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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 10 Sa 360/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
Erklärt ein Arbeitnehmer erst mehr als 1 1/2 Jahre nach einer - unzureichenden - Information über einen Betriebsübergang einen Widerspruch, ist dieser verwirkt, wenn zu diesem Zeitpunkt er eine Kündigung des Betriebserwerbers nicht angegriffen und eine ihm angebotene Abwicklungsregelung akzeptiert hat.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

10 Sa 360/08

Verkündet am: 14.01.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2008 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Dr. Wenzler und Wischhöfer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.02.2008 (Az.: 21 Ca 1406/08) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob aufgrund eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses dieses zur Beklagten fortbestand und über daraus folgende Ansprüche des Klägers auf Vergütung sowie hilfsweise über die Zahlung einer Abfindung.

Der 1950 geborene, verheiratete Kläger war seit 07.04.1975 bei der Beklagten als Maschinenfahrer im Bereich Consumer Imaging beschäftigt und erzielte dabei eine monatliche Vergütung von ca. € 3.503,30 brutto.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 (Bl. 11 bis 14 d. A.) informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass der Geschäftsbereich Consumer Imaging zum 01.11.2004 auf die A. GmbH übertragen wird. In diesem Schreiben heißt es dabei u. a.:

Die A.-G. AG plant, den Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. ...

...

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A. GmbH übergehen.

...

1. Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

2. Zum Grund für den Übergang: ...

3. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A. GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A.-G. AG, A. GmbH, Gesamtbetriebsrat der A.-G. AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung "zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen" abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A.-G. AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A. GmbH anerkannt.

- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A. GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

...

- Die kollektiv-rechtliche Geltung der am 31. Oktober 2004 bei der A.-G. AG bestehenden Betriebsvereinbarungen und Gesamtbetriebsvereinbarungen bleibt bei der A. unverändert. Dies gilt auch für die bei der A.-G. AG geltenden Richtlinien.

- Die Gesamtbetriebsvereinbarungen zum Sozialplan gelten bei A. GmbH oder einer Schwester- oder Tochtergesellschaft als Sozialplan sowohl auf Ebene des Unternehmens wie auch auf örtlicher Ebene mindestens bis zum 31. Dezember 2007.

...

4. Zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen:

...

5. Zu Ihrer persönlichen Situation:

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu einem Interessenausgleich und zu ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

...

6. Zum Widerspruchsrecht: ...

7. Zu den Folgen eines Widerspruchs:

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A.-G. und geht nicht auf die A. GmbH über.

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A. GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A.-G. AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Fall der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A.-G. AG rechnen.

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A.-G. AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A.-G. AG, noch gegenüber A. GmbH. . . .

...

Die geplante Ausgliederung des Geschäftsbereichs Consumer Imaging aus der A.-G. AG und die Übertragung auf die A. GmbH wurde zum 01.11.2004 durchgeführt.

Mit Schreiben vom 15.11.2004 (Bl. 128 d. A.) kündigte die A. GmbH das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005.

Am 25.11.2004 übermittelte die A. GmbH dem Kläger eine von diesem durch Unterschrift vom 02.12.2004 zur Kenntnis genommene Abwicklungsregelung (Bl. 464 bis 466 d. A.) nach der der Kläger eine Abfindung i.H.v. € 143.817,84 erhalten sollte, die in monatlichen Beträgen von € 1.957,50 in der Zeit vom 01.10.2006 bis 31.12.2010 und in monatlichen Beträgen von € 1.098,66 in der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 ausbezahlt werden sollte. Mit Schreiben vom 08.12.2004 bestätigte die A. GmbH, dass der Kläger in der Zeit vom 01.08.2005 bis 31.12.2005 unter Fortzahlung seiner Vergütung freigestellt werde.

Am 20.05.2005 stellte die A. GmbH einen Insolvenzantrag. Das Verfahren ist am 01.08.2005 eröffnet worden. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 21.07.2005 (Bl. 129 bis 131 d. A.) machte der Kläger gegen die Beklagte eine unrichtige Information über den Betriebsübergang geltend und verlangte unter Fristsetzung bis 26.07.2005 eine richtige und ausreichende Information.

Mit Schreiben vom 30.06.2006 (Bl. 15 bis 18 d. A.) widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A. GmbH und verlangte die Erfüllung der Vereinbarung vom 25.11.2004 durch die Beklagte.

