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Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 21.07.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 9/09
Rechtsgebiete: AGG, SGB VI
Vorschriften:
AGG § 3 Abs 2 | |
SGB VI § 187a | |
SGB VI § 236a Abs 4 |
2. Sieht das Programm vor, dass alle darauf eingehenden Arbeitnehmer durch eine Sonderzahlung an die Rentenkasse nach § 187a SGB VI so gestellt werden sollen, dass sie trotz vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente eine ungekürzte Rente erhalten, und sieht das Programm weitere erhebliche Zahlungen in Form von Abfindungen und Einmalzahlungen vor, ist es verboten, schwerbehinderte Arbeitnehmer der in Betracht kommenden Jahrgänge von dem Programm gänzlich ausschließen, nur weil sie auch ohne Zuzahlungen nach § 187a SGB VI zum Beispiel nach § 236a Absatz 4 SGB VI einen Anspruch auf ungekürzte Rente haben.
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 39.978,10 Euro zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin Ansprüche aus einem einseitig von der Beklagten aufgelegten Personalabbauprogramm mit übertariflichen Leistungen hat.
Die im Dezember 1948 geborene, seit 1999 schwerbehinderte Klägerin ist seit Februar 1991 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Die Klägerin arbeitete bis zuletzt in der Bußgeldstelle des Stadtamtes. Ihre Vergütung bemisst sich nach Entgeltgruppe 10 TVöD, was ein monatliches Bruttogehalt von 3.568,36 Euro ergeben hatte. - Die Klägerin hat zudem die Wartezeit von 35 Jahren für eine Altersrente als Schwerbehinderte erfüllt, so dass sie nach § 236a Absatz 4 SGB VI seit dem 1. Januar 2009 Anspruch auf Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nach § 77 SGB VI hat ("ungekürzte Rente").
Die Parteien des Rechtsstreits haben ihr Arbeitsverhältnis mit schriftlichem Auflösungsvertrag vom 10. Dezember 2008 zum Jahresende 2008 aufgehoben (Kopie der Urkunde Blatt 105 d. A.). In § 4 dieses Vertrages ist ausdrücklich geregelt, dass eventuelle Zahlungsansprüche der Klägerin aus dem Personalabbauprogramm entsprechend dem Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits befriedigt werden sollen.
Die Beklagte hat im Mai 2007 auf Basis eines Beschlusses der Bürgerschaft und nach Genehmigung durch den Kommunalen Arbeitgeberverband Mecklenburg-Vorpommern einseitig ein Personalabbauprogramm mit übertariflichen Leistungen aufgelegt und dieses durch gleichlautende persönliche Anschreiben an die Beschäftigten der in Betracht kommenden Geburtsjahrgänge bekanntgemacht. Unter dem 15. Mai 2007 hat auch die Klägerin ein solches Anschreiben erhalten (Kopie als Anlage K4 überreicht, hier Blatt 20 f; es wird Bezug genommen). Das Anschreiben hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"1. Adressatenkreis
Das Abfindungsangebot richtet sich grundsätzlich an alle Beschäftigten, die das Arbeitsverhältnis durch Eintritt in das Rentenalter beenden und die bereit sind, bis zu 5 Jahre, mindestens 2 Jahre, früher in den Ruhestand einzutreten und geminderte Altersrente in Anspruch zu nehmen. Die eigene oder eine vergleichbare Planstelle muss gestrichen werden können und ein finanzieller Einspareffekt erzielt werden.
Jeder Einzelfall wird durch die jeweilige personalführende Stelle geprüft, sobald Sie Ihr Interesse bekundet haben.
2. Geltungsbereich
Dieses Angebot gilt für diejenigen Beschäftigten ..., die dem TVöD unterliegen und bis zum 31. Dezember 1951 geboren sind.
3. Voraussetzungen
- unbefristetes Arbeitsverhältnis
- der Termin des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis muss mindestens 2 Jahre vor Beginn der Altersrente erfolgen,
- ein finanzieller Einspareffekt muss erreicht werden,
- dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages dürfen keine dienstlichen Belange entgegenstehen,
- ein Rechtsanspruch auf Aufhebung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht.
4. Abfindung
Die Beschäftigten erhalten eine Abfindung in Höhe des Siebenfachen des Bruttomonatsentgeltes. ...
5. Rentenminderungsausgleich
Der vom Rentenversicherungsträger bescheinigte Rentenminderungsausgleich wird zu 100% übernommen...
6. Einmalzahlung
Pro Jahr der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt eine Einmalzahlung in Höhe von 5.000,- EUR, maximal 25.000,- EUR...
