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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 05.05.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 324/08
Rechtsgebiete: BGB, BetrAVG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BetrAVG § 1
Auslegung eines Arbeitsvertrages im Einzelfall : Pflicht des Arbeitgebers, Beiträge zu einer Lebensversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zu entrichten.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte noch Beiträge auf die zu Gunsten der Klägerin abgeschlossene Direktversicherung zu zahlen hat.

Die Klägerin war vormals Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin der Beklagten. Mit mündlicher Vereinbarung vom 29. September 2005, die unter dem 30. September schriftlich fixiert wurde, hat die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an die "Gesellschafterin Peters bzw. die Gesellschaft" gegen Befreiung von Kreditverbindlichkeiten übertragen (Kopie der Vereinbarung als Anlage K1 überreicht, hier Blatt 4 f d. A. - es wird Bezug genommen -). Der Vertrag ist gegengezeichnet mit dem Zusatz "Peters, Geschäftsführerin der" - es folgt der Name der Beklagten.

Die Vereinbarung vom 30. September 2005 enthält weitere Regelungen. So ist dort geregelt, dass die Beklagte mit der Klägerin ein auf den 18. Oktober 2008 befristetes Arbeitsverhältnis als Mitarbeiterin im Fabrikverkauf eingeht. Die Regelung zum Entgelt in diesem zukünftigen Arbeitsvertrag lautet vollständig wie folgt:

"Das Gehalt wird mit 1.800,00 EUR brutto monatlich zuzüglich der Zahlung für eine Direktversicherung in Höhe von 146,00 EUR vereinbart. Die Zahlung für die Direktversicherung wird bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs der" - es folgt der Name der Klägerin - "gezahlt".

Zeitgleich wurde zwischen den Parteien des Rechtsstreits der in der Vereinbarung verabredete Arbeitsvertrag abgeschlossen. § 3 des Arbeitsvertrages regelt die Vergütung. Die Regelung lautet (vgl. Anlage K2, hier Blatt 6 ff - es wird Bezug genommen):

"Die Arbeitnehmerin erhält ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.800,00 EUR brutto.

...

Zusätzlich wird eine Zahlung auf eine Direktversicherung in Höhe von 146,00 EUR monatlich geleistet. Diese Zahlung erfolgt bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs."

Die im Oktober geborene Klägerin wird 2010 ihr 65. Lebensjahr vollenden. Noch vor Ablauf des vereinbarten Vertragsendes im Oktober 2008 hat die Klägerin durch eine von ihr ausgesprochene Kündigung vom 20. Juli 2007 das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2007 aus gesundheitlichen Gründen gekündigt. Mit Ablauf der Kündigungsfrist hat die Beklagte die Zahlungen auf die Direktversicherung eingestellt.

Die Klägerin meint, die Beklagte sei noch bis Oktober 2010 zur Zahlung der Beiträge zur Direktversicherung verpflichtet. Nach vergeblicher außergerichtlicher Mahnung hat die Klägerin die Ansprüche für die Monate September 2007 bis April 2008 gerichtlich geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. August 2008 entsprochen, den Streitwert auf 1.168,00 EUR festgesetzt und in der Hauptsache wie folgt tenoriert:

"Die Beklagte wird verurteilt, an die Versicherung neue leben Versicherung AG zum abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. 4497/468381-01 auf die Direktversicherung der Klägerin zu ihren Gunsten 1.168,00 EUR zu zahlen."

Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen. Das Urteil ist der Beklagten am 16. Oktober 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist am 27. Oktober 2008 beim Landesarbeitsgericht per FAX eingegangen und mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2008, Gerichtseingang per FAX am selben Tag, begründet worden.

Die Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge auf die Direktversicherung bestehe wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin nicht mehr. Die Verpflichtung zur Leistung der Beiträge an die Direktversicherung könne nicht unabhängig vom Schicksal des Arbeitsvertrages gesehen werden. Die Zahlung der Beiträge auf die Direktversicherung sei Teil der Gegenleistung der Beklagten für die Arbeitsleistung der Klägerin; ohne Arbeitsleistung bestehe daher keine Verpflichtung zur Zahlung. Dass die Zahlung der Beiträge im Gegenseitigkeitsverhältnis stehe, ergebe sich indirekt auch aus § 3 des Arbeitsvertrages, denn dort sei die Zahlung als Teil der Vergütung ausgewiesen.