Der Kläger hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis bestehe zur Beklagten fort. Denn das Informationsschreiben über den Betriebsübergang sei weder vollständig noch korrekt gewesen. Dies folge schon daraus, dass Markenrechte und Erlöse aus alten Leasingverträgen nicht auf die A. GmbH übertragen worden seien. Auch seien die Mitarbeiter über die Liquidität und die Eigenkapitaldecke der A. GmbH getäuscht worden. Auch die Kreditlinie sei unzutreffend dargestellt worden. Aufgrund der fehlerhaften Information habe die Frist zur Erklärung des Widerspruchs nicht zu laufen begonnen. Der Widerspruch sei auch nicht verwirkt. Weder vor dem Schreiben vom 21.07.2005 noch nach diesem Zeitpunkt habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger von einem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch mache. Wegen des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts von € 3.049,18 brutto monatlich für die Zeit von August 2005 bis Dezember 2006. Jedenfalls habe der Kläger hilfsweise Anspruch auf Bezahlung der vereinbarten Abfindungssumme von € 143,817,84 gegen die Beklagte wegen Verletzung der Informationspflichten.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen seit dem 01.11.2004 fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 51.836,06 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.09.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.10.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.11.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.12.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.01.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.02.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.03.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.04.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.05.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.06.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.07.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.08.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.09.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.10.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.11.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.12.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.01.2007

zu zahlen.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 143,817,84 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei auf die A. GmbH übergegangen. Die Information des Klägers über den Betriebsübergang sei ordnungsgemäß erfolgt. Über die Liquidität der A. GmbH habe nicht informiert werden müssen. Ein Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang sei daher nicht mehr möglich. Der Widerspruch sei zudem verwirkt. Er sei erst über 1 1/2 Jahre nach dem Betriebsübergang und ein halbes Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der A. GmbH erfolgt. Die A. GmbH habe das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 15.11.2004 zum 31.12.2005 gekündigt. Der Kläger habe dagegen keine Kündigungsschutzklage erhoben. Zum Zeitpunkt des Widerspruchs sei der Kläger überhaupt kein Arbeitnehmer der Beklagten mehr gewesen. Der Kläger habe widerspruchslos weitergearbeitet und die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung durch die A. GmbH akzeptiert. Durch das Verhalten des Klägers habe jedenfalls kein Annahmeverzug eintreten können. Auch ein Abfindungsanspruch des Klägers bestehe gegen die Beklagte nicht. Etwaige Ansprüche des Klägers seien im Übrigen nach der tariflichen Ausschlussfrist verfallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen weil der Kläger ein Widerspruchsrecht verwirkt habe und die Beklagte auch nicht für einen Abfindungsanspruch des Klägers einzutreten habe. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wir auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 13.03.2008 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am Montag, den 14.04.2008 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 17.06.2008 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt - unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrags - vor, das Informationsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 sei ungenügend. Daher habe der Kläger auch nach Fristablauf sein Widerspruchsrecht ausüben können. Dieses Recht sei nicht verwirkt. Es fehle sowohl an einem Zeit- wie einem Umstandsmoment. Wie das Schreiben vom 21.07.2005 zeige, sei der Kläger nicht untätig geblieben. Wenn die Beklagte auf dieses Schreiben nicht reagiert habe, dürfe sie daraus keine Vorteile ziehen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, das Entgelt von August 2005 bis Dezember 2006 fortzuzahlen. Hilfsweise stehe dem Kläger jedenfalls ein Anspruch auf die Abfindung zu. Wäre der Kläger ordnungsgemäß Informiert worden, hätte er dem Betriebsübergang widersprochen und damit einen Anspruch auf die Abfindung erworben.

Der Kläger beantragt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 21 Ca 1406/08) abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen seit dem 01.11.2004 fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 51.836,06 brutto nebst Zinsen

hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.09.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.10.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.11.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.12.2005

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.01.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.02.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.03.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.04.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.05.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.06.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.07.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.08.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.09.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.10.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.11.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.12.2006

aus € 3.049,18 brutto seit dem 01.01.2007

zu zahlen.

3. Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 143,817,84 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Informationsschreiben sei weder falsch noch unvollständig gewesen. Im Übrigen sei die Ausübung des Widerspruchsrechts des Klägers rechtsmißbräuchlich. Dem Kläger sei es nicht um die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses sondern nur um die Erlangung einer möglichst hohen Abfindung gegangen. Dazu habe der Kläger die Beklagte mit dem Widerspruchsrecht unter Druck setzen wollen. Jedenfalls sei das Widerspruchrecht des Klägers verwirkt. Das Zeitmoment sei bei einem Zeitraum von fast zwei Jahren evident. Das Umstandsmoment folge bereits aus der einvernehmlichen Beendigung mit der A. GmbH gegen Zahlung einer Abfindung. Damit habe der Kläger deutlich zu erkennen gegeben, dass er diese als zuständigen Arbeitgeber akzeptiert. Damit entfalle auch ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Für einen Abfindungsanspruch fehle es sowohl an einer Rechtsgrundlage als auch an einem Sachvortrag, woraus überhaupt ein derartiger Anspruch folgen soll.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 17.06.2008 (Bl. 407 bis 418 d. A.), der Beklagten vom 15.08.2008 (Bl. 427 bis 439 d. A.) und 08.12.2008 (Bl. 462 bis 463 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 10.12.2008 (Bl. 469 bis 470 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis weil dieses zum 01.11.2004 auf die A. GmbH übergegangen ist (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Widerspruch des Klägers vom 30.06.2006 ändert daran nichts. Zwar ist der Widerspruch nicht verfristet weil die Widerspruchsfrist von einem Monat gem. § 613 a Abs. 6 BGB mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung des Klägers über den Betriebsübergang gem. § 613 a Abs. 5 BGB nicht in Gang gesetzt wurde. Ebenso konnte der Kläger einem Betriebsübergang auch dann noch widersprechen, wenn sein Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet wurde. Das Widerspruchsrecht des Klägers ist jedoch verwirkt. Bestand damit das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zu dessen Beendigung mit der A. GmbH, fehlt es für einen Abfindungsanspruch gegen die Beklagte an einer Rechtsgrundlage.

1. Die Klage ist zulässig.

Dies gilt auch für den vom Kläger verfolgten Feststellungsantrag auf unveränderten Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ab 01.11.2004. Das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. BAG vom 17.10.2001 - AP Nr. 65 zu § 256 ZPO 1979; BAG vom 21.06.2000 - AP Nr. 60 zu § 256 ZPO 1977) liegt vor. Wenn wie hier der Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit einer Fülle gegenseitiger Rechte und Pflichten als Rechtsfolge daraus streitig ist, kann diese Frage regelmäßig im Rahmen einer Feststellungsklage geklärt werden (vgl. BAG vom 26.07.2001 - AP Nr. 63 zu § 256 ZPO 1977; BAG vom 02.12.1999 - AP Nr. 188 zu § 613 a BGB; BAG vom 12.10.1994 - AP Nr. 165 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag"). Einer Festlegung aller Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses bedarf es dabei nicht (vgl. BAG vom 16.03.1994 - AP Nr. 10 zu § 419 BGB "Funktionsnachfolge"; BAG vom 16.02.1994 - AP Nr. 15 zu § 611 BGB "Rundfunk"). Dies gilt auch, wenn sich der Antrag teils auf die Vergangenheit und teils auf die Zukunft bezieht. Eine Aufteilung in einen Teilleistungsantrag für die Vergangenheit und einen Feststellungsantrag für die Zukunft ist nicht erforderlich (vgl. BAG vom 22.02.2000 - AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG "Beamtenversorgung").

2. Die Klage ist unbegründet.

Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist gem. § 613 a Abs. 1 BGB ab 01.11.2004 auf die A. GmbH übergegangen.

a) Dass die Beklagte ihren Geschäftsbereich Consumer Imaging ausgegliedert und diesen zum 01.11.2004 auf die A. GmbH übertragen hat, ist ebenso wie der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers diesem Geschäftsbereich zugeordnet war und der Kläger nach dem 01.11.2004 sein Arbeitsverhältnis bei der Fa. A. GmbH unverändert fortgesetzt hat, zwischen den Parteien nicht streitig. Dies entspricht auch den vom Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 20.03.2008 (8 AZR 1016/06 = NZA 2008, 1354) festgestellten Sachverhalt zur Frage des Übergangs dieses Geschäftsbereichs. Es besteht auch kein Zweifel, dass diese Maßnahme einen Betriebsübergang gem. § 613 a Abs. 1 BGB darstellt, die den Übergang der Arbeitsverhältnisse der in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter zur Folge hatte.

b) Unstreitig hat der Kläger diesem Betriebsübergang durch sein Schreiben vom 30.06.2006 formgerecht gem. § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB widersprochen. Dass dieser Widerspruch erst nach Ablauf eines Monats nach dem Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 erfolgte, führt für sich allein auch nicht zu einer Unwirksamkeit des Widerspruchs.

aa) Zwar kann ein Arbeitnehmer gem. § 613 a Abs. 6 Satz BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebsübernehmer nur innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung gem. § 613 a Abs. 5 BGB widersprechen.

