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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 05.05.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 269/08
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 7
ZPO § 138
Schildern die Parteien ein entscheidungserhebliches Gespräch (aus Anlass der Übergabe der Kündigung) im wesentlichen gleich und streiten sie nur über den Zeitpunkt, zu dem das Gespräch und damit die Übergabe der Kündigung stattgefunden hat, gehört es zur Substantiierungsobliegenheit der beweisbelasteten Partei, Hilfstatsachen in den Rechtsstreit einzuführen, die erklären können, weshalb sich das Geschehen gerade an dem behaupteten Tag ereignet haben soll.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der 1958 geborene aufgrund eines Unfalls schwerbehinderte Kläger war bei dem Beklagten seit dem 1. November 2006 als Wachmann/Pförtner zuletzt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von 1.100,00 EUR beschäftigt.

Die Beschäftigung des Klägers an einem "leidensgerechten Arbeitsplatz" erfolgte unter Gewährung eines Lohnkostenzuschusses der zuständigen Verwaltungsberufsgenossenschaft für die Beschaffung eines Arbeitsplatzes nach § 33 SGB IX, der sich zunächst auf 80 Prozent der Lohnkosten belief und sich dann bis zum Ende des Förderzeitraums Ende Oktober 2007 stufenweise reduzierte (wegen der Einzelheiten wird auf die überreichte Kopie des Vertrages, Blatt 54 ff, Bezug genommen).

Im Vorfeld der Kündigung hatte der Beklagte Kritik an der Arbeit des Klägers geäußert. Es ging um das Rauchen am Arbeitsplatz, das in der Großbäckerei, in der der Kläger eingesetzt wurde, verboten ist, und es ging darum, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz in der Pförtnerei gelegentlich Besuch gehabt haben soll. Dazu gibt es eine Abmahnung vom 17. Oktober 2007.

Der Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts mit Wirkung zum 30. November 2007 die Kündigung erklärt und ihn ab dem Montag der Folgewoche (29. Oktober 2007) von der Arbeit frei gestellt.

In der 43. Kalenderwoche 2007 (22. bis 26. Oktober) hatte der Kläger Dienst in der Pförtnerei der Großbäckerei K in Lüdersdorf und zwar montags bis freitags jeweils von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr; Samstag und Sonntag waren arbeitsfrei. Um 22.00 Uhr wurde er in dieser Woche von dem Kollegen D abgelöst. Unstreitig ist die Kündigung dem Kläger in dieser Woche während seiner Schicht am Arbeitsplatz von dem Beklagten persönlich übergeben worden. Unstreitig ist auch, dass sich der Beklagte zum Zwecke der Aushändigung an den Arbeitsplatz des Klägers begeben hatte, dort kurz mit ihm gesprochen hatte und dann den Briefumschlag mit der Kündigung übergeben hat. Anschließend ist noch über die Freistellung und deren Beginn gesprochen worden. Unstreitig ist zwischen den Parteien schließlich, dass der Kläger in dieser Woche nur einmal vom Beklagten am Arbeitsplatz aufgesucht wurde. Streitig ist zwischen den Parteien, an welchem Tag der Woche sich das Geschehen abgespielt hat.

Unstreitig hat der Kläger dann noch bis Freitag 26. Oktober 2007 um 22.00 Uhr seine Schicht versehen. Nach seinen sich anschließenden freien Tagen ist er entsprechend der Anweisung des Beklagten nicht mehr zum Dienst erschienen. Die Schichtübergabe am 26. Oktober 2007 erfolgte an Herrn D. An diesem Tag und bei dieser Gelegenheit berichtete der Kläger seinem Kollegen, dass er die Kündigung erhalten habe und ab sofort nicht mehr zum Dienst erscheinen werde (Beklagtenschriftsatz vom 26. Februar 2008 S. 4 unten).

Das Arbeitsgericht hat der am 16. November 2007 eingegangenen Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 11. August 2008 stattgegeben. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen. Das Urteil ist dem Beklagten am 5. September 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung ist beim Landesarbeitsgericht am 8. September 2008 eingegangen und mit Schriftsatz vom 3. November 2008, Gerichtseingang am 5. November 2008, begründet worden.

Der Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug seinen Klagabweisungsantrag weiter.