7. Zeitlicher Geltungsbereich
Dieses Angebot wird den in Frage kommenden Beschäftigten mit einem persönlichen Schreiben kurzfristig unterbreitet.
Mit diesem Angebot besteht für Sie die Möglichkeit, vorzeitig aus dem Berufsleben auszuscheiden und in den wohlverdienten Ruhestand zu treten. Teilen Sie bitte ... in Form einer Antragstellung und Übergabe des Nachweises des Rentenversicherungsträgers mit, ob sie Interesse am Angebot haben..."
Die Klägerin hat sich unter dem 29. Mai 2007 schriftlich bereit erklärt, zu diesen Bedingungen ihr Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 60. Lebensjahres zum Ende des Jahres 2008 zu beenden, und fügte die geforderte Auskunft der Deutschen Rentenversicherung bei. Eine Reaktion der Beklagten erfolgte darauf nicht. Erst als die Klägerin sich im Jahre 2008 nach dem Gang der Dinge erkundigt hatte, wurde ihr Antrag auf Ausscheiden auf Basis des Personalabbauprogramms im Juli 2008 förmlich abgelehnt.
Mit der am 20. August 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin - nach mehrfacher Umstellung des Klageantrages - nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.978,10 Euro. Dieser der Höhe nach unstreitige Betrag setzt sich aus der Abfindung nach Ziffer 4 des Personalabbauprogramms in Höhe von 24.978,10 EUR sowie der Einmalzahlung aus Ziffer 6 des Personalabbauprogramms in Höhe von 15.000,00 Euro zusammen.
Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2008 abgewiesen (1 Ca 1314/08). Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen.
Mit der rechtzeitig eingelegten und zugleich begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiter.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie durch den Ausschluss aus dem Personalabbauprogramm rechtswidrig auf Grund ihrer Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch benachteiligt worden sei. Sie möchte daher mit den anderen Begünstigten gleichgestellt werden oder nach § 15 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) für den erlittenen Schaden entschädigt werden.
Ihre Benachteiligung verdeutlicht die Klägerin an einer - fiktiven - Vergleichsarbeitnehmerin mit denselben Lebensdaten wie die der Klägerin, der lediglich die Eigenschaft der Schwerbehinderung fehle. Diese Vergleichsarbeitnehmerin sei von dem Personalabbauprogramm begünstigt, da sie zum 1. Januar 2009 lediglich Anspruch auf Altersrente mit einem Zugangsfaktor im Sinne von § 77 SGB VI hätte, der wesentlich kleiner als 1,0 ist. Die Vergleichsarbeitnehmerin werde sodann durch die Zahlung des Rentenminderungsausgleichs aus Ziffer 5 des Personalabbauprogramms mit der Klägerin gleichgestellt, denn durch diese Zahlung an die Rentenkasse könne dann auch die Vergleichsarbeitnehmerin am 1. Januar 2009 mit dem Zugangsfaktor 1,0 nach § 77 SGB VI in Rente gehen.
Die Klägerin werde nun aber dadurch benachteiligt, dass die Vergleichsarbeitnehmerin zusätzlich Anspruch auf die Abfindung und die Einmalzahlung habe, während man der Klägerin diese Leistungen vorenthalte. Dieser Nachteil beruhe auf der Schwerbehinderung der Klägerin; der Schutzgedanke, der § 236a Absatz 4 SGB VI zu Grunde liege, verkehre sich dadurch letztlich in sein Gegenteil.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung die beklagte Hansestadt zu verurteilen, an die Klägerin 39.978,10 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klage scheitere schon daran, dass durch das Ausscheiden der Klägerin keine Haushaltsstelle eingespart werden könne (Ziffer 3 des Personalabbauprogramms). Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, dass sie berechtigt gewesen wäre, die Klägerin vom Kreis der Begünstigten auszuschließen, da sie zeitnah Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente gehabt habe und daher ausreichend sozial abgesichert sei. § 10 Nr. 6 AGG zeige, dass der Gesetzgeber eine derartige Differenzierung nicht als rechtswidrig einstufe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu.
I.
Die Klage kann nicht als unbegründet mit dem Argument abgewiesen werden, die Klägerin habe inzwischen einen Aufhebungsvertrag ohne finanzielle Zusatzleistungen abgeschlossen. Denn der Aufhebungsvertrag vom 10. Dezember 2008 nimmt in seinem § 4 ausdrücklich Bezug auf den vorliegenden Rechtsstreit und trifft insoweit nur die Regelung, dass außerhalb der hier streitigen Ansprüche keine weiteren finanziellen Ansprüche mehr bestehen. Damit haben die Parteien vereinbart, weitere Zahlungen an die Klägerin vom Ausgang des Rechtsstreits abhängig zu machen. Also kann dem Aufhebungsvertrag nicht die Abrede entnommen werden, eine Regelung über die streitigen Ansprüche getroffen zu haben.
