Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 04.11.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 305/05
Rechtsgebiete: TzBefrG


Vorschriften:

TzBefrG § 14
TzBefrG § 17
1. Soziale Gründe können die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 TzBefrG nur rechtfertigen, wenn durch die Befristung für den Arbeitnehmer eine Übergangsregelung zur Suche nach einem anderen Arbeitsplatz geschaffen wird (im Anschluss an BAG vom 5.6.2002 - 7 AZR 241/01 = AP Nr. 13 zu § 1 BeschFG 1996).

2. Erwägt der Arbeitgeber bei Abschluss der Befristung selbst eine Einrichtung zu erschaffen, in der eine zukünftige Beschäftigung des Arbeitnehmers stattfinden soll, rechtfertigt dies eine Befristung nicht, wenn die Errichtung der Einrichtung bei Vereinbarung der Befristung noch völlig ungewiss ist (im Anschluss an BAG vom 12.1.2000 - 7 AZR 863/98 = AP Nr. 217 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag").


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 305/05

Verkündet am: 04.11.05

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.11.05 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller sowie die ehrenamtlichen Richter Johann Koppauer und Ernst Koether für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau vom 26.01.2005 (Az.: 1 Ca 1297/04) abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Befristung zum 31.08.2004 nicht aufgelöst wurde.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Der 1981 geborene Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von zunächst 80 % und seit Oktober 1999 mit einem Grad der Behinderung von 50 % als Schwerbehinderter anerkannt.

Am 05.10.1998 schlossen die Parteien - der Kläger gesetzlich vertreten durch seine Eltern - erstmals einen Arbeitsvertrag für Arbeiter (Bl. 3 bis 4 d. A.), in dem es u. a. wie folgt heißt:

§ 1

wird ab 01.09.1998, befristet auf die Dauer von drei Jahren, als Arbeiter eingestellt.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Manteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31. Januar 1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen und den zusätzlich für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

. . .

§ 9

Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 31.08.2001.

Am 29.05.2001 schlossen die Parteien erneut einen Arbeitsvertrag für Arbeiter (Bl. 5 bis 6 d. A.), in dem folgendes bestimmt ist:

§ 1

Herr S. wird ab 01.09.2001 als vollbeschäftigter Arbeiter

. . .

auf bestimmte Zeit eingestellt, und zwar als vorübergehend beschäftigter Arbeiter (§ 67 Nr. 9 BMT-G) bis zum 31.08.2004

. . .

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere der Anlage 10 zum BMT-G. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

. . .

§ 5

Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:

Im Falle der Schaffung einer caritativen Einrichtung zur Beschäftigung für Schwerbehinderte durch die Gemeinde wechselt auch während der Laufzeit dieses Vertrages in diese Einrichtung.

. . .

Vor Abschluss des Vertrages teilte die Beklagte den Eltern des Klägers in einem Schreiben vom 29.05.2001 (Bl. 51 d. A.) folgendes mit:

Bezugnehmend auf die persönliche Vorsprache am 27.04.2001 bei Herrn Bürgermeister können wir Ihnen mitteilen, dass der Haupt- und Finanzausschuss in der Sitzung am 08.05.2001 zugestimmt hat, Ihren Sohn für weitere drei Jahre (31.08.2004) im gemeindlichen Bauhof zu beschäftigen.

Nachdem die Gemeinde beabsichtigt, eine caritative Einrichtung für gleichgelagerte Fälle zu schaffen, geht die Gemeinde davon aus - wie persönlich besprochen - dass dann in diese Einrichtung wechselt, wenn sich diese realisieren lässt.

. . .

In einem Schreiben vom 11.06.2001 (Bl. 28 d. A.) wandte sich der Personalrat an die Beklagte und teilte dieser folgendes mit:

Weiterbeschäftigung

. . .

Nach wie vor vertreten wir die Auffassung, dass einer Weiterbeschäftigung aufgrund des Art. 75 Abs. 2 BayPVG nicht zugestimmt werden kann.

Herr S. hat einen Anspruch auf einen geeigneten Arbeitsplatz, an dem er motiviert und seine speziellen Bedürfnisse berücksichtigt werden.

Dies ist unseres Erachtens im Bauhof nicht gegeben und stellt somit eine Benachteiligung von Herrn S. dar.

. . .

