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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 21.07.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 336/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 362
BGB § 612
1. Der Schuldner hat darzulegen und zu beweisen, dass eine Zahlung, die der Gläubiger von einem Dritten erhalten hat, zur Erfüllung der Schuld des Schuldners gezahlt wurde.

2. Zahlt der Auftraggeber bzw. Hauptunternehmer an eine irische Gewerkschaft ("Operative Pflasterers and allied Trades Society of Ireland - Dublin and Branches" - O) auf einer Baustelle in Irland nach einem Baustellenbesuch der Gewerkschaft einen größeren Betrag, den diese sodann an die Arbeitnehmer der auf der Baustelle tätigen Nachunternehmer auszahlt, kann man nicht ohne weiteren Sachvortrag annehmen, dass der Hauptunternehmer mit seiner Zahlung rückständige Lohnforderungen des Nachunternehmers gegenüber seinen Arbeitnehmern begleichen wollte.


Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 17.10.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob der klägerische Anspruch auf Arbeitsentgelt durch eine Zahlung eines Dritten an eine irische Gewerkschaft und deren Auskehrung des Betrages an den Kläger erfüllt ist.

Aufgrund des schriftlichen befristeten Arbeitsvertrages war der Kläger vom 21. September 2006 bis zum 30. April 2007 als Monteur bei dem Beklagten beschäftigt. Als Vergütung waren 1.600,00 EUR netto pro Monat vereinbart. Außerdem sollte der Kläger 25 Arbeitstage pro Kalenderjahr als Urlaub erhalten.

Der Kläger war während seiner Zeit als Arbeitnehmer des Beklagten auf einer Baustelle "Ritz Carlton Hotel" in Irland tätig auf Basis eines Nachunternehmervertrages zwischen dem Beklagten und der Firma "... GmbH" mit Sitz in 14554 Seddiner See (Amtsgericht Potsdam HRB 15442) und weiterer Betriebsstätte in Dublin (im Folgenden abgekürzt als C bezeichnet).

Für März 2007 hat der Kläger vom Beklagten am 3. Mai 2007 eine Teilzahlung in Höhe von 400,00 EUR netto erhalten. Weitere Zahlungen hat der Beklagte auf das Arbeitsentgelt des Klägers für März und April 2007 nicht geleistet.

Der Kläger hat allerdings am 26. Mai 2007 von der "Operative Pflasterers an allied Trades Society of Ireland - Dublin and Branches" (O) eine Zahlung in Höhe von 3.000,00 EUR erhalten. Der Zahlung ging eine Kontrolle der Baustelle durch diese Gewerkschaft voraus. Der Zweck der Zahlung ist nicht bekannt. Die Zahlung erfolgte gegen eine Art Ausgleichsquittung mit dem Datum 24. Mai 2007, die folgenden Wortlaut hat (Kopie Blatt 37, es wird Bezug genommen):

"To Whom it May Concern

This is to confirm that the payment I have received from ..., ... GmbH and O represents all payments due to me, and no further claims will be issued by me in respect of any payment from ..., ... GmbH or O in the future."

Ähnliche Zahlungen haben drei weitere in Irland auf der Baustelle eingesetzte Arbeitnehmer des Beklagten erhalten. C hat die Werklohnforderung des Beklagten aus dem Nachunternehmervertrag um die Zahlungen an die Arbeitnehmer des Beklagten gekürzt. Aus diesem Grund hat der Beklagte gegen C Klage erhoben, die beim Landgericht Potsdam zu Gunsten des hiesigen Beklagten und dortigen Klägers ausgegangen ist.

Der hiesige Rechtsstreit war zeitweilig wegen des Berufungsverfahrens zu dem Zivilrechtsstreit ausgesetzt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Aktenzeichen 4 U 12/08). Auf Antrag des Klägers ist der Rechtsstreit hier fortgesetzt worden, da der Beklagte eine in Zusammenhang mit der einvernehmlichen Aussetzung des Verfahrens vergleichsweise versprochene Teilzahlung auf die Klagforderung nicht geleistet hatte. Über den Ausgang des Rechtsstreits beim Brandenburgischen Oberlandesgericht ist hier nichts bekannt.

Der Beklagte hat für die Zeit des Arbeitsverhältnisses keine Abrechnungen erstellt. Außerdem hat er die Lohnsteuerkarten des Klägers für die Jahre 2006 und 2007 sowie die An- und Abmeldungen zur Rentenversicherung nicht herausgegeben.

Für 2007 hat der Kläger einen Urlaubsanspruch von acht Tagen erworben, der weder in Form von Freizeit gewährt noch vom Beklagten abgegolten worden ist.

Mit der Klage vom 4. Juni 2007, Gerichtseingang per FAX am selben Tag, begehrt der Kläger die restliche Vergütung für März 2007, die volle Vergütung für April 2007, die Abgeltung für acht Urlaubstage in Höhe von 591,22 EUR netto, die Erstellung prüfungsfähiger Abrechnungen für September 2006 bis April 2007 sowie die Herausgabe der Lohnsteuerkarten und der Meldungen zur Rentenversicherung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2007 in vollem Umfang entsprochen. Der Tenor lautet:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

a) 1.200,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. März 2007,

b) 1.600,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2007,

c) 591,22 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2007

zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger prüfungsfähige Abrechnungen für die Monate September 2006 bis einschließlich April 2007 zu erteilen, aus denen sich die monatlichen Vergütungsbeträge des Klägers ergeben.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger dessen Lohnsteuerkarten 2006 und 2007 und die An- und Abmeldungen zur Rentenversicherung herauszugeben.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

5. Der Streitwert wird auf 4.891,22 EUR festgesetzt.

Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Das Urteil ist dem Beklagten am 30. November 2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 28. Dezember 2008 ist per FAX noch am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Aufgrund eines Antrages, der hier am 24. Januar 2008 eingegangen war, ist die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 29. Februar 2008 verlängert worden. Die Berufung ist sodann mit Schriftsatz vom 29. Februar 2008, Gerichtseingang am selben Tag per FAX, begründet worden.