II.
Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass sich der Anspruch nicht auf eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Parteien stützen lässt, da eine solche nicht zustande gekommen ist. Insoweit schließt sich das Berufungsgericht ausdrücklich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.
Ergänzend ist hervorzuheben, dass der von der Klägerin gesehene Vorvertrag zum Aufhebungsvertrag jedenfalls nicht formwirksam zustande gekommen wäre. Ein Vorvertrag ist nur formgültig, wenn er den Formvorschriften des im Vorvertrag verabredeten Hauptvertrages genügt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2008 - 3 Sa 148/08 - auf juris.de verfügbar).
Da der Aufhebungsvertrag nach § 623 BGB der Schriftform bedarf, müsste auch der von der Klägerin gesehene Vorvertrag zu seiner Wirksamkeit schriftlich vorliegen. Das ist selbst nach dem Vortrag der Klägerin nicht der Fall.
III.
Der streitige Anspruch ist dennoch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung der begehrten Zusatzleistungen aus dem Personalabbauprogramm verlangen, da sich der Ausschluss der Klägerin von den übertariflichen Leistungen als mittelbare Diskriminierung wegen ihrer Schwerbehinderung darstellt. Die Klägerin muss daher so gestellt werden, wie wenn das Personalabbauprogramm ohne die diskriminierende Regelung aufgelegt worden wäre.
1.
So wie die Beklagte das Personalabbauprogramm mit den gleichlautenden Anschreiben aus Mai 2007 ausgelobt hat, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Teilhabe an diesem Programm.
Denn das Programm richtet sich nach seiner Ziffer 1 ("Adressatenkreis") nur an Arbeitnehmer, die bereit sind, eine "geminderte Altersrente" in Anspruch zu nehmen. Ergänzend ist dieser Ziffer zu entnehmen, dass aus diesem Kreis sogar nur die Personen berechtigt sein sollen, die für mindestens zwei Jahre vor ihrem Anspruch auf ungeminderte Rente Altersrente in Anspruch nehmen. Die Klägerin hatte zwar im Bezugszeitpunkt (Mai 2007) nur Anspruch auf eine "geminderte Rente", sie war jedoch zu diesem Zeitpunkt wesentlich weniger als zwei Jahre vom Bezug einer ungekürzten Rente entfernt.
Dem Anschreiben der Beklagten vom 15. Mai 2007 ist zwar nicht zu entnehmen, was sie unter einer "geminderten Altersrente" versteht. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass die Beklagte damit auf § 77 SGB VI Bezug genommen hat. Durch § 77 SGB VI ist im deutschen Rentenrecht der "Zugangsfaktor" eingeführt worden. Ist der Zugangsfaktor 1,0 wird die Rente abschlags- und zuschlagsfrei zur Auszahlung gebracht. Renten wegen Alters werden abschlagsfrei zur Auszahlung gebracht, wenn sie erst mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen (vgl. § 77 Absatz 2 Nr. 1 SGB VI). Unter einer "geminderten Altersrente" ist daher eine Altersrente zu verstehen, die ein Versicherter vor Erreichen der Regelaltersgrenze oder eines für ihn maßgebenden niedrigeren Rentenalters beantragt. Denn in diesem Falle hat er pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme eine Kürzung der Rente in Höhe von 0,3 Prozent - im Jahr also um 3,6 Prozent - hinzunehmen.
Diese Kürzung wird durch Verkleinerung des Zugangsfaktors nach der Rechenregel in § 77 Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI bewirkt. Eine geminderte Altersrente ist also eine Altersrente, bei der für die Rentenhöhe ein Zugangsfaktor gilt, der kleiner als 1,0 ist.
Im Bezugszeitpunkt (Mai 2007) hätte die Klägerin lediglich eine geminderte Altersrente in Anspruch nehmen können, da die Klägerin das für sie maßgebende (niedrigere) Rentenalter erst mit Ablauf des Dezember 2008 erreicht hat. Die im Dezember 1948 geborene Klägerin, die mehr als 35 Jahre Wartezeit erfüllt hat und seit 1999 schwerbehindert ist, fällt unter die besitzstandswahrende Regelung § 236a Absatz 4 SGB VI. Danach konnte sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres ihre Altersrente mit dem Zugangfaktor 1,0 in Anspruch nehmen. Wäre sie dagegen im Juni 2007 ausgeschieden, hätte sie einen Rentenabschlag im Umfang von 19 Monaten je 0,3 Prozent, insgesamt also 5,7 Prozent hinnehmen müssen.