Der Beklagte macht geltend, die Klage sei wegen Nichteinhaltung der 3-Wochen-Frist nach § 4 Satz 1 KSchG verfristet, da die Kündigungserklärung dem Kläger bereits am 24. Oktober 2007 durch den Beklagten persönlich gegen 20.00 Uhr in der Pförtnerei während der Arbeit übergeben worden sei. Dazu behauptet der Beklagte, er habe seiner Mitarbeiterin und Lebensgefährten am 24. Oktober 2007 den Auftrag erteilt, die Kündigung aufzusetzen. Gegen 20.00 Uhr am 24. Oktober habe sich der Beklagte und seine Lebensgefährtin sodann gemeinsam mit dem Auto zum Gelände der Großbäckerei begeben. Der Beklagte habe seinen Wagen auf der Einfahrt vor der Pförtnerei geparkt, sei mit dem Briefumschlag mit der Kündigung ausgestiegen, habe sich in die Pförtnerei begeben und habe dort dem Kläger die Kündigung ausgehändigt.

Das Arbeitsgericht hätte daher die Lebensgefährtin als Zeugin vernehmen müssen. Sie hätte bestätigen können, dass sich das Geschehen am 24. Oktober abgespielt habe. Nachdem der Kammervorsitzende in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht deutlich gemacht hatte, dass nicht erkennbar sei, wieso sich die Zeugin außerhalb des im wesentlichen unstreitigen Geschehens noch so genau an das Datum erinnern könne, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach telefonischer Rücksprache mit dem Beklagten, die Lebensgefährtin des Beklagten könne sich deshalb noch so genau an das Datum erinnern, weil es sich um einen Mittwoch gehandelt habe, sie mittwochs regelmäßig ihren freien Tag habe und sie sich daher so über den Beklagten geärgert habe, als er sie angewiesen hatte, nochmals ins Büro zu gehen und die Kündigung aufzusetzen.

Während des Rechtsstreits hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerdem wegen arglistiger Täuschung angefochten. Er behauptet dazu, er habe den Kläger während des Einstellungsgesprächs nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung gefragt, was der Kläger verneint habe. Er habe daher auch vor Ausspruch der hier streitigen Kündigung keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger den Status eines anerkannten schwerbehinderten Menschen hat.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger macht geltend, die Kündigung sei mangels Zustimmung des Integrationsamts unwirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Zum Zeitpunkt der Erhebung der Kündigungsschutzklage im November 2007 bestand zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis, denn dieses war nicht bereits auf Grund der Anfechtungserklärung des Beklagten aus der Klageerwiderung vom 23. November 2007 wegen arglistiger Täuschung bereits zuvor, nämlich mit der Einstellung der Zusammenarbeit der Parteien am Abend des 26. Oktober 2007, weggefallen (§§ 123, 142 BGB).

Für diese Feststellung kann offen bleiben, ob ein Arbeitnehmer heute noch, wie man das lange Jahre angenommen hatte, verpflichtet ist, im Einstellungsgespräch auf eine Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung wahrheitsgemäß zu antworten. Denn der Beklagte hat weder schlüssig vorgetragen, dass er im Einstellungsgespräche eine solche Frage gestellt hat, noch hat er für seine Behauptung Beweis angetreten. Da der Kläger bestreitet, dass der Beklagte im Einstellungsgespräch ihn nach seiner Schwerbehinderung gefragt hat, hätte der Beklagte seinen Vortrag substantiieren müssen, in dem er näher zu dem Gesprächsverlauf, zu seiner Frage und zu der Reaktion des Klägers vorträgt. Das hat er nicht getan. Vielmehr hat er nur einige Plausibilitätserwägungen angestellt, die nahe legen, dass es aus seiner Sicht jedenfalls vernünftig gewesen wäre, eine solche Frage zu stellen. Das kann selbstverständlich nicht ausreichen. Da der Kläger die Behauptung bestreitet, hätte der Beklagte zudem Beweis antreten müssen, was nicht geschehen ist.

II.

Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass die Kündigungsrüge des Klägers materiell geprüft werden muss, denn er hat seine Kündigungsschutzklage nicht nach Ablauf der 3wöchigen Klagefrist aus § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei Gericht eingereicht, die Kündigung gilt daher nicht nach § 7 KSchG als wirksam. Die am 16. November 2007 (Freitag) beim Arbeitsgericht eingegangene Kündigungsschutzklage ist rechtzeitig eingereicht, solange nicht festgestellt werden kann, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 24. Oktober 2007 vor Ablauf des 26. Oktober 2007 (Freitag) dem Kläger zugegangen ist. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

1.

