall ein Fachhochschulabschluss als Diplombetriebswirt (FH) voraussetzt (vgl. Klageerwiderung vom 5. Januar 2006, Seite 3, Blatt 52 d. A.), geht also auch der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten gründliche und umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinne erfordert.

Dass die Klägerin auch selbstständig arbeitet, liegt bei ihrer leitenden Stellung auf der Hand.

2.

Die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin ist auch "besonders verantwortungsvoll" im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe IV b.

Unter Verantwortung versteht man die Pflicht, dafür einstehen zu müssen, dass die dem Dienstbereich obliegenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. nur BAG 20. September 1995 - 4 AZR 413/94 - AP Nr. 205 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZTR 1996, 171). Da auch der Angestellte nach der Vergütungsgruppe V b Verantwortung zu tragen hat, muss die für die Vergütungsgruppe IV b übertragene Verantwortung wesentlich größer sein als für die Eingangsvergütungsgruppe gefordert (vgl. BAG 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - BAGE 51, 282 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Dieses gesteigerte Maß der Verantwortung liegt hier vor. Wenn man davon ausgeht, dass die Vergütungsgruppe V b die Vergütungsgruppe für Berufsanfänger ist, so entspricht dem eine entsprechend dichte Kontrolle und Anleitung in der Arbeitsausführung. Übernimmt dann der Angestellte auf Grund fortschreitender Berufserfahrung und Bewährung im Dienst schwierigere Aufgaben ohne eine enge Anleitung steigt auch das Maß der mit der Arbeit verbundenen Verantwortung. Besonders verantwortungsvoll im tariflichen Sinne ist seine Arbeit vor allem dann, wenn er einen Dienstposten mit Führungsaufgaben für Untergebene wahrnimmt und damit für das Funktionieren einer ganzen Einheit zuständig ist.

Das ist bei der Klägerin der Fall. Für diese Feststellung reicht der Hinweis aus, dass sie in ihrem Leitungsbereich untergebene Sachbearbeiterinnen hat, die sie anzuleiten hat. Dadurch ist die besondere Verantwortung aus der Fallgruppe 1a der Vergütungsgruppe IVb erfüllt.

3.

Die Tätigkeit der Klägerin hat auch die für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b erforderliche "besondere Schwierigkeit" und die erforderliche "Bedeutung".

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a und b BAT/VKA wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA in gewichtiger Weise, d. h. beträchtlich übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfalle aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen. Dabei ist zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien die Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit gegenständlich nicht beschränkt haben. Sie fordern lediglich, dass die Tätigkeit des Angestellten selbst die entsprechende Qualifikation verlangt. Demgemäß muss sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit ergeben, so dass eine Tätigkeit nicht etwa deswegen als besonders schwierig im tariflichen Sinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden oder in sonstiger Weise unangenehmen Bedingungen geleistet werden muss (BAG 17. August 1994 - 4 AZR 644/93 - AP Nr. 183 zu § 22, 23 BAT 1975).

Zu Recht geht der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten der Klägerin diese besondere Schwierigkeit im tariflichen Sinne aufweist, denn von der Klägerin als Leiterin werden nicht nur kaufmännische Kenntnisse im Haushalts- und Finanzwesen abgefordert. Zusätzlich muss sie zur Bewältigung ihrer Aufgabe als Leiterin des Eigenbetriebes Kenntnisse in der Arbeits- und Verwaltungsorganisation sowie in der Personalführung besitzen. Damit heben sich die von ihr abgeforderten Kenntnisse in gewichtiger Weise von den Kenntnissen ab, die von Betriebswirten, die lediglich einen kleineren Bereich leiten, erwartet werden kann.

b)

Die klägerische Tätigkeit hat auch die Bedeutung im tariflichen Sinne. Die Tarifvertragsparteien knüpfen mit dem Merkmal der "Bedeutung" des Aufgabengebietes an die Auswirkungen der Tätigkeit an, so dass es bei der Anwendung der Merkmale der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a und b BAT/ VKA lediglich darauf ankommt, ob gemessen an den Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA die Auswirkungen bzw. die Tragweite der Tätigkeit, aus welchem Grunde auch immer, deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sind (BAG 17. August 1994 aaO; BAG 20. März 1991 - 4 AZR 471/90 - AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = Streit 1992, 27).