Da die Klägerin allerdings lediglich eine Minderung im Umfang von 19 Monaten hätte hinnehmen müssen, erfüllte sie dennoch nicht die Kriterien für die ausgelobten Sonderleistungen, da diese eine Minderung im Umfang von mindestens 24 Monaten, also einer Rentenkürzung um mindestens 7,2 Prozent, vorausgesetzt haben.
Hinzu kommt, dass die Klägerin ihren Antrag auf Aufhebung des Arbeitsvertrages unter Inanspruchnahme der ausgelobten Sonderleistungen so gestellt hatte, dass sie erst mit dem 31. Dezember 2008 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wollte. Stellt man auf diesen Zeitpunkt ab, hätte die Klägerin sogar Anspruch auf Rente mit dem Zugangsfaktor 1,0; es läge dann gar kein Fall des Bezugs einer "verminderten Rente" im Sinne der Auslobung der Sonderleistungen mit Schreiben vom 15. Mai 2007 mehr vor.
2.
Durch die Art und Weise, in der die Beklagte die übertariflichen Leistungen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in dem Personalabbauprogramm ausgelobt hat, werden die bei ihr beschäftigten schwerbehinderten Menschen mittelbar benachteiligt im Sinne von § 3 Absatz 2 AGG.
a)
Mit dem Arbeitsgericht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass die bei der Beklagten beschäftigten behinderten Menschen durch die Regeln der Auslobung nicht direkt bzw. unmittelbar benachteiligt werden, denn die Beklagte knüpft ihre zusätzlichen Leistungen für den Fall des Ausscheidens nicht an das Merkmal der Schwerbehinderung. Vielmehr erfolgt die Differenzierung anhand des Merkmals der "verminderten Rente", also anhand der Höhe des Zugangsfaktors im Sinne von § 77 SGB VI.
b)
Gleichwohl führt die Anknüpfung an den Zugangsfaktor im Sinne von § 77 SGB VI dazu, dass die bei der Beklagten beschäftigten schwerbehinderten Menschen der begünstigten Jahrgänge (geboren am 31.12.1951 oder früher; vgl. Ziff. 2 des Personalabbauprogramms) gegenüber den gleichaltrigen nicht schwerbehinderten Beschäftigten im Rahmen der ausgelobten übertariflichen Leistungen in besonderer Weise (§ 3 Absatz 2 AGG) schlechter gestellt sind.
Dies wird erkennbar, wenn man sich eine Arbeitnehmerin mit den Lebensdaten der Klägerin jedoch ohne Schwerbehinderung vorstellt. Eine solche Arbeitnehmerin hätte erst nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0. Daher hätte diese Person zum Kreis der Begünstigten aus dem Personalabbauprogramm aus Mai 2007 gehört, denn wenn sie - wie die Klägerin - zum 31. Dezember 2008 hätte ausscheiden wollen, hätte sie eine Rentenminderung im Umfang von fünf Jahren, also um 18 Prozent in Kauf nehmen müssen. Weil diese Person damit zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört hätte, hätten dieser Person alle drei Komponenten aus dem übertariflichen Angebot zugestanden. Diese übertariflich ausgelobten Vorteile sind jedoch in der Summe so hoch, dass im Vergleich zu der schwerbehinderten Klägerin eine Benachteiligung festgestellt werden muss.
Das übertarifliche Leistungspaket des Personalabbauprogramms setzt sich aus drei jeweils nebeneinander gewährten Komponenten zusammen.
Das Kernelement ist der Rentenminderungsausgleich aus Ziffer 5, der "100 Prozent" der vom Rentenversicherungsträger bescheinigten Rentenminderung ausgleicht. Diese Zahlung beruht auf § 187a SGB VI. Nach dieser Vorschrift können Rentenminderungen, die durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente entstehen, durch Zahlung von Beiträgen ausgeglichen werden.
Die außerordentliche Beitragszahlung nach § 187a SGB VI bewirkt also, dass der betroffene Arbeitnehmer trotz vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente eine Rente bekommt, die mit dem ugangsfaktor 1,0 im Sinne von § 77 SGB VI berechnet wird. Also wird eine nicht schwerbehinderte Arbeitnehmerin mit den Lebensdaten der Klägerin so gestellt, dass sie zum 1. Januar 2009 nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres eine Rente mit dem Zugangsfaktor 1,0 erhält. Damit ist diese Vergleichsarbeitnehmerin in jeder Beziehung rentenrechtlich mit der schwerbehinderten Klägerin gleichgestellt, die auch mit dem 1. Januar 2009 einen Anspruch auf Rente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nach § 236a Absatz 4 SGB VI erworben hat.