Besteht Streit über die Frage, wann die Kündigung zugegangen ist, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (Ascheid/Hesse in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage 2007, § 4 KSchG Rdnr. 88; Kittner/Däubler/Zwanziger § 4 KSchG Rdnr. 33; Friedrich in: KR § 4 KSchG Rdnr. 133a). Da der Arbeitnehmer mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage im Regefall zugesteht, dass ihm eine Kündigung zugegangen ist, spielt die Frage des Zeitpunkts allerdings nur dann eine Rolle, wenn der Arbeitgeber einen Zugangszeitpunkt behauptet, von dem aus gerechnet die Klagefrist von § 4 KSchG nicht gewahrt wäre. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Beklagte behauptet, die Kündigung sei schon am 24. Oktober 2007 zugegangen, wonach der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht am 16. November nach Ablauf der 3wöchigen Klagefrist gewesen wäre.

2.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, es könne nicht festgestellt werden, dass die streitgegenständliche Kündigung dem Kläger bereits am 24. Oktober 2007 zugegangen war. Zutreffend hat das Arbeitsgericht abgelehnt, dem angetretenen Zeugenbeweis nachzugehen, denn der Sachvortrag des Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist nicht ausreichend substantiiert.

Da der Kläger den Vortrag zur Übergabe der Kündigung bereits am Mittwoch (24. Oktober 2007) bestritten hat, war der Beklagte gehalten, den Lebenssachverhalt, der den Zugang vermittelt hat, näher in den Rechtsstreit einzuführen. Ist allein die zeitliche Lage eines an sich unstreitigen Ereignisses in Streit, gehört es zur Substantiierungsobliegenheit dazu, Hilfstatsachen in den Rechtsstreit einzuführen, die Rückschlüsse auf den Zeitpunkt des Ereignisses zulassen und die es dem Beweisgegner - hier dem Kläger - ermöglichen, sich substantiiert mit den Behauptungen zu dem streitigen Zeitpunkt auseinanderzusetzen. Daran mangelt es hier.

Der Beklagte hat sich fast den gesamten Rechtsstreit über hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, ob man beweisen kann, dass er dem Kläger in der Pförtnerei die Kündigung ausgehändigt hat. Dabei hat er übersehen, dass dieser Umstand vom Kläger gar nicht bestritten wird. Auch der Kläger berichtet, er habe die Kündigung an seinem Arbeitsplatz vom Beklagten ausgehändigt bekommen. Dass der beiderseitige Vortrag zu dem dazugehörenden Wortwechsel nicht übereinstimmt, ist für so lange zurückliegende Ereignisse normal und kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vortrag zu dem Lebenssachverhalt, der den Zugang der Kündigung vermittelt hat, bis auf die Frage des Zeitpunkts des Geschehens unstreitig ist. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger erstinstanzlich behauptet hat, der Kollege D sei bei der Übergabe der Kündigung dabei gewesen. Es kann dahinstehen, ob man den Sachvortrag des Klägers dazu so verstehen konnte, denn jedenfalls hat ihn der Kläger schon lange fallen lassen. Nachdem der Beklagte geschildert hatte, dass Herr D nur bei Schichtwechsel am Freitag (26. Oktober 2007) vom Kläger über die Kündigung unterrichtet wurde, hat dem der Kläger nicht mehr widersprochen. Das ist daher inzwischen unstreitiger Sachvortrag.

3.

Dass es möglich ist, geeignete Hilfstatsachen zu dem Zeitpunkt des an sich unstreitigen Ereignisses vorzutragen, hat der Beklagte selbst gezeigt, als er nach Erörterung dieses Aspekts und nach einer Verhandlungsunterbrechung dazu vorgetragen hat, die Lebensgefährtin können sich an den Wochentag des Ereignisses noch so gut erinnern, weil sie eigentlich frei hatte und daher verärgert war, trotzdem noch für den Beklagten tätig werden zu müssen. Diese Tatsache ist allerdings verspätet vorgetragen worden. Sie wird daher hiermit ausdrücklich nach § 67 Absatz 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) als verspätet zurückgewiesen. Der Kläger konnte diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung mangels eigener Kenntnis dazu nicht unstreitig stellen. Damit hatte das Gericht keine Möglichkeit mehr, in Anschluss an die mündliche Verhandlung den Rechtsstreit zu entscheiden. Denn entweder hätte das Gericht sagen müssen, der Kläger möge recherchieren und dann zu der neuen Behauptung Stellung nehmen, was eine Vertagung der Verhandlung erforderlich gemacht hätte. Oder das Gericht hätte die Stellungnahme des Klägers als zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen bewertet, und wäre dann gezwungen gewesen, über diese neue Hilfsbehauptung Beweis zu erheben. Dies hätte, da die Zeugin nicht anwesend war, nur in einem neuen Termin geschehen können, so dass auch bei dieser Bewertung der Stellungnahme des Klägers eine Vertagung notwendig geworden wäre.