Der Kläger wurde in der Folge als Helfer abwechselnd im Bauhof und der Kurgärtnerei eingesetzt und erzielte dabei monatlich ca. EUR 900,00 netto.

Nachdem die Beklagte es ablehnte, den Kläger über den 31.08.2004 weiterzubeschäftigen, hat dieser dagegen zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts am 01.09.2004 Klage erhoben.

Der Kläger hat vorgetragen, die Befristung seines Arbeitsvertrages sei unwirksam. Dafür fehle es an einem Grund. Dies sei bereits bei dem ersten Vertrag der Fall gewesen. Auch das Integrationsamt habe in einem Schreiben vom 09.07.2004 die Unwirksamkeit bestätigt. Soziale Gründe rechtfertigten die Befristung nicht. Eine etwaige spätere Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers in einer sozialen Einrichtung habe für die Befristung keine Rolle gespielt. Den Eltern des Klägers sei dies bei Abschluss des zweiten Vertrages auch bestätigt worden, weil bereits festgestanden habe, dass die Einrichtung ohnehin nicht mehr zustande komme.

Der Kläger hat beantragt:

Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung zum 31.08.2004 nicht beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Befristung sei aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Die Einstellung des Klägers sei ausschließlich aus sozialen Gründen erfolgt. Vor Abschluss des Arbeitsvertrages sei den Eltern des Klägers mitgeteilt worden, dass die Beklagte beabsichtige, eine soziale Einrichtung zu schaffen und dass der Kläger dann in diese Einrichtung wechselt. Dies sei dann auch so im Arbeitsvertrag vom 29.05.2001 vereinbart worden. Nur aus finanziellen Gründen habe sich die Schaffung der Sozialeinrichtung dann nicht realisieren lassen. Im Mai 2001 sei das Projekt noch realisierbar erschienen. Der Kläger sei nicht einsetzbar. Die Befürchtung des Personalrats habe sich als berechtigt erwiesen. Bei dem Einsatz des Klägers habe es sich um reine Beschäftigungstherapie gehandelt. Vorsorglich habe die Beklagte daher auch am 27.10.2004 einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung bei dem Integrationsamt gestellt.

Das Arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 10.03.2005 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 16.03.2005 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 19.05.2005 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt vor, bei dem zweiten Vertrag habe es sich überhaupt nicht mehr um eine soziale Maßnahme gehandelt. Dies ergebe sich auch nicht aus der Stellungnahme des Personalrats, die ohnehin erst nach Abschluss des Vertrages verfasst worden sei. Erst recht gelte dies, als der damalige Bürgermeister der Beklagten, der den Vertrag unterzeichnet habe, beabsichtigte, einen unbefristeten Vertrag mit dem Kläger zu schließen, der zuständige Ausschuss der Gemeinde aber eine nochmalige Befristung beschlossen habe. Zum Sachgrund der Befristung habe sich auch der Verwaltungsbeamte P. nicht äußern können. Etwas anderes folge auch nicht aus der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, die ohnehin nur vorsehe, dass wenn eine Einrichtung geschaffen werde, der Kläger in diese wechsle. Die Befristungsdauer spreche zudem klar gegen einen Befristungsgrund. Auch aus sozialen Gründen sei die Befristung nicht gerechtfertigt. Darauf hätten sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages gerade nicht geeinigt.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Passau vom 26.01.2005 (Az.: 1 Ca 1297/04) wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung zum 31.08.2004 nicht beendet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, bei dem zweiten Vertrag habe es sich um eine reine Sozialmaßnahme gehandelt. Nach dem ersten Vertrag sei klar gewesen, dass der Kläger die Arbeit nicht ausführen könne. Dagegen habe der Personalrat auch gerade in seinem Schreiben vom 11.06.2001 Bedenken geäußert. Deshalb habe auch mittlerweile die Regierung von Niederbayern am 18.02.2005 die Zustimmung zur Kündigung erteilt und am 07.07.2005 den Widerspruch des Klägers dagegen zurückgewiesen. Auf den sozialen Überbrückungszweck hätten sich die Parteien auch ausdrücklich geeinigt.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19.05.2005 (Bl. 130 bis 139 d. A.) und 05.08.2005 (Bl. 185 bis 190 d. A.), der Beklagten vom 14.07.2005 (Bl. 156 bis 163 d. A.) und 24.10.2005 (Bl. 191 bis 193 d. A.)sowie die Sitzungsniederschrift vom 04.11.2005 (Bl. 197 bis 199 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristungsabrede nicht wirksam zum 31.08.2004 beendet.

1. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klage zulässig ist. Bei dem vom Kläger verfolgten Klageantrag handelt es sich nicht um eine allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO sondern um eine Befristungskontrollklage i. S. v. § 17 Satz 1 TzBefrG. Andere Beendigungstatbestände sind zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung bedarf bei einer Klage gem. § 17 TzBefrG ebenso wie im Fall des § 4 Satz 1 KSchG keiner gesonderten Prüfung. Dies folgt bereits aus der andernfalls nach § 17 Satz 2 TzBefrG eintretenden Fiktion des § 7 KSchG (vgl. BAG vom 22.03.2000 - AP Nr. 221 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag").

2. Die Klage ist begründet.

a) Mit seiner zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts am 01.09.2004 erhobenen und der Beklagten am 02.09.2004 zugestellten Klage hat der Kläger die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gem. § 17 Satz 1 TzBefrG gewahrt. Die Befristung im Vertrag vom 29.05.2001 für die Zeit vom 01.09.2001 bis 31.08.2004 unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle und bedurfte zu ihrer Wirksamkeit eines sachlichen Grundes.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die zuletzt vereinbarte Befristung der gerichtlichen Kontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Vertragsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage, die für ihre Rechtsbeziehung künftig allein maßgeblich sein soll. Dadurch wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben (BAG vom 13.10.2004 - 7 AZR 218/04; BAG vom 25.08.2004 - 7 AZR 7/04; BAG vom 05.05.2004 - 7 AZR 629/03). Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien bei Abschluss des letzten Vertrages einen entsprechenden Vorbehalt vereinbart haben oder wenn es sich bei dem letzten Vertrag um einen unselbständigen Annex zum vorherigen Vertrag handelt, mit dem das bisherige befristete Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunkts modifiziert werden sollt. Die ist hier nicht der Fall.

c) Nachdem die Zulässigkeit der Befristung des Vertrages vom 29.05.2001 schon wegen Überschreitung der Dauer von zwei Jahren allein dieses Vertrages nicht aus § 14 Abs. 2 TzBefrG folgen kann, bedurfte diese gem. § 14 Abs. 1 TzBefrG der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. An dem fehlt es jedoch.

aa) Zwar muss ein sachlicher Grund gem. § 14 Abs. 1 TzBefrG im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich angegeben werden, nachdem das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBefrG nur für die Befristungsvereinbarung als solche, nicht aber für den ihr zugrunde liegenden sachlichen Grund gilt. Der sachliche Grund muss auch nicht einmal Gegenstand der Vereinbarung der Parteien sein. Er muss jedoch objektiv zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung vorliegen (vgl. BAG vom 13.10.2004 - a. a. O.). Dies ist nicht der Fall.

bb) Die Beklagte kann die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger nicht auf soziale Gründe stützen.

(1) Zwar kommt aus sozialen Gründen die Befristung eines Arbeitsvertrags in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiterbeschäftigt, um ihm die Suche nach einem anderen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Hier kann der soziale Überbrückungszweck eines Arbeitsvertrages dessen Befristung sachlich rechtfertigen (vgl. BAG vom 05.06.2002 - 7 AZR 241/01 - AP Nr. 13 zu § 1 BeschFG 1996). Dagegen genügen allgemeine soziale Überlegungen eines Arbeitgebers, Anreize für Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, als Sachgrund nicht (vgl. BAG vom 04.06.2003 - 7 AZR 489/02 = AP Nr. 245 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag"). Vielmehr kann davon nur ausgegangen werden, wenn dem Arbeitnehmer im Anschluss an ein auslaufendes befristetes Arbeitsverhältnis oder ein Ausbildungsverhältnis durch eine vorübergehende befristete Beschäftigung die Suche nach einen neuen Arbeitsplatz erleichtert werden soll (vgl. BAG vom 05.06.2002 - a. a. O.; BAG vom 24.02.1988 - 7 AZR 454/87 = AP Nr. 3 zu § 1 BeschFG 1985). Soziale Motive des Arbeitgebers können nur dann als eine Befristung des Arbeitsvertrages sachlich rechtfertigender Grund anerkannt werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers aus sozialen Erwägungen mit dem betreffenden Arbeitnehmern nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, auch angesichts des Interesses des Arbeitnehmers an unbefristeter Beschäftigung schutzwürdig ist. Trifft das zu, so verdient die durch den sozialen Beweggrund bedingte Befristung des Arbeitsvertrages die Anerkennung der Rechtsordnung. Es handelt sich dann nicht um eine im Hinblick auf den gesetzlichen Kündigungsschutz funktionswidrigen Verwendung dieser rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit. Der soziale Überbrückungszweck, an dessen Nachweis durch den Arbeitgeber strenge Anforderungen zu stellen sind, muss daher im Vordergrund stehen und muss anhand konkreter Anhaltspunkte feststehen. Der soziale Zweck, dem Kläger das Finden einer Arbeitsstelle zu erleichtern, muss ausschlaggebend sein (vgl. BAG vom 24.02.1988 - a. a. O. zu 3 b der Gründe).