Die nicht schwerbehinderte Arbeitnehmerin mit den Lebensdaten der Klägerin erhält jedoch zusätzlich weitere nicht unbeachtliche Leistungen aus dem Personalabbauprogramm aus Mai 2007. Dieser Vergleichsarbeitnehmerin würde zunächst die Abfindung nach Ziffer 4 des Schreibens vom 15. Mai 2007 zustehen, die sich auf das siebenfache Bruttomonatsentgelt beläuft. Außerdem stünde der Vergleichsarbeitnehmerin die Einmalzahlung aus Ziffer 6 der Ankündigung vom 15. Mai 2007 zu, die für jedes Jahr des vorzeitigen Ausscheidens 5.000,00 Euro beträgt, im Falle der Vergleichsarbeitnehmerin, die fünf Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in der Altersversicherung ausscheidet, also 25.000,00 Euro.
4.
Diese ungleiche Behandlung der Klägerin mit der Vergleichsarbeitnehmerin mit gleichen Lebensdaten beruht auf der Schwerbehinderung der Klägerin, denn nur durch ihre Schwerbehinderung hat sie schon zum 1. Januar 2009 Anspruch auf Rente mit dem Zugangsfaktor 1,0 und fällt daher aus dem Kreis der Begünstigten des Personalabbauprogramms heraus.
5.
Liegt - wie hier - eine mittelbare Benachteiligung vor, ist sie unzulässig, wenn sie nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (§ 3 Absatz 2 AGG). Die Benachteiligung der Klägerin im Verhältnis zu der Vergleichsarbeitnehmerin lässt sich sachlich nicht rechtfertigen. Das Ziel, das die Beklagte mit dem Abstellen auf die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente verfolgt, ist unklar. Geht man von einem gesetzeskonformen Ziel aus, sind dennoch die dafür eingesetzten Mittel unangemessen. Ein Vergleich mit der gesetzgeberischen Wertung aus § 10 Nr. 6 AGG ist nicht möglich.
a)
Das von der Beklagten mit dem Abstellen auf die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente verfolgte Differenzierungsziel ist unklar.
Wie sich dem Einleitungssatz der Offerte der Beklagten vom 15. Mai 2007 entnehmen lässt, sollen die übertariflichen Zahlungen "für den vorzeitigen Renteneintritt von Beschäftigten" gezahlt werden. Dies wird verknüpft mit dem Ziel, dass nach dem Ausscheiden "die eigene oder eine vergleichbare Planstelle ... gestrichen" werden kann. Vor dem Hintergrund des gerichtsbekannten Personalüberhangs bei der Beklagten ergibt sich damit die Zwecksetzung der übertariflichen Leistungen ohne jeden Zweifel. Die in Betracht kommenden Arbeitnehmer sollten dafür gewonnen werden, vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und Rente in Anspruch zu nehmen, um die von ihnen besetzten Haushaltsstellen einsparen zu können. Es handelt sich also um ein Personalabbauprogramm, das allein über seine finanziellen Anreize Wirkungen zeitigen soll. Ein Programm mit einer solchen Zielsetzung aufzusetzen, ist legitim.
Angesichts der schwierigen finanziellen Lage der Beklagten ist es auch nicht zu beanstanden, die Mittel auf die Arbeitnehmer zu konzentrieren, die sich nicht ohnehin schon auf die nahende Rente eingestellt haben. Es ist daher nachvollziehbar, Arbeitnehmer von dem Programm auszuschließen, die das 63. Lebensjahr bereits vollendet haben und die daher innerhalb der nächsten 2 Jahre Anspruch auf ungekürzte Rente erwerben. Angesichts der erheblichen finanziellen Aufwendungen der Beklagten im Rahmen des Personalabbauprogramms hätte sich bei einer Ausdehung des Kreises der Begünstigen auf noch ältere Arbeitnehmer das Programm für die Beklagte auch nicht mehr gerechnet. Die Festlegung auf diesen Zeitpunkt ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen zu Stichtagsregelungen frei von rechtlichen Zweifeln.
aa)
Durch das Anknüpfen an den sozialrechtlichen Begriff des ungekürzten Rentenbezugs werden von den Leistungen des Personalabbauprogramms nicht nur - berechtigt - die Arbeitnehemr ausgeschlossen, die bereits das 63. Lebensjahr vollendet haben, sondern auch andere Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - nach sozialrechtlichen Grundsätzen früher Anspruch auf eine ungekürzte Rente haben. Der pauschale Ausschluss dieses Personenkreises von den Leistungen des Personalabbauprogramms lässt sich nicht erklären.