Zwar sei der Klägerin zuzugeben, dass die Beklagte an sich verpflichtet gewesen wäre monatlich 146,00 Euro bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (2010) bei vertragsgemäßem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auch über den Ablauf der Befristung hinaus zu leisten. Diese weitreichende Verpflichtung sei aber auch Teil des Arbeitsvertrages und habe daher vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis wie vorgesehen auch bis zum Ende durchgeführt wird. Im Grunde handele es sich bei den nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden Beiträgen um nachschüssig zu zahlendes Entgelt, das nur zu zahlen sei, soweit dafür auch die Arbeitsleistung erbracht worden sei. Da das auf Grund der klägerischen Kündigung nicht mehr möglich sei, sei auch die weitere Zahlungspflicht erloschen. Diesen Zusammenhang habe das Arbeitsgericht zu Unrecht nicht gewürdigt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die rechtzeitig eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen, die sich das Berufungsgericht zu Eigen macht, stattgegeben. Ergänzend sind folgende Gesichtspunkte hervorzuheben.

Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass man vorliegend den Arbeitsvertrag nicht isoliert betrachten darf, denn er wurde im Rahmen der Vereinbarung zur Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Beklagten von der Klägerin auf die heutige alleinige Geschäftsführerin der Beklagten verabredet. In diesem Sinne war die Gewährung des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten ein Teil der Gegenleistung der Beklagten bzw. der heutigen Geschäftsführerin der Beklagten für die Übertragung der Geschäftsanteile. Dies betrifft insbesondere die Zusage zur Zahlung der Beiträge auf die Direktversicherung, für die ohne diesen Hintergrund kein Anlass bestanden hätte und die für gewerbliche Arbeitnehmer in der neuen arbeitsvertraglichen Stellung der Klägerin gänzlich unüblich ist. Da die Klägerin ihre Leistung aus dem Vertrag zur Übertragung der Geschäftsanteile erbracht hat, ist die Beklagte auch verpflichtet, ihren Teil der Leistung, zu dem auch die Beiträge zur Direktversicherung bis Oktober 2010 gehören, zu erbringen.

Zu Recht stellt das Arbeitsgericht bei dieser Bewertung auch auf den Umstand ab, dass auch bei einer vollständigen Durchführung des Arbeitsverhältnisses bis zum vereinbarten Ende aufgrund der Befristung die Pflicht zur Beitragszahlung weitere 2 Jahre bestanden hätte. Das zeigt, dass die Parteien die Beitragzahlung nicht in ein direktes Gegenseitigkeitsverhältnis zur Erbringung der Arbeitsleistung stellen wollten. Der Vortrag der Beklagten, es handele sich insoweit um nachschüssig fällig werdendes Arbeitentgelt, das daher nur bei erbrachter Arbeitsleistung zu zahlen sei, hat das Berufungsgericht nicht überzeugt. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien war in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen hat die Arbeitgeberin dort sehr weitgehend auf ihre Kündigungsrechte verzichtet. Zum anderen haben die Parteien - was für ein gewerbliches Arbeitsverhältnis völlig unüblich ist - die Unterstellungsverhältnisse im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt und zwar in einer Weise, wonach die Klägerin nur locker in die betriebliche Hierarchie eingegliedert wird. Hinzu kommt die hohe Direktversicherung für eine Arbeitnehmerin im gewerblichen Bereich und das Entgelt, das nach dem Kenntnisstand des Gerichts jedenfalls an der obersten Grenze dessen liegt, was man gewerblichen Arbeitnehmerinnen hier in der Privatwirtschaft üblicherweise zahlt. All diese Besonderheiten lassen sich nur erklären, wenn man das Arbeitsverhältnis als Teil des Geschäfts zur Übertragung der Gesellschaftsanteile versteht. Wenn man aber diesen Zusammenhang sieht, scheidet die Vorstellung aus, die Beklagte sei auf dieses Geschäft nur eingegangen, weil sie aus der verabredeten Arbeitsleistung der Klägerin in entsprechendem Umfang Gewinn ziehen kann. Wenn das tatsächlich gewollt gewesen wäre, hätte man dies ohne weiteres auch rechtsgeschäftlich umsetzen können, in dem man auch ein Kündigungsverbot für die Klägerin in den Arbeitsvertrag aufgenommen hätte.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür aus § 72 ArbGG nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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