Nach § 67 Absatz 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) hat der Berufungsführer neue Tatsachen, die er in den Rechtsstreit einführen will, mit der Berufungsbegründung vorzutragen. Werden sie später vorgebracht, können sie vom Gericht nur zugelassen werden, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind -trifft vorliegend nicht zu- oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Da die Zulassung des neuen Sachvortrages notwendig die Vertagung der Kammerverhandlung zur Folge gehabt hätte, hätte das Gericht den neuen Vortrag nur zulassen können, wenn die Verspätung des Vortrags nicht auf einem Verschulden der Partei beruht. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass nicht die Übergabe der Kündigung in Streit steht, sondern der Zeitpunkt der Übergabe drängt sich dem unbefangenen Leser der Akte geradezu auf. Es hätte nahe gelegen zum Kern des Streits schon viel früher geeignete Hilfstatsachen in den Rechtsstreit einzuführen. - Insoweit bedurfte es auch keines Hinweises des Berufungsgerichts mehr. Denn bereits das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Sachvortrag des Beklagten zu dem streitigen Umstand des Übergabezeitpunkts unzureichend geblieben wäre.

4.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen. Soweit der Akte und dem Parteivortrag Hilfstatsachen zum Zeitpunkt der Übergabe der Kündigung zu entnehmen sind, sprechen diese überwiegend gegen die Verortung des Geschehens auf den 24. Oktober 2007 (Mittwoch).

Zum einen bestand für die Kündigung wegen der Einhaltung einer Kündigungsfrist keine Eile. Dafür hätte die Übergabe sogar noch am Montag (29. Oktober 2007) erfolgen können. Eine besondere Eile der Übergabe der Kündigung wegen des Vertrauensverlustes zum Kläger kann auch nicht festgestellt werden, denn dann hätte der Beklagte den Kläger nicht noch weiter arbeiten lassen. Auch der Dialog des Beklagten mit der Verwaltungsberufsgenossenschaft und dort mit Herrn V spricht gegen die Aushändigung der Kündigung am 24. Oktober 2007. Denn im Vorfeld der Kündigung hatte der Beklagte mit Herrn V Kontakt aufgenommen, um abzustimmen, ob von dort im Falle einer Kündigung negative Folgen zu erwarten sind. Unter dem 24. Oktober 2007 hat der Beklagte erst die Berufsgenossenschaft durch Übermittlung der Abmahnung über den Kündigungssachverhalt informiert. Es lag daher nahe, vor Ausspruch der Kündigung zunächst einmal abzuwarten, wie sich die Berufsgenossenschaft positionieren wird. Letztlich ist auch die Mitteilung des Klägers an Herrn D, dass er die Kündigung erhalten habe, ein Indiz dafür, dass die Kündigung nicht am 24. Oktober übergeben wurde. Denn diese Mitteilung ist unstreitig erst am 26. Oktober erfolgt obwohl der Kläger Herrn D auch am 24. und 25. Oktober bei Schichtübergabe schon gesehen hatte; wenn der Kläger schon dem Kollegen von der Kündigung erzählt, liegt es eigentlich näher anzunehmen, er habe ihm davon am Tag des Erhalts der Kündigung erzählt.

5.

Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst, da die notwendige vorhergehende Zustimmung des Integrationsamts fehlt (§ 85 SGB IX).

Für diese Feststellung kann dahinstehen, ob man dem Vortrag des Beklagten, er habe keine Kenntnis von der Schwebehinderung des Klägers gehabt, Glauben schenken kann, denn selbst wenn er davon keine Kenntnis hatte, ist ihm diese im Rahmen der Kündigungsschutzklage nachträglich vermittelt worden. Das reicht aus.

III.

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 72 ArbGG) nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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