Das ist hier der Fall. Die Klägerin leitet den Bereich der Betriebsführung und die technischen Dienste (Wäscherei, Küche, Technik) unmittelbar und direkt. Zusätzlich ist sie die Vorgesetzte der leitenden Mitarbeiter aus den Bereichen Pflegeheim und Wohnheim. Damit ist ihr Dienstposten deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller als ein typischer Dienstposten der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1 a BAT/VKA, der schon bei Führungsverantwortung für eine kleine Gruppe von Mitarbeitern gegeben ist.

4.

Allerdings hebt sich die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin nicht durch "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe III hervor.

a)

Die Erfüllung der VergGr. III Fallgr. 1a setzt eine nochmals erhebliche Heraushebung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b durch das Maß der mit der Tätigkeit verbundenen Verantwortung voraus. Dafür ist eine besonders weitreichende, hohe Verantwortung zu fordern. Dieses Maß der Verantwortung kann nur in einer Spitzenposition des gehobenen Angestelltendienstes erreicht werden, zB durch Angestellte, die große Arbeitsbereiche bei Verantwortung für mehrere Arbeitsgruppen mit qualifizierten Gruppenleitern leiten, oder durch Angestellte, die besonders schwierige Grundsatzfragen mit richtungweisender Bedeutung für nachgeordnete Bereiche oder die Allgemeinheit bearbeiten (so das BAG in der Revisionsentscheidung unter Verweis auf BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59; vgl. auch BAG 9. Juli 1997 - 4 AZR 780/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 39).

b)

Entgegen der Feststellungen in dem vorangegangenen landesarbeitsgerichtlichen Urteil kann unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts nicht festgestellt werden, dass die Klägerin eine "großen Arbeitsbereich" im aufgezeigten Tarifsinne geleitet hatte. Mit den Parteien kann man zwar davon ausgehen, dass man aus der Anzahl der über 80 untergebenen Beschäftigten darauf schließen kann, dass der Arbeitsbereich, den die Klägerin geleitet hat, groß war. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der große Arbeitsbereich in mehrere Arbeitsgruppen aufgeteilt war, die ihrerseits von qualifizierten Gruppenleitern geleitet wurden.

Die besondere herausgehobene Verantwortung muss sich aus der Anzahl und der Wertigkeit der unterstellten Arbeitsbereiche ergeben. Diese Feststellung kann vorliegend nicht getroffen werden.

Von der Bedeutung der untergebenen Arbeitsbereiche kann sich die Betrachtung auf den Bereich des Pflegeheims und den Bereich des Wohnheims sowie die Begegnungsstätte beschränken, da die weiteren Bereiche (Verwaltung, Technik, Küche, Wäscherei) von ihrer Wertigkeit her keine besondere Hervorhebung rechtfertigen können.

Die drei angesprochenen Bereiche werden durch Mitarbeiter geführt, die man dem gehobenen Dienst zuzuordnen hat, denn der Stellvertreter der Klägerin, der die Begegnungsstätte leitet, ist in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert, die Pflegedienstleiterin in die Entgeltgruppe 9d und die Wohnheimsleiterin in die Entgeltgruppe 9c. Außerdem ist in der Begegnungsstätte auch die Erzieherin der Entgeltgruppe 9 zugeordnet. Damit kann festgestellt werden, dass der Klägerin qualifizierte Beschäftigte im Sinne der Rechtsprechung des BAG zum "großen Arbeitsbereich" unterstehen.

Die bewertende Gesamtbetrachtung führt dennoch zur Verneinung der besonderen Verantwortung. Das ergibt sich aus mehreren Gesichtspunkten. Zum einen ist hervorzuheben, dass außer den genannten Mitarbeitern alle weiteren Mitarbeiter in niedrigere Entgeltgruppen eingruppiert sind. Die qualifizierten Untergebenen der Klägerin bilden also nur die Führungsstruktur des Eigenbetriebes ab. Die Sachaufgaben des Eigenbetriebes werden dagegen durchweg - bis auf die eine Erzieherin in der Begegnungsstätte - von Mitarbeitern des mittleren Dienste und mit Unterstützung durch Mitarbeiter des einfachen Dienstes erledigt. Zum anderen ist hervorzuheben, dass in der Einrichtung kein Beschäftigter tätig ist, der wie die Klägerin in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert ist und kein Beschäftigter tätig ist, der in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert ist. Zum Dritten muss beachtet werden, dass die Klägerin zwar die Vorgesetzte der drei Bereichsleiter ist, sie aber aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation nicht die Fähigkeiten besitzt, diese Untergebenen auch fachlich anzuleiten.

c)

Die nochmals erhebliche Heraushebung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b durch das Maß der mit der Tätigkeit verbundenen Verantwortung setzt zwar nicht zwingend das Vorliegen eines großen Arbeitsbereiches mit qualifizierten Untergebenen voraus; der große Arbeitsbereich ist vielmehr auch in der Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der vorliegenden Angelegenheit nur als ein Beispiel genannt, das geeignet ist, das Hervorhebungsmerkmal zu erfüllen.