(1) Die Widerspruchsfrist setzt aber nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Gang. Weder durch eine unterbliebene noch durch eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung wird diese Frist ausgelöst. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 613 a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats "nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5" widersprechen kann, als auch aus dem Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB so zu informieren, dass jener sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613 a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten. Da dies Sinn und Zweck der Vorschrift des § 613 a Abs. 5 BGB ist, ist es folgerichtig, den Beginn des Laufs der Widerspruchsfrist nicht nur dann zu verneinen, wenn überhaupt keine Unterrichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn keine ordnungsgemäße Unterrichtung vorliegt (vgl. BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05; BAG vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 = NZA 2006, 1268).

(2) Die gemäß § 613 a Abs. 5 BGB zu erteilenden Informationen müssen zutreffend sein. Dazu ist eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache erforderlich, die zunächst die Angaben des Betriebsübernehmers mit Firmenbezeichnung und Anschrift erfordert, sodass dieser identifizierbar ist. Weiter ist die Unterrichtung über Zeitpunkt und Gegenstand des Betriebsübergangs wie auch die Angabe des Rechtsgrundes für den Betriebsübergang erforderlich. Dabei müssen die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang zumindest schlagwortartig mitgeteilt werden, die sich im Fall des Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken können. Schließlich ist der Arbeitnehmer auch über die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs zu informieren.

(3) Diesen Anforderungen entspricht das Informationsschreiben der Beklagten vom 25.11.2004 nicht. Nach der Rechtsprechung aller bisher mit dem gleichen Informationsschreiben befassten Kammern des Landesarbeitsgerichts München liegt zumindest eine unrichtige bzw. unvollständige und damit nicht ordnungsgemäße Unterrichtung im Rahmen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB vor. Dem schließt sich die erkennende Kammer ausdrücklich an. Exemplarisch wird dabei insbesondere auf die Entscheidungen vom 26.08.2008 (4 Sa 135/07) und 23.11.2006 (3 Sa 644/06) Bezug genommen. Auch das Bundesarbeitsgericht hat in den Entscheidungen vom 20.03.2008 (NZA 2008, 1354) und 24.07.2008 (8 AZR 175/07) bei hier übereinstimmenden Schreiben eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs gem. § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB angenommen weil in den Unterrichtungsschreiben nicht hinreichend dargestellt wurde, dass nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB der neue Betriebsinhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses Kraft Gesetzes eintritt und eine Darstellung der begrenzten gesamtschuldnerischen Nachhaftung gem. § 613 a Abs. 2 BGB im Unterrichtungsschreiben fehlt. Eine von der Beklagten geforderte Kausalität zwischen fehlerhafter Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich abgelehnt (Urteil vom 20.03.2008 - a.a.O. Rn. 37). Weitere Ausführungen sind dazu nicht veranlasst, nachdem auch die Berufungserwiderung der Beklagten davon absieht, hierauf näher einzugehen.

bb) In der Entscheidung vom 20.03.2008 (a.a.O. - Rn. 38) hat das Bundesarbeitsgericht weiter überzeugend ausgeführt, dass entgegen der Auffassung der Beklagten dem Widerspruch des Klägers auch nicht entgegensteht, dass zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchs das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der A. GmbH beendet war. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts an den Zugang der Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB gebunden ist, von dem alle "von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer" zu unterrichten sind, also alle zum Zeitpunkt des geplanten Betriebsübergangs noch in einem Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Betriebsinhaber stehenden Arbeitnehmer, die dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen sind. Alle mit ihrem Arbeitsverhältnis vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer haben daher das Recht, der Rechtsfolge des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zu widersprechen. Dieses Recht entfällt grundsätzlich nicht, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang beendet wird. Insoweit besteht die Gestaltungs- und Verfügungsbefugnis zur Ausübung des Widerspruchsrechts nachvertraglich fort. Dem folgt die erkennende Kammer.