(2) Dies ist nicht der Fall.

(a) Zwar verkennt die Kammer nicht, dass für die Frage, ob der Kläger überhaupt beschäftigt wurde, durchaus soziale Motive bei der Beklagten eine Rolle spielten und der damalige Bürgermeister der Beklagten sich nur auf Bitten der Eltern des Klägers bereit fand, den Kläger einzustellen. Dies allein rechtfertigt aber noch keine Befristung. Sonst wäre mit jedem Langzeitarbeitslosen oder schwer vermittelbaren schwer behinderten Arbeitnehmer eine jederzeit über zwei Jahre hinausgehende Befristung eines Arbeitsvertrages aus sozialen Gründen zulässig. Dies entspricht gerade nicht der Regelung in § 14 Abs. 1 TzBefrG.

(b) Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass beabsichtigt gewesen sei, dass der Kläger bei Schaffung einer caritativen Einrichtung zu dieser überwechsle, wie in § 5 des Vertrages vom 29.05.2001 auch als Nebenabrede festgehalten war, vermag auch dies einen sozialen Überbrückungszweck nicht zu begründen.

(aa) Denn einen Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages könnte auch dieser Umstand nur darstellen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine hinreichend zuverlässige Prognose erstellt werden konnte, dass die caritative Einrichtung innerhalb des vereinbarten 3-Jahres-Zeitraums auch tatsächlich geschaffen wird. War die Errichtung der Einrichtung in diesem Zeitraum dagegen ungewiss, konnte ein hinreichend sichere Prognose auch nicht erstellt und damit eine Befristung auch nicht vereinbart werden (vgl. BAG vom 25.08.2004 - 7 AZR 7/04; BAG vom 22.03.2000 - 7 AZR 758/98 = AP Nr. 221 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag").

(bb) Selbst wenn mit dem Arbeitsgericht aufgrund der Aussage des Zeugen P. davon ausgegangen wird, dass das zu schaffende caritative Projekt einer Einrichtung für Behinderte "so vor sich hingedümpelt" habe und nur lustlos betrieben worden sei, aber auch noch nicht zu den Akten gelegt worden war, erlaubt dies jedenfalls nicht den Schluss, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger hinreichend sichere Tatsachen vorlagen, das Projekt werde bis zum Ablauf der Befristung geschaffen sein. Vielmehr war dann gerade bei Abschluss des Vertrages vom 29.05.2001 völlig offen, ob der Kläger tatsächlich innerhalb der drei Jahre in eine Einrichtung wechseln kann. Dies genügt in keinem Fall den Anforderungen an eine hinreichend sichere Prognose, die die Befristung rechtfertigen konnte (vgl. BAG vom 12.01.2000 - 7 AZR 863/98 = AP Nr. 217 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag" zu 4 der Gründe). Wie diese danach bereits dem Grunde nach unsichere Prognose noch mit der gewählten Befristungsdauer zu vereinbaren wäre, ist zudem eine weitere offene Frage (vgl. BAG vom 20.02.2002 - 7 AZR 600/00 = AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 "Wiedereinstellung"; BAG vom 21.02.2001 - 7 AZR 200/00). Für die Befristung des Vertrages vom 29.05.2001 fehlt es damit an einem sachlichen Grund, so dass diese unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.08.2004 beendet wurde.

III.

Auf die Berufung des Klägers war daher das Urteil des Arbeitsgerichts entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72 a ArbGG die Beklagte hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

Zurück