Die Beklagte kann die Ungleichbehandlung jedenfalls nicht damit rechtfertigen, dass diese Differenzierung notwendig mit dem Anknüpfen an den Begriff der vorzeitigen Inanspruchnahme von Rente verbunden sei. Denn das Anknüpfen arbeitsrechtlicher Leistungen an rentenrechtliche Gegebenheiten kann nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung wegen der Behinderung ausreichen. Knüpft der Arbeitgeber für ein eigenes Programm an sozialversicherungsrechtlichen Unterscheidungen an und handelt er deswegen benachteiligend, unterfallen diese Handlungen uneingeschränkt dem sachlichen Geltungsbereich des Art. 3 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78/EG (BAG, 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen, derzeit bereits über juris.de verfügbar - juris-Randziffer 47) und damit heute § 3 Absatz 2 AGG. Die Benachteiligung muss sich daher eigenständig aus dem Ziel der Sonderleistung in Verbindung mit dem dafür gewählten Mittel rechtfertigen lassen.
bb)
Die vorgenommene Differenzierung ist nicht problemangemessen. Das zeigt eine Analyse der Interessenslage der beteiligten Personen. Wenn die Beklagte - was die nicht ausgesprochene Prämisse des gesamten Programms ist - sich nicht in der Lage sieht, den unstreitig bestehenden Personalüberhang durch den Ausspruch von Kündigungen oder Änderungskündigungen in den Griff zu bekommen, bleibt sie mit den Arbeitnehmern, für die sie das Programm aufgelegt hat, verbunden, bis diese das 65. Lebensjahr vollendet haben. Erst danach scheiden sie nach § 33 Absatz 1 TVöD aus dem Arbeitsverhältnis aus. Will man als Arbeitgeber durch finanzielle Anreize die Arbeitnehmer dazu bewegen, vor Erreichen des 65. Lebensjahrs aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, müssen diese Angebote auf die Interessen der Arbeitnehmer zugeschnitten sein. Es muss sich also um ein Angebot handeln, was zum einen die rentenrechtlichen Nachteile des vorzeitigen Ausscheidens (Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI) berücksichtigt und zum anderen den Arbeitnehmer dafür entschädigt, dass er auf seine Einkommenschance bis zum Ablauf des 65. Lebensjahres verzichtet. Bei der aufgegebenen Einkommenschance ist zu berücksichtigten, dass sie nicht nur das Nettoentgelt umfasst, sondern auch die weiteren monatlich verdienten Rentenbeiträge, die regelmäßig weitere Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung vermitteln würden.
Auf diese Interessenlage hat die Beklagte mit ihrem Programm Rücksicht genommen. So wird das Problem des geringeren Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente durch den Rentenminderungsausgleich nach § 187a SGB VI vollständig kompensiert. Zusätzlich wird durch die Abfindung und die Einmalzahlung eine Entschädigung für das entgangene Einkommen und die damit entgehenden weiteren Entgeltpunkte in der Rentenversicherung gewährt. Verbunden mit dem Gewinn an Freizeit, den die Arbeitnehmer als Rentner haben, ist das Programm aus Arbeitnehmersicht durchaus attraktiv.
Die Beklagte hat allerdings bei der Bezeichnung des Personenkreises der Begünstigten ihres Personalabbauprogramms nicht an die Regelungstechnik der tarifliche Lage angeknüpft, die rechtlich betrachtet die Dauer der Zusammenarbeit der Beklagten mit ihren Arbeitnehmern steuert (Beispiel: "Das Programm richtet sich an alle Arbeitnehmer, die bereit sind, ihr Arbeitsverhältnis im Alter zwischen 60 und 63 Jahren bei Inanspruchnahme einer Rente aufzulösen), sondern an eine rentenrechtliche Größe ("mindestens 2 Jahre" "geminderte Rente"). Diese sachfremde Anknüpfung führt zwar bei nicht rentenprivilegierten Arbeitnehmern, die also erst mit Ablauf des 65. Lebensjahres einen Rentenanspruch mit dem Zugangsfaktor 1,0 erwerben, nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen. Denn wenn sowohl die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als auch der Anspruch auf "ungeminderte Rente" vom Erreichen des 65. Lebensjahres abhängt, ist es gleichgültig, ob man die Anspruchsvoraussetzung in direkter Anlehnung an das Lebensalter oder in Anlehnung an rentenrechtliche Größen formuliert. Bei rentenprivilegierten Arbeitnehmern, die vor Erreichen des 65. Lebensjahres eine Rente mit dem Zugangsfaktor 1,0 beanspruchen können, wirkt sich die sachfremde Anknüpfung an rentenrechtliche Gegebenheiten allerdings bedeutsam aus.