c) Der Widerspruch des Klägers führt jedoch deshalb nicht zu einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten weil das Widerspruchsrecht des Klägers am 30.06.2006 verwirkt war.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt nicht nur jeder schuldrechtliche Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. BAG vom 17.02.1988 - AP Nr. 17 zu § 630 BGB) sondern auch die Position der Geltendmachung eines Arbeitsverhältnisses überhaupt der allgemeinen Verwirkung. Dabei kann auch die Geltendmachung des Rechts des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses nicht nur bei einer Klage nach einer Kündigung außerhalb des Geltungsbereichs von § 4 KSchG verwirkt werden (vgl. BAG vom 20.05.1988 - AP Nr. 5 zu § 242 BGB "Prozessverwirkung"). Vielmehr unterliegt auch das Recht zur Geltendmachung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses allgemein der Verwirkung wie etwa hier bei einer zwischen den Parteien streitigen Frage eines Betriebsübergangs gem. 613 a BGB (vgl. BAG vom 08.08.2002 - EzA § 613 a BGB Nr. 209) oder der Frage des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses aufgrund unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung (vgl. BAG vom 30.0.1991 - EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 68). § 613 a Abs. 5 und Abs. 6 BGB schließen die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung nicht aus (vgl. BAG vom 14.12.2006 - NZA 2007, 682).

bb) In all den Fällen ist das Klagebegehren dann verwirkt, wenn ein Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend macht oder ein Kläger die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt (Zeitmoment) und dadurch ein Vertrauenstatbestand des Verpflichteten begründet wird, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden oder beim Beklagten geschaffen wird, er werde nicht mehr gerichtlich belangt werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachliche Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Verpflichteten die Erfüllung des Anspruchs oder dem Gegner die Einlassung auf die nicht mehr innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG vom 02.12.1999 - AP Nr. 6 zu § 242 BGB "Prozessverwirkung"). Dabei ist die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu dem erforderlichen Umstandsmoment zu setzen (vgl. BAG vom 24.07.2008 - DB 2009, 69).

cc) Danach ist die Ausübung des Widerspruchsrechts des Klägers hier verwirkt. Das Zeitmoment war mit einem Zeitraum ab dem Unterrichtungsschreiben vom 22.10.2004 und dem Widerspruch vom 30.06.2006 mit über 1 1/2 Jahren mehr als erfüllt (vgl. BAG vom 24.07.2008 - 8 AZR 175/07). Das Umstandsmoment folgt zwar noch nicht aus der bloßen Weiterarbeit des Klägers bei der Fa. A. GmbH. Dies folgt aber daraus, dass der Kläger eine ihm am 15.11.2004 ausgesprochene Kündigung widerspruchslos hingenommen hatte und sich durch seine Unterschrift am 02.12.2004 (Bl. 466 d. A.) mit einer ihm von der A. GmbH zugesagten Abwicklungsregelung einverstanden gezeigt hat. War der Kläger schon gehalten - jedenfalls nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der A. GmbH (vgl. BAG vom 18.12.2003 - ZIP 2004, 1068) - in angemessener Frist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend zu machen (vgl. BAG vom 22.07.2004 - 8 AZR 394/03; BAG vom 12.11.1998 - AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 "Wiedereinstellung"), ist es jedenfalls als Umstand, welcher das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613 a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, anzusehen, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen hat oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat (vgl. BAG vom 24.07.2008 - 8 AZR 175/07; BAG vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06).

d) Mangels wirksamen Widerspruchs nach § 613 a Abs. 6 BGB ist daher das Arbeitsverhältnis des Klägers ab 01.11.2004 auf die A. GmbH übergegangen. Lohnansprüche wie ein Abfindungsanspruch aus einer Vereinbarung können daher nur gegenüber dieser bestehen.

3. Dem Kläger steht auch der hilfsweise geltend gemachte Abfindungsanspruch nicht gegen die Beklagte zu. Aus der Abwicklungsregelung vom 25.11.2004 kann der Kläger einen Abfindungsanspruch schon deshalb nicht herleiten weil dieser erst nach Betriebsübergang entstanden ist, so dass eine Tatbestandsvoraussetzung gem. § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erfüllt ist (vgl. BAG vom 24.07.2008 - DB 2009, 69). Einen Anspruch kann der Kläger auch nicht aus Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB herleiten. Selbst wenn eine fehlerhafte Information der Beklagten nach § 613 a Abs. 5 BGB einen Schadensersatzanspruch begründen könnte, wäre als Rechtsfolge gerade davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortbestünde. Für einen Anspruch aus einer Abfindung aus einem Sozialplan fehlt es damit bereits an der Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte.

III.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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