Der Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug seinen Antrag auf Klagabweisung in vollem Umfang weiter.

Der Beklagte erklärt, es sei unklar, ob die Zahlungen der Firma C auf das vom Beklagten geschuldete Arbeitsentgelt anzurechnen sei oder nicht. Dies müsse erst in dem gegen die Firma C angestrengten Rechtsstreit geklärt werden. Deshalb könne er auch noch keine Abrechnungen vornehmen und die Arbeitspapiere noch nicht ausfüllen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Zahlung der 3.000,00 EUR durch C bzw. O keine Leistung auf die vom Beklagten geschuldete Vergütung darstelle. Vielmehr habe es sich wohl um eine Art von Strafzahlung für sechs Monate je 500,00 EUR gehandelt; weitere Einzelheiten könne er nicht mitteilen, da er aufgrund seiner unzureichenden Kenntnisse der englischen Sprache mehr nicht verstanden habe.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht statt gegeben. Das Berufungsgericht macht sich die zutreffenden Erwägungen zu allen Streitgegenständen und zu den Nebenforderungen ausdrücklich zu Eigen.

1.

Die klägerischen Ansprüche auf Arbeitsentgelt für anteilig März 2007 (1.200,00 EUR) und für April 2007 (1.600,00 EUR) sind begründet. Das Entstehen der Ansprüche durch die Arbeitsleistung des Klägers ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Dem Beklagten ist es nicht gelungen darzulegen, dass der entstandene Anspruch inzwischen durch Erfüllung nach § 362 BGB untergegangen ist.

Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Zahlung der Firma C auf die hier streitige Lohnforderung des Klägers gegen den Beklagten erfolgt ist. Denn es fehlt insoweit bereits an einem Vortrag des Beklagten zur konkreten Zweckbestimmung der Zahlung. Ohne Vortrag zur Zweckbestimmung der Zahlung kann nicht festgestellt werden, ob C mit der Zahlung eine Schuld des Beklagten gegen den Kläger begleichen wollte. Aus der vom Kläger unterzeichneten Generalquittung, die die irische Gewerkschaft vorformuliert hatte, ergeben sich keine weiteren Erkenntnisse, denn auch dort ist der Zweck der Zahlung an den Kläger nicht weiter bezeichnet worden.

Der Zweck der Zahlung ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Die Höhe der restlichen Gehaltsforderung des Klägers gegen den Beklagten passt nicht zur Höhe der Zahlung an den Kläger durch die irische Gewerkschaft; im Übrigen dürfte es auch in Irland nicht zu den Kernaufgaben einer Gewerkschaft gehören, sich um rückständige Lohnzahlungen einzelner Arbeitnehmer zu kümmern. Außerdem ist festzuhalten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auf den 30. April 2007 befristet war, die Zahlung aber erst Ende Mai 2007 erfolgte. Das spricht zumindest ohne weitere Erläuterung - die der Beklagte nicht geleistet hat - dagegen, dass die Zahlung auf eine offene Lohnforderung aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien erfolgt ist. - Ob dem Vortrag des Klägers gefolgt werden kann, der behauptet, es habe sich um eine Strafzahlung für sechs Monate in Höhe von monatlich 500,00 EUR gehandelt, kann dahinstehen, da er nicht die Darlegungslast für den Zweck der erfolgten Zahlung trägt.

Die Darlegungsanforderungen an den Beklagten sind auch nicht unzumutbar hoch. Da die Firma C sein Vertragspartner war und zeitgleich zum vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsstreit mit der Firma C geführt wurde, wäre es ein Leichtes gewesen durch Nachfrage zu ermitteln, aus welchem Grund die Firma C Zahlungen an die Gewerkschaft geleistet hat. Zumindest hätte man leicht aufklären und vortragen können, mit welchem Ziel die Gewerkschaft die Baustelle besucht und welche Feststellungen sie dort getroffen hat.

Insoweit besteht auch kein Anlass, den Ausgang des Rechtsstreits des Beklagten mit der Firma C vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht abzuwarten. Denn soweit das Oberlandesgericht dort Feststellungen zum Zweck der Zahlung an die Gewerkschaft bzw. den hiesigen Kläger treffen sollte, hätten diese für den vorliegenden Rechtsstreit keine besondere Verbindlichkeit. Der Parteivortrag, auf dem die Feststellungen beruhen würden, könnte auch im hiesigen Rechtsstreit geleistet oder - soweit es sich um Parteivortrag der Firma C handelt - wenigstens mitgeteilt werden.

Der Beklagte kann sich auch nicht auf die vom Kläger unterzeichnete und von der Gewerkschaft vorformulierte Ausgleichsquittung berufen, denn er bzw. sein Unternehmen ist dort nicht als Begünstigter genannt.

2.

Wegen der weiteren Streitgegenstände (Urlaubsabgeltung, Abrechnungen, Herausgabe von Arbeitspapieren) kann vollumfänglich auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen werden. Kritik an dem Urteil hat der Beklagte und Berufungsführer insoweit nicht vorgetragen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 72 ArbGG) sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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