Denn wie das Beispiel der Klägerin zeigt, wird sie von den übertariflichen Leistungen der Beklagten aufgrund ihrer Schwerbehinderung und dem damit verbundenen Rentenprivileg ausgeschlossen, obwohl auch ihr Arbeitsverhältnis arbeitsrechtlich nach § 33 TVöD erst mit Ablauf des 65. Lebensjahres enden würde. Aus dem Schutzgedanken des Rentenprivilegs wird auf diese Weise eine Benachteiligung bei dem Personalabbauprogramm der Beklagten.
cc)
Für diese Benachteiligung lässt sich keine Rechtfertigung finden. Stellt man auf die Rechtsstellung der Arbeitnehmer ab, kann man so nicht differenzieren, denn auch die Klägerin als schwerbehinderte Arbeitnehmerin kann gegen ihren Willen nicht vor Ablauf ihres 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis gedrängt werden. Rechtlich gesehen gibt es daher keine Unterschiede zwischen behinderten und nicht behinderten Arbeitnehmern und zwar weder in ihrer tarifrechtlichen Stellung noch in ihrer sozialrechtlichen Stellung. Es gibt sozialrechtlich keine Pflicht, die ungekürzte Rente als Schwerbehinderter tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Stellt man auf die rechtliche Bewertung ab, lässt sich die vorgenommene Abgrenzung des Kreises der Begünstigten nicht rechtfertigen.
Stellt man dagegen auf die tatsächlichen Verhältnisse ab, verbleibt es bei der Hoffnung, dass der Leidensdruck bei schwerbehinderten Arbeitnehmern so groß ist, dass sie auch ohne finanzielle Vorteile möglichst schnell auszuscheiden wollen. Das wäre dann aber eine offene Diskriminierung der betroffenen Arbeitnehmer wegen ihrer Schwerbehinderung.
dd)
Die von der Beklagten vorgenommene Abgrenzung des begünstigten Personenkreises lässt sich auch nicht mit § 10 Nummer 6 AGG rechtfertigen. Eine direkte Anwendung der Norm kommt ohnehin nicht in Betracht, da es sich hier nicht um eine Differenzierung der Leistung "in Sozialplänen nach dem Betriebsverfassungsgesetz" handelt. Aber auch dann, wenn man in den Nummern 1 bis 6 von § 10 AGG lediglich Beispiele sieht, die nicht rechtswidrige Benachteiligungen aufzählen, kann sich die Beklagte nicht auf den Rechtsgedanken aus § 10 Nr. 6 AGG berufen, da sich die Sachverhalte in der Bewertung nicht vergleichen lassen.
Nach § 10 Nr. 6 AGG können unter anderem Arbeitnehmer von Leistungen eines Sozialplans ausgeschlossen werden, "die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind." Ein Sozialplan im Sinne von § 112 BetrVG regelt Entschädigungen für die Verlierer einer Betriebsänderung. Gehen die Partner eines Sozialplans davon aus, dass die vom Sozialplan Begünstigten auf Arbeitslosengeld angewiesen sein werden, liegt dem Sozialplan also ein Personalabbau durch Kündigungen zu Grunde, deren Folgen durch den Sozialplan abgemildert werden sollen. Steht dabei die anstehende Arbeitslosigkeit der Gekündigten im Fokus der Regelungen, ist es selbstverständlich, dass unter den älteren Betroffenen einer solchen Kündigungswelle diejenigen am Besten dastehen, die alsbald oder jedenfalls demnächst eine Altersrente in Anspruch nehmen können, denn die Chancen älterer Arbeitnehmer wieder einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden, sind heute sehr gering.
Die in § 10 Nr. 6 AGG als legitim angesehene Differenzierung nach dem möglichen Rentenbezug wird also innerhalb einer Gruppe von Menschen vorgenommen, die alle ihren Arbeitsplatz verlieren werden oder bereits verloren haben, bei denen also die soziale Absicherung aus öffentlichen Kassen die Einkommenssituation prägt.
Hier ist es folgerichtig, Sozialplanleistungen auf die Personen zu konzentrieren, die in der Prognose wahrscheinlich am längsten von Arbeitslosigkeit betroffen sein werden und sie dort zu kürzen, wo alsbald wenigstens mit einer rentenrechtlichen Absicherung gerechnet werden kann.