Es sind aber auch keine sonstigen tragfähigen Gesichtspunkte erkennbar, die die notwendigen Feststellungen zulassen.

aa)

Die Besonderheiten in der Führung der Klägerin durch den beklagten Landkreis lassen nicht mit der notwendigen Sicherheit auf eine nochmals gesteigerte Verantwortung schließen.

Ohne Widerspruch des beklagten Landkreises hat die Klägerin zwar geschildert, dass sie die Personalverantwortung völlig selbstständig ausübt, das heißt, sie stellt das Personal ein, sie führt das Personal und sie hat die Befugnis, im Bedarfsfall Personal zu entlassen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es in dem Heim auch nur ganz wenige Stellen mit einer Wertigkeit gibt, für die nach der Satzung sich der Landkreis die Personalentscheidung vorbehalten hat. Die von der Klägerin geschilderte Praxis betrifft also Beschäftigte, die man dem einfachen und mittleren Dienst zuzuordnen hat. Wegen der begrenzten Auswirkungen dieser Personalentscheidungen kann damit noch nicht die notwendige nochmals gesteigerte Verantwortung begründet werden.

bb)

Entsprechendes gilt für die praktische Handhabung der Finanzverantwortung im Zusammenspiel zwischen der Klägerin und dem Landkreis.

Nach dem unwidersprochenen klägerischen Vortrag war sie zwar nicht nur für eine ordnungsgemäße Verwendung der Mittel aus dem Wirtschaftsplan zuständig, sondern sie war auch verpflichtet, im Sinne einer Finanzplanung Deckunglücken vorauszusehen und entsprechende Mittelaufstockungen durch Eintritt in Pflegesatzverhandlungen durchzusetzen. Gleichwohl muss festgehalten werden, dass die Klägerin trotz ihrer weitgehenden Tätigkeiten auf diesem Gebiet hier nicht die volle Verantwortung getragen hat. Denn die Verantwortung für die ausreichende finanzielle Ausstattung des Eigenbetriebes liegt rechtlich beim Landkreis. Die Besonderheit liegt vorliegend nur darin, dass sich der Landkreis im Vertrauen auf die Fähigkeiten der Klägerin in der Ausübung der der Verantwortung entsprechenden Kontrollaufgabe sehr zurückhaltend verhalten hat.

cc)

Das besondere Maß der Verantwortung kann schließlich auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Klägerin neben ihrer Verantwortung aus § 11 HeimG für die ihr anvertrauten Personen nach der beim beklagten Landkreis gehandhabten Organisation auch noch umfassende Personal- und Finanzverantwortung für das Heim getragen hat.

Für Leiter kommunaler Eigenbetriebe ist es typisch, dass sie sowohl die Fachverantwortung wie auch die Verwaltungsverantwortung für ihren Betrieb tragen. Eine Doppelbesetzung der Spitze kommt nur ausnahmsweise in extrem komplexen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Universitäten vor, die eine eigene Spitzenposition mit Fachverantwortung und eine weitere Spitzenposition für die Verwaltung der Einrichtung haben. Eine solche komplexe Einrichtung stellt das Behindertenzentrum nicht dar. Auch wenn die Einschätzung der Klägerin zutreffen sollte, dass es unüblich ist, ein Pflegeheim und ein Wohnheim in einer Einrichtung zu bündeln, bleibt es doch eine Einrichtung mit einem überschaubaren Aufgaben- und Verantwortungsbereich.

5.

Da die Tätigkeit der Klägerin schon nicht der der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe III zugeordnet werden kann, kann die Klägerin auch nicht im Wege der Bewährung eine Fallgruppe der Vergütungsgruppe II zum BAT/BAT-O erreicht haben. Die Klage ist daher ohne Erfolg.

III.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin, da ihre Klage ohne Erfolg geblieben ist. Das schließt die Kosten der Revision ein, da die Klägerin auch vor dem Bundesarbeitgericht nicht obsiegen konnte.

Zur abermaligen Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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