Diese Bewertung kann aber auf das Personalabbauprogramm der Beklagten nicht übertragen werden. Das Programm ist nicht mit einer systematisch erarbeiteten Strukturveränderung bei der Beklagten gekoppelt, aus der sich gegebenenfalls ergeben würde, welche Arbeitnehmer bei der Beklagten wegen der geplanten Veränderungen von Kündigung bedroht wären. Im Gegenteil, das Programm mit seinen überaus attraktiven finanziellen Leistungen soll gerade ein systematisch begründetes Personalabbauprogramm entbehrlich machen. Die Gruppe der zu vergleichenden Arbeitnehmer ist also weder ohne Arbeitsplatz und Einkommen noch sind ihre Mitglieder überhaupt von Kündigung bedroht. Das muss sich auf die Differenzierungen der Leistungen innerhalb der Gruppe der ins Auge gefassten Geburtsjahrgänge auswirken. Das Leitbild des Programms ist der finanzielle Anreiz für das Ausscheiden. Dieser Anreiz muss dann aber auch allen offen stehen, die rechtlich betrachtet die Möglichkeit haben, bis zum Eingreifen von § 33 TVöD am Arbeitsverhältnis festzuhalten.
Dies trifft für schwerbehinderte Arbeitnehmer gleichermaßen zu wie für nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer. Es ist daher diskriminierend, die Leistungen vom Bezug einer ungeminderten Rente abhängig zu machen, da die ungeminderte Rente bei Schwerbehinderten nur zu ihrem Schutz gewährt wird, die Betroffenen jedoch rechtlich die Möglichkeit haben, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter an ihrem Arbeitsverhältnis festzuhalten.
ee)
Aber selbst dann, wenn man es entgegen der Überzeugung des Gerichts im Grundsatz für legitim halten würde, die finanziellen Anreize bei Möglichkeit eines Rentenbezugs mit dem Zugangsfaktor 1,0 zu verringern oder auszuschließen, kann das nicht für den vorliegenden Fall gelten, denn die Beklagte ermöglicht es allen Mitgliedern der betroffenen Geburtsjahrgänge durch die Leistung des Rentenminderungsausgleichs, mit dem Zugangsfaktor 1,0 in Altersrente zu gehen. Da somit alle Arbeitnehmer der Beklagten der betroffenen Geburtenjahrgänge mit dem Zugangsfaktor 1,0 vorzeitig in Rente gehen können, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb aus dieser Gruppe nur die Arbeitnehmer zusätzliche Leistungen erhalten, bei denen der Zugangsfaktor 1,0 nicht auf Gesetz, sondern auf dem Personalabbauprogramm beruht.
6.
Da die Klägerin auch alle weiteren Voraussetzungen für die Abfindung und die Einmalzahlung aus dem Personalabbauprogramm aus Mai 2007 erfüllt, stehen ihr diese Leistungen zu.
a)
Das Gericht geht davon aus, dass durch einen Aufhebungsvertrag mit der Klägerin eine Stelle der Wertigkeit der Entgeltgruppe E10 bei der Beklagten eingespart werden kann. Die Beklagte hat zwar ohne weiteren Tatsachenvortrag behauptet, ein Einspareffekt sei bei einem Ausscheiden der Klägerin nicht zu verzeichnen. Das Gericht hält diesen Sachvortrag allerdings für unsubstantiiert. Die Klägerin bekleidet in der Kernverwaltung eine Stelle des gehobenen Dienstes als Sachbearbeiterin. Das sind Standardstellen im Haushalt, von denen die Beklagte vermutlich um die 100 Stellen im Haushaltsplan ausgewiesen haben wird.
Will die Beklagte darlegen, dass durch das Ausscheiden der Klägerin kein Einspareffekt erzielt werden kann, hätte sie genauer darlegen müssen, dass sie im gesamten Bereich der Stellen, die mit der Entgeltgruppe 10 bewertet sind, keinen Personalüberhang hat. Dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen und zwar selbst in der mündlichen Verhandlung nicht, als der Vorsitzende den hier wiedergegebenen Rechtsstandpunkt gegenüber der Beklagten erläutert hatte.
b)
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus dem Personalabbauprogramm der Beklagten selbst in Verbindung mit dem Verbot der Benachteiligung aus § 7 AGG. Da die Klägerin durch die Zugangsschranke "geminderte Rente für mindestens 2 Jahre" wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt wird, ist dieses Merkmal nicht anzuwenden. Der Anspruch ergibt sich aus der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen aus dem Personalabbauprogramm - einschließlich des Abschlusses des Aufhebungsvertrages und des Übergangs in die Rente - durch die Klägerin. Es kann daher offen bleiben, ob sich der Anspruch auch aus § 15 AGG herleiten ließe.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte (§ 91 ZPO).
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 ArbGG) sind nicht erfüllt.
Ende der Entscheidung
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Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.